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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.12.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 274/04
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 1
WEG § 5 Abs. 2
WEG § 5 Abs. 14
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
WEG § 23 Abs. 4
BGB § 133
Eine Bestimmung der Teilungserklärung, wonach die zu Sondereigentum erklärten, aber nicht sondereigentumsfähigen Gebäudeteile den jeweiligen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung zugewiesen und hinsichtlich Instandhaltungspflicht und Verkehrssicherungspflicht wie Sondereigentum zu behandeln seien, statuiert weder eine Instandsetzungsverpflichtung noch eine Kostentragungspflicht des Wohnungseigentümers, dem ein mit dem übrigen Gebäude fest verbundener Wintergarten als Sondereigentum zugeordnet ist, wenn die Teile, um deren Reparatur es geht (hier: Glasbereich des Daches und Aluminiumteile), wegen § 5 Abs. 2 WEG nicht Gegenstand des Sondereigentums werden konnten.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 274/04

In dem Wohnungseigentumsverfahren betreffend

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., der Richterin am Oberlandesgericht S-L. und des Richters am Oberlandesgericht von W-L. am 3. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 2.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 4.466,- €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligten zu 1 sind gemäß der Teilungserklärung vom 12. April 1995 Sondereigentümer der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Abstellraum, Diele, Wintergarten sowie Bad/WC und Vorraum im Kellergeschoss, im Aufteilungsplan mit Nr. 1 gekennzeichnet. Der Wintergarten verfügt - ähnlich einem Anbau - über ein festes Mauerwerk, ist mit den übrigen Hauswänden fest verbunden und wie das übrige Wohngebäude unterkellert.

Die Teilungserklärung vom 12. April 1995 sieht unter Teil III (2) Folgendes vor:

"Sollten die zu Sondereigentum erklärten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein, sind sie den jeweiligen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung zugewiesen und hinsichtlich Instandhaltungspflicht und Verkehrssicherungspflicht wie Sondereigentum zu behandeln".

An dem Wintergarten besteht Reparaturbedarf an den Glasbereichen des Daches und an den Aluminiumteilen. Die Reparaturkosten belaufen sich nach einem von den Beteiligten zu 1 eingeholten Kostenvoranschlag auf 4466.- €.

Die Wohnungseigentümer haben in der Eigentümerversammlung vom 21. März 2003, in der sie anwesend waren, einstimmig zu Tagesordnungspunkt 7 beschlossen, diese Kosten nicht zu übernehmen, da nach der Teilungserklärung der Wintergarten dem Sondereigentum zuzuordnen sei und Reparaturen und Instandsetzung dem jeweiligen Eigentümer obliegen.

Die Beteiligten zu 1 haben diesen Beschluss rechtzeitig angefochten. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass der Anbau als Gemeinschaftseigentum einzustufen sei, da er fester Bestandteil des Gebäudes sei und der Reparaturbedarf sich auch daraus ergebe, dass von dem übrigen Gemeinschaftseigentum Kräfte auf das Glasdach und die Aluminiumträger einwirkten. Sie sind der Auffassung, dass daher die Gemeinschaft die Kosten zu tragen habe.

Sie haben u. A. beantragt,

den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21. März 2003 insoweit für ungültig zu erklären, als dass dort zu Tagesordnungspunkt 7 die Kostenübernahme von Reparaturkosten im Wintergarten der Wohnung der Antragsteller durch die Antragsgegner abgelehnt worden ist,

Die Beteiligten zu 2 haben beantragt

den Antrag zurückzuweisen.

Da - so die Beteiligten zu 2 - der Wintergarten im Sondereigentum der Beteiligten zu 1 stünde bzw. wie solches zu behandeln sei, seien die Beteiligten zu 1 aufgrund der Regelung in Teil III (2) der Teilungserklärung verpflichtet, die lnstandsetzungskosten selbst zu tragen.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 19. Januar 2004 den Eigentümerbeschluss vom 21. März 2003 zu TOP 7 (Ablehnung der Übernahme der zu erwartenden Reparaturkosten des Glasdaches des Wintergartens M.) für ungültig erklärt und u. A. ausgeführt, die Ablehnung der Kostenübernahme entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten sowie der Bestimmungen der Teilungserklärung gehöre die Sanierung des Daches wie auch der defekten Aluminiumteile, insbesondere der Aluminiumwinkel, zu den Aufgaben der Gemeinschaft, da es sich insoweit um Gemeinschaftseigentum handele. Ein Fall der Ziffer III. 2. der Teilungserklärung (Scheitern der Zuordnung zum Sondereigentum) liege in Bezug auf den Wintergarten nicht vor. Denn seine prinzipielle Sondereigentumsfähigkeit hindere nicht, dass Dach und Umfassungsmauern ausschließlich Gemeinschaftseigentum darstellten. Insoweit sei wie bei Balkonen eine differenzierte Betrachtungsweise geboten.

Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde haben die Beteiligten zu 2 die Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses begehrt und haben beantragt,

den Beschluss des AG Düsseldorf insoweit aufzuheben und das Gesuch der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 13. September 2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen die Entscheidung der Kammer wenden sich die Beteiligten zu 2 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 1 entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 27 FGG.

1. Das Landgericht hat u.A. ausgeführt, die Beschwerde sei nicht begründet. Wie das Amtsgericht bereits zutreffend dargelegt habe, widerspreche der Eigentümerbeschluss vom 21. März 2003 zu TOP 7, die Kosten für die Instandsetzung des Daches des Wintergartens nicht zu übernehmen, den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und sei daher für ungültig zu erklären.

Der hierauf gerichtete Antrag sei gemäß § 23 Abs. 4 WEG zulässig. Die Ablehnung eines Beschlussantrages, mit der die Vornahme einer Maßnahme beantragt werde, habe Beschlussqualität (Negativbeschluss) und könne daher gemäß § 23 Abs. 4 WEG angefochten werden. Der Umstand, dass die Beteiligten zu 1 die Kostenübernahme in der Eigentümerversammlung mit abgelehnt haben, lasse das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen (vgl. BayObLG WE 1993. 344).

Die Anfechtung des Beschlusses sei auch begründet. Gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG obliege es der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, die erforderlichen Kosten für die Sanierung des Daches und der Aluminiumträger zu übernehmen, da es sich bei diesen Teilen gemäß § 5 Abs. 2 WEG um Gemeinschaftseigentum handele. Wie aus dem Grundriss des Gebäudes und den eingereichten Fotos ersichtlich, sei der Wintergarten Teil des Gesamtgebäudes und das Dach damit als konstruktives Teil des Hauses Gemeinschaftseigentum. Dies gelte, wie sich aus § 5 Abs. 2 WEG ergebe, unabhängig davon, dass der räumliche Bereich des Wintergartens zum Sondereigentum der Beteiligten zu 1 gehöre. Insoweit beziehe sich die Kammer auf die Ausführungen des Amtsgerichts. Die Instandsetzung obliege daher der Eigentümergemeinschaft.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Teil III (2) der Teilungserklärung. Diese könne - so bereits das Amtsgericht - nur dahin ausgelegt werden, dass sie den Fall regelt, dass einzelne, bestimmte Bestandteile des Gebäudes (z. B. Balkongeländer, Dächer o. Ä.) in der Teilungserklärung ausdrücklich dem Sondereigentum zugewiesen worden sind, eine solche Zuordnung aber wegen § 5 Abs. 2 WEG ausgeschlossen sei, da es sich um einen Bestandteil des Gebäudes handele, der für dessen Sicherheit erforderlich sei. Nur dann könne von einer fehlgeschlagenen Zuweisung zum Sondereigentum ausgegangen werden, mit der Folge, dass sich aus Teil III (2) der Teilungserklärung dennoch eine lnstandsetzungspflicht für die betreffenden Gebäudeteile ergeben könnte. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Der Wintergarten sei, wie auch die übrigen Räume der Wohneinheit, grundsätzlich sondereigentumsfähig, die Zuweisung daher nicht im Sinne der Regelung der Teilungserklärung fehlgeschlagen. Teil III (2) der Teilungserklärung könne aber nicht dahingehend verstanden werden, dass der gesamte, das Sondereigentum umgrenzende äußere Bereich, der gemäß § 5 Abs. 2 WEG unabhängig davon, dass er sich im Bereich des Sondereigentums befinde, zum Gemeinschaftseigentum gehöre, hinsichtlich der Instandhaltung wie Sondereigentum zu behandeln sei. Eine solche Auslegung führte zu dem praktisch nicht umsetzbaren Ergebnis, dass jeder Wohnungseigentümer für die Sanierung der Fassade oder des Daches in den Bereichen seiner Wohneinheit zuständig würde. TeiI III (2) der Teilungserklärung erfasse daher nur den Fall, dass die Teilungserklärung bestimmte Bestandteile des Gebäudes zu Sondereigentum erklärt habe, nicht aber die Zuweisung bestimmter Raumeinheiten zu Sondereigentum. Insoweit verbleibe es hinsichtlich der Instandhaltung des in diesem Bereich liegenden Gemeinschaftseigentums bei der gesetzlichen Regelung, dass diese durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragen sei.

2. Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zu Recht haben die Vorinstanzen den Antrag auf Ungültigerklärung auch mit Blick auf dessen Qualifizierung als Negativbeschluss (vgl. hierzu BGH NZM 2001, 961; Weitnauer-Lüke WEG 9. Auflage 2005 § 23 Rdz. 27) und den Umstand, dass die Beteiligten zu 1 die Kostenübernahme in der Eigentümerversammlung ebenfalls mit abgeIehnt haben, was das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen lasse, (vgl. Weitnauer-Lüke a.a.O.) für zulässig gehalten.

b) Die Auslegung des Landgerichts, wonach der Wintergarten Teil des Gesamtgebäudes und dessen Dach damit als konstruktives Teil des Hause Gemeinschaftseigentum sei, wobei sich aus Teil III (2) Teilungserklärung (fehlgeschlagene Zuweisung nicht sondereigentumsfähiger Teile in das Sondereigentum) auch für die Belastung mit Kosten der Instandsetzung nichts Anderes ergebe, ist nicht zu beanstanden. Sie stimmt überein mit den in der Rechtsprechung und Literatur anerkannten Auslegungsgrundsätzen, wonach auch bei der Auslegung von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist; dabei ist auf den Wortlaut und den objektiven Sinn der im Grundbuch eingetragenen Erklärung abzustellen, so wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (vgl. BGH NZM 1998, 956; BayObLG ZWE 2001, 424; OLG Saarbrücken, NZM 1999, 265; Senat NZM 1999, 277; 1998, 271; Weitnauer-Lüke a.a.O. § 10 Rdz. 44).

In Teil II der Teilungserklärung heißt es:

"Es wird verbunden:

1. der Miteigentumsanteil von 133/1.000stel mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoß, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Abstellraum, Diele, Wintergarten sowie Bad/Wc und Vorraum im Kellergeschoß, - im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnet - ".

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2 wird damit nicht der Wintergarten insgesamt zum Sondereigentum erklärt. Nach § 5 Abs. 1 WEG sind Gegenstand des Sondereigentums "Räume" sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden.

Dies bedeutet, dass ebenso wie bei den in der Teilungserklärung genannten übrigen Bestandteilen der "Wohnung" auch der Wintergarten nur insoweit Gegenstand des Sondereigentums ist, als es sich um den sogenannten "lichten" Raum, um nicht tragende Wände, Wand- und Deckenputz, Fußbodenoberbeläge, Innentüren usw. handelt.

Aus Teil III (2) der Teilungserklärung vom 12. April 1995 ("Sollten die zu Sondereigentum erklärten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein, sind sie den jeweiligen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung zugewiesen und hinsichtlich Instandhaltungspflicht und Verkehrssicherungspflicht wie Sondereigentum zu behandeln".) ergibt sich daher eine Instandsetzungsverpflichtung bzw. Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 1 schon deshalb nicht, weil die Teile des Wintergartens, um deren Reparatur es geht, durch die Teilungserklärung nicht (auch nicht unwirksam) zu Sondereigentum der Erstbeteiligten erklärt wurden. Hiernach stellt sich die Frage, ob die in Rede stehenden konstruktiven Teile des Wintergartens bei unwirksamer Zuweisung in das Sondereigentum hinsichtlich der Instandhaltungspflicht als Sondereigentum zu behandeln sind, überhaupt nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG.

Eine Erstattungsanordnung in Bezug auf die notwendigen außergerichtlichen Kosten war nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

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