Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: I-3 Wx 222/05
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 141
FGG § 141a
FGG § 142
1. Wird eine Gesellschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, obwohl über ihren Widerspruch gegen die Ankündigung der Löschung noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, bleibt das gegen die Ankündigung gerichtete Rechtsmittel zulässig; die Amtslöschung ihrerseits ist von Amts wegen zu löschen.

2. Schon die Ankündigung einer beabsichtigten Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit setzt auch bei einer GmbH iL voraus, dass das Gericht gesicherte Erkenntnisse besitzt, dass die Gesellschaft tatsächlich über kein Vermögen verfügt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 222/05

In der Handelsregistersache

betreffend die Löschung der P GmbH,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G sowie der Richter am Oberlandesgericht v W und B am 5. April 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 23.05.005 werden aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, von der am 17.02.2004 angekündigten Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit abzusehen.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die angekündigte Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit.

Die Gesellschafterversammlung der Beschwerdeführerin beschloss am 16.04.1992 die Verlegung des Gesellschaftssitzes von R nach D, und die Auflösung der Gesellschaft; zum Liquidator wurde Rechtsanwalt M bestellt. Nach verschiedenen Anfragen zum Stand der Liquidation setzte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 06.11.1998 davon in Kenntnis, dass beabsichtigt sei, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit zu löschen. Daraufhin legte der Liquidator zwei Kontoauszüge der D Bank über ein Kontoguthaben von 132.300,74 DM und ein Festgeldguthaben von 55.000,00 DM vor. Kontoinhaber nach diesen Auszügen war die Beschwerdeführerin "c/o T KG, W". Anschließend teilte das Amtsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass das Löschungsverfahren erledigt sei.

Durch Verfügung vom 17.02.2004 teilte das Amtsgericht der Beschwerdeführerin nach verschiedenen Anfragen zum Stand der Liquidation erneut mit, es sei eine Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit beabsichtigt. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Widerspruch eingelegt und dessen Begründung angekündigt. Nachdem eine solche Begründung ausblieb, hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 13.09.2004 der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, Vermögen durch die Vorlage einer Bilanz, die Beibringung von Kontoauszügen etc. glaubhaft zu machen. Hierauf hat die Beschwerdeführerin nicht reagiert.

Sodann hat das Amtsgericht den Widerspruch gegen die Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit durch Beschluss vom 23.05.2005 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Gesellschaft sei ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie habe die zur Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Lebensfähigkeit notwendigen Unterlagen und Auskünfte nicht zur Verfügung gestellt. Da die Liquidation bereits am 08.02.1991 beschlossen worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass diese beendet und die Gesellschaft damit vermögenslos sei.

Gegen diesen ihr am 30.05.2005 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 13.06.2005 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, sie sei nicht vermögenslos und die Liquidation sei noch nicht beendet. Mit der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin wiederum zwei Auszüge der D Bank für die selben Konten vorgelegt, und zwar einen Tagesauszug vom 24.05.05 mit einem Kontostand von 71.357,81 EUR (= 139.563,74 DM) und den Auszug für ein Festgeldkonto mit einem Guthaben von 28.121,05 EUR vom 31.12.2004 (= 55.000,00 DM).

Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 15.09.2005 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt und geltend macht, bei der erforderlichen gewissenhaften Prüfung der Registerakten hätte die Kammer erkennen müssen, dass die vorgelegten Auszüge ihre Konten betreffen. Die Kontonummern seien identisch mit den im Jahr 1998 vorgelegten und damals vom Registergericht als für den Vermögensnachweis ausreichend angesehenen Kontoauszügen. Die Anschrift auf den Kontoauszügen "c/o T KG" sei damit zu erklären, dass diese Gesellschaft ihre (der Beschwerdeführerin) Steuerberaterin sei und die Kontenbewegungen verbuchen müsse. Daher sei es aus Vereinfachungsgründen dabei geblieben, dass die Auszüge an diese Gesellschaft versendet würden, auch wenn sie selbst in Düsseldorf residiere.

Nach Erlass der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht trotz der fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit eingetragen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 141 a Abs. 2 Satz 3, 141 Abs. 3 Satz 2, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1.

Durch die Löschung ist die Beteiligtenfähigkeit der Gesellschaft im vorliegenden Verfahren nicht entfallen. Für das Löschungsverfahren ist die Gesellschaft als fortbestehend anzusehen; sie kann in diesem Verfahren von ihrem gesetzlichen Vertreter (hier dem Liquidator) vertreten werden (vgl. BayObLG NJW-RR 1998, 631; KG NZG 2004, 1004; Keidel/Winkler, FGG, 15. A.; § 141 a Rn. 15).

2.

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels, das sich gegen die Ankündigung der Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit wendet, ist nicht dadurch entfallen, dass die Amtslöschung zwischenzeitlich erfolgt ist. Das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren besteht fort.

Denn die Amtslöschung der Gesellschaft ist ihrerseits von Amts wegen zu löschen, § 142 FGG.

Aufgrund der Bitte des Liquidators vom 6. Oktober 2005, den Löschungsvermerk aufzuheben, hat das Registergericht gem. § 142 Abs. 1 FGG die von ihm bewirkte unzulässige Eintragung in das Handelsregister von Amts wegen zu löschen, ohne dass es einer Prüfung der Frage bedarf, ob die Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist. Denn Voraussetzung für eine Löschung einer unzulässigen Eintragung nach dieser Vorschrift ist, dass die Eintragung zur Zeit ihrer Vornahme unzulässig war oder nachträglich unzulässig geworden ist und diese Unzulässigkeit auf dem Fehlen einer wesentlichen Voraussetzung der Eintragung beruht. Es entspricht einhelliger Auffassung, dass die Löschung einer Kapitalgesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gem. § 142 FGG nur beseitigt werden kann, wenn die Eintragung auf einer Verletzung wesentlicher Vorschriften des Löschungsverfahrens beruht (OLG Zweibrücken NZG 2002, 426 m.N., Senat GmbHR 1979, 227) jedoch nicht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist.

So liegt der Fall hier, weil das Registergericht die Löschung verfügt hatte, obwohl die den Widerspruch gegen die Ankündigung der beabsichtigten Löschung zurückweisende Verfügung noch nicht rechtskräftig geworden war, § 141 Abs. 4 FGG (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.)

3.

Das Rechtsmittel ist begründet, denn der angefochtene Beschluss beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

a.

Die Kammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt:

Der Widerspruch der Gesellschaft, mit dem sie geltend gemacht habe, über Vermögen zu verfügen, sei vom Amtsgericht zu Recht zurückgewiesen worden. Denn weder gegenüber dem Amtsgericht noch nach dem ausdrücklichen Hinweis der Kammer habe die Gesellschaft glaubhaft gemacht, Vermögen zu besitzen. Es könne dahinstehen, dass schon das Amtsgericht eine Erläuterung des Kontoauszugs hätte anfordern müssen. Denn die Umstände, aus denen auf die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft geschlossen werden könne, seien wegen der schwerwiegenden Folgen der Löschung genau und gewissenhaft zu prüfen und festzustellen. Die Löschung dürfe sich nicht allein auf ein Unterlassen der Mitwirkung der Gesellschaft stützen. Vorliegend habe die Gesellschaft aber schon kein Vermögen nachgewiesen, weil die überreichten Kontoauszüge zwar auf die P GmbH lauten, diese aber eine Gesellschaft beträfen, die bei der T KG in W residiere. Die Kammer habe deshalb der Gesellschaft die Gelegenheit gegeben, den Kontoauszug zu erläutern. Gleichwohl habe die Gesellschaft nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Kontoauszug, lautend auf die Gesellschaft der Beschwerdeführerin, aber mit der offenbar anderen Anschrift in W, tatsächlich ihr Vermögen betreffe. In Anbetracht der mehrfachen Aufforderung durch das Amtsgericht sowie der ausdrücklichen Auflage, den Auszug zu erläutern, stelle das Schweigen darauf nicht eine bloße unterlassene Mitwirkung des Geschäftsführers der Gesellschaft dar, sondern indiziere, dass die vorgelegten Kontoauszüge nicht die hiesige Gesellschaft mit Sitz in D beträfen. Irgendein Zusammenhang mit der Gesellschaft mit Sitz in W sei nicht ersichtlich.

b.

Das hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Feststellungen des Landgerichts und zuvor schon des Registergerichts reichen für eine Amtslöschung nicht aus.

aa)

Die Amtslöschung nach § 141 a Abs. 1 setzt auch bei einer GmbH, die sich in Liquidation befindet (vgl. BayObLG GmbHR 1985, 53; Keidel/Winkler, FGG, 15. A., § 141 a Rn. 9), voraus, dass die Gesellschaft "kein Vermögen besitzt". Das ist nur dann der Fall, wenn es an einer verteilungsfähigen Masse, die zur Gläubigerbefriedigung verwertbar wäre, fehlt; schon das Vorhandensein von Vermögen auch nur in geringem Umfang steht der Annahme der Vermögenslosigkeit entgegen (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2000, 630, mwN). Wegen der schwerwiegenden Folgen der Löschung sind die Voraussetzungen für die Annahme einer Vermögenslosigkeit besonders genau und gewissenhaft zu prüfen und die erforderlichen Tatsachen von Amts wegen (§ 12 FGG) zu ermitteln (Senat NJW-RR 1997, 870; OLG Karlsruhe aaO; Keidel/Winkler aaO, § 141 a Rn. 8). Die Ankündigung der Löschungsabsicht durch das Registergericht darf erst erfolgen, wenn das Gericht nach Abschluss der zur Vermögenslosigkeit durchgeführten Ermittlungen über entsprechende gesicherte Erkenntnisse verfügt (vgl. Senat aaO). Die bloße Überzeugung des Gerichts von der Vermögenslosigkeit genügt nicht; die Überzeugung muss vielmehr auf ausreichenden Ermittlungen beruhen; sie darf nicht auf eine unterlassene Darlegung der Vermögenssituation der Gesellschaft durch den Geschäftsführer (Liquidator) gestützt werden (vgl. OLG Karlsruhe aaO, Keidel/Winkler aaO).

bb)

Diese Grundsätze haben sowohl das Amts- als auch das Landgericht nicht beachtet. Eigene Ermittlungen dazu, ob die Gesellschaft vermögenslos ist (z.B. Anfragen beim Schuldnerregister bzw. dem zuständigen Gerichtsvollzieher etc.), haben sie offensichtlich nicht durchgeführt. Das Registergericht hat vielmehr ausgeführt, die Gesellschaft habe die notwendigen Unterlagen und Auskünfte nicht zur Verfügung gestellt, so dass die weitere wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Gesellschaft nicht beurteilt werden könne. Damit hat es selbst klargestellt, dass es über die erforderlichen gesicherten Erkenntnisse zur Vermögenssituation der Gesellschaft gerade nicht verfügt. Entscheidungserhebliche ergänzende Feststellungen hat das Landgericht nicht getroffen. Hierbei kann dahinstehen, ob schon die Tatsache, dass die vorgelegten Kontoauszüge an die Beschwerdeführerin unter der Anschrift "c/o T" gesandt wurden, Zweifel daran zu begründen vermag, dass die Konten Gelder der Gesellschaft betreffen. Immerhin wurden entsprechende Auszüge noch im Jahr 1998 als zum Vermögensnachweis ausreichend angesehen. Denn solche Zweifel rechtfertigen für sich genommen nicht die Annahme, die Gesellschaft sei vermögenslos, da es an Feststellungen der Tatsacheninstanzen, dass auch keine anderen Vermögenswerte vorhanden sind, fehlt.

cc)

Da somit schon die Voraussetzungen für die Ankündigung einer Löschung der Beschwerdeführerin wegen Vermögenslosigkeit nicht vorlagen, sind die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben. Vor einer erneuten Ankündigung muss das Registergericht eine Vermögenslosigkeit der Beschwerdeführerin positiv feststellen. Bei dem dann eventuell einzuleitenden Löschungsverfahren, wird es zu beachten haben, dass die Löschung nach § 141 a Abs. 1 Satz 1 FGG eine Ermessensentscheidung ist ("kann"), so dass einer etwaigen Entscheidung zu entnehmen sein muss, dass und wie es dieses Ermessen ausgeübt hat.

III.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück