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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.11.2007
Aktenzeichen: I-24 U 92/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 570
BGB § 578
1. Gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ist das Zurückbehaltungsrecht des Mieters auch ausgeschlossen, wenn er wegen behaupteter Mängel ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet hat.

2. Zum Schaden des Vermieters bei verspäteter Rückgabe der Mietsache.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 92/07

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., S. und H. am 23.11.2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 03.05.2007 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 17.029,30 €.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.

I.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 30.10.2007 Bezug genommen, gegen dessen Gründe die Beklagte innerhalb der ihr zur Stellungnahme gesetzten Frist Einwände nicht erhoben hat. Der Senat hat dort ausgeführt:

1.

Die Beklagte haftet der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 4, 546 a Abs. 2 BGB für den dieser infolge des Verzugs der Beklagten mit der Rückgabe der Mieträume entstandenen Schaden. Die sich gegen die Feststellungen des Landgerichts zum haftungsbegründenden Tatbestand wendenden Ausführungen der Berufungsbegründung sind von Rechtsirrtum beeinflusst.

a)

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagten ein Recht zur Zurückbehaltung der Mieträume auch im Hinblick auf das im April 2006 noch anhängige selbstständigen Beweisverfahren 2 OH 30/05 LG Duisburg (früher: 9 H 10/05 AG Duisburg-Ruhrort) nicht zustand. Denn §§ 570, 578 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB schließen auch für den Fall der Gewerberaummiete gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters aus. Zwar ist die Vorschrift des § 570 BGB dispositiv; die Parteien haben sie aber nicht abbedungen.

b)

Die Klägerin war auch nicht durch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts zu berufen. Ob der in der Rechtsprechung der Rechtsmittelgerichte nicht übernommenen Auffassung des Amtsgerichts Neuss (WuM 1994, 382) zu folgen ist, ein Vorenthalten der Mietsache sei im Falle eines vom Vermieter ausdrücklich erklärten Einverständnisses mit einem Beweissicherungsverfahren zur Feststellung von Mietmängeln nicht gegeben, kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat sich mit der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht etwa "einverstanden erklärt", sondern mit Schriftsatz vom 22.12.2005 (in 2 OH 30/05 LG Duisburg) lediglich Ausführungen zur Rechtsverteidigung in dem damals bereits anhängigen selbstständigen Beweisverfahren gemacht. Die von der Klägerin verwendete Formulierung "die hier zu klärende Frage" war nicht geeignet, ein Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen, sie dürfe sich auch nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Dauer des selbstständigen Beweisverfahrens im Besitz der angemieteten Lagerhalle behalten. Es ist ferner für die Anwendung von § 570 BGB ohne jede Bedeutung, ob die Klägerin die Lagerhalle in dem damaligen - von der Beklagten als gesundheitsgefährdend beanstandeten - Zustand einem Nachmieter überlassen durfte oder nicht. Denn die Rechtsbeziehung der Klägerin zu einem potentiellen Nachmieter hat keine Auswirkungen auf die aus § 546 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung der Beklagten, das Mietobjekt nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

c)

Die Beklagte ist hinsichtlich der Beweisführung zu den von ihr behaupteten Mängeln des Mietobjekts durch die Regelung des § 570 BGB auch nicht etwa rechtlos gestellt. Denn es oblag ihr und wäre ihr auch möglich gewesen, das selbständige Beweisverfahren so rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht anhängig zu machen, dass die Untersuchung durch einen vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen noch vor Beendigung des Mietverhältnisses abgeschlossen gewesen wäre. Die Beklagte hat das Verfahren aber erst rund 3 1/2 Monate nach Ausspruch der auf angebliche Mängel der Mietsache gestützten Kündigung vom 22.08.2005 und zudem noch bei dem unzuständigen Amtsgericht Duisburg-Ruhrort anhängig gemacht. Die sich hieraus ergebenden und in der Berufungsbegründung hervorgehobenen Risiken für die Aufklärung der behaupteten Mängel, nämlich die Gefahr einer Beseitigung der Mängel durch die Klägerin nach Rückgabe der Mieträume, hat die Beklagte selbst zu vertreten. Der Sachverständige M. hat seine Untersuchung der Mieträume nur 28 Tage nach Beendigung des Mietverhältnisses vorgenommen. Die Beklagte hatte es in der Hand, das Verfahren entsprechend früher - und bei dem zuständigen Gericht - einzuleiten und hierdurch eine sachverständige Untersuchung rechtzeitig vor dem Ende des Mietverhältnisses zu ermöglichen.

2.

Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung und den Feststellungen des Landgerichts zum Verzugsschaden an. Weitere Beweiserhebungen sind nicht veranlasst.

a)

Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung sind die Aussagen der Zeugen S. und P. weder in sich widersprüchlich noch enthalten sie Lücken, die vernünftige Zweifel hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der Aussagen in ihrem das Beweisthema betreffenden Kern zu begründen vermögen. Ohne entscheidende Bedeutung für die Beweiswürdigung ist es insbesondere, dass der Zeuge S. - wie seiner in der Sitzungsniederschrift vom 05.04.2007 protokollierten Aussage zu entnehmen ist - Angaben zu jenem "Abspringen eines Großkunden" nicht machen wollte. Es liegt nahe, worauf die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 30.01.2007 hingewiesen hat, dass der Zeuge jenen Kunden keinesfalls in den Rechtsstreit einbeziehen wollte. Ebenso mag es aber auch sein, dass der Zeuge jenes "Abspringen eines Großkunden" im Rahmen der Nachverhandlungen mit der Klägerin nur vorgegeben hat, um die Klägerin zu dem dann auch tatsächlich abgeschlossenen günstigeren Vertrag zu bewegen, tatsächlich aber von vornherein ihren Betriebssitz zur Straße A.K. verlegen wollte. Die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen zum Abschluss der Verträge vom 13.03.2006 und vom 23.06.2006 werden hierdurch nicht ausschlaggebend berührt.

b)

Soweit die Beklagte ferner vermeintliche Widersprüche in den Bekundungen des Zeugen S. zu ihm möglicherweise angebotenen anderen Lagerflächen rügt, unterlegt sie dem Zeugen Angaben ("Lagerflächen die ihm angeboten worden seien kamen für ihn nicht in Betracht"), die dieser nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 05.04.2007 gar nicht gemacht hat: Der Zeuge hatte gerade nicht bestätigt (und zwar auch nicht für ungeeignete Lagerflächen), es seien ihm andere Lagerflächen angeboten worden.

c)

Hinsichtlich des Umstandes, dass die beiden von der neuen Mieterin hereingegebene Schecks nicht eingelöst worden sind, ist den Gründen der angefochtenen Entscheidung nichts hinzuzufügen.

d)

Die Ausführungen der Berufungsreplik der Beklagten vom 15.08.2007, der Vertrag vom 13.03.2006 sei rückdatiert, geben keinen Anlass, das Beweisergebnis anders zu beurteilen oder die Beweisaufnahme zu wiederholen. Die Angaben der Zeugen S. und P. zum Abschluss jenes Vertrages werden ergänzend bestätigt durch die per Telefax - jeweils mit Aufdruck des Absendedatums - übermittelten Aufforderungen der neuen Mieterin vom 04. und 07.04.2006 an die Klägerin, ihr die Schlüssel zu der angemieteten Halle zu überlassen. Die zeitliche Koinzidenz mit dem im Vertrag vorgesehenen Mietbeginn belegt den Abschluss jenes Vertrages.

3.

Die Beklagte ist der Klägerin ferner aus §§ 280 Abs. 1, 281, 546 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 16 des Mietvertrages zum Schadensersatz in Höhe von 1.670,75 € verpflichtet (Rechnungen L. und K.). Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es gemäß § 281 Abs. 2 BGB nicht, weil die Beklagte die von ihr vorzunehmenden Reinigungsarbeiten und Instandsetzungsarbeiten ernsthaft und endgültig verweigert hat. Der von der Beklagten in der Abwicklung des Vertragsverhältnisses eingesetzte Mitarbeiter G. hat unstreitig am 28.04.2006 anlässlich des Ortstermins mit dem Sachverständigen M. jegliche Schadensbeseitigungsmaßnahmen abgelehnt. Soweit die Beklagte nunmehr erstmals behauptet, der Zustand der Heizkörper sei schon beim Einzug so wie beim Auszug gewesen, handelt es sich um neues Vorbringen, mit dem sie gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsrechtszug nicht zu hören ist, da sie bei Vermeidung nachlässiger Prozessführung dies bereits in erster Instanz hätte geltend machen können.

4.

Zu der weiteren Forderung der Klägerin auf Nebenkostennachzahlung in Höhe von 118,55 € ist der Berufungsbegründung ein konkreter Berufungsantrag nicht zu entnehmen. Auch hier hat es bei der angefochtenen Entscheidung sein Bewenden."

II.

Auch die weiteren Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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