Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: I-5 W 36/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 406 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 10. August 2004 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 05. August 2004 in Ziffer V geändert.

Die Ablehnung des Sachverständigen U... wird für begründet erklärt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.

Die Kläger verlangen von der Beklagten Schadenersatz wegen angeblich mangelhafter Bauleistung. Die Beklagte macht widerklagend Restwerklohn geltend. In dem von den Klägern beantragten selbständigen Beweisverfahren - 12 OH 4/01 LG Düsseldorf - erstattete der Sachverständige U... am 14. März 2002 ein Gutachten und am 02. August 2002 ein Ergänzungsgutachten. Im Zuge von Arbeiten zur Nachbesserung der Werkleistung der Beklagten beauftragten die Kläger den gerichtlich bestellten Sachverständigen am 14. Mai 2003 mit "Beweissicherung im Zusammenhang mit der Sanierung ..." auf der Grundlage seines bisher erstatteten Gutachtens. Deshalb hatte die Beklagte den Sachverständigen als befangen abgelehnt. Das Landgericht hatte nach Anhörung des Sachverständigen den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen zurückgewiesen, weil die Kläger offensichtlich den Zustand des zu bearbeitenden Betonuntergrundes hätten dokumentieren lassen wollen und dem Sachverständigen mitgeteilt worden sei, die Beklagtenvertreter würden durch die Klägervertreter informiert. Die gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 08. Jan. 2004 zurückgewiesen, weil weder Sachverständigenbeweis angeordnet, noch der Sachverständige U... ernannt worden sei. Mit Beweisbeschluss vom 05. Aug. 2004 hat das Landgericht den Sachverständigen U... beauftragt, sein Gutachten und sein Ergänzungsgutachten im Hinblick auf Einwendungen der Beklagten zu erläutern. Zugleich hat es die Erklärung der Beklagten, sie halte an der Ablehnung des Sachverständigen U... fest als erneute Ablehnung gewertet und aus den Gründen seines früheren Beschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtet sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Ablehnung des Sachverständigen U... ist begründet. Gem. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richter berechtigen. Danach findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 2 ZPO. Dafür genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 406, 8 m.N.). Zu Recht weist das Landgericht daraufhin, dass die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich gerechtfertigt ist gegenüber einem Sachverständigen, der in derselben Sache ein entgeltliches Privatgutachten erstattet (hat). Der Senat teilt hingegen nicht die Auffassung des Landgerichtes, dass im vorliegenden Fall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise trotz der Erstattung eines entgeltlichen Privatgutachtens ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen nicht rechtfertigen. Es kommt nicht darauf an, ob die Kläger lediglich beabsichtigten, den Zustand des Balkonuntergrundes dokumentieren zu lassen. Für eine bloße "Fotodokumentation" hätten sie nicht den gerichtlichen Sachverständigen aus dem selbständigen Beweisverfahren hinzu ziehen müssen. Gerade der Umstand, dass die Kläger diese Dokumentation nicht selbst oder durch einen Dritten angefertigt haben, sondern den gerichtlichen Sachverständigen damit beauftragten, der sich darauf eingelassen hat, lässt aus Sicht der Beklagten Zweifel gegen dessen Unvoreingenommenheit besorgen. Darüber hinaus hatten die Kläger den Sachverständigen ausdrücklich beauftragt mit der "Beweissicherung im Zusammenhang mit der Sanierung der Balkone auf der Grundlage" seines bisherigen Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren. Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der von ihm vorgelegten sog. "Beweissicherung im Nachgang zum Gutachten Nr. 08/02" vom 28. Mai 2003 - wie das Landgericht meint - überwiegend um eine Fotodokumentation handelt, in der fast keine gutachterlichen Bewertungen vorhanden seien - was immer darunter zu verstehen sein mag. Unerheblich ist auch, ob dem Sachverständigen mitgeteilt worden war, die Vertreter der Beklagten seien informiert worden. Selbst wenn diese Mitteilung zutraf, konnte eine etwaige Information der Beklagten nicht rechtfertigen, dass der Sachverständige sich von den Klägern einseitig entgeltlich beauftragen ließ. Es war nicht Sache der Beklagten, zu widersprechen, sondern Pflicht des Sachverständigen, das Ansinnen einer einseitigen Beauftragung durch die Kläger grundsätzlich zurückzuweisen. Er musste damit rechnen, dass es im Laufe des Streites der Parteien erforderlich werden konnte, seine Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren zu erläutern oder zu ergänzen. Dann aber durfte er seine Neutralität nicht durch die Annahme eines solchen einseitigen Auftrages gefährden. Da mithin die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen gerechtfertigt ist, darf der Sachverständige nicht mehr tätig werden, also auch nicht seine früheren Gutachten erläutern. Für die Beantwortung der Beweisfragen gem. Ziff. II, 1 - 4 des Beweisbeschlusses des Landgerichtes vom 05. Aug. 2004 ist daher ein anderer Sachverständiger hinzuzuziehen. Allerdings darf der Sachverständige U... weiter als sachverständiger Zeuge über sachkundig festgestellte Tatsachen vernommen werden. (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Anm. 15). Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren: 1. 2.300 EUR

Ende der Entscheidung

Zurück