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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.08.2007
Aktenzeichen: I-3 Wx 145/07
Rechtsgebiete: GBO, RPflG, FGG


Vorschriften:

GBO § 18
GBO § 22 Abs. 1
GBO § 29
GBO § 71
GBO § 71 Abs. 1
GBO § 78
GBO § 80
GBO § 84 Abs. 1 Satz 1
GBO § 84 Abs. 2
RPflG § 11 Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000 €.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der im Beschlusseingang näher bezeichneten beiden Flurstücke, deren Eigentümerin die Beteiligte zu 1. ist, ist in Abteilung II unter lfd. Nr. 3 eine Eigentumsvormerkung zur Sicherung eines bedingten Rückübertragungsanspruches für den Beteiligten zu 2. eingetragen. Hierzu ist in der Veränderungsspalte unter Bezug auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Geldern vom 14. Oktober 1996 vermerkt, dass der vorgemerkte Anspruch für die Beteiligte zu 3. gepfändet sei.

Der Vormerkung liegt zugrunde, dass sich die Beteiligte zu 1. mit notariellem Vertrag vom 5. September 1995 gegenüber dem Beteiligten zu 2. verpflichtet hat, ihren im Grundbuch von K. Bl. X verzeichneten Grundbesitz nicht ohne Zustimmung ihres Sohnes, des Beteiligten zu 2., ganz oder teilweise zu veräußern oder zu belasten; falls sie gegen diese Verpflichtung verstößt, ist sie verpflichtet, den vorbezeichneten Grundbesitz an den Beteiligten zu 2. zu übertragen, wobei dieser Übertragungsanspruch durch die - später tatsächlich eingetragene - Vormerkung gesichert werden sollte. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erstreckt sich seinem Inhalt nach auf die Anwartschaftsrechte des Beteiligten zu 2. an dem Grundeigentum der Beteiligten zu 1., insbesondere den vorgemerkten Auflassungsanspruch des Beteiligten zu 2. sowie die Rechte aus der zu seinen Gunsten eingetragenen Eigentumsvormerkung.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 28. Dezember 2006 veräußerte die Beteiligte zu 1. einen Teil ihres Grundbesitzes, nämlich das Flurstück 9 sowie das heutige, aus einem ehemaligen Flurstück 17 herausvermessene Flurstück 42 an einen Erwerber H.. In diesem Kaufvertrag heißt es unter Ziffer V. unter anderem: "Die Beteiligten stimmen allen Rangänderungen, Pfandfreigaben und Löschungen zu und bewilligen sie, soweit sie selbst die Berechtigten sind. Insbesondere stimmt der miterschienene Herr J. dem heutigen Kaufvertrag vollinhaltlich zu, so dass die im Grundbuch in Abteilung II unter lfd. Nr. 3 eingetragene Eigentumsvormerkung (bedingter Rückübertragungsanspruch) auf dem Kaufgrundbesitz gelöscht wird, unter gleichzeitiger Löschung des Pfändungsvermerks."

Mit Schrift vom 12. März 2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und 2. den Antrag auf Löschung des Rechts in Abteilung II lfd. Nr. 3 gestellt. Daraufhin hat ihm das Amtsgericht - Grundbuchamt - mit Zwischenverfügung vom 26. März 2007 aufgegeben, zur Löschung der Vormerkung in Abteilung II lfd. Nr. 3 noch die Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 3. in grundbuchmäßiger Form vorzulegen.

Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 1. und 2., vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, mit einem als Erinnerung bezeichneten Rechtsmittel gewandt und zugleich den Löschungsantrag dahin eingeschränkt, dass er nur bezüglich des Kaufgrundbesitzes gestellt werde. Das Rechtsmittel ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Die landgerichtliche Entscheidung greifen die Beteiligten zu 1. und 2. nunmehr mit ihrer weiteren Beschwerde an. Die Beteiligte zu 3. hat sich zu den Rechtsmitteln nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gem. §§ 71, 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht im Ergebnis nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 78 Satz 1 GBO, 546 ZPO).

1.

In Bezug auf die Zulässigkeit des zu ihm eingelegten Rechtsmittels hat das Landgericht ausgeführt, es sei als Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes gemäß § 18 GBO auszulegen und als solche nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1 GBO statthaft sowie auch im übrigen zulässig. Diese Ausführungen sind frei von rechtlichen Bedenken.

2.

Die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 26. März 2007 erfüllt die formellen Anforderungen an eine Zwischenverfügung. Insbesondere hätte die Mangelbehebung rückwirkende Kraft (dazu: Demharter, GBO, 25. Aufl. 2005, § 18 Rn. 8).

3.

Die vom Grundbuchamt erhobene Beanstandung ist sachlich berechtigt.

Bei der in Abteilung II lfd. Nr. 3 eingetragenen "Eigentumsvormerkung" handelt es sich der Sache nach um eine Auflassungsvormerkung. Bei einer solchen kann sowohl die Pfändung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums als auch die Pfändung eines etwaigen Anwartschaftsrechts des Berechtigten vermerkt werden. Dann kann die Auflassungsvormerkung aufgrund der Bewilligung des Berechtigten nur gelöscht werden, wenn auch die Voraussetzungen für die Löschung des bei ihr eingetragenen Pfändungsvermerks vorliegen. Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn der Pfändungsgläubiger die Löschung bewilligt, sondern auch dann, wenn hinsichtlich dieses Vermerks die Unrichtigkeit des Grundbuchs gem. §§ 22 Abs. 1, 29 GBO nachgewiesen ist (BayObLG NJW-RR 1997, S. 1173 m.w.Nachw.).

Im vorliegenden Fall umfasst der Pfändungsvermerk, wie durch die Bezugnahme auf den zugrunde liegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss klargestellt ist, sowohl den - schuldrechtlichen - Auflassungsanspruch des Schuldners wie auch für ihn bestehende Anwartschaftsrechte, darüber hinaus die "Rechte aus der Eigentumsvormerkung". Zwar ist nicht ersichtlich, dass der Beteiligte zu 2. bisher ein Anwartschaftsrecht erworben hätte. Hierfür wäre die Erklärung der Auflassung des Grundbesitzes an ihn erforderlich, und eine solche fehlt; demgegenüber begründet der bloße Umstand, dass ein Eigentumsübertragungsanspruch durch eine Vormerkung gesichert ist, noch kein Anwartschaftsrecht (vgl. BGH NJW 1989, S. 1093/1094). Jedoch ist das Grundbuch deshalb nicht unrichtig, weil der Eigentumsübertragungsanspruch des Beteiligten zu 2. entstanden und bis jetzt nicht erloschen ist, so dass auch die ihn sichernde Vormerkung noch Bestand hat; rechtlich bedenkenfrei ist das Landgericht von der Vormerkungsfähigkeit auch eines durch eine Potestativbedingung bedingten Anspruchs ausgegangen (dazu BGH NJW 2002, S. 2461/2462 f.).

Der Auflassungsanspruch des Beteiligten zu 2. ist aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB) durch eine Veräußerung oder Belastung - jeweils ganz oder teilweise - des im Grundbuch von K. Blatt X verzeichneten Grundbesitzes durch die Beteiligte zu 1. ohne Zustimmung des Beteiligten zu 2. Dieser Anspruch wäre nur erloschen, wenn feststünde, dass die Bedingung ausgefallen ist - das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft wäre dann endgültig wirkungslos -, was in Fällen wie dem vorliegenden bedeutet, dass sie endgültig nicht mehr eintreten kann (Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl. 2007, § 158 Rdnr. 3 m.w.Nachw.). Erst mit dem Erlöschen des gesicherten Anspruches erlischt dann auch die von seinem Bestand abhängige Vormerkung (BGH NJW 2002, S. 2313/2314). Eine derartige Feststellung des endgültigen Bedingungsausfalls lässt sich hier jedoch derzeit nicht treffen.

Sie wäre nur dann gegeben, wenn es bereits jetzt sicher wäre, dass - bezüglich des Kaufgrundbesitzes - der vorgemerkte Anspruch nicht nur bis jetzt nicht entstanden ist, sondern auch künftig nicht mehr entstehen kann. Letzteres kann nicht angenommen werden.

Zum einen ist nicht sicher, jedenfalls im hier gegebenen Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht zu prüfen und zu beurteilen, ob der jetzt in Rede stehende Veräußerungsvorgang an Herrn H. materiell-rechtlich wirksam ist. Zum anderen und vor allem ist nicht absehbar, ob es, sei es im Wege der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 28. Dezember 2006, sei es durch selbständigen Rückerwerb, nicht zu einer Rückübertragung des Kaufgrundbesitzes auf die Beteiligte zu 1. und einer anschließenden weiteren Veräußerung durch diese ohne Einverständnis des Beteiligten zu 2. kommt. Darüber hinaus umfasst der vorgemerkte Anspruch nicht nur Fälle der Veräußerung, sondern auch der bloßen Belastung durch die Beteiligte zu 1.; auch eine solche ist nach Rückübertragung denkbar. Selbst wenn man bezweifeln wollte, ob der vorgemerkte Anspruch tatsächlich sämtliche Fälle von Veräußerung und Belastung, mithin auch nach Rückerwerb des schon einmal veräußerten Grundbesitzes, durch die Beteiligte zu 1. erfasse und nicht durch den erstmaligen Veräußerungsvorgang "verbraucht" sei, würde dies den Beteiligten zu 1. und 2. im vorliegenden Verfahren nicht weiterhelfen; denn es ist nicht Aufgabe des grundbuchlichen Verfahrens, derartige materiell-rechtliche Zweifelsfragen zu klären (BayObLG Rpfleger 1986, S. 373; Demharter a.a.O., § 84 Rn. 16). Schließlich sei im Hinblick auf das Rechtsmittelvorbringen bemerkt, dass es hier zwar im Kern um die Pfändung eines frei ausübbaren Forderungsrechts des Beteiligten zu 2. geht und ein solches vor seiner Ausübung (wie hier) dem pfändenden Gläubiger keinen unmittelbaren Zugriff verschafft, sondern lediglich seinen Schutz vor beeinträchtigenden Zwischenverfügungen über das Recht bewirkt (näher: Ellenbeck MittRhNotK 1997, S. 41/53 f). Diese aus der Rechtsnatur des schuldrechtlichen Anspruchs folgende Beschränkung der Gläubigerbefugnisse spielt in dem hier maßgeblichen Zusammenhang der Feststellung eines Bedingungsausfalls indes keine Rolle.

Auf sich beruhen kann, ob die Löschung einer Auflassungsvormerkung über die eingangs genannten Fälle hinaus auch dann möglich ist, wenn ein bei ihr eingetragener Pfändungsvermerk gegenstandslos und damit seinerseits gem. § 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GBO löschungsfähig ist. Denn auch eine solche Situation liegt hier nicht vor. Die Gegenstandslosigkeit des Pfändungsvermerks könnte sich nämlich wiederum nur daraus ergeben, dass der gepfändete vorgemerkte Eigentumsübertragungsanspruch wegen endgültigen Bedingungsausfalls nicht mehr (unbedingt) zur Entstehung gelangen könnte. Dies ist, wie gezeigt, nicht der Fall.

Bei dieser Lage bedarf nach den eingangs dargestellten Grundsätzen die Löschung der Auflassungsvormerkung im vorliegenden Fall der Bewilligung des Pfändungsgläubigers, also der Beteiligten zu 3.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus den Vorschriften der Kostenordnung. Ein Fall des § 13 a Abs. 1 FGG ist nicht gegeben, da sich die formell Beteiligte zu 3. am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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