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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: I-4 U 213/05
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. September 2005 verkündete Urteil der 14d. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Urteilsbetrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die im Zusammenhang mit dem Sturz des Herrn B... entstandenen Behandlungskosten von dem Teilungsabkommen ausgenommen sind.

Nach § 1 Nr. 5 des Teilungsabkommens werden Schadenfälle im Zusammenhang mit dem bei der Beklagten versicherten Heilwesenrisiko außerhalb des Teilungsabkommens nach Sach- und Rechtslage behandelt. In der gleichen Vorschrift erfolgt eine Definition des Begriffs "Heilwesen". Danach fällt unter den Begriff des "Heilwesens" die medizinische Heilbehandlung (einschließlich der ärztlichen Aufklärungspflicht sowie der Diagnosestellung), nicht aber die "allgemeine Verkehrssicherungspflicht". Eine Abgrenzung der von dem Teilungsabkommen erfassten Schadenfälle hat daher anhand der beiden vorgenannten Begriffe zu erfolgen. Hiervon gehen auch die Parteien aus.

Die Parteien streiten darüber, ob der pflegebedürftige Patient B... deswegen zu Fall gekommen ist, weil das bei der Beklagten versicherte Klinikum diesen nicht ausreichend gegen die Gefahr eines Sturzes aus dem Krankenbett, die aufgrund seines Zustandes entstanden ist, gesichert hat. Die als Folge dieses Sturzes entstandenen Behandlungskosten sind von dem Teilungsabkommen ausgenommen.

Eine ausdrückliche Regelung, ob die als Folge des Sturzes des Herrn B... entstandenen Behandlungskosten von dem Teilungsabkommen umfasst werden, enthält dieses nicht. Die Frage ist daher durch Auslegung zu klären. Diese ergibt, dass die Kosten jedenfalls nicht der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" zuzuordnen sind. Der Rechtsbegriff der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" umfasst eine Gefahrenlage, die im Rahmen des allgemeinen Verkehrs geschaffen wird und eine Gefahrenquelle für beliebige Dritte eröffnet. Dementsprechend beschäftigt sich die Rechtsprechung z.B. mit der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit der Sicherung von Schwimmbadrutschen für die Benutzer (BGH NJW 2004, 1449) oder mit der Sicherung eines Sägewerks vor der Verletzung Dritter (BGH NJW-RR 2003, 1459). Nicht umfasst werden vom Begriff der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" üblicherweise Gefahrenquellen, die nur gegenüber einem Einzelnen eröffnet werden. Die Verpflichtung, einen bestimmten Patienten gegen die Gefahr eines Sturzes aus dem Krankenbett zu sichern, die sich aufgrund seines persönlichen Zustandes ergibt, fällt daher begrifflich nicht unter eine "allgemeine Verkehrssicherungspflicht".

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Vertragsparteien den Rechtsbegriff der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" in dem Teilungsabkommen übereinstimmend anders verstanden wissen wollten. Entsprechendes ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 1 Nr. 5 des Teilungsabkommens noch aus dem des übrigen Inhalts des Teilungsabkommens. Aus der Interessenlage der Parteien bzw. dem Sinn und Zweck der Regelung in dem Teilungsabkommen ergibt sich ebenfalls kein Anhaltspunkt hierfür. Ein Teilungsabkommen dient der kostensparenden und die Risiken einer gerichtlichen Klärung vermeidenden Erledigung aller von ihm erfassten Haftpflichtfälle zwischen Sozialversicherungsträger und Haftpflichtversicherer unter Ausscheidung des Versicherungsnehmers, des eigentlichen Haftpflichtschuldners (Prölss/Martin, 24. Aufl. § 67 Anm. 10 vor A; BGH Urteil vom 29.9.1960 - II ZR 135/58 - VersR 1960, 988 = LM TA Nr. 1 unter 3). Es wird die Schadensstatistik herangezogen und die Höhe der Beteiligungsquote so festgelegt, dass sie der durchschnittlichen Haftungslage aller vergleichbaren Fälle möglichst nahe kommt. Dieser Sinn und Zweck des Teilungsabkommens hängt nicht davon ab, ob Fälle der hier zu entscheidenden Art unter den Begriff der "medizinischen Heilbehandlung" oder der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" subsumiert werden. Zur Vertragshistorie haben beide Parteien nichts vorgetragen, so dass sich auch insoweit nicht ersehen lässt, dass die Parteien den Begriff der "allgemeine Verkehrssicherungspflicht" anders als üblich verstanden wissen wollten. Eine Verkehrssitte (eine im Verkehr der beteiligten Kreise herrschende tatsächliche Übung), die eine Auslegung des in dem Teilungsabkommen verwendeten Begriffs der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" dahingehend gebietet, dass hiervon der streitgegenständliche Schadenfall erfasst werden sollte, ist nicht erkennbar und wurde auch von beiden Parteien nicht vorgetragen.

Da sich mithin der streitgegenständliche Schadensfall nicht unter den Begriff der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" subsumieren lässt, ist er unter den Begriff des "Heilwesens" zu fassen. Die Behandlungskosten des Herrn B... sind daher nicht von dem Teilungsabkommen umfasst.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert: 6.894,99 €.

Ende der Entscheidung

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