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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.09.2009
Aktenzeichen: I-3 Wx 187/09
Rechtsgebiete: FGG-RG


Vorschriften:

FGG-RG Art. 111 Abs. 1 Satz 1
FGG-RG Art. 111 Abs. 2
Ist eine Grundbuchsache noch vor Inkrafttreten des FamFG (01. September 2009) eingeleitet oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt worden, so hat nicht nur das Amtsgericht (Grundbuchamt) nach "altem" Recht zu verfahren, vielmehr richten sich das gegen seine (Zwischen-) Entscheidung eröffnete Rechtsmittel und die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens ebenfalls noch nach dem FGG.
Tenor:

Die Übernahme der Sache wird abgelehnt.

Mit Schrift ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 1. Juli 2009 hat die Beteiligte zu 1. auf Grundbuchberichtigung angetragen. Mit Zwischenverfügungen vom 21. Juli und 21. August 2009 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - die Auffassung vertreten, dem Antrag könne noch nicht entsprochen werden, da die Vorlage eines Erbscheins erforderlich sei. Gegen diese Zwischenverfügungen hat der Bevollmächtigte namens der Beteiligten zu 1. mit Schrift vom 2. September 2009, bei Gericht eingegangen am 7. September 2009, Beschwerde eingelegt. Durch Beschluss vom 9. September 2009 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Nach Ansicht des Senats ist das weitere Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht - Wuppertal - durchzuführen und ist dort über die Beschwerde der Beteiligten zu 1. zu entscheiden. Der Senat kann mit der Sache lediglich im Wege einer etwaigen weiteren Beschwerde befasst werden.

Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für das Beschwerdeverfahren wäre nur begründet, wenn das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG - Anwendung fände. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Vielmehr richtet sich die Sache noch nach "alter" Rechtslage, nämlich dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG).

Das FamFG ist Teil des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG), das am 1. September 2009 in Kraft getreten ist und das FGG ersetzt hat, Art. 112 Abs. 1 FGG-RG. Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-RG eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt wurde, sind weiter die vor dem Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden; dabei stellt ein selbständiges Verfahren im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift jedes gerichtliche Verfahren dar, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, Art. 111 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 FGG-RG.

Der Senat verkennt nicht, dass teilweise aus der vorerwähnten Definition des selbständigen Verfahrens der Schluss gezogen wird, dies bedeute, dass jede Instanz als ein selbständiges gerichtliches Verfahren im Sinne der Übergangsvorschriften zu behandeln sei mit der Konsequenz, dass, falls nach dem 1. September 2009 eine Beschwerde in einem Verfahren eingelegt werde, das in erster Instanz vor dem 1. September 2009 begonnen habe, auf das Rechtsmittelverfahren die Normen des FamFG anzuwenden seien (Prütting/Helms-Prütting, FamFG, 2009, Art. 111 FGG-RG Rdnr. 5). Diesem - soweit ersichtlich, nicht näher begründeten - Standpunkt vermag der Senat indes nicht zu folgen.

Vielmehr erstreckt sich die Übergangsregelung des Art. 111 FGG-RG einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen: Ist das Verfahren in erster Instanz noch nach "altem" Recht eingeleitet worden, erfolgt auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem früher geltenden Recht (so: Horndasch/Viefhues-Horndasch, Kommentar zum Familienverfahrensrecht, 2009, Art. 111 FGG-RG Rdnr. 3; Meysen u.a.-Niepmann, Das Familienverfahrensrecht - FamFG, 2009, Art. 111 Rdnr. 3; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 2009, Einl., Rdnr. 90; unklar: Engelhardt/ Sternal-Engelhardt, FamFG, 16. Aufl. 2009, Art. 111 FGG-RG Rdnr. 2 f.). Mit anderen Worten enthält Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG eine Globalverweisung auf sämtliche Verfahrensvorschriften, so dass die Rechtsmittelvorschriften des "neuen" Rechts nur zur Anwendung kommen, wenn bereits das erstinstanzliche Verfahren nach dem FamFG geführt wurde.

In der Begründung zum Regierungsentwurf des heutigen Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG heißt es ausdrücklich: "Mit der Übergangsregelung soll gewährleistet werden, dass sich Gerichte und Beteiligte auf die geänderte Rechtslage einstellen können. Wegen der grundlegenden verfahrensrechtlichen Neuerungen durch das FGG-Reformgesetz - insbesondere auch im Hinblick auf den Rechtsmittelzug - soll das mit der Reform in Kraft getretene Recht auf bereits eingeleitete Verfahren sowie Verfahren, deren Einleitung bereits beantragt wurde, keine Anwendung finden. Die Übergangsregelung erstreckt sich einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen. Ist das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, so erfolgt auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Dies betrifft auch den nach bisherigem Recht geltenden Instanzenzug. Ausschließlich soweit auch bereits das erstinstanzliche Verfahren nach den Vorschriften des FGG-Reformgesetzes durchzuführen war, richtet sich auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach den Regelungen des FGG-Reformgesetzes." (BT-Drucks. 16/6308, S. 359). Diese Erwägungen erscheinen uneingeschränkt sachgerecht. In einem fortgeschrittenen Stadium eines Verfahrens, wie etwa nach dessen erstinstanzlichem Abschluss, muss es vermieden werden, die weitere Verfahrensführung einem völlig neuen Rechtsregime mit anderen, gegebenenfalls höheren Anforderungen, zu unterwerfen (vgl. Musielak/Borth a.a.O., Rdnr. 89 a.E.).

Auch sind zwar die nach dem Regierungsentwurf in Artikel 111 vorgesehenen Regelungen durch Art. 22 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3. April 2009 um die heutigen Absätze 2 bis 5 ergänzt worden. Jedoch ist nicht erkennbar, dass die vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen hierdurch ihre Tragfähigkeit verloren hätten. Denn die erwähnten Ergänzungen behandeln Fragen des Rechtsmittelverfahrens und des Instanzenzuges nicht. Dann aber ist es weder geboten noch gar zwingend, die Formulierung "jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird" in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG prozessual, d.h. im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf die einzelne gerichtliche Instanz bezogen, zu verstehen und nicht sachlich-rechtlich, d.h. als eigenständige verbindliche gerichtliche Entscheidung über ein Sachbegehren oder eine sonstige Sachfrage (dem bzw. der gerade wegen jener Entscheidung Selbständigkeit zukommt), in welcher Instanz auch immer diese gefällt werden mag.

Im vorliegenden Fall ist das Verfahren vor dem Grundbuchamt eindeutig vor dem genannten Stichtag des 1. September 2009 eingeleitet worden. Demgemäß hat nicht nur das Amtsgericht nach "altem" Recht zu verfahren gehabt, vielmehr richtet sich das gegen seine (Zwischen-)Entscheidung eröffnete Rechtsmittel und die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens ebenfalls noch nach dem FGG.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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