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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 140/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 4
WEG § 23 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 4
1. Wird in Ausführung eines Eigentümerbeschlusses auf einer zur Sondernutzung zugewiesenen Vorgartenfläche mit Zustimmung des Sondernutzungsberechtigten ein Baugerüst aufgebaut und zur Durchführung notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum genutzt und werden hierdurch auf dieser Fläche stehende Pflanzen des Sondernutzungsberechtigten beschädigt oder zerstört, so kann er eine Entschädigung entsprechend § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG beanspruchen.

2. Ein nach Durchführung der Maßnahme gefasster Eigentümerbeschluss, der diesen Entschädigungsanspruch vollständig ausschließt, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 140/05

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft K. 2 bis 4a, Oberhausen,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg 18. Mai 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L. sowie des Richters am Oberlandesgericht B. am 22. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des 3. Rechtszugs an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert des Beschwerdegegenstands: 925,44 EUR.

Gründe:

I.

Die Beteiligten bilden die eingangs näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligten zu 1 machen einen Schadensersatzanspruch wegen der angeblichen Beschädigung von Pflanzen in ihrem Vorgarten geltend, der sich unter anderem auf einer zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Fläche befindet, die nach der Teilungserklärung den Beteiligten zu 1 als Sondereigentümern einer im Haus Nr. 4 a gelegenen Wohnung zur Sondernutzung zugewiesen ist.

Der Vorgarten wurde von den Beteiligten zu 1 unter anderem mit Bodendeckern bepflanzt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss, Arbeiten zur Sanierung des Putzes an dem Haus Nr. 4 a durchführen zu lassen. Um diese Arbeiten ausführen zu können, wurde auf der Vorgartenfläche eine Gerüst aufgebaut. Nach Abschluss der Arbeiten und Abbau des Gerüsts machten die Beteiligten zu 1 geltend, durch diese Arbeiten seien Pflanzen im Vorgarten zerstört bzw. geschädigt worden. Die Beteiligten zu 1 meldeten unter Vorlage von Angeboten zweier Gartenbaufirmen Schäden in Höhe von insgesamt 2.253,23 EUR an. Eines dieser Angebote belief sich auf 925,44 EUR netto für die Neubepflanzung mit Bodendeckern. Weitere Miteigentümer, denen Sondernutzungsrechte an anderen Gartenflächen zustanden, machten ebenfalls Schadensersatzforderungen gegen die Gemeinschaft geltend. Auf einer Eigentümerversammlung am 05.11.2002 wurde nach Diskussion der Antrag, "die angemeldeten Schäden im Bereich der Sondernutzungsrechte Garten auf Basis der vorliegenden Angebote zu regulieren", mehrheitlich abgelehnt. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.

Die Beteiligten zu 1 haben vorgetragen:

Durch die Sanierungsarbeiten sei die Bepflanzung in ihrem Vorgarten zerstört bzw. beschädigt worden. Die betroffenen Bodendecker seien gemäß § 95 BGB ihr Eigentum gewesen. Die Eigentümergemeinschaft habe die Kosten in Höhe von 925,44 EUR, die gemäß dem Angebot der Firma T. für die Wiederanpflanzung von 25 qm Pachysandra und 20 qm Cotaneaster erforderlich seien, zu erstatten. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 05.11.2002 zu TOP 6.2 sei mangels Beschlusskompetenz der Gemeinschaft nichtig. Die Gemeinschaft könne nicht über materiell-rechtliche Ansprüche eines Wohnungseigentümers disponieren.

Die Beteiligten zu 1 haben beantragt,

die Wohnungseigentümergemeinschaft K. 2 bis 4 a, bestehend aus sämtlichen Beteiligten, zu verurteilen, an sie 925,44 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2002 zu zahlen.

Die übrigen Beteiligten haben beantragt;

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben vorgetragen:

Durch den Beschluss vom 05.11.2002 zu TOP 6.2 seien sämtliche Schadensersatzansprüche der Beteiligten zu 1 ausgeschlossen. Der Beschluss sei bestandskräftig und bindend. Im übrigen stünden die beschädigten Pflanzen nicht im Eigentum der Beteiligten zu 1. Es werde bestritten, dass die von den Beteiligten zu 1 geltend gemachten Schäden in diesem Ausmaß und dieser Höhe durch die Sanierung entstanden seien.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die Beteiligten zu 1 hätten gegen die Gemeinschaft keinen Anspruch auf Erstattung der streitgegenständlichen Kosten, weil die Gemeinschaft die Regulierung dieser Kosten durch Beschluss vom 05.11.2002 zu TOP 6.2 abgelehnt habe. Der Beschluss sei nicht nichtig. Eine etwaige Schadensersatzforderung der Beteiligten zu 1 habe die Eigentümergemeinschaft durch Beschluss regeln dürfe. Es sei anerkannt, dass ein Beschluss, der die Entschädigung der durch Bauarbeiten am Gemeinschaftseigentum betreffoffenen Wohnungseigentümer gemäß § 14 Nr. 4 WEG pauschal regele, nicht nichtig sei (vgl. Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. A., § 14 Rn. 60). Denn die Pflicht des § 14 Nr. 4 WEG, das Betreten und die Benutzung des Sondereigentums - bzw. entsprechend des Sondernutzungsrechts - zu gestatten, sei eine Pflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Folglich sei die damit in rechtlichem Zusammenhang stehende Schadensersatzpflicht nach § 14 Nr. 4 WEG ebenfalls eine Pflicht aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Daher besitze die Gemeinschaft die Kompetenz, diesen Schadensersatzanspruch im Wege ordnungsgemäßer Verwaltung auszugestalten. Damit könne sie auch angemeldete Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer durch Beschluss zurückweisen. Dem Wohnungseigentümer stehe dann die Anfechtung dieses Beschlusses offen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt und ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Sie haben geltend gemacht:

Das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beschluss vom 05.11.2002 eine Ablehnung der Regulierung sämtlicher Ersatzansprüche beinhalte. Die Gemeinschaft habe es lediglich abgelehnt, die Schäden auf der Basis der vorgelegten Kostenvoranschläge zu regulieren. Wenn man dem Beschluss eine weitergehende Wirkung beimessen wollte, wäre er nichtig, weil die Gemeinschaft dann ihre Beschlusskompetenz überschritten hätte. Der Gemeinschaft stehe es grundsätzlich nicht zu, in elementare, verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen der einzelnen Eigentümer einzugreifen, wozu auch Ersatzansprüche nach § 14 Nr. 4 WEG gehörten.

Die Beteiligten zu 2 bis 9 sind dem entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1 mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

Sie wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen und machen ergänzende Ausführungen.

Die Beteiligten zu 1 beantragen,

unter Abänderung der Beschlüsse des Landgerichts Duisburg vom 18.05.2005 (Aktenzeichen 11 T 379/04) und des Amtsgerichts Oberhausen (Aktenzeichen 10 II 106/04), entsprechend dem in 1. Instanz gestellten Sachantrag zu erkennen;

hilfsweise,

die Entscheidung des Landgerichts Duisburg vom 18.05.2005 (Aktenzeichen 11 T 379/04) aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Sachentscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beteiligten zu 2 bis 9 beantragen,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidungen des Vorinstanzen und machen insbesondere geltend, die Eigentümergemeinschaft sei sehr wohl befugt gewesen, über Schadensersatzansprüche wegen der Benutzung von Gemeinschaftseigentum zu entscheiden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG; 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Entscheidung der Kammer und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler, §§ 27 FGG, 546 ZPO.

1.

Das Landgericht hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Das Amtsgericht habe den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Den Beteiligten zu 1 stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht (mehr) zu. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gemeinschaft am 05.11.2002 unter TOP 6.2 lediglich die Regulierung auf eine bestimmte Weise, nämlich auf der Basis der vorgelegten Kostenvoranschläge, abgelehnt und gleichzeitig eine Regulierung in anderer Weise offen gelassen habe. Unter Berücksichtigung der für die Beschlussauslegung maßgeblichen objektiven Betrachtung könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Gemeinschaft eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der geltend gemachten Ersatzansprüche beabsichtigt habe. Auch wenn der beschiedene Antrag selbst auf die "vorliegenden Angebote" Bezug nehme, beschränke sich der Beschluss nicht nur auf die Angebote bzw. Kostenvoranschläge, sondern betreffe auch die generelle Frage, ob der geltend gemachte Schaden überhaupt von der Gemeinschaft ausgeglichen werden solle. Dies zeige deutlich der vorstehende Protokolltext, welcher die der Abstimmung und Antragstellung vorausgehende Diskussion der Gemeinschaft wiedergebe. Danach sei die gesamte Auseinandersetzung vornehmlich auf die Frage gerichtet gewesen, ob überhaupt noch ein Schadensausgleich zugunsten der Anspruchsteller stattfinden solle. Demgegenüber habe die Höhe der geltend gemachten Schäden nur am Rande eine Rolle gespielt. Unter diesen Umständen könne die mehrheitliche Ablehnung des gestellten Antrages nicht nur als isolierte Ablehnung der von den Anspruchstellern vorgeschlagenen Regulierung verstanden werden. Auch unabhängig von der im Protokoll wiedergegebenen Diskussion könne der Betrachtung bzw. Auslegung der Beteiligten zu 1 nicht gefolgt werden. Wenn die Eigentümergemeinschaft den Ausgleich eines Schadens in bestimmter Höhe, hier in Höhe der vorgelegten Kostenvoranschläge, ablehne, ergebe sich auch ohne weitere Ergänzung für einen objektiven Empfänger, dass mit der Ablehnung dieses Betrags auch etwaige geringere Beträge von der Gemeinschaft abgelehnt würden. Andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass die Gemeinschaft dem gestellten Antrag wenigstens zum Teil stattgegeben hätte, was gerade nicht geschehen sei. Der Beschluss sei bestandskräftig und schließe unabhängig von etwaigen materiell-rechtlichen Fragen die spätere Geltendmachung von Ersatzansprüchen in Zusammenhang mit dem Beschlussgegenstand aus. Der Beschluss sei nicht wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit der Eigentümerversammlung nichtig. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Regelungsbefugnis schlechthin gefehlt hätte, z.B. weil kein Bezug zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder zu den sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer bestanden habe (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 1104). Bei der Bescheidung eines gegen die Gemeinschaft gerichteten Anspruchs eines (oder mehrerer) einzelner Eigentümer handele es sich jedoch um eine Verwaltungsangelegenheit, über die die Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 3 WEG mit Stimmenmehrheit beschließen dürften (vgl. BayObLG a.a.O.). Dies folge bereits aus § 16 Abs. 4 WEG, wonach Schäden im Sinne des § 14 Nr. 4 WEG Kosten der Verwaltung seien. Da es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um einen Anspruch handele, der sich aus der Rechtsstellung als Wohnungseigentümer und damit aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebe, sei die Regelungsbefugnis der Eigentümerversammlung nicht von vornherein ausgeschlossen. Insoweit greife der Beschluss über Grund und Höhe eines möglichen Ersatzanspruchs nach § 14 Nr. 4 WEG (analog) in die Rechte eines betroffenen Wohnungseigentümers dem Grundsatz nach nicht anders ein als der Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 5 WEG) oder ein Eigentümerbeschluss über die Verteilung der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 16 Abs. 1 WEG) oder über die Nutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile (§ 15 Abs. 2 WEG). Auch in den zuletzt genannten Bereichen habe der Gesetzgeber der Gemeinschaft die Möglichkeit eingeräumt, mittels eines Mehrheitsbeschlusses in die individuellen Rechte und Ansprüche eines Wohnungseigentümers einzugreifen. Gründe, die Frage von individuellen gemeinschaftsrechtlichen Ansprüchen, wie sie die Gemeinschaft am 05.11.2002 unter TOP 6.2 beschieden habe, anders zu behandeln, als die Befugnisse der Gemeinschaft nach §§ 15, 16, 28 WEG seien nicht ersichtlich. Der durch einen solchen Beschluss betroffene Miteigentümer sei nicht schutzlos. Ihm verbleibe die Möglichkeit der Anfechtung gemäß § 23 Abs. 4 WEG.

2.

Die Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann nicht entschieden werden, ob den Beteiligten zu 1 der geltend gemachte Entschädigungsanspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG zusteht.

a)

Diese Regelung ist auch auf Schäden anzuwenden, die einem Miteigentümer dadurch entstehen, dass die ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Teile des Gemeinschaftseigentums für notwendige Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum betreten oder benutzt werden.

In § 14 Nr. 4 WEG wird festgelegt, dass ein Sondereigentümer die Nutzung seines Sondereigentums unter den dort genannten Voraussetzungen ausnahmsweise gestatten muss. Die Vorschrift enthält also eine Einschränkung des § 13 Abs. 1 WEG, nach der jeder Sondereigentümer mit den in seinem Eigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere andere von Einwirkungen ausschließen kann. Im Kern regelt damit § 14 Nr. 4 WEG eine Einschränkung des Sondernutzungsrechts als Bestandteil des Sondereigentums. Der Sondereigentümer, dem an sich die ausschließliche Nutzung zusteht, muss bestimmte Einwirkungen hinnehmen. Im Gegenzug steht ihm ein dem Aufopferungsanspruch des BGB - §§ 904, 906 Abs. 2 S 2 - ähnlicher (vgl. Weitnauer/Lüke, WEG, 9. A., § 14 Rn. 8) Anspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG zu. Da es also bei diesem Anspruch darum geht, dass Ersatz für Schäden zu leisten ist, die durch eine hinzunehmende Einschränkung des Sondernutzungsrechts entstehen, ist es geboten, in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift einen Anspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG auch dann zu bejahen, wenn allein eine vom Berechtigten zu duldende Einschränkung des Sondernutzungsrechts erfolgt und hierdurch Schäden am Eigentum des Sondernutzungsberechtigten entstehen (im Ergebnis ebenso, allerdings unter Hinweis auf eine Regelung in der dort zugrunde liegenden Gemeinschaftsordnung: BayObLG NJW-RR 1994, 1104). Durch die Anwendung dieser Entschädigungsregelung wird sichergestellt, dass auch entsprechende Ansprüche des Sondernutzungsberechtigten und nicht bloß des Sondereigentümers als interne Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt werden, die auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen und des WEG abzuwickeln sind. Wegen der beiderseitigen Interessenlage, die identisch ist mit den durch § 14 Nr. 4 HS 2 WEG ausdrücklich geregelten Fällen, ist allein dies sachgerecht.

b)

Auf dieser Grundlage können die Beteiligten grundsätzlich Ersatz für die Beschädigung bzw. Zerstörung der Bodendecker, die sie auf der ihnen zur Sondernutzung zugewiesenen Fläche angepflanzt haben, verlangen. Die Beklagten sind bzw. waren Eigentümer dieser Pflanzen. Die Bodendecker sind nicht gemäß § 94 Abs. 1 BGB wesentlicher Bestandteil des im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstücks geworden, sondern mit diesem nur zu einem vorübergehenden Zweck verbunden worden und damit nach § 95 Abs. 1 S 1 BGB im Eigentum der Beteiligten zu 1 verblieben. Nach der letztgenannten Vorschrift gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen desjenigen, der die Gegenstände einbringt, sofern dieser Wille mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht nach feststehender Rechtsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (vgl. BGH NJW 1996, 916 f., m.w.N.) Der danach maßgebliche Wille der Beteiligten zu 1 war, wie diese selbst geltend machen und was auch bei objektiver Betrachtung anzunehmen ist, darauf gerichtet, die Bodendecker nur in eigenem Interesse einzupflanzen, im Rahmen des ihnen durch die Teilungserklärung zugewiesenen Rechts, die Vorgartenfläche allein zu nutzen. Es ist anzunehmen, dass die Beteiligten zu 1 die Pflanzen bei einer - jedenfalls theoretisch möglichen - Änderung der getroffenen Vereinbarung und Zuweisung des Sondernutzungsrechts an einen anderen Miteigentümer, nicht auf der Fläche belassen wollten. Insoweit sind die Beteiligten zu 1 mit einem Mieter oder Pächter zu vergleichen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein Umpflanzen von Bodendeckern, um die es hier geht, auch noch nach Jahren in der Regel ohne weiteres möglich ist, ohne die Pflanzen zu beschädigen oder zu gefährden. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt entscheidend von dem durch Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 03.04.1998 (NJW-RR 1999, 160) entschiedenen Fall, in dem es um die Beschädigung von 30 Jahre alten Rhododendronsträuchern ging. Dort wird ausgeführt, dass die Vermutung, dass Mieter oder Pächter Sachen mit dem genutzten Grundstück nur zu einem vorübergehenden Zweck verbänden, für Sträucher und Bäume nicht uneingeschränkt anzuwenden sei und dies damit begründet, dass das Umpflanzen von Gehölzen nach einigen Jahren nur mit großem Aufwand und einem erheblichen Risiko für die Pflanzen durchgeführt werden könne. Beides ist bei den von den Beteiligten zu 1 angepflanzten Bodendeckern nicht der Fall.

c)

Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Beteiligten zu 1 ist nicht durch den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 05.11.2002 zu TOP 6.2 ausgeschlossen worden.

aa)

Zunächst handelt es sich bei diesem Beschluss um einen Negativbeschluss, durch den nach seinem Wortlaut allein ein bestimmter von den Beteiligten zu 1 und weiteren Miteigentümern geltend gemachter Erstattungsanspruch abgelehnt wurde. Einem solchen Beschluss kommt grundsätzlich eine materielle Bindungswirkung ("Sperrwirkung") nicht zu. Er steht daher einem erneuten Verpflichtungsantrag nicht entgegen (vgl. Wenzel ZMR 2005, 413, 414 f.). Ob die darüber hinausgehende und vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt zu überprüfende (vgl. Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. A., § 27 Rn. 42 m.w.N.) Auslegung des Landgerichts dahin, dass durch diesen Beschluss zugleich festgestellt worden ist, dass den Beteiligten zu 1 ein Entschädigungsanspruch aufgrund der Gerüstbauarbeiten grundsätzlich nicht zustehe, rechtsfehlerfrei ist, kann offen bleiben.

bb)

Denn ein solcher Beschluss wäre wegen fehlender Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung nichtig.

Mangels abweichender Vereinbarungen ist eine Beschlusszuständigkeit der Eigentümerversammlung für die generelle Zurückweisung einer Entschädigung nach § 14 Nr. 4 HS 2, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang den Miteigentümern Schäden entstanden sind, nicht gegeben. Der vollständige Entzug der in § 14 Nr. 4 HS 2 WEG ausdrücklich vorgesehenen Entschädigung des beeinträchtigten Sondereigentümers bzw. Sondernutzungsberechtigten hat einen gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Mehrheitsprinzip von vornherein ebenso wenig zugänglich wie die Änderung einer Vereinbarung (BGH NJW 2000, 3500, 3502).

Dem steht die vom Landgericht angeführte Entscheidung des BayObLG vom 19.05.1994 (NJW-RR 1994, 1104) nicht entgegen. Dort ging es um die konkrete Ausgestaltung und die Höhe eines grundsätzlich dem geschädigten Miteigentümer zugebilligten Entschädigungsanspruchs. Eine solche Regelung bezüglich bestimmter Verwaltungskosten (§ 16 Abs. 4 WEG) kann die Eigentümerversammlung grundsätzlich treffen. Hierdurch wird die gesetzliche Regelung des § 14 Nr. 4 HS 2 WEG nicht geändert, sondern umgesetzt. Eine zu niedrige Festsetzung ist daher nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.

3.

Da dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist, weil die notwendigen Feststellungen zu der Frage, ob und in welchem Umfang Bodendecker in dem von den Beteiligten zu 1 genutzten Vorgarten durch den Gerüstbau beschädigt wurden, nicht getroffen worden sind, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache auch zur Entscheidung über die Kosten der dritten Instanz an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Landgericht wird durch Vernehmung der von den Beteiligten zu 1 benannten Zeugen aufzuklären haben, ob die behaupteten Schäden entstanden sind und, wenn ja, ob die in dem von den Beteiligten zu 1 vorgelegten Angebot aufgeführten Arbeiten und Materialien zur Schadensbeseitigung erforderlich sind. Gegebenenfalls wird das Landgericht eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO vorzunehmen haben.

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Dr. G.- ist wegen Eintritts in den Ruhestand mit Ablauf des 30.11.2005 an der Unterschrift verhindert.

Ende der Entscheidung

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