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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 31.10.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 154/06
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FGG § 12
FGG § 27
ZPO § 550
BGB § 2271 Abs. 2 Satz 1
BGB § 2079
BGB § 2079 Satz 1
BGB § 2080
BGB § 2281
BGB § 2282
BGB § 2283
BGB § 2283 Abs. 1
BGB § 2284
BGB § 2285
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 die ihr im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: Bis 300.000,- Euro.

Gründe:

I.

Der Erblasser hinterlässt aus seiner ersten Ehe einen Sohn, den am 27. März 1944 geborenen D.U..

In seiner zweiten, am 16. September 1996 geschlossenen Ehe war der Erblasser mit M. verheiratet.

Mit ihr schloss der Erblasser am 17. Dezember 1996 einen notariellen Erbvertrag, in dem die zweite Ehefrau den Erblasser zum Alleinerben einsetzte und der Erblasser seine zweite Ehefrau zu seiner Alleinerbin einsetzte. Zum Ersatzerben setzten beide D.U., den Sohn des Erblassers, ein.

Unter dem 23. Oktober 1997 schlossen der Erblasser und seine zweite Ehefrau einen notariellen Ergänzungserbvertrag, nach dem sie sich das Recht vorbehielten, von den erbvertraglichen Bestimmungen des Erbvertrages vom 17. Dezember 1996 zurückzutreten, und die Befugnis einräumten, nach dem Tode des Erstversterbenden die Testierungen im Erbvertrag vom 17. Dezember 1996 und die Testierung des Ergänzungserbvertrages abzuändern bzw. aufzuheben. Sodann setzten sie unter Ziffer III. zum Erben des Längstlebenden und zum Ersatzerben den Beteiligten zu 1 ein.

Am 3. November 1997 änderten der Erblasser und seine zweite Ehefrau mit handschriftlicher letztwilliger Verfügung die notariellen Urkunden vom 17. Dezember 1996 und 23. Oktober 1997 dahingehend, dass der Letztlebende nicht dazu berechtigt sei, die unter Ziffer III. des notariellen Ergänzungserbvertrages vom 23. Oktober 1997 getroffene Regelung abzuändern und/oder zu ergänzen. Diese Regelung sollte abschließend sein.

Nach dem Tod der zweiten Ehefrau am 16. Mai 1999 errichtete der Erblasser vor der Notarin R. unter dem 20. Mai 1999 ein Ergänzungstestament. Im Vorspann wurden die Erbverträge vom 17. Dezember 1996 und 23. Oktober 1997 aufgeführt. Danach hob der Erblasser die Einsetzung des Beteiligten zu 1 zum Erben des Längstlebenden und zum Ersatzerben auf und setzte zu seinem Erben Herrn H. ein.

Unter dem 13. April 2000 errichtete der Erblasser notariell ein weiteres Ergänzungstestament, in dem er unter Voranstellung der letztwilligen Verfügungen vom 17. Dezember 1996, 23. Oktober 1997 und 20. Mai 1999 und unter Aufhebung des Ergänzungstestamentes vom 20. Mai 1999 die M.-Stiftung zu seinem Erben und zur Ersatzerbin die Beteiligte zu 2, S., einsetzte.

Nach Eheschließung mit der Beteiligten zu 2 am 21. Mai 2001 errichtete der Erblasser am 5. September 2001 ein weiteres notarielles Ergänzungstestament, in dem er unter Voranstellung der notariellen letztwilligen Verfügungen vom 17. Dezember 1996, 23. Oktober 1997, 20. Mai 1999 sowie 13. April 2000 seine vorherigen letztwilligen Verfügungen aufhob und zu seiner Erbin die Beteiligte zu 2 einsetzte.

In einem weiteren notariellen Ergänzungstestament vom 13. Dezember 2001 erteilte der Erblasser der Beteiligten zu 2 als Erbin Auflagen hinsichtlich seiner Beisetzung. Im Übrigen bestätigte er das Ergänzungstestament vom 5. September 2001.

Der Beteiligte zu 1 hat unter Berufung auf die letztwilligen Verfügungen vom 17. Dezember 1996, 23. Oktober 1997 und 3. November 1997 die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt.

Die Beteiligte zu 2 hat unter Berufung auf das Testament vom 5. September 2001 einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein beantragt.

Sie hat unter dem 5. August 2003 den notariellen Ergänzungserbvertrag vom 23. Oktober 1997 sowie das privatschriftliche gemeinsame Testament vom 3. November 1997 wegen Übergehung ihrer Person als pflichtteilsberechtigte Ehefrau angefochten.

Am 6. Februar 2004 hat das Amtsgericht Düsseldorf zunächst den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und einen die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin ausweisenden Erbschein angekündigt.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, weil das Anfechtungsrecht des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits erloschen gewesen sei.

Daraufhin hat das Amtsgericht am 16. März 2006 seinen Beschluss vom 6. Februar 2004 geändert, den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen und einen den Beteiligten zu 1 als Alleinerben ausweisenden Erbschein angekündigt.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 2 am 3. April 2006 Beschwerde eingelegt.

Hierbei hat sie auf ihre Ausführungen im Erbscheinsverfahren, insbesondere ihren Schriftsatz vom 30. Dezember 2005 Bezug genommen, den das Amtsgericht offenbar nicht berücksichtigt habe. Eine Ergänzung der Beschwerdebegründung bleibe vorbehalten. Der Beteiligte zu 1 hat am 11. April 2006 Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Der Amtsrichter hat am 12. Mai 2006 die Nichtabhilfe beschlossen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt

Die Kammer hat auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 am 26. Mai 2006 den angefochtene Beschluss geändert, den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 abgelehnt und das Amtsgericht angewiesen, der Beteiligten zu 2 auf ihren Antrag vom 12. Juni 2003 einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde und bittet um Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Er beanstandet, dass die Kammer den amtsgerichtlichen Beschluss in einer zeitnah zur Einlegung des Rechtsmittels ergangenen Entscheidung geändert habe, ohne ihm einen - aufgrund der abweichenden Beurteilung notwendigen - Hinweis zu geben. Die Entscheidung des Landgerichts sei überraschend, weil die Kammer kurz nach Einlegen der Beschwerde entschieden habe, ohne die Beteiligte zu 2 zur - weiteren - Begründung aufzufordern. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Erblasser von dem Testament vom 3. November 1997 bis zu seinem Tode Kenntnis gehabt. Unmittelbar nach dem Tod seiner 2. Ehefrau am 16. Mai 1999 habe er nämlich die Zeugen D. und K.B. aufgesucht. Als Grund für seinen Besuch habe er das handschriftliche Testament genannt, das er gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau im Haus der Zeugen errichtet und auf Wunsch seiner Ehefrau dort zurückgelassen habe. Hieraus folge, dass der Erblasser in Kenntnis des Testaments vom 3. November 1997 am 20. Mai 1999 vor der Notarin R. testiert habe, um das gemeinsame bindende mit der gerade verstorbenen zweiten Ehefrau errichtete Testament zu ändern. Aus diesem Grunde habe der Erblasser auch bei der weiteren letztwilligen Verfügung vom 13. April 2000 seine Beschränkung in der Testierfähigkeit nicht offenbaren dürfen. Deshalb sei davon auszugehen, dass er auch am 5. September 2001 Kenntnis von dem Testament vom 3. November 1997 gehabt, diese indes nicht offenbart habe.

Die Beteiligte zu 2 tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die auf zulässige Erstbeschwerde ergangene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften i. S. der §§ 27 FGG, 550 ZPO.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Beschwerde sei begründet.

Das Erbrecht der Beteiligten zu 2 beruhe auf dem Testament vom 5. September 2001. Insoweit könne dahinstehen, ob gegen die Wirksamkeit des Testamentes vom 3. November 1997 wegen Testierunfähigkeit durchgreifende Bedenken bestehen, da dieses Testament von der Beteiligten zu 2 wirksam angefochten worden sei. Die Beteiligte zu 2 als dritte Ehefrau des Erblassers habe das Testament vom 3. November 1997 als gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB bindende Verfügung im Grundsatz gemäß § 2079 Satz 1 BGB anfechten können, weil sie erst nach der Errichtung der gemeinschaftlichen Testamente vom 23. Oktober 1997 und 3. November 1997 pflichtteilsberechtigt (§ 2303 Abs. 2 BGB) geworden sei. Die Beteiligte zu 2 sei erst am 21. Mai 2001 Ehefrau des Erblassers geworden. Jedoch unterliege die Anfechtung den Einschränkungen, die gemäß §§ 2281 bis 2285 BGB für den Erbvertrag gelten.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts habe der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes sein Anfechtungsrecht (§ 2281 Abs. 1 BGB analog) noch nicht verloren gehabt, da die Anfechtungsfrist gemäß 2283 BGB noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Gemäß § 2283 Abs. 1 BGB könne die Anfechtung durch den Erblasser nur binnen Jahresfrist erklärt werden. Die Frist beginne mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt (§ 2283 Abs. 2 Satz 1 BGB), d.h. alle Tatsachen kenne, die für die Anfechtung erforderlich sind.

Es sei nicht aufzuklären, ob und ggf. wann dem Erblasser das Vorhandensein des handschriftlichen Testaments vom 3. November 1997 zum Zeitpunkt seiner Eheschließung mit der Beteiligten zu 2 oder danach ins Gedächtnis gekommen ist. Er habe auf ausdrückliches Nachfragen gegenüber der Notarin R. weitergehende Testamente verneint und bekundet, dass er in seiner Testierung frei sei. Auch wenn es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich keine subjektive Beweisführungslast gebe, schließe dies nicht aus, dass es zu Lasten eines Beteiligten gehen könne, wenn die Ermittlungen zu keinem Erfolg führten. Die Frage, wer die Folgen einer solchen Ungewissheit zu tragen hat, beantworte sich nach den Regeln der Feststellungslast, die auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten (BayObLG, a.a.O.). Nach herrschender Auffassung treffe die Feststellungslast für den Ausschluss eines entstandenen Anfechtungsrechts durch Zeitablauf und damit auch für den Zeitpunkt der Kenntnis des Anfechtungsberechtigten von den sein Anfechtungsrecht begründenden Umständen den Anfechtungsgegner [BayObLG a.a.O.; OLG Stuttgart OLGZ 1982, 315; Staudinger - Kanzleiter, BGB, 13. Aufl., § 2285 Rn. 4; Soergel - Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2285 Rn. 5; Baumgärtl, Handbuch der Beweislast, Band II, § 2285 BGB Rn. 1 m.w.N.).

Es seien keine Gründe ersichtlich, warum die Frage der Feststellungslast in Fällen, in denen der Ausschluss des Anfechtungsrechts eines Dritten gemäß § 2285 BGB durch Ablauf der Anfechtungsfrist für den Erblasser (§§ 2283 Abs. 1 BGB) behauptet werde, abweichend beurteilt werden sollte (OLG Stuttgart a.a.O.).

Anders als in dem vom BayObLG entschiedenen Fall sehe die Kammer vorliegend auch keine Veranlassung, für den Nachweis, dass der Erblasser im Zeitpunkt seiner Wiederverheiratung Kenntnis von der Unabänderlichkeit der Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 1 in dem hier maßgebenden Umfang gehabt habe, Beweiserleichterungen etwa nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins vorzusehen.

Die Feststellungslast trage somit hier der Beteiligte zu 1. Dementsprechend sei sein Erbscheinsantrag zurückzuweisen und der Beteiligten zu 2 ein sie als Alleinerbin ausweisender Erbschein zu erteilen.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1; 550 ZPO; Art. 103 Abs. 1 GG) - auch mit Blick auf das Vorbringen des Erstbeteiligten zur weiteren Beschwerde - stand.

Das Landgericht hat beanstandungsfrei das Erbrecht der Beteiligten zu 2 aufgrund des Testaments vom 5. September 2001 bejaht, weil die Beteiligte zu 2 den Ergänzungserbvertrag vom 23. Oktober 1997 und das handschriftliche gemeinschaftliche Testament vom 3. November 1997 wegen Übergehung ihrer Person als pflichtteilsberechtigte Ehefrau gemäß §§ 2079, 2080 BGB wirksam angefochten hat.

a)

Das Anfechtungsrecht unterliegt der Einschränkung des § 2285 BGB, das heißt wechselbezügliche Verfügungen können nicht mehr angefochten werden, wenn der zuletzt verstorbene Ehegatte das Recht, die Verfügung aus demselben Grunde anzufechten, durch Fristablauf verloren hatte (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 587).

Gemäß § 2283 Abs. 1 BGB kann die Anfechtung durch den Erblasser nur binnen Jahresfrist, beginnend mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt (§ 2283 Abs. 2 BGB), d. h. alle Tatsachen kennt, die für die Anfechtung erforderlich sind. Entscheidend sind hier der Tode der zweiten Ehefrau (16.05.1999), die Annahme der Erbschaft nach ihrem Tode, die Tatsache der Wiederverheiratung (21.05.2001) und das Vorhandensein des gemeinschaftlichen Testaments vom 3. November 1997 mit der unabänderbaren Schlusserbeneinsetzung. Die Anfechtungsfrist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung (§ 2281 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB). Zu diesem Zeitpunkt hat der überlebende Ehegatte Kenntnis von dem gemeinschaftlichen Testament, wenn er sich daran ohne weitere Gedächtnishilfe erinnern würde, falls er sich mit der Frage der Nachlassregelung befassen sollte (BayObLG FamRZ 1995, 1024). Die Kenntnis fehlt, wenn das Testament so weit aus der Erinnerung des Überlebenden entschwunden ist, dass er selbst bei Befassung mit Fragen der Nachlassregelung nicht in dessen Bewusstsein zurückgerufen worden ist (BayOblG a.a.O.; Palandt-Edenhofer, BGB 65. Auflage 2006, § 2271 Rdz. 29). Im letztgenannten Fall ist die für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis erst dann gegeben, wenn der Anfechtungsberechtigte konkret an seine frühere Verfügung erinnert wird.

b)

Hiernach kommt es darauf an, ob der Erblasser zum Zeitpunkt seiner dritten Heirat (21.05.2001) in dem beschriebenen Sinne Kenntnis von der im gemeinschaftlichen Testament vom 3. November 1997 bestätigten Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 1 hatte.

Die Kammer hat diesen Punkt rechtlich einwandfrei als unaufklärbar bewertet und ohne Rechtsfehler unter Hinweis u. a. auf BayObLG FamRZ 1995, 1024 die Feststellungslast bei dem Beteiligten zu 1 gesehen.

aa)

Nach dem Tode der zweiten Ehefrau des Erblassers am 16. Mai 1999, mit der er das Testament vom 3. November 1997 errichtet hatte, testierte er bereits am 20. Mai 1999 abweichend, dahin, dass er die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 aufhob und H. einsetzte, wobei der Erblasser der Notarin R. erklärte, er sei in seiner Testierung frei. Dies kann bedeuten, dass er das Testament vom 3. November 1997 vergessen hatte oder dass er es bewusst unerwähnt gelassen hat oder sich - was das Amtsgericht für möglich hält - rechtsirrtümlich durch das - "nur" handschriftlich verfasste Testament - nicht gehindert sah, anderweit zu testieren.

bb)

Weitere Aufklärungsmöglichkeiten in dieser Hinsicht hat das Landgericht unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände (§ 25 FGG) nach dem ihm vorliegenden Sachstand ohne Verstoß gegen § 12 FGG zu Recht verneint.

Insbesondere Zeugen, die bekunden können, dass der Erblasser das Testament vom 3. November 1997 bzw. dessen Inhalt offenbart bzw. angedeutet hätte, hat die Kammer beanstandungsfrei nicht gesehen. Der Beteiligte zu 1 hatte auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 27. Oktober 2004 selbst vortragen lassen: "Dass die Verstorbene das Testament bei der Familie B. deponiert hatte, wusste er nicht."

cc)

Der Beteiligte zu 1 führt zwar nunmehr mit der weiteren Beschwerde aus und stellt unter Zeugenbeweis, entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Erblasser von dem Testament vom 3. November 1997 bis zu seinem Tode Kenntnis gehabt. Unmittelbar nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau am 16. Mai 1999 habe er die Zeugen D. und K. B. aufgesucht. Als Grund für seinen Besuch habe er das handschriftliche Testament genannt, das er gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau im Haus der Zeugen errichtet und auf Wunsch seiner Ehefrau dort zurückgelassen habe. Hieraus folge, dass der Erblasser in Kenntnis des Testaments vom 3. November 1997 am 20. Mai 1999 vor der Notarin R. testiert habe, um das gemeinsame bindende mit der gerade verstorbenen zweiten Ehefrau errichtete Testament zu ändern. Aus diesem Grunde habe der Erblasser auch bei der weiteren letztwilligen Verfügung vom 13. April 2000 seine Beschränkung in der Testierfähigkeit nicht offenbaren dürfen. Deshalb sei davon auszugehen, dass er auch am 5. September 2001 Kenntnis von dem Testament vom 3. November 1997 gehabet, diese indes nicht offengelegt habe.

Mit diesem neuen Vorbringen kann der Beteiligte zu 1 aber in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht gehört werden, da dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht eine Tatsachenaufklärung verwehrt ist.

dd)

Soweit dieser Vortrag einen möglicherweise entscheidungserheblichen Aufklärungsansatz im Hinblick auf die Kenntnis des Erblassers im oben genannten Sinne enthält, hätte er allerdings rechtlich relevant werden und zu einer Aufhebung der Entscheidung der Kammer und Zurückverweisung führen können, wenn dem Landgericht ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) unterlaufen wäre, der dazu geführt hat, dass es dem Beteiligten zu 1 verwehrt war, in der Tatsacheninstanz entsprechend vorzutragen.

Dies allerdings ist nicht der Fall; der Beteiligte zu 1 reklamiert zu Unrecht eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Landgericht.

(a)

Die am 3. April 2006 bei Gericht eingegangene durch Bezugnahme auf vorangegangene Ausführungen begründete Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2 ist dem Beteiligten zu 1 mit Verfügung vom 7. April 2006 zugeleitet worden, worauf er - eingehend am 11. April 2006 Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt hat. Die Formulierung, eine Ergänzung der Beschwerdebegründung bleibe vorbehalten stellt sich als formelhaft dar, d. h. in ihr kommt nicht zum Ausdruck, ob überhaupt, in welchem Zeitraster, unter welchem Blickwinkel und unter welchen Umständen mit einer Ergänzung gerechnet werden könne. Gleichwohl hat der Amtsrichter mit Rücksicht hierauf eine Monatsfrist verfügt und die Akte demgemäß erst am 12. Mai 2006 nach Fristablauf dem Landgericht vorgelegt, wo diese am 13. Mai 2006 einging.

Auch wenn es einem klaren und übersichtlichen Verfahrensgang eher dienlich gewesen wäre, wenn das Landgericht der Beteiligten zu 2 nunmehr eine Frist für eine eventuelle weitere Beschwerdebegründung gesetzt hätte, durfte der Beteiligte zu 1 gleichwohl nach den gegebenen Umständen hier nicht davon ausgehen, dass mit Rücksicht auf die unterbliebene Ergänzung seitens der Beschwerdeführerin eine Entscheidung zu seinem Nachteil im Beschwerdeverfahren nicht oder jedenfalls noch nicht ergehen werde. Er musste vielmehr - zumal im FG-Verfahren nicht einmal die Beschwerdebegründung vorgeschrieben ist (Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 18. Auflage 2003 § 19 Rdz. 112) - damit rechnen, dass die Kammer nach angemessener Zeit auch ohne Eingang einer Beschwerdeergänzung in der Sache entscheiden würde (vgl. Schmidt a.a.O., § 12 Rdz. 165).

Zu Unrecht reklamiert der Beteiligte zu 1 in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht zu rasch entschieden habe. Dies ist nicht der Fall.

Die Entscheidung der Kammer ist zwar auf den 26. Mai 2006 datiert. Erlassen ist eine schriftliche gerichtliche Entscheidung aber erst wenn sie von allen mitwirkenden Richtern unterschrieben worden ist und wenn sie zur Kenntnis von Personen außerhalb des Gerichts, also erkennbar aus dem inneren Geschäftsbetrieb hinausgegeben worden ist (Schmidt a.a.O., § 18 Rdz. 3). Erst mit dem Erlass der Entscheidung endet demnach die Verpflichtung des Gerichts zur Gewährung des rechtlichen Gehörs. Es muss deshalb auch Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten berücksichtigen, die eingehen, wenn seine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt schon beraten oder sogar schon abgesetzt und unterschrieben war (Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. § 12 Rdz. 159).

Vorliegend bedeutet dies, dass das Landgericht einen Schriftsatz des Beteiligten zu 1, der vor der Hinausgabe aus dem Geschäftsbetrieb (8. Juni 2006) bei Gericht eingegangen wäre, noch bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen müssen. Damit stand dem Beteiligten zu 1 hinreichend Zeit zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs in Gestalt der Anbringung eines Schriftsatzes mit dem Inhalt der weiteren Beschwerde noch in der Erstbeschwerdeinstanz zur Verfügung. Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die Erstbeschwerde bereits am 3. April 2006 eingelegt worden ist und der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz vom 11. April 2006 deren Zurückweisung beantragt hat.

(b)

Eines Hinweises auf die Richtung der von der Kammer beabsichtigten Entscheidung bedurfte es als Maßnahme der Gewährung rechtlichen Gehörs zugunsten des Beteiligten zu 1 nicht, da mit Rücksicht auf die vorangegangene kontroverse Erörterung und Behandlung der Sache eine Überraschungsentscheidung nicht zu besorgen war.

(c)

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs zu seinem Nachteil kann der Beteiligte zu 1 schließlich auch nicht daraus herleiten, dass die Kammer die Entscheidung vom 26. Mai 2006 getroffen hat ohne zuvor seinem Ersuchen um Akteneinsicht vom 24. Mai 2006 nachzukommen. Dasselbe bezog sich nämlich nicht auf die hier zur Entscheidung stehende Nachlassangelegenheit, sondern diente ausdrücklich und allein der Vorbereitung der Klageerwiderung im Verfahren 3 O 145/06 LG Düsseldorf.

Hiernach bleibt festzuhalten, dass das Landgericht es rechtsfehlerfrei als nicht festgestellt angesehen hat, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes sein Anfechtungsrecht (§ 2281 Abs. 1 BGB analog) bereits wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist verloren hatte (§§ 2283, 2285 BGB analog). Dies hat - mit Blick auf die Feststellungslast, die die Kammer rechtlich beanstandungsfrei dem Beklagten zu 1 als Anfechtungsgegner aufgebürdet hat - zur Folge, dass die Anfechtung durch die Beteiligte zu 2 greift und ihr nach Maßgabe des Testaments vom 5. September 2001 ein sie als Alleinerbin ausweisender Erbschein entsprechend der Anweisung des Landgerichts zu erteilen ist

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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