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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: I-24 U 4/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 550
Zu den Anforderungen, die an einen Nachtrag zum Mietvertrag zu stellen sind, damit dem Formbedürfnis genügt wird.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

24 U 4/07

In Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der für den 18. September 2007 geplante Termin entfällt.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.

I.

Das landgerichtliche Urteil ist richtig und aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gründe für die beantragte Abänderung. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die undatierte Nachtragsvereinbarung (im folgenden: Vereinbarung) der Schriftform gemäß §§ 578 Abs. 2 i.V.m. §§ 550 S. 1, 126 BGB genügt, ist im Sinne der Klägerin zu beantworten. Somit ist die Vereinbarung wirksam und der Mietvertrag bis zum 30. Juni 2010 befristet.

Der Nachtrag zum Mietvertrag vom 01. Juni 2001 wurde formgerecht erstellt. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, dass bei Vertragsänderungen eine räumliche Verbindung zur "Ersturkunde" nicht notwendig ist, wenn die neue Urkunde selbst die wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages enthält und auf die (formgerechte) Urkunde zweifelsfrei Bezug genommen wird (BGH, NJW 2003, 1248 f.; NJW-RR 2000, 744; NJW-RR 1992, 654; NJW-RR 1992, 2283; BGHZ 42, 333; sog. "Auflockerungsrechtsprechung"; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 550 Rn. 17). Hier enthält die Nachtragsvereinbarung selbst schon die Einigung über sämtliche wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages, nämlich die Vertragspartner, den Mietgegenstand, die Mietdauer und das Entgelt. Dies ist zur Wahrung der Schriftform grundsätzlich ausreichend (vgl. BGH, NJW 2006, 139 (149); NJW 1999, 3257 (3258); WM 1969, 920 (921); KG NZM 2000, 1229; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 535 Rn. 1). Soweit als Mietgegenstand nur das Gebäude und nicht die konkret vermieteten Räumlichkeiten benannt sind, folgt daraus nichts anderes. Denn die genaue Bezeichnung des Mietobjekts ist dann nicht zwingend erforderlich, wenn der Mieter das Objekt bei Vertragsschluss bzw. -änderung schon nutzt. Denn in diesem - auch hier vorliegenden - Fall (der Beklagte hat das Objekt unstreitig schon 6 Monate zuvor genutzt, vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 13. November 2006) darf der Umfang dieser Nutzung als außerhalb der Urkunde heranzuziehende Auslegungshilfe herangezogen werden (vgl. BGH, NZM 2007, 443 ff.: NZM 2000, 36; NJW 1999, 3257; siehe auch Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Auflage, Rn. 97).

Darüber hinaus nimmt die Vereinbarung auf den Mietvertrag vom 01. Juni 2001 zweifelsfrei Bezug, da ausdrücklich nur der "Mietvertrag vom 01.06.01" (und kein anderer) genannt wird. Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung vom 27. Februar 2007 meint, durch die Kennzeichnung des Nachtrags mit "V" sei eine eindeutige Bezugnahme nicht gewährleistet, da es noch die Nachtragsvereinbarungen I-IV gegeben habe, ist ihm nicht zu folgen. Vielmehr ist das Landgericht zutreffend und, ohne den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör zu verletzen, davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es keine weiteren Nachtragsvereinbarungen gibt. Der Beklagte hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 28. September 2006 vorgetragen, dass die Nachtragsvereinbarungen I-IV der Vereinbarung nicht beigefügt gewesen seien, noch solche bekannt oder nachvollziehbar seien. Daraufhin hat die Klägerin im Schriftsatz vom 18. Oktober 2006 vorgetragen, dass es sich bei dem "V" um einen Buchstaben und keine römische Ziffer handele und dieser Buchstabe nur aufgrund eines Schreibfehlers in die Vereinbarung gelangt sei. Sonstige Nachträge zum Mietvertrag 1-4 (oder I-IV) gäbe es nicht. Dem ist der Beklagte nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Dies wäre aber erforderlich gewesen, nachdem die Klägerin die Existenz weiterer Nachträge geleugnet und sich auf einen Schreibfehler berufen hat.

Darüber hinaus bezieht sich der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 13. November 2006 stets auf die "Vereinbarung" (Singular!), was vom Landgericht deshalb zutreffend als Zugeständnis des klägerischen Vorbringens bewertet wurde (§ 138 Abs. 3 ZPO) und deshalb auch als unstreitig behandelt werden konnte. Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufungsbegründung - offensichtlich ins Blaue hinein - behauptet, es gäbe Nachträge mit den Ziffern I-IV, ist dieses Vorbringen unsubstanziiert und im Übrigen auch von der Klägerin bestritten worden. Es wäre deshalb - Substanziierung vorausgesetzt - gemäß §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO ohnehin zurückzuweisen.

Nichts anderes folgt aus der vom Beklagten herangezogenen Anwendung der Beweislastregeln beim Urkundenbeweis. Denn vollen Beweis erbringt eine echte Privaturkun-de lediglich in formeller Hinsicht (Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage, § 416 Rn. 9), d.h. diese erstreckt sich nur auf die Feststellung der Urheberschaft der in der Urkunde enthaltenen Erklärung (Zöller/Geimer, a.a.O., Vor § 415 Rn. 6). Die Echtheit der Un-terschriften steht hier jedoch nicht im Streit. Eine möglicherweise vorzunehmende Auslegung des Inhalts der Urkunde wird - sofern dieser überhaupt zweifelhaft ist - dadurch nicht beeinflusst.

Die Rüge des Beklagten, ein Erwerber könne aus der Nachtragsvereinbarung nicht erkennen, wer sein Vertragspartner sei, geht fehl. Vielmehr ist deutlich durch die Nummerierung zwischen den einzelnen Beteiligten auf Mieterseite unterschieden worden.

Soweit der Beklagte meint, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, dass sich das Landgericht nicht mit von ihm genannten Gerichtsentscheidungen sowie einer zitierten Literaturmeinung auseinander gesetzt habe, ist auch dies rechtsirrig. Das Landgericht war nicht gehalten, sich in den Entscheidungsgründen zu jedem vom Beklagten genannten Gesichtspunkt zu äußern; denn diese sollen nur eine "kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht", enthalten (§ 313 Abs. 3 ZPO).

II.

Die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor.

Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1, 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

Düsseldorf, den 23. August 2007

Ende der Entscheidung

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