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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: I-6 U 166/08
Rechtsgebiete: AktG, ZPO, InsO, BGB


Vorschriften:

AktG § 140
AktG § 140 Abs. 2 Satz 1
AktG § 140 Abs. 3
AktG § 141 Abs. 1
AktG § 141 Abs. 3
AktG § 179
AktG § 179 Abs. 1
AktG § 246 a
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 1
InsO § 38
InsO § 45
InsO §§ 217 ff.
InsO § 218 Abs. 1 Satz 1
InsO § 218 Abs. 3
InsO § 227 Abs. 1
InsO §§ 243 ff.
InsO § 245
InsO § 247 Abs. 1
InsO § 249
InsO § 253
InsO §§ 268 ff.
BGB § 398
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. Oktober 2008 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Kläger sind Vorzugsaktionäre der Beklagten. Sie begehren die Feststellung, dass ihnen nach Aufhebung des mit Beschluss des Amtsgerichts K. vom 1. Dezember 2004 (...IN.../04) über das Vermögen der Beklagten eröffneten Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts K. vom 31. Dezember 2007 gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG ein Stimmrecht sowie Nachzahlungsrechte für die Zeit ab dem Geschäftsjahr 2003 der Beklagten zustehen. Zum Sachverhalt im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit ihrer Berufung gegen das den Klagen stattgebende Urteil verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht von einer telelogischen Extension des § 227 Abs. 1 InsO abgesehen. Diese Vorschrift sei entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung wegen einer planwidrigen Regelungslücke im Wege richterlicher Rechtsfortbildung dahin auszulegen, dass die Beklagte als Insolvenzschuldnerin nicht nur von den Restverbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werde, sondern auch von den Nachzahlungsrechten der Vorzugsaktionäre.

Richtig sei zwar, dass das in der InsO vorgesehene Insolvenzplanverfahren Ausdruck der Gläubigerautonomie sei und ihm jede Art der Befreiungsautomatik wie etwa im Restschuldbefreiungsverfahren der §§ 268 ff. InsO fremd sei. Auch sei zuzugeben, dass allein der Insolvenzplan den Gesellschaftern nicht vorschreiben könne, an einer Sanierung der Gesellschaft z.B. durch einen Kapitalschnitt mitzuwirken. Der Verlust von im Insolvenzverfahren ohnehin wertlosen Nachzahlungsrechten bleibe indes in seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung weit hinter dem Zwangsverlust der Mitgliedschaft im Falle einer Liquidation der Gesellschaft infolge der Insolvenz zurück. Entscheidend sei aber, dass eine auf den Wortlaut des § 227 Abs. 1 InsO beschränkte Anwendung dieser Vorschrift ein erhebliches Sanierungshindernis darstelle, da der Erfolg der Sanierungsmaßnahmen entscheidend davon abhänge, dass die Insolvenzschuldnerin nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ohne Altverbindlichkeiten neu beginnen könne. Anderenfalls würden künftige Bilanzgewinne durch Altverbindlichkeiten aufgezehrt. Dies schrecke Investoren ab. Damit würde das Ziel eines Insolvenzplanverfahrens vereitelt, das ebenso wie das Regelinsolvenzverfahren auf eine optimale Befriedigung der Insolvenzgläubiger gerichtet sei.

Das Argument des Landgerichts, die Gläubigerversammlung habe auf einen Verzicht der Vorzugsaktionäre auf Nachzahlungsrechte hinwirken können, indem sie die Verabschiedung ihres Insolvenzplanes von einem solchen Verzicht hätten abhängig machen können, überzeuge nicht. Denn dies wäre nur durch eine Satzungsänderung möglich gewesen, die eines Beschlusses der Hauptversammlung gemäß § 179 AktG sowie eines Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre gemäß § 141 Abs. 3 AktG bedurft hätte. Einen solchen Weg sehe das Gesetz zwar vor. Er sei aber wegen bestehender Anfechtungsmöglichkeiten der Gesellschafter mit Unwägbarkeiten belastet, die die Durchführung eines unter der Bedingung einer Satzungsänderung stehenden Insolvenzplanes auf unabsehbare Zeit behindern könnten. Das vom Gesetz zur Verfügung gestellte Instrumentarium reiche für eine erfolgreiche Sanierung einer Insolvenzschuldnerin mangels Praktikabilität nicht aus, da das Gesetz insoweit z.B. auch kein Freigabeverfahren im Sinne des § 246 a AktG vorsehe. Berechtigte wirtschaftliche Aspekte einer Sanierung fänden im Gesetz keine hinreichende Berücksichtigung.

Das Landgericht sei verpflichtet gewesen, diese planwidrige Regelungslücke festzustellen und im Wege einer teleologischen Extension des § 227 Abs. 1 InsO zu schließen. Eine Einbeziehung der Nachzahlungsrechte in die Restschuldbefreiung stelle insbesondere keinen schwerwiegenden Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsgarantie dar. Denn zum einen verliere der Vorzugsaktionär nicht seine vollständige Eigentümerstellung, sondern nur unselbständige Zusatzrechte. Zum anderen seien die Nachzahlungsrechte im Fall der Insolvenz der Gesellschaft wertlos und bedürften auch nach den Zielen der InsO keines wertmäßigen Ausgleichs.

Eine Befreiung der Beklagten von Nachzahlungspflichten bewirke konsequenterweise ein Erlöschen durch Zahlungsrückstände ausgelöster Stimmrechte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2008 - 39 O 99/08 - die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertreten nach wie vor die Auffassung, dass die erfolgreiche Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens keinerlei Auswirkungen auf entstandene Nachzahlungsrechte habe. Weder das Insolvenzrecht noch das Aktienrecht sähen eine Restschuldbefreiung von Nachzahlungsrechten durch den erfolgreichen Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens vor. Es obliege vielmehr allein den Insolvenzgläubigern, im Insolvenzplan Vorkehrungen dafür zu treffen, auch die Vorzugsaktionäre zu einem Beitrag zu der beabsichtigten Sanierung zu veranlassen. Hiervon habe die Gläubigerversammlung aus von der Beklagten nicht näher dargelegten Gründen abgesehen. Einen Automatismus auf der Rechtsfolgenseite sehe das Gesetz nicht vor. Art und Umfang der Sanierung seien vielmehr der privatautonomen Entscheidung der Insolvenzgläubiger unterstellt. Hiervon sei kein Gebrauch gemacht worden. Bei derartigen Versäumnissen könne von einer planwidrigen Regelungslücke in § 227 Abs. 1 InsO keine Rede sein. Soweit die Beklagte vortrage, die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Satzungsänderung sei im Insolvenzverfahren wenig praktikabel, weil z.B. kein dem § 246 a AktG vergleichbares Freigabeverfahren vorgesehen sei, verkenne sie, dass dies eine Frage des Gesellschaftsrechts sei, die zum Insolvenzrecht keinerlei Bezug aufweise. Aus der Gesetzeslage sei vielmehr zu schließen, dass der Gesetzgeber den Fortbestand von Nachzahlungsrechten nach erfolgreicher Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens nicht als so existentiell betrachtet habe, dass ein weiteres Instrumentarium für eine zügige Planverwirklichung notwendig sei. Als Annex zum Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs stehe das Nachzahlungsrecht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs. 1 GG. Überzeugende Gründe, in diese Rechte einzugreifen, seien nicht ersichtlich. Die gesetzliche Ausgestaltung des Insolvenzplanverfahrens eröffne den Insolvenzgläubigern keine Möglichkeit eines zwangsweisen Eingriffs in deren geschütztes Eigentum. Denn das Ziel eines Insolvenzplanverfahrens sei definitiv nicht, einzelnen Eigentümern für die Zeit nach einer Sanierung eine attraktive Dividende zu sichern oder einzelne Eigentümergruppen zu diskriminieren. Die Beklagte übersehe zudem, dass neben den Vorzugsaktionären auch Massegläubiger und Aussonderungsberechtigte am Insolvenzplanverfahren nicht beteiligt würden und deren Rechte ebenfalls nach Abschluss des Planverfahrens unberührt blieben. Auch hätten andere Verbindlichkeiten aus z. B. Dauerschuldverhältnissen bei Fortsetzung der Gesellschaft nach der Durchführung des Planverfahrens weiterhin Bestand und führten zu zukünftigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Allein aus monetären Gründen dürfe das Rechtsinstitut der richterlichen Rechtsfortbildung nicht missbraucht werden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift vom 27. August 2009 nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, da die zulässigen Feststellungsklagen der Kläger begründet sind. Ihnen stehen für die in ihrem Eigentum stehenden Vorzugaktien der Beklagten gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG Stimmrechte und Nachzahlungsrechte für seit dem Geschäftsjahr 2003 nicht geleistete Vorzugsdividenden zu.

I.

Die Feststellungsklagen sind gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Kläger haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Fortbestands ihres Stimmrechts und Rechts auf Nachzahlung der Vorzugsdividende, weil zwischen den Parteien Streit über den Bestand dieser Rechte besteht. In einer im Internet unter http://www.aktienmarkt.net unter dem 2. Januar 2008 veröffentlichten Pressemitteilung (Anlage K 4 GA 26) erklärte die Beklagte die Stimmrechte und rückständige Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre für erloschen. Zur Klärung der Streitfrage stehen den Klägern keine besseren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Seite, da der durch die Möglichkeit von Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der Beklagten eröffnete Rechtsschutz in einem Fall wie hier nicht effektiver ausgestaltet ist, als eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Denn mit einer Anfechtungsklage würde die Frage des Stimmrechts nicht rechtskräftig geklärt werden, da es sich hierbei um eine nicht an der Rechtskraft eines Anfechtungsurteils teilnehmende Vorfrage handeln würde.

II.

Die Feststellungsklagen sind auch begründet.

1.

Gemäß § 2 Ziffer 3 der Satzung der Beklagten stehen den Klägern aus dem jährlichen Bilanzgewinn vorab eine nachzuzahlende Dividende von 1,41 € und eine Mehrdividende gegenüber den Stammaktionären von 1,41 € pro Aktie pro Jahr seit dem Geschäftsjahr 2003 zu. Einschließlich des Geschäftsjahres 2007 errechnet sich die an die Kläger nachzuzahlende Vorzugsdividende auf insgesamt 7,05 € pro Aktie. Denn die Beklagte hat den Klägern die satzungsmäßig versprochene Vorzugsdividende für diesen Zeitraum unstreitig nicht gezahlt. Die für eine Auszahlung notwendigen Gewinnverwendungsbeschlüsse wurden unstreitig nicht gefasst.

Die daraus erwachsenen Nachzahlungsrechte sind nicht durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten mit Beschluss des Amtsgerichts K. vom 31. Dezember 2007 (...IN.../04) erloschen. Denn Nachzahlungsrechte werden von der in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehenen Restschuldbefreiung nicht erfasst.

Infolge bestehender Nachzahlungsrechte seit dem Geschäftsjahr 2003 sind die Kläger deshalb nach wie vor gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG stimmberechtigt.

a)

Nach dem Wortlaut des § 227 Abs. 1 InsO werden Nachzahlungsrechte aus Vorzugsaktien von der nach erfolgreicher Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens gemäß den §§ 217 ff. InsO möglichen Restschuldbefreiung nicht erfasst. Denn eine solche Restschuldbefreiung kommt nur gegenüber Insolvenzgläubigern in Betracht. Vorzugsaktionäre sind indes im Hinblick auf unbefriedigte unselbständige Nachzahlungsrechte keine Insolvenzgläubiger.

Gemäß § 38 InsO sind Insolvenzgläubiger persönliche Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner haben. Da das Insolvenzverfahren dem Gläubiger nur eine anteilsmäßige Befriedigung in Geld bietet (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 45 Rnr. 1), muss der Vermögensanspruch seinem Inhalt nach auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet sein oder nach § 45 InsO in eine Geldsumme umgerechnet werden können.

Das Nachzahlungsrecht kann zwar grundsätzlich als ein bedingter schuldrechtlicher Geldzahlungsanspruch des Vorzugsaktionärs gegen die Aktiengesellschaft ausgestaltet sein. Hierzu bedarf es aber einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung der Gesellschaft. Denn § 140 Abs. 3 AktG gestaltet Nachzahlungsrechte grundsätzlich als bloße Mitgliedsrechte der Vorzugsaktionäre aus mit der Folge, dass sie bis zum späteren Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung der AG unselbständiger Bestandteil der Vorzugsaktie bleiben. Nachzahlungsrechte sind nicht selbständig verkehrsfähig im Sinne des § 398 BGB (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 140 Rnr. 9 f.). Sieht die Satzung der AG - wie im Streitfall - eine Ausgestaltung der Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre als schuldrechtlichen Geldzahlungsanspruch nicht vor, kann dies allerdings durch satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 179 AktG nachgeholt werden, der gemäß § 141 Abs. 1 AktG eines zustimmenden Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre bedarf, da in deren satzungsmäßig festgelegte Rechte eingegriffen wird und diese geändert werden. Ein solcher satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung nebst Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre der Beklagten ist indes im Streitfall bisher unstreitig ebenfalls nicht gefasst worden.

b)

Eine teleologische Extension von § 227 Abs. 1 InsO kommt nicht in Betracht. Anlass für eine richterliche Rechtsfortbildung besteht im Streitfall nicht, da § 227 Abs. 1 InsO auch in Verbindung mit § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG keine planwidrige Regelungslücke aufweist.

aa)

Das Bundesverfassungsgericht hat die Aufgabe und Befugnis der Gerichte zu richterlicher Rechtsfortbildung allerdings stets anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 (287 f.); 49, 304 (318) jeweils m. w. N.). Rechtsfortbildung war in der deutschen Rechtsgeschichte nicht nur seit jeher eine anerkannte Funktion der Rechtsprechung; sie ist im modernen Staat geradezu unentbehrlich. Auf ihr beruhen gewichtige Regelungen des gegenwärtigen bürgerlichen und öffentlichen Rechts (BVerfGE 65, 182 - juris Tz. 31 f. m.w.N.).

Unter dem Grundgesetz sind richterlicher Rechtsfortbildung indessen durch den Grundsatz der Rechts- und Gesetzesbindung des Art. 20 Abs. 3 GG Grenzen gezogen, die sich nicht in eine allgemeine und für alle Fälle gleichermaßen geltende Form fassen lassen. Eine richterliche Rechtsfortbildung kommt deshalb nur in Betracht, wenn einsichtig gemacht werden kann, dass das geschriebene Gesetz seine Funktion, ein Rechtsproblem gerecht zu lösen, nicht erfüllt. Die richterliche Entscheidung schließt dann diese Lücke nach den Maßstäben der praktischen Vernunft und den "fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft" (BVerfGE 34, 269 - juris Tz. 38; BVerfGE 9, 338 (349)).

Die Voraussetzungen für eine richterliche Rechtsfortbildung liegen hier jedoch nicht vor. Weder gesetzgeberische Ziele noch anerkannte Wertvorstellungen gebieten eine Einbeziehung der Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre in die in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehene Restschuldbefreiung. Dies gilt insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit, der der verfassungsmäßigen Rechtsordnung immanent ist. Denn auch dieser Gesichtspunkt findet bei Anwendung des geschriebenen Gesetzes im Streitfall hinreichende Berücksichtigung.

bb)

Mit der Einführung des Insolvenzplanverfahrens gemäß den §§ 217 ff. InsO hat der Gesetzgeber dem Primat der Gläubigerbefriedigung als dem vorrangigen Ziel eines Regelinsolvenzverfahrens das weitere Ziel der Vermögenserhaltung der Schuldnerin beigeordnet, das nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland seit der Nachkriegszeit zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Denn neben dem durch wirtschaftliche Entwicklung wachsenden allgemeinen Wohlstand gewannen auch arbeitsmarktpolitische Ziele und interaktive wirtschaftliche Zusammenhänge großer Unternehmen zunehmend an Bedeutung (vgl. Uhlenbruck-Lüer, InsO, 12. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 217 ff., Rnr. 1 ff.). Hierbei gebührt dem Ziel der Vermögenserhaltung allerdings kein Vorrang vor Gläubigerinteressen und Gesellschafterinteressen bzw. Interessen der Aktionäre. Der Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des Insolvenzplanverfahrens gemäß den §§ 217 ff. InsO vielmehr dafür entschieden, auch die Sanierung eines insolventen Unternehmens einem förmlichen Insolvenzverfahren und der Leitung und Aufsicht eines staatlich bestimmten Insolvenzverwalters sowie des zuständigen Insolvenzgerichts zu unterstellen und nicht lediglich einem ausschließlich nach den Regeln der Wirtschaft handelnden privaten Sanierer anzuvertrauen. Die Gläubiger sind nach § 218 Abs. 3 InsO bei der Aufstellung des Insolvenzplanes durch den Insolvenzverwalter zu beteiligen und stimmen gemäß 235 ff. InsO über diesen ab. Dies allein schon zeigt, dass das Interesse der Insolvenzschuldnerin an einer Sanierung und ihrem Fortbestehen nach wie vor der Gläubigerautonomie unterstellt wird und das Ziel des Insolvenzverfahrens, eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen, auch das Insolvenzplanverfahren beherrscht (vgl. Uhlenbruck-Lüer, aaO, vor §§ 217 -269, Rnr. 5 m.w.N.). Durch das in § 245 InsO aufgenommene Obstruktionsverbot wird zwar grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, einen Insolvenzplan auch gegen den Willen der Mehrheit einer Gläubigergruppe durchzusetzen. Da dies jedoch nur unter engen und im Gesetz näher dargelegten Voraussetzungen geschehen kann und insbesondere nur dann, wenn sich im übrigen die Mehrheit der beteiligten Gläubigergruppen für den vorgeschlagenen Insolvenzplan ausgesprochen hat, stellt auch das Obstruktionsverbot des § 245 InsO das Primat der Gläubigerautonomie und Gläubigerbefriedigung nicht in Frage.

Das Insolvenzplanverfahren eröffnet allerdings allen Beteiligten Gestaltungsmöglichkeiten, in deren Rahmen auch allein wirtschaftliche Überlegungen zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden können. Denn nach § 1 InsO stellt der vom Regelinsolvenzverfahren abweichende Insolvenzplan eine von mehreren, gleichberechtigten Verwaltungs- und Befriedigungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren dar. Zudem folgt die grundsätzliche Entscheidung zwischen Liquidation oder Sanierung des schuldnerischen Unternehmens betriebswirtschaftlichen Überlegungen (Ulrich Keller, Insolvenzrecht, 2006, Rnr. 1630 m.w.N.). Das Insolvenzplanverfahren bietet die Möglichkeit, im Wege des Verhandlungsprozesses zwischen allen Beteiligten frei von staatlicher Reglementierung eine für alle Beteiligten günstige Verwertungs- und Befriedigungsmöglichkeit zu finden und zugleich die wirtschaftlichen Belange der Schuldnerin zu berücksichtigen (Graf-Schlicker/ Kebekus, InsO, 2007, § 217 Rnr. 3 mit Hinweis auf die Allgemeine Begründung RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 72 ff., abgedruckt in: Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, Band I: InsO, RWS-Dokumentation 18, S. 110 ff.). Durch die vom Gesetzgeber vorgegebene Unabhängigkeit der gesellschaftsrechtlichen Struktur der Insolvenzschuldnerin vom Insolvenzplanverfahren liegt die Verantwortung für die Durchführung der für eine Reorganisation der Schuldnerin notwendigen gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen allerdings in der Verantwortung der Schuldnerin und ihrer Gesellschafter bzw. Aktionäre. Von der Möglichkeit einer gerichtlichen Ersetzung etwaiger Zustimmungen der Gesellschafter zu zwingend erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen hat die mit den Gesetzgebungsarbeiten zur Schaffung der Insolvenzordnung befasste Kommission bewusst Abstand genommen, um den Insolvenzrichter nicht in die Position eines gesellschaftsrechtlichen "Zwangsbeglückers" zu versetzen (Hirte/Mock, Vorzugsaktien im Insolvenzplanverfahren, ZInsO 2009, 1129 (1131) m.w.N.). Soweit Strukturmaßnahmen wie etwa Satzungsänderungen Teil des mit dem Insolvenzplan verfolgten Sanierungskonzeptes sind, müssen diese deshalb außerhalb des Insolvenzplanverfahrens vorbereitet und durchgeführt werden, wobei allerdings Gesellschafter bzw. Aktionäre aufgrund ihrer Treuepflicht einem Zustimmungserfordernis unterliegen können. Diesen vom Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraum können und müssen die Beteiligten nutzen, wollen sie nicht auf die vom Gesetzgeber gesellschaftsrechtlich und insolvenzrechtlich festgelegten Rechtsfolgen beschränkt werden.

Hierbei bietet das Gesetz - zugegebenermaßen in engen Grenzen - den Gesellschaftern und Beteiligten eines Insolvenzverfahrens die Möglichkeit der Verknüpfung gesellschaftsrechtlicher Belange einerseits und insolvenzrechtlicher Belange andererseits an. So weist das Landgericht in seiner Entscheidung zu Recht darauf hin, dass die Wirksamkeit des Insolvenzplans gemäß § 249 InsO von den Leistungen Dritter und damit von der erfolgreichen Durchführung zwingend erforderlicher Strukturmaßnahmen abhängig gemacht werden kann (vgl. Hirte/Mock, a.a.aO.). Eine gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans ist erst nach Eintritt dieser Bedingung und damit nach Umsetzung notwendiger Strukturmaßnahmen möglich.

Im Streitfall hätte frei mit den Vorzugsaktionären verhandelt werden können, in welchem Umfang Verzichtserklärungen möglich, aber auch erforderlich sind, um eine Fortführung der Schuldnerin betriebswirtschaftlich sinnvoll ermöglichen und geeignete Investoren finden zu können. Diese Möglichkeit stand zudem nicht nur den Gläubigern der Beklagten, sondern insbesondere auch der Beklagten selbst als der damaligen Schuldnerin offen. Nach § 247 Abs. 1 InsO war nicht nur deren Zustimmung zum Insolvenzplan erforderlich. Nach § 218 Abs. 1 Satz 1 InsO war sie vielmehr auch zur Vorlage eines selbst ausgearbeiteten Insolvenzplanes berechtigt und konnte damit dessen Inhalt in wesentlichen Punkten zumindest mitbestimmen. Hierbei wäre es ihr möglich gewesen, die vom Landgericht angeführte Bedingung des Insolvenzplanes zu formulieren, dass dieser nur bei gleichzeitigem Verzicht der Vorzugsaktionäre auf in der Vergangenheit entstandene Nachzahlungsrechte wirksam werden solle. Gründe, warum dieser Weg nicht gegangen worden ist, legt die Beklagte nicht dar. Die Vorzugsaktionäre hätten Anlass gehabt, einer solchen Bedingung aufgeschlossen gegenüberzustehen. Denn anderenfalls wäre mit einem vollständigen Verlust ihrer Rechte zu rechnen gewesen, da es zur Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens mit dem Ziel der Zerschlagung der Schuldnerin gekommen wäre.

Ob der ebenfalls mögliche Weg einer durch Insolvenzplan festgelegten übertragenden Sanierung mittels einer neu zu gründenden Auffanggesellschaft aus betriebs- oder finanzwirtschaftlichen Gründen aussichtsreich gewesen wäre, kann dem Sachvortrag der Beklagten ebenfalls nicht entnommen werden.

Stellt der Gesetzgeber einen solchen Gestaltungsspielraum zur Verfügung, den die Beteiligten eines Insolvenzverfahrens indes ungenutzt lassen, bleibt für eine richterliche Rechtsfortbildung der dann zum Zuge kommenden gesetzlichen Regelungen schon deshalb kein Raum, weil die behauptete Regelungslücke durch eigenverantwortliches Handeln der Beteiligten hätte geschlossen oder vermieden werden können. In einem solchen Fall kann keine Rede davon sein, dass das Gesetz seine Funktion nicht erfülle.

cc)

Darüber hinaus ergibt sich auch bei bloßer Anwendung des Gesetzes keine die Beklagte unbillig benachteiligende Rechtslage. Denn weder das Gesetz noch eine die Interessen aller Beteiligten berücksichtigende Betrachtung gibt Anlass für die Annahme, dass den betriebs- und finanzwirtschaftlichen Interessen der Beklagten Vorrang vor den berechtigten Interessen der Vorzugsaktionäre an einem Erhalt ihrer rückständigen Nachzahlungsrechte einzuräumen wäre. Auch hier hatte die Beklagte vielmehr einen hinreichenden Gestaltungsspielraum, um ihre Interessen im Insolvenzfall zu wahren.

Ihr wäre es z.B. auch schon im Jahr 1986 möglich gewesen, satzungsmäßig festzulegen, dass rückständige Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre im Insolvenzfalle erlöschen. Denn auch im Jahr 1986 bestand durch die damals geltende Vergleichsordnung die grundsätzliche Möglichkeit, das Fortbestehen einer insolventen Schuldnerin zu sichern (Ulrich Keller, a.a.O., Rnr. 48 ff.). Ebenso konnte es auch damals zu rückständigen Nachzahlungsrechten und daraus erwachsende Stimmrechte der Vorzugsaktionäre kommen, da § 140 AktG bereits seit dem Jahre 1965 gilt (http://juris.de/Gesetze/Verordnungen/Suchbegriff § 140 AktG).

Des weiteren hätte die ursprünglich beschlossene Satzung der Beklagten nachträglich geändert werden können. Zutreffend ist, dass sowohl ein satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung nach § 179 Abs. 1 AktG als auch ein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre nach § 141 Abs. 1 AktG grundsätzlich anfechtbar sind und die Durchführung eines gerichtlichen Anfechtungsverfahrens in aller Regel nicht binnen Jahresfrist abgeschlossen ist. Ein dem Freigabeverfahren im Sinne des § 246 a AktG vergleichbares Eilverfahren sieht das Gesetz im Rahmen von Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse nach §§ 179 Abs. 1, 141 Abs. 1 AktG nicht vor. Die von der Beklagten angeführte mangelnde Praktikabilität dieser Vorgehensweise findet entgegen der Auffassung der Beklagten ihren Grund indes nicht in der gesetzlichen Ausgestaltung nachträglicher und die Rechte von Aktionären einschränkender Satzungsänderungen, sondern in dem durch das im Streitfall eingeleitete Insolvenzverfahren ausgelösten Zeitdruck, der u.a. durch die Suche geeigneter Investoren und die Notwendigkeit der Fortsetzung der Handelstätigkeit der Beklagten - gehen die Geschäftskontakte verloren, verliert eine Sanierung ihren Sinn - entstanden ist. Dieser Zeitdruck ließ in der Tat keinen Raum für ein Zeit beanspruchendes Satzungsänderungsverfahren. Im Gegensatz zu wirtschaftlich relevanten Entscheidungen, die oftmals unter hohem Zeitdruck getroffen werden müssen, um den gewünschten Erfolg herbei zu führen, steht bei der Durchführung eines effektiven Rechtsschutzes jedoch der Aspekt der Schnelligkeit der erstrebten Entscheidung nicht im Vordergrund. Ein Freigabeverfahren im Sinne des § 246 a AktG stellt das Gesetz nur in Ausnahmefällen bereit. Soweit die Beklagte darin einen fehlenden Interessenausgleich sieht, verkennt sie, dass das Freigabeverfahren nach § 246 a AktG ausschließlich aktienrechtlichen Zielsetzungen dient. Im Streitfall ist die Notwendigkeit schneller Entscheidungen indes insolvenzrechtlich motiviert. Das aktienrechtliche Freigabeverfahren ist jedoch als Instrument zur Erreichung insolvenzrechtlicher Ziele, wie etwa der zeitnahen Sanierung eines insolventen Unternehmens weder gedacht noch geeignet.

Will ein Unternehmen sich in Krisenzeiten nicht mit möglicherweise langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen belasten, die ihre Ursache in den gegenläufigen Interessen der das Wirtschaftsleben des Unternehmens bestimmenden Beteiligten finden, muss es entweder in seinen Statuten und Verträgen vorausschauend planen oder in Kauf nehmen, dass im Falle der Insolvenz bestehende geldwerte Rechte ihrer Aktionäre betriebswirtschaftlich im Rahmen von Sanierungsplänen einzubeziehen sind.

Das Spannungsverhältnis zwischen den betriebs- und finanzwirtschaftlichen Interessen eines sanierungsfähigen Unternehmens in der Insolvenz einerseits und den Interessen der Insolvenzgläubiger sowie der Aktionäre andererseits berücksichtigt der Gesetzgeber durch die Bereitstellung eines Planverfahrens, in das die Beteiligten ihre Interessen gestaltend mit dem Ziel einfließen lassen können, autonom einen Interessenausgleich herbei zu führen. Bleibt diese Möglichkeit ungenutzt, sind die Interessen der Beteiligten nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen schutzwürdig.

dd)

Wie das Landgericht zutreffend in seinen Gründen ausgeführt hat, widerspräche die von der Beklagten gewünschte Rechtsfortbildung sogar rechtsstaatlichen Grundsätzen, da die Vorzugsaktionäre ihre Rechte ohne jedwede Möglichkeit der Einflussnahme und im Zweifel sogar ohne hiervon Kenntnis zu erlangen verlieren würden. Denn sowohl nach dem Aktien- als auch nach dem Insolvenzrecht sind diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, grundsätzlich an dem hierzu angestrengten Verfahren zu beteiligen, im Aktienrecht gemäß § 141 Abs. 1 AktG und in der Insolvenzordnung nach den §§ 243 ff. InsO. Würden die Vorzugsaktionäre durch die von der Beklagten angestrebte Ausweitung der in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehenen Restschuldbefreiung ihre Nachzahlungs- und damit Stimmrechte verlieren, geschähe dies ohne ihre Beteiligung, da sie hinsichtlich ihrer Nachzahlungsrechte keine Insolvenzgläubiger sind. Von dem Rechtsmittel des § 253 InsO sind sie als Vorzugsaktionäre ausgeschlossen. Mangels Beteiligung am Insolvenzplanverfahren erhielten sie weder von dem beabsichtigten Rechtseingriff noch von dem tatsächlich eingetretenen Rechtsverlust noch nicht einmal Kenntnis. Ein solcher Rechtseingriff ist der deutschen Rechtsordnung fremd.

ee)

Weder die vom Prozessbevollmächtigten der Berufungsklägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Kopie als Anlage zum Protokoll vorgelegte und in NZI 2009, 323 f. veröffentlichte Anmerkung zum angefochtenen Urteil von Dr. Thonfeld (Bonn), noch der von Hirte/Mock in ZInsO 2009, 1129 ff. veröffentlichte und ebenfalls in Kopie als Anlage zum Protokoll überreichte Aufsatz: "Vorzugsaktien im Insolvenzplanverfahren" gebieten eine andere Betrachtungsweise. Während auch Hirte/Mock im Ergebnis anerkennen, dass sich das mitgliedschaftsrechtliche Gewinnrecht des Vorzugsaktionärs erst dann zu einem verkehrsfähigen Gewinnanspruch verfestigt, wenn ein entsprechender Gewinnverwendungsbeschluss von der Hauptversammlung gefasst wurde und die dadurch gesellschaftsrechtlich begründeten unselbständigen Nachzahlungsrechte insolvenzrechtlich nicht berührt werden, vermag auch Thonfeld kein tragendes Argument für die von der Beklagten vertretene Ansicht vorzubringen, dass allein eine teleologische Extension des § 227 Abs. 1 InsO geeignet ist, dem Gesetz dazu zu verhelfen, seine Funktion, ein Rechtsproblem gerecht zu lösen, zu erfüllen. Es wurde ausführlich dargestellt und im Ergebnis auch den Erwägungen von Hirte/Mock zu Grunde gelegt, dass das Gesetz im Insolvenzplanverfahren einen Gestaltungsspielraum eröffnet, gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Belange der Gesellschafter bzw. Aktionäre, der Schuldnerin und der Insolvenzgläubiger zu verknüpfen, um eine Reorganisation der insolventen Gesellschaft auch bei zwingend erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen sinnvoll zu ermöglichen. Lassen die Beteiligten eines Insolvenzplanverfahrens diese Möglichkeiten indes ebenso wie die Gesellschafter bzw. Aktionäre der Schuldnerin ungenutzt, stellen sich spätere wirtschaftliche Belastungen der reorganisierten Schuldnerin wegen unbefriedigter Nachzahlungsrechte ihrer Vorzugsaktionäre schon deshalb nicht als unbillig dar, weil die Beteiligten die ihnen vom Gesetzgeber auferlegte Verantwortung für einen sachgerechten Ausgleich gesellschaftsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Belange nicht wahrgenommen haben. Handlungsbedarf im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ist unter solchen Umständen nicht gegeben.

c)

Wie bereits ausgeführt worden ist, sind die Kläger gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG nach wie vor stimmberechtigt.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 ZPO.

D.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist. Es ist zu erwarten, dass die streitentscheidende Frage, ob § 227 Abs. 1 InsO im Wege einer teleologischen Extension dahin auszulegen ist, dass eine Insolvenzschuldnerin nach erfolgreicher Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens nicht nur von Restverbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern, sondern auch von den Nachzahlungsrechten der Vorzugsaktionäre befreit wird, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen von zunehmender wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung dieser Vorschrift berührt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000,- €

Ende der Entscheidung

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