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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.11.2004
Aktenzeichen: I-4 U 16/04
Rechtsgebiete: BNotO, AVB, ZPO


Vorschriften:

BNotO § 19 Abs. 1
BNotO § 19 Abs. 1 S. 2
BNotO § 19a Abs. 2 S. 2
AVB § 4
AVB § 4 Nr. 3
ZPO § 533
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 4. Dezember 2003 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe auferlegt. Die durch die Streithilfe veranlassten Kosten trägt die Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Urteilsbetrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120 % der jeweils von ihr zu vollstreckenden Beträge leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Der Kläger ist bei der Beklagten u.a. auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Notaren und Anwaltsnotaren für ihr Notarrisiko (im folgenden: AVB Notare, vgl. Hefter I S. 2 i.V.m. Hefter I S. 10 ff.) versichert. In Sachen 11 U 34/00 (= 5 O 181/98 LG Lübeck), 11 U 35/00 (5 O 268/98 LG Lübeck) und 11 U 36/00 (= 5 O 152/98 LG Lübeck) hat das Schleswig-Holsteinische OLG den Kläger rechtskräftig - nachdem dieser die dagegen zunächst eingelegten Revisionen zurückgenommen hatte - zu Schadenersatzzahlungen verurteilt. Den Haftungsprozessen lagen Sammelklagen von Personen zugrunde, die einem B... F... e.V. gegen Zahlung hoher Aufnahmegebühren beigetreten waren, und denen über den Verein ein zeitweiliges Ferienwohnrecht an einer bestimmten Wohnung im Club C... V... auf I... zugesagt war. In den erwähnten Urteilen des Schleswig-Holsteinischen OLG, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wird die Schadenersatzpflicht des Klägers aus § 19 Abs. 1 BNotO hergeleitet. Als für den Schaden ursächliche Amtspflichtverletzungen wertet das Haftpflichtgericht zum einen den Umstand, dass der Kläger trotz enger eigener Einbindung in die Vermarktung der Ferienanlage in seiner Eigenschaft als Notar unter Verletzung seiner Neutralitätspflicht als Treuhänder für die von den Wohninteressenten gezahlten Beiträge fungiert habe. Darüber hinaus habe der Kläger die Schäden durch Verstoß gegen die ihm aufgegebenen Auszahlungsmodalitäten und schließlich auch dadurch verursacht, dass er gegen ihm obliegende Warn- und Hinweispflichten verstoßen habe. Die Pflichtverletzungen seien fahrlässig erfolgt. Dass sich der Kläger der Pflichtwidrigkeiten bewusst gewesen sei, könne nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden. Die Beklagte, die zunächst vorläufigen Deckungsschutz gewährt hatte, lehnte Versicherungsschutz mit Schreiben vom 25.2.00 (Hefter I S. 256) ab, nachdem das Landgericht Lübeck als erste Instanz - anders als später das Schleswig-Holsteinische OLG - vorsätzliche Verstöße angenommen hatte (vgl. Hefter I S. 74). Nach § 4 Nr. 3 AVB Notare bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung. Im wesentlichen streiten die Parteien darüber, ob die Feststellungen des Haftpflichtgerichts, Vorsatz oder wissentliche Pflichtverstöße seien nicht bewiesen, für den vorliegenden Deckungsprozess Bindungswirkungen äußert, sowie verneinendenfalls weiter darüber, ob der Kläger seine Pflichten wissentlich verletzt hat. Der Kläger hat beantragt, 1. ihn im Rahmen des bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrages (HV 6006626.4-475) freizuhalten aus den rechtskräftig ausgeurteilten Zahlungsverpflichtungen des Klägers gem. den drei nachfolgend aufgelisteten Urteilen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 15. November 2001 zu den Aktenzeichen: a) 11 U 34/00 b) 11 U 35/00 c) 11 U 36/00, 2. ihn ferner freizuhalten von sämtlichen: - dem Kläger selbst erwachsenen Netto-Anwaltsgebühren - vom Kläger an den jeweiligen Prozessgegner zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren einschließlich sämtlicher Vollstreckungskosten sowie - den erwachsenen Gerichtskosten, und zwar in den nachfolgend aufgelisteten Prozessverfahren: a) in den erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht Lübeck 5 O 181/98, 5 O 268/98 und 5 O 152/98 b) in den drei unter II. Ziff. 1a) bis c) genannten Verfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts sowie c) in den Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof IX ZR 327/01, IX ZR 328/01 sowie IX ZR 329/01 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz aus der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung zu gewähren, soweit er von weiteren Anspruchstellern/Klägern außergerichtlich bzw. gerichtlich auf Zahlung in Anspruch genommen wird und über diese Zahlungsansprüche der weiteren Anspruchsteller/Kläger noch nicht entschieden ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat eine Bindung nicht angenommen und ist in eigener Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe die in den Urteilen des Schleswig-Holsteinischen OLG aufgeführten schadenursächlichen Pflichtverletzungen wissentlich begangen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird verwiesen. Gegen dieses Urteil wenden sich die mit Berufungseinlegung dem Kläger beigetretene Streithelferin sowie der Kläger selbst mit der Berufung. Sie beanstanden die Rechtsauffassung des Landgerichts zur fehlenden Bindungswirkung und werfen ihm eine Überraschungsentscheidung vor, weil das Gericht in der letzten mündlichen Verhandlung noch eine andere Ansicht zu dieser Frage vertreten habe. Auch seien die Ausführungen dazu, die Verstöße seien wissentlich begangen, nicht tragfähig, zumal die Akten der Haftpflichtprozesse nicht beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Der Kläger bemängelt, das Landgericht habe sich über seinen Sachvortrag in den vorausgegangenen Schadenersatzprozessen hinweggesetzt. Die "Freihaltungs"-Klage wird nunmehr wegen zwischenzeitlich erfolgter weiterer Schadenersatzverurteilungen erweitert. Ebenso müsse nunmehr zusätzlich die Ersatzverpflichtung der Beklagten wegen vertragswidriger Verweigerung des Versicherungsschutzes festgestellt werden. Der Kläger und die Streithelferin beantragen, I. den Kläger im Rahmen des bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrages (HV6006626.4-475) freizuhalten aus den rechtskräftig ausgeurteilten Zahlungsverpflichtungen des Klägers gem. den drei nachfolgend aufgelisteten Urteilen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 15. November 2001 zu den Aktenzeichen: a) 11 U 34/00

b) 11 U 35/00 c) 11 U 36/00,

ferner freizuhalten aus den zwischenzeitlich weiter rechtskräftig ergangenen Urteilen: d) LG Lübeck vom 12.11.2003 (5 O 339/00) e) LG Lübeck vom 12.11.2003 (5 O 5/00) f) LG Stuttgart vom 28.5.2002 (15 O 122/02) g) LG Lübeck vom 15.7.2003 (6 O 7/03); II. ihn ferner freizuhalten von sämtlichen - dem Kläger selbst erwachsenen Netto-Anwaltsgebühren - vom Kläger an die jeweiligen Prozessgegner zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren einschließlich sämtlicher Vollstreckungskosten sowie - den erwachsenen Gerichtskosten, und zwar in den nachfolgend aufgelisteten Prozessen: a) in den erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht Lübeck 5 O 181/98, 5 O 268/98 und 5 O 152/98, b) in den sieben unter I.a) bis g) genannten Verfahren sowie c) in dem Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof IX ZR 327/01, IX ZR 328/01 sowie IX ZR 329/01; III. ferner festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz aus der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung zu gewähren soweit er von weiteren Anspruchstellern/Klägern außergerichtlich bzw. gerichtlich auf Zahlung in Anspruch genommen wird aus seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit Aufnahmeverträgen der jeweiligen Anspruchsteller mit einem B... F... e. V. (Time Sharing Verträge), die in den Jahren 1993 bis 1995 abgeschlossen wurden und über deren Zahlungsansprüche noch nicht entschieden ist; IV. ferner festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm daraus erwächst, dass die Beklagte dem Kläger vertragswidrig den Versicherungsschutz vorenthält. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für verfahrensfehlerfrei zustandegekommen und für inhaltlich zutreffend. Die erweiternden Anträge der Berufung seien unzulässig, jedenfalls unbegründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Berufung ist nicht begründet. 1. Wegen der Ansprüche auf "Freihaltung" von den aus den Verfahren 5 O 152/98, 5 O 181/98 und 5 O 268/98, jeweils LG Lübeck, nebst den jeweiligen Berufungs- und Revisionsverfahren erwachsenen Verpflichtungen - über die erstinstanzlich neben dem Feststellungsantrag bezüglich weiterer Ersatzansprüche unbenannter Dritter allein zu befinden war -, ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte leistungsfrei ist. Gemäß § 4 AVB Notare (Hefter I Bl. 10 ff.) bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung. Die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel sind erfüllt. § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO, der den Ausschluss teilweise wieder rückgängig macht, ist hier für Verstöße aus den Jahre 1993 bis 1995 nicht anwendbar (vgl. BGH VersR 2003, 635, 636). a) Daran, dass im Haftungsprozess, nämlich in den rechtskräftig vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht entschiedenen Sachen 11 U 34/00, 11 U 35/00 und 11 U 36/00, ausdrücklich ausgeführt wird, eine vorsätzliche Pflichtverletzung sei nicht hinreichend sicher feststellbar (Anl.-hefter I S. 198, Anl.-hefter II S. 43 und S. 101 R), hat sich das Landgericht zu Recht nicht gebunden gesehen. Nach dem im Haftpflichtversicherungsrecht geltenden Trennungsprinzip sind zwar für die nachfolgenden Deckungsprozesse die im Haftpflichtprozess getroffenen Feststellungen bindend. Doch hat der Bundesgerichtshof jüngst entschieden (VersR 2004, 590), dass diese Bindungswirkung nur so weit reicht, wie eine für die Entscheidung des Deckungsprozesses maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozess nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Dem schließt sich der Senat an. Den Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts dazu, dass Vorsatz im Sinne eines wissentlichen Pflichtverstoßes nicht feststellbar sei, kam für die Entscheidung des Haftungsprozesses keine Bedeutung zu. Die Haftung des Beklagten gem. § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO wird - wie das Haftungsgericht selbst ausführt - auch schon durch eine bloß fahrlässige Amtspflichtverletzung begründet. Besonderheiten des § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO spielen hier, wie das Schleswig-Holsteinische OLG zu Recht angemerkt hat, keine Rolle. Im Sinne der erwähnten BGH-Rechtsprechung waren Ausführung zum "nicht feststellbaren" Vorsatz auch nicht deshalb geboten, weil das Landgericht Lübeck als erste Instanz hierzu eine andere Auffassung vertreten hatte. Es kommt auf die objektive Erheblichkeit für die zu treffende Schadenersatzentscheidung an, nicht auf Abweichungen des Berufungsgerichts gegenüber der ersten Instanz. Die erwähnten Ausführungen des Oberlandesgerichts waren also "überschießend" und sind demzufolge für den Deckungsprozess nicht maßgeblich. Deshalb ist und war nunmehr in vorliegender Sache auf der Basis der vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht zugrundegelegten Sachverhalts eigenständig zu beurteilen, ob der Kläger Schäden, derentwegen er zum Ersatz verurteilt worden ist, durch wissentliche Pflichtverletzung verursacht hat. Was die Berufung dagegen einwendet, kann nicht überzeugen: Wenn das formale Vorgehen des Landgerichts deshalb zu beanstanden gewesen sein sollte, weil das Landgericht die Akten der Haftungsprozesse nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht (GA 232) und weiterhin entgegen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung eine Bindungswirkung zur Frage des wissentlichen Pflichtverstoßes nicht angenommen haben sollte (vgl. Beanstandungen GA 237, 248 u. GA 275, Beklagte dazu GA 336), so hat dies keine dem Kläger nachteiligen Auswirkungen. Die die drei Haftpflichturteile des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts betreffenden Akten liegen jetzt vor, die Urteile haben den vom Landgericht zugrundegelegten Inhalt und stimmen inhaltlich sowie großenteils wortwörtlich überein. Zur Rechtsfrage der Bindungswirkung haben die Parteien sich in der Berufungsinstanz äußern können und geäußert. Damit, dass die Beklagte ihre vorläufige Deckungszusage mit der Begründung zurückgewiesen hat (vgl. Hefter I S. 256), das Landgericht Lübeck habe einen vorsätzlichen Pflichtverstoß angenommen, hat die Beklagte entgegen der Berufung (GA 278) auch nicht zum Ausdruck gebracht, sich den Feststellungen des Haftpflichtrichters, also auch der gegenteiligen Wertung durch das Schleswig-Holsteinische OLG, zu unterwerfen. Für einen solch weittragenden Erklärungsinhalt fehlt es an jedem Anhalt. b) Der Senat teilt die Wertung des angefochtenen Urteils, dass die Pflichtwidrigkeiten, auf denen die Verurteilung durch das Schleswig-Holsteinische OLG beruht, vom Kläger wissentlich begangen worden sind. Der Kläger hat die verletzte Pflicht positiv gekannt und subjektiv das Bewusstsein gehabt, pflichtwidrig zu handeln (vgl. BGH VersR 2001, 1103/1104). Dolus eventualis reicht zur Erfüllung des Ausschlusstatbestandes nicht, andererseits ist ein auf eine Schädigung gerichteter Vorsatz nicht vorausgesetzt. Der Wertung insoweit zugrunde zu legen sind - wie bereits ausgeführt - die Feststellungen des Haftpflichtgerichts, soweit diese nicht überschießend, also für die seinerzeit zu treffende Entscheidung erheblich waren. Es kann also - anders als die Berufung meint (vgl. GA 279 ff.) - in diesem Rahmen nicht auf sein Vorbringen in den Schadenersatzverfahren ankommen, sondern nur auf den Inhalt der Urteile. Da dem Richter des Deckungsprozesses eine eigene Würdigung aufgegeben ist, kann es nicht maßgeblich sein, wenn er sich in einer schlechteren Beurteilungssituation als der Schadenersatzrichter befinden sollte (vgl. Klägervortrag GA 281). Das Schleswig-Holsteinische OLG hat die Verurteilung des seinerzeitigen Beklagten und jetzigen Klägers darauf gestützt, dieser habe aufgrund seiner wirtschaftlichen Verflechtung in das Projekt der Vermarktung des C... C... V... die Tatsachen gekannt, aus denen sich die Verletzung seiner Neutralitätspflicht abgeleitet habe (loser Hefter I S. 199 und loser Hefter II S. 43 u. S. 102). Der jetzige Kläger habe nicht als Treuhänder agieren dürfen. Würde der Kläger dies nicht getan haben, so würden die Aufnahmeverträge nicht zustande gekommen und die Erwerber der Nutzungsrechte nicht geschädigt worden ein (Hefter I S. 203/204, Hefter II S. 45 R u. 104 R). Dies alles sind Feststellungen, die das Schleswig-Holsteinische OLG zur Begründung der von ihm für erwiesen gehaltenen fahrlässigen Amtspflichtverstöße und zur Kausalität getroffen hat, mithin zu tragenden Elementen der seinerzeitigen Entscheidungen, die demzufolge für den Deckungsprozess bindend sind. Das Schleswig-Holsteinische OLG will dem Kläger allerdings zugute halten, er sei sich möglicherweise nicht bewusst gewesen, sich wegen seiner Neutralitätspflicht jedweder Treuhandtätigkeit enthalten zu müssen (vgl. Hefter I S. 199). Dies sieht der Senat anders. Die Neutralitätspflicht ist das prägende Merkmal des Notaramts. Jeder Notar weiß, dass er nicht als Amtsperson handeln darf, wo seine persönlichen Interessen im Spiel sind. Auf Schädigungsvorsatz kommt es - wie gesagt - nicht an. Wer als Notar gegen solche fundamentalen Berufsgrundsätze verstößt, ist sich bewusst, sich pflichtwidrig zu verhalten (vgl. OLG Köln r+s 1997, 105 sowie r+s 1997, 496 m. w.n.N.; OLG Hamm r+s 1999, 500). Für die Frage, ob der Ausschluss des § 4 Nr. 3 AVB Notare durchgreift, kommt es nicht mehr darauf an, ob dem Kläger überdies noch eine wissentliche Verletzung von Hinweispflichten und wissentliche Verstöße gegen Auszahlungsanweisungen anzulasten sind, was der Senat allerdings im Einklang mit dem Landgericht nach dem Gesamtbild des vom Kläger mit aufgezogenen Vermarktungsprojekts ebenfalls annimmt. Denn es steht - bindend - fest, dass es ohne Übernahme des Treuhandamtes gar nicht zu den Beteiligungen und Schäden der Nutzungsrechtserwerber gekommen wäre. Somit ist diese als wissentlich begangen zu qualifizierende Pflichtverletzung die Ursache für alle weiteren Verstöße im Rahmen der verbotenen Amtstätigkeit, die ihrerseits nicht ebenfalls und wiederum wissentliche Pflichtwidrigkeiten darstellen müssen, um den Ausschlusstatbestand zu erfüllen. Ursprungsursache für die Schäden ist die Übernahme des Treuhandamtes, alles weitere ist Folge dieses Verstoßes, und ohne Treuhandtätigkeit würde es zu den anderen Pflichtwidrigkeiten nicht gekommen sein. Zur Begründung der Ersatzpflicht des Klägers waren die vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht zusätzlich herangezogenen Verstöße entbehrlich. Mithin ist der Ausschlusstatbestand des § 4 Nr. 3 AVB Notare erfüllt, weil die pflichtwidrige Amtsübernahme nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schaden entfiele. 2. Die Erweiterung der Klage mit der Berufung auf "Freihaltung" wegen der mit den Urteilen des Landgerichts Lübeck (5 O 5/00, 5 O 339/00 und 6 O 7/03) und des Landgerichts Stuttgart (15 O 122/02) zusammenhängenden Verpflichtungen ist gem. § 533 ZPO unzulässig. Damit werden neue Tatsachen eingeführt, die dem bisherigen Streitgegenstand nicht zugrunde liegen. Denn maßgebliche Entscheidungsgrundlage sind bislang nur die Feststellungen des Schleswig-Holsteinischen OLG. Da es wegen der Bindungswirkung auf den Inhalt der nunmehr neu eingeführten Verfahren ankäme, kann sich der Streitstoff nicht mit dem bislang allein maßgeblichen Streitgegenstand decken, unabhängig davon, dass es um andere Geschädigte geht (vgl. Baumbach/Albers, 60. Aufl., § 533 ZPO Rdn. 11). 3. Der Antrag festzustellen, dass die Beklagte zur Gewährung von Haftpflicht-Versicherungsschutz verpflichtet ist, soweit der Kläger von sonstigen Dritten in Anspruch genommen wird, ist unzulässig. Ohne Sachvortrag zu den von den jeweiligen Anspruchstellern aufgestellten Behauptungen ist das Bestehen der behaupteten Verpflichtung der Beklagten nicht überprüfbar. 4. Der weitere und neue Feststellungsantrag wegen der Verpflichtung zum Schadenersatz infolge vertragswidrigen Vorenthaltens des Versicherungsschutzes ist unbegründet, weil eine Vertragswidrigkeit der Beklagten nicht festzustellen ist. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Berufungsstreitwert: 1.537.369,90 EUR (für den Berufungsantrag zu I. entsprechend der Festsetzung des Landgerichts 1.177.369,90 EUR, für den Berufungsantrag zu II. Erhöhung gegenüber der landgerichtlichen Festsetzung auf 160.000 EUR wegen der Freihaltung auch von den Kosten aus den mit der Berufung neu eingeführten Rechtsstreitigkeiten, für den Berufungsantrag zu III. entsprechend dem Landgericht 100.000 EUR und für den Berufungsantrag zu IV. gleichfalls auf 100.000 EUR - mit Existenzvernichtung begründeter Vorenthaltungsschaden -).

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