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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.05.2005
Aktenzeichen: I 24 U 47/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 535
1. Kann der Leasinggeber den Lieferanten eines Leasingfahrzeugs aus einer Rückkaufgarantie in Anspruch nehmen und geschieht dies gegen Abtretung der Schadensersatzansprüche gegen den Leasingnehmer, so entfällt damit der Schaden des Leasinggebers nur, soweit er tatsächlich befriedigt wird.

2. Ist im Leasingvertrag ein Andienungsrecht des Leasinggebers vereinbart und kommt es nur deshalb zur Rückgabe des Leasingfahrzeugs, weil der Leasingnehmer sich weigert, dem Andienungsrecht zu entsprechen, so ist die Verwertung des Fahrzeugs ohne Rücksicht auf das sonst vorgesehene Verwertungs- und Abrechnungsverfahren zulässig; allerdings hat der Leasinggeber auch in diesem Fall die berechtigten Vermögensinteressen des Leasingnehmer zu wahren.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I 24 U 47/05

30. Mai 2005

In Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Tatbestand:

Die Klägerin verfolgt aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem beendeten Leasingvertrag. Sie ist Herstellern der für den Paketlieferdienst des beklagten Leasingnehmers umgebauten Kraftfahrzeuge. Sie hat gegenüber der Leasinggeberin Rückkaufgarantien für die Leasingfahrzeuge übernommen. Im Gegenzug trat ihr die Leasinggeberin für den Fall der Eintrittspflicht die Ansprüche aus dem Leasingvertrag ab.

Im Jahr 1999 schloss der Beklagte mit der Leasinggeberin insgesamt 13 Leasingverträge. Der Leasinggeberin stand bei Ablauf der Leasingverträge gegenüber dem Beklagten ein Andienungsrecht zum kalkulierten Restwert zu. Die Vereinbarung lautet wörtlich:

"(...) Der Leasinggeber kann vom Leasingnehmer verlangen, dass dieser nach Ablauf der Leasingzeit den Leasinggegenstand zum Preis von ... DM zuzüglich Mehrwertsteuer unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung käuflich erwirbt. Der Leasinggegenstand bleibt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vorbehaltlos im Eigentum des Leasinggebers. (...)"

Nachdem die Verträge das reguläre Laufzeitende erreicht hatten, machte die Leasinggeberin von ihrem Andienungsrecht Gebrauch. Zahlungen wurden vom Beklagten nicht geleistet. Der Beklagte war vielmehr der Ansicht, es handele sich um eine Kaufoption, die er ablehnen könne. Am 11.06.2003 lehnte die Leasinggeberin ihrerseits die Erfüllung aus dem Andienungsrecht ab und forderte den Beklagten auf, die Fahrzeuge zu der Klägerin nach Flensburg zu verbringen.

Der Beklagte verbrachte sämtliche Kraftfahrzeuge nach Ensdorf. Anfang Juli 2003 beauftragte die Firma V-GmbH den Sachverständigen S. mit der Begutachtung der Kraftfahrzeuge bezüglich aufzuwendender Reparaturkosten. Der Beklagte verweigerte jegliche Zahlung.

In der Folgezeit nahm die Leasinggeberin die Klägerin aus der Rückkaufgarantie in Anspruch und trat ihre Forderungen aus dem Leasingvertrag gegen den Beklagten an die Klägerin (nochmals) ab.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Andienungspreise zuzüglich der Überführungs- und Umlackierungskostenkosten abzüglich des Zeitwertes der nach Prozessbeginn anderweitig veräußerten Fahrzeuge. Die Fahrzeuge seien unstreitig von dem Beklagten als Subunternehmer eines großen Transportunternehmens genutzt und mit dessen Firmen-Emblem und -Farben versehen worden und hätten deshalb vom Beklagten nach Ende des Subunternehmervertrages neu lackiert werden müssen. Dies habe die Klägerin erledigt.

Der Beklagte hat eingewandt: Wegen der Rückkaufgarantie sei der Leasinggeberin als Zedentin ein Schaden nicht entstanden. Im übrigen seien ihm zu niedrige Verkaufserlöse angerechnet worden, weil die Fahrzeuge zu einem höheren Kaufpreis veräußert worden seien.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 91.047,28 € nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beklagten in der Berufungsbegründung bieten keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

1.

Die Einzelrichterin hat der Klägerin mit Recht einen Schadensersatzanspruch zuerkannt wegen der endgültigen Weigerung des Beklagten, seiner Verpflichtung aus dem in sämtlichen Leasingverträgen vereinbarten Andienungsrecht nachzukommen. Die Leasinggeberin hat unstreitig ihr Andienungsrecht durch schriftliche Aufforderung ausgeübt, der beklagte Leasingnehmer die Zahlung aber verweigert. Folglich steht der Klägerin aus abgetretenem Recht das Erfüllungsinteresse der Leasinggeberin zu.

a)

Die erkennt im Grundsatz auch der Beklagte an, ist jedoch der Meinung, infolge der Inanspruchnahme der Klägerin aus den von dieser übernommenen Rückkaufgarantien sei der Leasinggeberin ein Schaden nicht entstanden, so dass im Ergebnis kein Schadensersatzanspruch bestehe. Diese Rechtsauffassung hat das Landgericht zutreffend zurückgewiesen.

Ihre Zahlungen an die Leasinggeberin braucht sich die Klägerin nicht als Vorteilsausgleich auf ihren Schaden anrechnen zu lassen. Leistungen Dritter an den Geschädigten entlasten den Schädiger nur, wenn dies bei einer wirtschaftlichen und rechtlichen Wertung der bezogenen Leistungen der Interessenlage entspricht (vgl. BGHZ 21, 112, 119). Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile schadensmindernd zu berücksichtigen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (vgl. BGHZ 91, 206, 209 f; 91, 357, 363; BGH VersR 1990, 495, 496; BGHR BGB § 249 - Vorteilsausgleich 18).

Wie den Rückkaufgarantieverträgen zwischen der Klägerin und der Leasinggeberin zu entnehmen ist, hat die Klägerin die Verpflichtung zum Rückerwerb ausdrücklich für den Fall übernommen, dass der Leasingnehmer seine Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag nicht erfüllen kann. Damit handelt es sich um eine bestimmte Form der Sicherung der Leasinggeberin. Wird aber ein Schaden durch eine zugunsten des Geschädigten bestehende Sicherheit ausgeglichen, so entlastet dies den Schädiger nicht, weil eine Maßnahme privater Schadensfürsorge des Geschädigten gegeben ist, die dem Schädiger nicht zugute kommt (vgl. BGH NJW 1994, 511). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Gesetz den Übergang der Schadensersatzforderung auf den Leistenden anordnet oder - wie hier - der Geschädigte verpflichtet ist, dem Dritten den Schadensersatzanspruch abzutreten (BGH aaO und NJW 1992, 1556, 1557 sowie VersR 1989, 54,55). Hier war die Abtretung bereits in den Rückkaufgarantieverträgen vereinbart, und die Klägerin hat dementsprechend auch nur die Differenz zwischen den Andienungspreisen und den erzielten Verkaufserlösen, die die Zeitwerte gemäß den TÜV-Gutachten deutlich überstiegen, geltend gemacht und vom Landgericht zugesprochen erhalten.

b)

Entgegen der Meinung des Beklagten steht der Durchsetzung des Anspruchs auch nicht eigene Vertragsuntreue der Leasinggeberin entgegen. Zwar ist das in den §§ X und XI der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu den Leasingverträgen vorgesehene Abrechnungsverfahren nicht eingehalten, aber die Leasinggeberin brauchte hier

auch nicht gemäß diesen Regelungen vorzugehen. § X regelt lediglich die Abrechnung und Entschädigung der Leasinggeberin bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, die hier jedoch unstreitig nicht vorliegt.

In § XI Ziff. 3 ("Rückgabe des Fahrzeugs") gilt § X Ziff. 4 zwar sinngemäß, wenn der Leasingnehmer der Auffassung ist, dass der Fahrzeugzustand, die Instandsetzungskosten oder die Wertminderung unzutreffend ermittelt wurden. Indessen hat § XI Ziff. 3 in Bezug auf das Bestehen des Schadensersatzanspruchs der Leasinggeberin zunächst keine Bedeutung, weil hier mit dem ausgeübten Andienungsrecht eine vorrangige Regelung besteht. Es geht gerade nicht um die Instandsetzungskosten oder die Wertminderung, die die Leasinggeberin gemäß § XI Ziff. 2 geltend machen könnte, sondern um den Schaden, der der Klägerin infolge verweigerter Zahlung aufgrund ausgeübten Andienungsrechts zusteht. Erst bei der Verringerung des hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs (§ 254 Abs. 2 BGB) infolge Anrechnung des erzielten Verkaufserlöses aufgrund Veräußerung an einen Drittkäufer spielen Zustand und Wert des jeweiligen Fahrzeugs eine Rolle. Insoweit hat die Klägerin dem Beklagten aber mit Schreiben vom 7. November 2003 angeboten, die Fahrzeuge selbst zu höheren Werten als in den Gutachten des TÜV Nord ermittelt zu verwerten. Hierauf ist der Beklagte jedoch nicht eingegangen.

Im übrigen hat das Landgericht zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihrer Pflicht zur bestmöglichen Verwertung nachgekommen ist. Sie hat nämlich für sämtliche Kraftfahrzeuge Verkaufspreise erzielt, die zum Teil ein Mehrfaches des geschätzten Händlereinkaufspreises ausmachen, mindestens aber den Händlereinkaufspreis um 20 % übersteigen. Selbst wenn nämlich bei der Verwertung ein in den Geschäftsbedingungen vorgesehenes Verfahren nicht eingehalten ist, sind die Interessen des Leasingnehmers bei der Veräußerung des Kraftfahrzeugs nicht verletzt, wenn ihm ein Betrag gutgeschrieben wird, der 10 % unter dem Händlerverkaufspreis liegt (vgl. Senat NJW-RR 2004, 1208 = ZMR 2004, 571; BGH NJW 1991, 221). Der Händlerverkaufspreis liegt aber nach den langjährigen Erfahrungen des Senats regelmäßig ca. 20 % oberhalb des Händlereinkaufspreises (vgl. auch die sog. Schwackelisten). Folglich sind dem Beklagten hier Erlöse gutgeschrieben worden, die deutlich oberhalb der um 10 % verminderten Händlerverkaufspreise liegen.

Dass die Gutachten des Sachverständigen S. und die Bewertung allein der Kofferaufbauten dem nicht entgegenstehen, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Der Senat verweist hierauf.

2.

Das Landgericht hat der Klägerin ferner mit Recht den Ersatz der Kosten für die Überführung der Fahrzeuge von Saarbrücken nach Flensburg zuerkannt. Der Beklagte kann der vertragsgemäßen entsprechenden Weisung der Leasinggeberin nicht wirksam entgegenhalten, er habe seine Verpflichtung mit der Ablieferung der Fahrzeuge bei der Firma K in Ensdorf erfüllt. Diese war lediglich Vermittlerin der Leasingverträge, und dass eine Absprache zwischen dieser und dem Beklagten einer Weisung der Leasinggeberin entsprochen oder ihre Zustimmung gefunden hätte, hat der Beklagte selbst nicht vorgetragen.

An der Höhe der Kosten von 6.645,09 € für 13 Fahrzeuge ist nichts zu beanstanden, auch nicht bezüglich des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ..... Angesichts der im angefochtenen Urteil hervorgehobenen rund 550 km geringeren Kilometerleistung dieses Fahrzeuges gegenüber den übrigen Fahrzeugen, was den Abgleich zwischen den Gutachten S. und TÜV Nord betrifft, hätte es konkreten entgegenstehenden Sachvortrags des Beklagten bedurft, um zu einer Beweiserhebung hierüber zu gelangen.

3.

Schließlich hat das Landgericht den Beklagten zu Recht zur Zahlung von Kosten für die Neutralisierung der Fahrzeuge in Höhe von jeweils 1.200,-- € verurteilt. Auf die ausführlichen Erwägungen des Landgerichts hierzu wird verwiesen. Der Beklagte hat dem gegenüber in der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen.

4.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO (Ziffn. 2 und 3) sind gegeben.

5.

Der Senat weist darauf hin, dass eine Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.

Ende der Entscheidung

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