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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: I-4 U 158/07
Rechtsgebiete: VGB, BGB


Vorschriften:

VGB § 14 Nr. 1 a)
VGB § 14 Nr. 1 b)
VGB § 15 Nr. 1 a)
VGB § 15 Nr. 1 b)
VGB § 15 Nr. 4
BGB § 280 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 21. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung.

Die Mutter des Klägers war Eigentümerin des mit einem Wohn- und Geschäftshaus nebst Anbau bebauten Grundstückes S...straße ... in M.. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1999 machte der Kläger bezugnehmend auf ein Testament vom 20.05.1998 (Bl. 86 GA) geltend, Erbe auch dieses Grundstückes geworden zu sein. Der Gutachterausschuss der Stadt M. hatte den Wert des Gebäudes mit Gutachten vom 28.09.1999 zum 15.01.1999 auf 0,00 DM festgestellt (Bl. 90 ff. GA). Für das auf dem Grundstück befindliche Gebäude bestand eine Gebäudeversicherung bei der Provinzial-Feuerversicherungsanstalt der Rheinprovinz (im Folgenden: Provinzial), welche im Versicherungsfall eine Neuwertentschädigung vorsah und welcher die VGB 97/PR 04.1998 der Provinzial (im Folgenden VGB) zugrunde lagen, wegen deren Inhalt auf das zu den Akten gereichte Exemplar (Bl. 16 ff. GA) Bezug genommen wird. Der Kläger ließ diese Versicherung im Oktober 2000 auf sich als Versicherungsnehmer umschreiben. Die Geschwister des Klägers fochten das Testament vom 20.05.1998 mit der Begründung an, der Kläger habe dieses gefälscht oder seine Mutter zu seiner Abfassung gezwungen.

Am 21.01.2001 kam es in dem Haus zu einem durch einen Rohrbruch bedingten Wasserschaden. Der Kläger, der zu dieser Zeit von der Sozialhilfe lebte, meldete diesen bei der Provinzial. Diese bot unter dem 06.02.2001 eine Versicherungsleistung von insgesamt 61.000,-- DM, zahlbar in drei Raten nach Baufortschritt an (Bl. 83 GA). Das Testament sollte nachgereicht werden. Mit Schreiben vom 19.02.2001 forderte sie vom Kläger die Vorlage einer "Kopie des Erbvertrages" und einer schriftlichen Bestätigung, dass dieser rechtskräftig und nicht angefochten sei (Bl. 84 GA). Gleichzeitg wies sie darauf hin, dass bis zur abschließenden Klärung der "Rechtskraft des Erbvertrages" keine Entschädigungszahlungen erfolgen könnten. Der Kläger übersandte noch am selben Tag eine Kopie des Testaments (Bl. 85 GA). Mit Schreiben vom 06.03.2001 bat die P. sodann "für die weitere Regulierung" um Übersendung eines beglaubigten Erbscheins (Bl. 87 GA). Im weiteren Verlauf beauftragte der Kläger die Beklagten, welche bereits im Rahmen der Erbauseinandersetzung für ihn tätig waren, mit seiner Vertretung auch gegenüber der P.. Am 20.08.2001 kam es zu einer diesbezüglichen Besprechung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1), deren genauer Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Nachdem der Kläger diverse Kostenvoranschläge, die die Wiederrichtung des Gebäudes zum Gegenstand hatten, eingeholt hatte, bezifferte der Beklagte zu 1) gegenüber der P. mit Schreiben vom 23.08.2001 (Bl. 120 f. GA) die voraussichtlichen Kosten der Instandsetzung mit etwa 151.000,-- DM und teilte mit, dass die Erbauseinandersetzung noch andauere. Die Provinzial lehnte über einen Betrag von 61.000,-- DM hinausgehende Zahlungen mit Schreiben vom 01.10.2001 jedoch ab (Bl. 123 f. GA). Die zwischenzeitlich um Deckungszusage gebetene Rechtsschutzversicherung des Klägers bat mit Schreiben vom 04.09.2001 um eine eingehende Sachverhaltsschilderung (Bl. 122 GA). Dieses Schreiben leiteten die Beklagte an den Kläger mit der Bitte weiter, unmittelbaren Kontakt mit der Rechtsschutzversicherung aufzunehmen. Nachdem sie von dem Kläger daraufhin keine weitere Nachricht erhalten hatten, rechneten sie ihre Tätigkeit mit Schreiben vom 26.11.2002 (Bl. 127 GA) ab und mahnten den Rechnungsbetrag nochmals mit Schreiben vom 12.02.2003 (Bl. 128 GA) an. Nach einer daraufhin erfolgten Mitteilung des Klägers, sich noch in Verhandlungen mit der Rechtsschutzversicherung zu befinden und der Erteilung der Deckungszusage durch diese für die außergerichtliche Interessenvertretung übersandte der Kläger den Beklagten am 21.07.2003 eine Aufstellung eingeholter Kostenvoranschläge, wonach sich die Instandsetzungskosten auf 95.934,08 € beliefen (Bl. 131 GA). Die Beklagten bezifferten den Schaden daraufhin auch gegenüber der Provinzial mit Schreiben vom 30.07.2003 in dieser Höhe (Bl. 132 GA). Die Provinzial lehnte mit Schreiben vom 14.08.2003 (Bl. 133 f. GA) über das weiterhin aufrechterhaltene Vergleichsangebot hinausgehende Zahlungen ab.

Die Beklagten erhoben daraufhin mit Schriftsatz vom 01.12.2003 (Bl. 1 ff. BA) Klage auf Zahlung von 95.934,08 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gegen die Provinzial vor dem Landgericht Mönchengladbach (Aktenzeichen: 1 O 484/03). In ihrer Klageerwiderung vom 05.03.2004 (Bl. 64 ff. BA) beantragte die Provinzial Klageabweisung und berief sich neben Verjährung, dem fehlenden Nachweis der Aktivlegitimation des Klägers und einer Obliegenheitsverletzung wegen Nichtbeheizung des Hauses auf § 15 Nr. 4 VGB, wonach eine Neuwertentschädigung nur geschuldet sei, wenn die Verwendung des Betrages zur Schadensbehebung binnen 3 Jahren nach dem Versicherungsfall sichergestellt sei. Das Landgericht Mönchengladbach wies die Klage mit Urteil vom 06.08.2004 (Bl. 162 ff. BA) ab, weil ein etwaiger Anspruch des Klägers jedenfalls mangels Vorlage eines Erbscheins nicht fällig sei. Gegen dieses Urteil legten die Beklagten namens des Klägers Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein (Aktenzeichen: I-4 U 190/04). Zwischenzeitlich war dem Kläger ein ihn als Erbe nach seiner Mutter ausweisender Erbschein erteilt worden. Die Provinzial zahlte daraufhin einen Betrag von 16.206,82 € an den Kläger. Der damalige Berichterstatter des Senats wies die Parteien des damaligen Rechtsstreits mit Schreiben vom 19.07.2005 darauf hin, dass die Klageforderung möglicherweise nicht hinreichend aufgeschlüsselt sei, weil zwischen Zeitwertentschädigung und Neuwertspitze nicht differenziert werde, was aber erforderlich sein könne, wenn ein Anspruch auf Zahlung der Neuwertspitze nicht bestehe (Bl. 256 BA). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 06.09.2005 schlossen die dortigen Parteien sodann einen Widerrufsvergleich, nach welchem die Provinzial weitere 6.000,-- € an den Kläger zahlen sollte (Bl. 265 ff. GA). Über dieses Ergebnis der mündlichen Verhandlung informierten die Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 08.09.2005 (Bl. 57 f. GA). Der Kläger widerrief den Vergleich nicht.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagten hätten gegen ihre anwaltlichen Pflichten verstoßen. Zu keinem Zeitpunkt sei er von den Beklagten darauf hingewiesen worden, dass ein Anspruch auf Neuwertentschädigung nur dann bestehe, wenn die Verwendung des Betrages zur Wiederherstellung des Gebäudes binnen 3 Jahren nach dem Versicherungsfall sichergestellt sei. Dies sei ihm auch unbekannt gewesen. Er sei indessen wirtschaftlich in der Lage gewesen, diese Sicherstellung zu gewährleisten. Zudem habe der Beklagte zu 1) ihm von der Annahme des Vergleichsvorschlages der P. aus Februar 2001 abgeraten. Der Beklagte zu 1) habe ihm erklärt, das Angebot sei deutlich zu niedrig und es müsse mindestens das Doppelte gezahlt werden. Von der durch ihn - den Kläger - angeregten Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Instandsetzungsaufwand habe der Beklagte zu 1) unter Hinweis auf die Feststellungen des Gutachterausschusses der Stadt M. abgeraten. Schließlich liege ein weiteres Verschulden der Beklagten darin, dass sie auf den Hinweis des damaligen Berichterstatters des Senats die Klageforderung nicht weiter spezifiziert hätten. Der Instandsetzungsaufwand belaufe sich auch auf den damals klageweise geltend gemachten Betrag von 95.934,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 14.08.2003, mithin auf 116.090,94 €.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an den Kläger 93.884,12 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 20.01.2007 (Datum der Klagezustellung) zu zahlen;

2. an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil der außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.118,87 € zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben eingewandt, der Beklagte zu 1) habe den Kläger bereits in der Besprechung vom 20.08.2001 auf die Anforderungen des § 15 Nr. 4 VGB hingewiesen. Ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Kläger sei auch bereits im Februar durch den Sachbearbeiter der P. erteilt worden. Der Kläger habe die Entschädigungsleistung aber zu keinem Zeitpunkt zur Instandsetzung des Gebäudes verwenden wollen. Sie habe dazu dienen sollen, Pflichtteilsansprüche der Geschwister des Klägers auszugleichen. Dementsprechend habe der Kläger sie beauftragt, einen möglichst hohen Betrag bei der P. herauszuholen, ohne dass dies an irgendwelche Auflagen geknüpft wäre. Der Kläger habe auch geäußert, die Voraussetzungen für eine Entschädigung der Neuwertspitze seien ihm bekannt. Er sei aber wirtschaftlich zu einer Einleitung der Sanierung nicht in der Lage gewesen. Den von der P. angebotenen Vergleich habe der Kläger abgelehnt, weil er sicher gewesen sei, dass die Kosten höher seien. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens habe der Kläger im Hinblick auf die Feststellungen des Gutachterausschusses abgelehnt. Bei der Darstellung der Instandsetzungskosten seien sie - die Beklagte - daher auf die durch den Kläger eingeholten Kostenvoranschläge angewiesen gewesen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 21.06.2007 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hätten die sich aus dem mit dem Kläger zustande gekommenen Anwaltsvertrag ergebenden Pflichten nicht schuldhaft verletzt. Dafür, dass die Beklagten ihn nicht bereits am 20.08.2001 auf die Voraussetzungen des § 15 Nr. 4 VGB hingewiesen hätten, habe der Kläger trotz Hinweises der Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung keinen Beweis angetreten. Zur Höhe der Instandsetzungskosten hätten die Beklagten bereits in der Klageschrift vom 01.12.2003 Beweis angetreten. Der Hinweis des damaligen Berichterstatters des Senats habe sich allein auf diese Höhe des Anspruchs bezogen. Dieser sei durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln gewesen. Dass die Beklagten dem Kläger nicht zur Annahme des Vergleichsangebotes vom 06.02.2001 rieten, stelle ebenfalls keine anwaltliche Pflichtverletzung dar. Zum einen habe sich der den Beklagten erteilte Auftrag schon nicht auf eine Beratung hinsichtlich dieses Angebotes erstreckt. Vielmehr habe der Kläger die Beklagten nur mit der Erlangung eines über dieses Angebot hinausgehenden Betrages beauftragt. Dies ergebe sich aus der unstreitigen Besprechung vom 20.08.2001, in welcher der Kläger erklärt habe, der angebotene Betrag sei zu gering und die Beklagten sollten versuchen, so viel wie möglich bei der P. herauszuholen, sowie aus dem Umstand, dass das Für und Wider des Angebotes nie erörtert worden sei. Selbst wenn man aber annähme, dass sich der den Beklagten erteilte Auftrag auch auf eine Beratung hinsichtlich des Angebotes erstreckte, läge doch kein Pflichtenverstoß vor, da die Beklagten von der Erzielung eines höheren Entschädigungsbetrages hätten ausgehen können. Zum einen habe nämlich die P. bereits eine Entschädigung angeboten gehabt, also ihre Eintrittspflicht dem Grunde nach nicht bestritten. Zum anderen habe sich aus den vom Kläger eingeholten Kostenvoranschlägen ein Instandsetzungsaufwand von 95.934,08 € ergeben.

Gegen das ihm am 27.06.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 17.07.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 27.09.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist zuvor bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Er macht im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe übersehen, dass er Beweis mit Schriftsatz vom 23.03.2007 zum Inhalt der Besprechung vom 20.08.2001 durch Vernehmung des Beklagten zu 1) als Partei angetreten habe. Einer solchen Vernehmung bedürfe es aber schon deshalb nicht, weil die Behauptung der Beklagten, den Kläger auf die Folgen des § 15 Nr. 4 VGB hingewiesen zu haben, nicht glaubhaft sei, weil sie weiterhin die Ansicht verträten, die 3-Jahresfrist habe noch nicht zu laufen begonnen, weil die P. durch ihr Regulierungsverhalten eine fristgerechte Wiederherstellung vereitelt habe. Jedenfalls hätten sich die Beklagten vergewissern müssen, dass der Kläger eine diesbezügliche Beratung auch verstanden habe. Hinsichtlich des von der P.l angebotenen Vergleichs seien die Beklagten zur Beratung verpflichtet gewesen. Sie hätten dem Kläger jedenfalls das Für und Wider des angebotenen Vergleichs aufzeigen müssen. Aus dem Hinweis des damaligen Berichterstatters des Senats ergebe sich schließlich, dass der Senat davon ausgegangen sei, dass ein Anspruch auf die Neuwertspitze nicht bestehe. Schon aus diesem Grund sei eine Differenzierung zur Anspruchshöhe erforderlich gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 93.884,12 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 20.01.2007 (Datum der Klagezustellung) zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von weiteren 1.118,87 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2007 (Datum der Klagezustellung) zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und wenden ein, aus dem Schriftsatz vom 23.03.2007 ergebe sich kein Beweisantritt sondern lediglich die Anregung den Beklagten zu 1) anzuhören.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner keinen Anspruch auf Zahlung von 93.884,12 € aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Anwaltsvertrag.

Den Beklagten fällt keine schuldhafte Verletzung anwaltlicher Pflichten zur Last, welche für den mit der Klage geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre.

1.

Der Rechtsanwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Beratung seines Auftraggebers verpflichtet (vgl. BGH NJW 1988, Seite 566; NJW 1991, Seite 2079; NJW-RR 1990, Seite 1241), es sei denn der Auftraggeber gibt unzweideutig zu erkennen, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf (vgl. BGH NJW 1996, Seite 2931; NJW 1997, Seite 2169). Dabei muss sich die Aufklärung durch den Rechtsanwalt auf die konkreten Gefahren des beabsichtigten Vorgehens und die hierdurch erforderlich werdenden Vorsichtsmaßnahmen erstrecken (vgl. BGH NJW 1998, Seite 900).

2.

Nach diesen Grundsätzen waren die Beklagten zwar verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er Entschädigungsleistungen in Höhe eines den Zeitwert übersteigenden Betrages nur unter den Voraussetzungen des § 15 Nr. 4 VGB würde erlangen können, wenn er also sicherstellt, dass der Entschädigungsbetrag tatsächlich zur Instandsetzung des beschädigten Gebäudes verwendet wird. Ob sie dieser Verpflichtung nachgekommen sind, kann aber dahinstehen. Eine solche Pflichtverletzung wäre für den mit der Klage geltend gemachten Schaden nämlich nicht kausal geworden.

a.

Nach § 15 Nr. 1 a) VGB hat der Versicherungsnehmer im Falle der Zerstörung eines Gebäudes einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Neuwertes des Gebäudes, nach § 15 Nr. 1 b) VGB bei der Beschädigung von Sachen in Höhe der notwendigen Reparaturkosten. Neuwert ist dabei gemäß § 14 Nr. 1 a) VGB der ortsübliche Neubauwert. In jedem Fall besteht indessen ein Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwert übersteigt nur unter den Voraussetzungen des § 15 Nr. 4 VGB. Zeitwert ist dabei nach § 14 Nr. 1 b) VGB der Neuwert abzüglich der Wertminderung, die sich aus Alter und Abnutzung ergibt.

b.

Der Betrag, den der Kläger hier zur Grundlage seiner Schadensersatzberechnung macht und welchen er in dem vorangegangen Rechtsstreit gegen die P. als Versicherungsleistung begehrt hat, ergibt sich aus den von ihm eingeholten Kostenvoranschlägen, welche jeweils die Neuherstellung bestimmter Gebäudeteile zum Gegenstand haben, also den Neu(bau)wert ausweisen. Auf Zahlung dieses vollen Betrages stand dem Kläger gegen die P.versicherung damit nur dann ein Anspruch zu, wenn er binnen drei Jahren nach dem Versicherungsfall mit der Wiederherstellung begonnen oder jedenfalls die Verwendung des Entschädigungsbetrages zur Wiederherstellung sichergestellt hätte. Auf dieses Erfordernis für das Bestehen eines Anspruches in Höhe der Neuwertentschädigung hätten die Beklagten den Kläger hinweisen müssen. Denn die dem Rechtsanwalt obliegende umfassende Interessenwahrnehmung zugunsten seines Mandanten umfasst auch den Hinweis auf das Fehlen solcher Voraussetzungen des von dem Mandanten verfolgten Anspruches, welche dieser zum Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes noch herbeiführen kann. Ob die Beklagten dieser Hinweispflicht nachgekommen sind, kann aber dahinstehen.

c.

Denn diese Pflichtverletzung ist für den mit der Klage geltend gemachten Schaden nicht kausal geworden. Zwar gilt zugunsten eines Mandanten, dass er sich beratungsgemäß verhalten hätte (vgl. BGH NJW 1992, Seite 240), im Falle des Klägers also, dass dieser entweder das Gebäude entsprechend dem sich aus den von ihm eingeholten Kostenvoranschlägen ergebenden Aufwand instandgesetzt oder die Verwendung eines von der P. noch zu leistenden Entschädigungsbetrages zu dieser Instandsetzung sichergestellt hätte. Es liegt aber auf der Hand, dass der Kläger hierzu wirtschaftlich nicht in der Lage war. Unstreitig bezog er im hier streitgegenständlichen Zeitraum Sozialhilfe. Dies schließt aus, dass er über nennenswertes Vermögen verfügte. Mit den Kosten einer Instandsetzung des Gebäudes in Vorleistung zu treten, war dem Kläger damit schon wirtschaftlich nicht möglich. Wie er in dieser wirtschaftlichen Situation die zweckentsprechende Verwendung von Entschädigungsleistungen der P. hätte sicherstellen können, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Denn eine solche Sicherstellung setzt jedenfalls den Versicherungsnehmer bindende Verträge mit den zur Wiederherstellung heranzuziehenden Unternehmern voraus (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3.Auflage, R IV. Rn. 35). Erst wenn Manipulationsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers weitestgehend ausgeschlossen sind, kann eine Sicherstellung angenommen werden (vgl. Martin a.a.O.). Dass der Kläger aber bei seiner wirtschaftlichen Situation und den - jedenfalls bis zum Beginn des Berufungsverfahrens in dem Rechtsstreit gegen die P. - ungeklärten Eigentumsverhältnissen an dem Grundstück eine derartige vertragliche Bindung eingegangen wäre, muss ausgeschlossen werden.

Dieses sich schon aus den objektiven Umständen ergebende Unvermögen des Klägers, die Voraussetzungen des § 15 Nr. 4 VGB zu schaffen, hat der Kläger auch bei seiner informatorischen Anhörung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt, wonach ihm eine Finanzierung der Gebäudeinstandsetzung nur mit den Leistungen der P. möglich gewesen wäre.

3.

Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagten auch dadurch gegen ihre sich aus dem Anwaltsvertrag ergebenden Pflichten verstoßen haben, dass sie dem Kläger nicht zur Annahme des vorprozessualen Vergleichsangebotes der P. geraten haben.

Denn auch eine solche Pflichtverletzung wäre für den mit der Klage geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Auch insoweit kann nämlich entgegen der ansonsten zu seinen Gunsten streitenden Vermutung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger einen entsprechenden Rat der Beklagten befolgt und das Vergleichsangebot der P. angenommen hätte.

a.

Zum einen wollte der Kläger nämlich nach seinen eigenen Angaben von der P. eine Versicherungsleistung erstreiten, welche eine Wiederherstellung des Gebäudes im Originalzustand ermöglicht hätte, wofür der vorgeschlagene Betrag nicht ausgereicht hätte. Der Kläger hat bei seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass der von der P. vorgeschlagene Vergleichsbetrag völlig unzureichend gewesen sei. Die P. habe eine Billiglösung vorgeschlagen, welche zur Instandsetzung des Gebäudes "hinten und vorne" nicht gereicht hätte, was er nicht für richtig gehalten habe. In erster Linie war das Ansinnen des Klägers damit auf eine Neuwertentschädigung gerichtet. Mit einem geringeren Betrag wollte er sich nach seinen eigenen Angaben nicht zufrieden geben, jedenfalls solange nicht ausgeschlossen war, dass er eine Entschädigung in der ursprünglich begehrten Höhe würde erlangen können. Den Vergleichsvorschlag der P. hätte der Kläger damit nach seinem eigenen Vortrag nur dann angenommen, wenn die Neuwertspitze sicher nicht zu erreichen gewesen wäre. Im Februar 2001, als die P. erstmals den Vergleichsvorschlag unterbreitete, stand aber ebenso wenig wie bei Beauftragung der Beklagten oder zum Zeitpunkt der Schreiben der P. vom 01.10.2001 und 14.08.2003, mit welchen diese nochmals auf den Vergleichsvorschlag Bezug nahm, fest, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Neuwertentschädigung nicht würde herbeiführen können. Zwar stand dem - wie bereits erläutert - die wirtschaftliche Situation des Klägers entgegen. Die zukünftige Entwicklung hinsichtlich des weiteren, einer Sicherstellung der Verwendung der Versicherungsleistungen zur Instandsetzung des Gebäudes entgegenstehenden Grundes, nämlich der ungeklärten Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück, war indessen nicht ansatzweise abzusehen. Es stand nicht fest, dass die Erbauseinandersetzung nicht binnen der Dreijahresfrist zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis führen und ihm sodann das Grundstück selbst zur Vorfinanzierung der Instandsetzungskosten zur Verfügung stehen würde.

b.

Zum andere war dem Kläger eine Annahme des Vergleichs aber auch deshalb nicht möglich, weil die P. das Zustandekommen des Vergleichs von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht hatte, der Kläger einen solchen aber wegen der andauernden Erbauseinandersetzung nicht vorlegen konnte. Zwar hatte die P. die Vorlage eines Erbscheins noch nicht zum Bestandteil des am 06.02.2001 vorgeschlagenen Vergleichs gemacht (Bl. 83 GA). Bereits mit Schreiben vom 19.02.2001 wies sie aber darauf hin, dass bis zur Klärung der Rechtskraft des Erbvertrages, welchen der Kläger (wohl) als Grundlage seiner Erbenstellung der P. gegenüber mitgeteilt hatte, keine Entschädigungsleistungen erfolgen würden (Bl. 84 GA). Mit weiterem Schreiben vom 06.03.2001 bat die P. sodann für die weitere Regulierung um Übersendung eines beglaubigten Erbscheins (Bl. 87 GA). Damit machte die P. Entschädigungsleistungen - auch aufgrund des ursprünglich vorgeschlagenen Vergleichs - von der Vorlage eines den Kläger als Erben ausweisenden Erbscheins abhängig. Ein solcher wurde aber erst nach Abschluss des landgerichtlichen Verfahrens im Vorprozess erteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die P. aber bereits nicht mehr bereit, überhaupt Entschädigungsleistungen zu erbringen, wie sich aus ihrem Klageabweisungsantrag und der zu seiner Begründung vorgetragenen Umstände ergibt.

Es kann dahinstehen, ob dem Kläger eine Annahme des Vergleichsvorschlags vor Zugang der Schreiben vom 19.02. und 06.03.2001 auch ohne Vorlage eines Erbscheins möglich gewesen wäre. Denn, dass der Kläger den Vorschlag vom 06.02.2001 nicht schon zuvor angenommen hat, konnte schon deshalb nicht auf einer Pflichtverletzung der Beklagten beruhen, weil sie zu diesem Zeitpunkt von dem Kläger noch gar nicht mit seiner Vertretung auch gegenüber der Provinzial beauftragt waren. Eine diesbezügliche Beauftragung der Beklagten erfolgte erst nach diesem Zeitpunkt, ein erstes Beratungsgespräch fand erst am 20.08.2001 statt.

Die P. hat auch zu keinem Zeitpunkt auf die Vorlage eines Erbscheins verzichtet. Ein solcher Verzicht lässt sich weder ihrem Schreiben vom 01.10.2001 (Bl. 123 f. GA) noch dem vom 14.08.2003 (Bl. 133 f. GA) entnehmen. Mit Schreiben vom 01.10.2003 hat die P. lediglich die dem Vergleichsbetrag zugrunde liegende Schadenskalkulation erläutert und damit auf das Schreiben der Beklagten vom 23.08.2001 geantwortet, in welchem ua. anderem mitgeteilt worden war, dass die Erbauseinandersetzung noch andauere (Bl. 120 f. GA). In ihrem Schreiben vom 14.08.2003 hat die P. nur das ursprüngliche Vergleichsangebot aufrecht erhalten und eine Erhöhung des Vergleichsbetrages abgelehnt. Dass sie diesen nunmehr unabhängig vom Nachweis der Erbenstellung zu leisten bereit sei, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen.

4.

Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagten dadurch gegen ihre anwaltlichen Pflichten verstoßen haben, dass sie trotz des Hinweises des damaligen Berichterstatters des Senats vom 19.07.2005 nicht näher zum Zeitwertschaden vorgetragen haben.

Jedenfalls ist dem Kläger hierdurch ein Schaden nämlich nicht entstanden. Denn entsprechende Darlegungen der Beklagten in dem vorangegangen Rechtsstreit hätten allenfalls zu einer Zahlung durch die Provinzial in Höhe des Zeitwertes des Gebäudes vor dem Versicherungsfall führen können, welcher sich aus dem Neuwert abzüglich der sich aus Alter und Abnutzung ergebenden Wertminderung ergibt (§ 14 Nr. 1 b) VGB). Dass das gesamte Gebäude aber überhaupt noch einen in diesem Sinne zu verstehenden über die durch die P. geleisteten Zahlungen hinausgehenden Zeitwert hatte, ist nicht ersichtlich. Unstreitig hat der Gutachterausschuss der Stadt M. in seinem Wertgutachten vom 28.09.1999 (Bl. 90 ff. GA) den auf dem Grundstück befindlichen Gebäuden in Anbetracht ihres Alters und ihres mangelhaften Erhaltungszustandes keinen eigenen Wert mehr beigemessen. Dass und aus welchem Grund dieses Ergebnis nicht dem tatsächlichen Zustand des Gebäudes entsprochen haben soll, macht der Kläger nicht geltend. Damit hatte das Gebäude aber vor dem Versicherungsfall wegen seines Erhaltungszustandes jedenfalls keinen den von der Provinzial im Vorprozess anerkannten Betrag übersteigenden Wert mehr, so dass auch der nach den Versicherungsbedingungen zu erstattende Zeitwert über den tatsächlich von der P. geleisteten Betrag nicht hinausging.

5.

Da ihm der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht, hat der Kläger gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung der durch die vorprozessualen Geltendmachung dieses Anspruchs entstandenen Kosten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Berufungsstreitwert: 93.884,12 €

Ende der Entscheidung

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