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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.12.2004
Aktenzeichen: I-3 Wx 311/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 2
Eine in der Teilungserklärung enthaltene Regelung, die besagt, dass das Sondereigentum im Interesse des friedlichen Zusammenlebens der Hausgemeinschaft so auszuüben ist, dass weder einem anderen Miteigentümer noch einem Hausbewohner über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst und dass dies insbesondere für die Tierhaltung und die Musikausübung gilt, hindert die Wohnungseigentümer nicht, durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen des ordnungsmäßigen Gebrauchs über eine Einschränkung oder ein Verbot der Tierhaltung zu entscheiden.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-3 Wx 311/04

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage C. 81,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G., des Richters am Oberlandesgericht von W-L. und der Richterin am Oberlandesgericht S-L.

am 10. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde werden den Beteiligten zu 1 und 2 auferlegt. Sie haben darüber hinaus die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000,00 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnungseigentumsanlage, der Beteiligte zu 4 ist deren Verwalter.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Sondereigentümer zweier Wohnungen. In eine von ihnen zog im Jahr 1984 ihre Tochter ein.

Die Teilungserklärung enthält unter § 3 Abs. 1 folgende Regelung:

"Der Miteigentümer ist berechtigt, die Wohnung nach Belieben zu nutzen, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Urkunde ergeben. Im Interesse des friedlichen Zusammenlebens der Hausgemeinschaft aller Hausbewohner ist das Sondereigentum so auszuüben, dass weder einem anderen Miteigentümer noch einem Hausbewohner über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Das gilt insbesondere für die Tierhaltung und die Musikausübung."

In einer Eigentümerversammlung vom 06.12.1984 trafen die Miteigentümer zu TOP 3 folgenden Beschluss:

"Haltung von Hunden

Grundsätzlich war die Gemeinschaft damit einverstanden, dass es erlaubt ist, Hunde zu halten. Aber es muss dafür gesorgt werden, dass die Hunde nicht unnötig bellen (bedingt durch lange Abwesenheit der Halter).

Am 05.11.1985 trafen sie erneut einen Beschluss zur Frage der Hundehaltung. Dieser lautet wie folgt:

"Entgegen dem Protokoll vom 6.12.1984 - Punkt 3 - ist die Haltung von Hunden nicht mehr gestattet. Eigentümer, die ihre Wohnung vermietet haben, müssen bei Neuverträgen darauf hinweisen."

Ende Oktober 1999 erwarben der Beteiligte zu 1 und seine Tochter einen Gordonsetter, der überwiegend von der Tochter in der von ihr bewohnten Wohnung gehalten wird.

In der Eigentümerversammlung vom 08.05.2003 wurde zu TOP 7 folgender Mehrheitsbeschluss gefasst:

"Die Verwaltung wird beauftragt, Herr S. aufzufordern, dem Verbot der Hundehaltung nachzukommen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die Verwaltung gleichzeitig ermächtigt, dieses Verbot gerichtlich durchzusetzen."

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben diesen Beschluss im vorliegenden Verfahren angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, die Teilungserklärung sehe grundsätzlich die Erlaubnis zur Tierhaltung vor; diese Regelung hätten die Miteigentümer nicht durch Beschluss ändern können, da ihnen hierzu die Beschlusskompetenz gefehlt habe. Schließlich haben sie gemeint, der angefochtene Beschluss widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben, da ihre Tochter unter Angst- und Panikattacken leide und die Haltung eines Hundes erforderlich sei, um ihr allgemeines seelisches Gleichgewicht zu stabilisieren und ihren Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen. Das Amtsgericht hat zu diesem Vortrag die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens angeordnet, welches jedoch nicht erstattet werden konnte, da die Tochter der Beteiligten zu 1 und 2 die Ärzte nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden hat.

Das Amtsgericht hat sodann den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen von den Beteiligten zu 1 und 2 eingelegte sofortige Beschwerde ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 und 2 ihr Begehren weiter.

Die Beteiligten zu 3 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler im Sinne des § 27 FGG.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Hundehaltung sei in der in Rede stehenden Wohnungseigentumsanlage aufgrund des nicht angefochtenen Beschlusses der Wohnungseigentümer vom 05.11.1985 unzulässig. Die Miteigentümer hätten dies im Wege der Gebrauchsregelung durch Mehrheitsbeschluss entscheiden können. Daran seien sie auch nicht durch die Regelungen der Teilungserklärung gehindert gewesen. § 3 Abs. 1 der Teilungserklärung enthalte weder eine Erlaubnis noch ein Verbot der Tierhaltung, sondern bringe vielmehr nur das Prinzip gegenseitiger Rücksichtnahme zum Ausdruck. Das beschlossene Hundehaltungsverbot greife auch weder in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums ein noch sei es allgemein sittenwidrig. Schließlich sei die Durchsetzung des Beschlusses im vorliegenden Fall nicht wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig. Es könne nicht festgestellt werden, dass wegen der von den Beteiligten zu 1. und 2. behaupteten gesundheitlichen Beschwerden ihrer Tochter zwingend die Haltung eines Hundes erforderlich sei. Ein Sachverständigengutachten habe nicht erstattet werden können, die überreichten ärztlichen Atteste reichten für die Feststellung einer zwingenden Erforderlichkeit der Haltung eines Hundes nicht aus.

2.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Prüfung stand.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden ist, da die Miteigentümer am 05.11.1985 mehrheitlich ein Verbot der Hundehaltung beschlossen haben und dieser Beschluss nicht angefochten wurde. Entgegen der von den Beteiligten zu 1 und 2 vertretenen Ansicht stand diesem Beschluss nicht eine fehlende Beschlusskompetenz entgegen. Zwar betrifft ein generelles Verbot der Hundehaltung in der Wohnanlage den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, den die Wohnungseigentümer grundsätzlich nur durch Vereinbarung regeln können ( vgl. BGHZ 129, 329 ). Der Bundesgerichtshof hat indes in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass für Gebrauchsregelungen an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach in diesen Angelegenheiten bestandskräftige - vereinbarungsersetzende - Beschlüsse gültig sind, auch wenn der Regelungsgegenstand den Abschluss einer Vereinbarung erfordert hätte ( vgl. auch Senatsbeschluss vom 15.07.2002, NZM 2002, 872 = ZMR 2002, 775 sowie BayObLG NJW-RR 2002, 226 ).

Es liegt auch nicht der Ausnahmefall einer Änderung der Teilungserklärung vor ( vgl. hierzu Bay ObLG NJW-RR 2002, 226 ). Die vorliegende Teilungserklärung wurde nämlich durch den Beschluss der Wohnungseigentümer vom 05.11.1985 nicht abgeändert. § 3 Abs. 1 der Teilungserklärung regelt allgemein den Gebrauch des Sondereigentums und verweist hinsichtlich der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme lediglich beispielhaft auf die Bereiche Tierhaltung und Musizieren, ohne dadurch etwa die Erlaubnis oder auch ein Verbot zur Tierhaltung festzuschreiben. Die Wohnungseigentümer waren danach nicht gehindert, durch Beschluss im Rahmen der Regelung des ordnungsgemäßen Gebrauchs über eine Einschränkung der Tierhaltung zu entscheiden ( vgl. Weitnauer-Lüke, WEG, 9. Aufl., § 15 Rn. 9, 12). Die Frage, ob der am 05.11.1985 gefasste Beschluss - wäre er fristgemäß angefochten worden - wegen der vollständigen Untersagung der Hundehaltung für unwirksam hätte erklärt werden müssen ( vgl. Weitnauer, wie vor Rn. 17, m.w.N. ) kann offen bleiben. Da der Beschluss unangefochten blieb und nicht nichtig ist, sind die Eigentümer - wie vorstehend ausgeführt - daran gebunden.

Weiterhin hat die Kammer zu Recht festgestellt, dass die Durchsetzung des Hundehaltungsverbotes nicht verwirkt ist. Verwirkung kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur dann angenommen werden, wenn einerseits seit der Möglichkeit, von dem Recht Gebrauch zu machen, folgenlos ein längerer Zeitraum verstrichen ist ( Zeitmoment ), darüber hinaus der Betroffene aufgrund bestimmter Umstände annehmen durfte, dass auch in Zukunft von dem Recht kein Gebrauch gemacht werden würde und er sich schließlich hierauf etwa durch besondere Aufwendungen auch tatsächlich eingerichtet hat ( Umstandsmoment ). Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob die Voraussetzungen für das Zeitmoment gegeben sind. Der Hund wurde Ende 1999 erworben; bereits in der Eigentümerversammlung vom 26.06.2002 wurde die Frage der Hundehaltung thematisiert, wenngleich ein Beschluss nicht gefasst wurde. Unter diesen Umständen konnten die Beteiligten zu 1 und 2 nicht davon ausgehen, dass die übrigen Eigentümer zukünftig auf die Einhaltung des Beschlusses vom 05.11.1985 verzichten würden.

Die Frage, ob die vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden der Tochter so gravierend sind, dass zu ihrer Linderung die Haltung eines Hundes zwingend erforderlich ist, liegt auf tatsächlichem Gebiet und ist vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt überprüfbar. Der Kammer kann indes keine mangelnde Sachverhaltsaufklärung vorgeworfen werden; auch hat sie die ihr vorliegenden Unterlagen sorgfältig abgewogen und einer sachlichen Bewertung zugeführt.

Das Rechtsmittel war danach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Unter Berücksichtigung der übereinstimmenden und überzeugend begründeten Entscheidungen der Vorinstanzen entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 1. und 2. die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten erstatten.

Ende der Entscheidung

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