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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.05.2005
Aktenzeichen: I-24 W 25/05
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, BRAGO


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 568 Abs. 1
BRAGO § 6 Abs. 1
BRAGO § 6 Abs. 1 S. 1
BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 10. August 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Beschwerdewert: 3.147,60 €

Gründe:

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat aus den in wesentlichen zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses der Rechtspflegerin vom 6. Mai 2005 in der Sache keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat zu Recht die Erstattungsfähigkeit des Mehrvertretungszuschlages gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO bejaht.

1.

Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, so erhält er die Gebühren nur einmal (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe, so erhöht sich die Prozessgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um 3/10; mehrere Erhöhungen dürfen den Betrag von zwei vollen Gebühren nicht übersteigen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO).

Die Berücksichtigung dieses Mehrvertretungszuschlages hält die unterlegene Klägerin mit der Begründung für nicht gerechtfertigt, eine Anwaltssozietät in Form der BGB-Gesellschaft müsse sich grundsätzlich bei Gebührenstreitigkeiten wie ein Einzelanwalt behandeln lassen. Das ist abzulehnen.

Der Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des für Kostensachen grundsätzlicher Art zuständigen 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Dieser hat eine Auftraggebermehrheit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO für den Fall angenommen, dass die Mitglieder einer Anwaltssozietät, die in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft besteht, in einem Passivprozess aus einem früheren Mandatsverhältnis als Gesamtschuldner auf Zahlung in Anspruch genommen werden und sich durch einen außenstehenden Anwalt als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Der dadurch gem. § 6 Abs. 1 BRAGO angefallene Mehrvertretungszuschlag ist nach der in der obergerichtlichen Rechtsprechung inzwischen herrschenden Ansicht durch den unterlegenen Prozessgegner zu erstatten (OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat MDR 2000, 851 = OLGR 2000, 333; ebenso schon 23. Zivilsenat, MDR 1978, 854; ferner OLG München JurBüro 1981, 212; OLG Braunschweig JurBüro 1990, 335; Hans. OLG Hamburg JurBüro 1989, 1676; OLG Zweibrücken MDR 1998, 800; OLG Karlsruhe JurBüro 1998, 142; OLG Koblenz JurBüro 1998, 302; Hans. OLG Hamburg MDR 1999, 256; zur Gegenmeinung s. u. 3.)

2.

Diese Rechtsprechung mag, soweit die BGB-Gesellschaft als solche verklagt wird, in Zukunft einer grundsätzlichen Überprüfung bedürfen, weil der BGH zwischenzeitlich die Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft als solche anerkannt hat (BGH NJW 2001, 1056 ff. = MDR 2001, 459). Es spricht vieles dafür, im Falle der Prozessbeteiligung einer BGB-Gesellschaft eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO dann zu versagen, wenn die BGB-Gesellschaft allein verklagt wird (so OLG Nürnberg OLGR 2001, 333). Die Frage braucht jedoch nicht beantwortet zu werden, da die Klägerin den Beklagten hier jedenfalls die Erhöhungsgebühr zu erstatten hat. Ihrer Auffassung, die Rechtspflegerin habe die von den Beklagten zur Festsetzung angemeldete Erhöhungsgebühr aus § 6 Abs. 1 BRAGO zu Unrecht angesetzt, weil sich die Klage gegen die Beklagten als die zwischen ihnen bestehende Anwaltssozietät gerichtet habe und dass deshalb Auftraggeber der Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine BGB-Gesellschaft sei, kann nicht gefolgt werden.

Für diese Betrachtungsweise gibt es keine Anhaltspunkte. Die drei Beklagten gehörten zwar einer in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft geführten Anwaltssozietät an. Dies bedeutet aber nicht, dass die Klägerin ausschließlich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche im Hinblick auf deren seit dem Urteil des BGH vom 29. Januar 2001 (BGH aaO.) anerkannte Rechts- und Parteifähigkeit auf Schadensersatz aus der Verletzung von Anwaltspflichten aus dem früheren Mandatsverhältnis hätte in Anspruch nehmen wollen. Denn sie wurden - jeder für sich - in dem vorangegangenen Hauptsacheverfahren als Gesamtschuldner auf Schadensersatz verklagt. Demgemäß waren die drei Beklagten einzeln namentlich im Klagerubrum aufgeführt und wurden nicht unter einer Sozietätsbezeichnung verklagt. Mit ihrem Klageantrag hat die Klägerin außerdem auch nur die gesamtschuldnerische Verurteilung aller Beklagten begehrt. Nichts deutete auf eine Inanspruchnahme der Sozietät als BGB-Gesellschaft und sei es auch nur neben den Rechtsanwälten als Gesellschaftern hin (vgl. dazu BGH aaO.).

3.

Der vorwiegend auf Billigkeitserwägungen gestützten Mindermeinung (vgl. Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 6 Rn. 13) ist durch die genannte BGH-Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der GbR die Grundlage entzogen (so zutreffend OLG Schleswig OLGR 2003, 326). Der Mandant hat es seither selbst in der Hand, ob er nur die Sozietät als solche oder zusätzlich oder nur die einzelnen Gesellschafter mit dem Ziel einer Vollstreckung auch in deren Privatvermögen in Anspruch nehmen will. Demgemäß ist die Erstattungsfähigkeit des Mehrvertretungszuschlags im Passivprozess der einzelnen Rechtsanwälte einer Sozietät auch in der neueren Rechtsprechung weiterhin anerkannt (OLG Schleswig aaO.; OLG Saarbrücken OLGR 2002, 260, OLG Nürnberg OLGR 2001, 333).

4

Ob eine andere Betrachtungsweise für den hier nicht einschlägigen Fall geboten ist, dass mehrere Rechtsanwälte einer Sozietät die ihnen als Gesellschafter des bürgerlichen Rechtes zustehende Gebührenforderung gegen den Auftraggeber einklagen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, MDR 1981, 1028 = BB 1981, 1514; m. w. N.), kann dahinstehen. Denn auf die fortbestehenden bzw. neuen Probleme zu Aktivprozessen von Anwaltssozietäten (vgl. BGH JurBüro 2003, 89 ff. m. Anm. Enders) kommt es hier nicht an.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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