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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: I-6 U 78/06
Rechtsgebiete: BGB, GesV, AGBG, HGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 157
BGB § 181
BGB § 242
BGB § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB § 737 Satz 2
GesV § 3 Ziff. 1
GesV § 3 Ziff. 2 lit. b
GesV § 5 Ziff. 2 Satz 3
GesV § 9 Abs. 7
GesV § 9 Ziff. 1
GesV § 9 Ziff. 7 Satz 3
GesV § 11 Abs. 1
GesV § 11 Ziff. 1
GesV § 11 Ziff. 2
AGBG § 8
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
HGB § 111 Abs. 1
HGB § 161 Abs. 2
HGB § 352 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Februar 2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf - 31 O 112/04 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die G.-GmbH & Co. KG 124.037,11 € nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Januar 2000 zu zahlen. Insoweit wird das Versäumnisurteil der vorbezeichneten Kammer vom 18. August 2005 aufgehoben. Hinsichtlich der Klageabweisung im Übrigen bleibt dieses Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte mit Ausnahme etwaiger durch die Säumnis des Klägers im Termin vom 18. August 2005 veranlasster Kosten, die der Kläger trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die jeweils andere Partei aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, wobei er sein Ziel in erster Linie auf dem Weg einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht erreichen möchte. Er macht geltend:

Die actio pro socio finde ihre Grenze erst in der Treuepflicht des Gesellschafters. Selbst wenn aber der actio pro socio nur eine subsidiäre Funktion zukomme, sei sie im vorliegenden Fall zulässig, weil die G.-GmbH & Co. KG (im Folgenden schlicht: die KG) verhindert gewesen sei, den Anspruch gegen den Beklagten auf Beitragszahlung geltend zu machen.

Die Klage sei auch begründet, insbesondere sei der Anspruch nicht durch Ausschluss des Beklagten aus der KG erloschen. Der Beklagte sei nicht wirksam ausgeschlossen worden. Der den Ausschluss erklärende H. sei nicht vertretungsberechtigt gewesen. Er habe nie zur Geschäftsführung der KG gehört. Dass die ursprüngliche geschäftsführende Kommanditistin J. mit ihrem Schreiben vom 19. Februar 2001 H. zu ihrem Nachfolger benannt habe, sei mit der Gesellschafterversammlung vom 17. November 2003 hinfällig geworden. Die zur fehlerhafte Organstellung entwickelten Regeln seien hier nicht anwendbar. Die Voraussetzungen einer allein in Betracht kommenden Anscheins- oder Duldungsvollmacht habe der Beklagte nicht vorgetragen. Die rechtsgeschäftliche Vollmacht des H., sei sie denn überhaupt am 19. Januar 2005 erklärt worden, sei jedenfalls unwirksam. Die Befreiung des Beklagten von den Beschränkungen des § 181 BGB sei insoweit einschränkend auszulegen. Darüber hinaus liege ein Fall kollusiver Zusammenarbeit des Beklagten mit H. vor.

Selbst wenn der Beklagte wirksam ausgeschlossen worden wäre, bestünde ein Anspruch in Höhe der ausstehenden Beitragszahlung als Schadensersatzanspruch.

Bei der Prüfung von Regelungen des Gesellschaftsvertrages sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte als "Verwender" anzusehen sei und sich der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht auf die Unwirksamkeit verwendeter Klauseln berufen könne.

Der Kläger hat hinsichtlich seines Zinsbegehrens seine Berufung teilweise zurückgenommen und beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23. Februar 2006 im angefochtenen Umfang aufzuheben und insoweit den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. August 2005 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die G.-GmbH & Co. KG 124.037,11 € nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Januar 2000 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil:

Die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger es versäumt habe, vor Klageerhebung die KG aufzufordern, den originär ihr zustehenden Anspruch auf Beitragszahlung geltend zu machen. Eine solche Aufforderung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Er, der Beklagte, habe in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass er - sobald ein Interessenkonflikt auch nur denkbar gewesen sei - anderen Organen der KG die Interessenwahrnehmung übertragen habe. Zudem habe der Kläger auch den geschäftsführenden Kommanditisten H. zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche auffordern können.

Überdies stehe der KG gegen ihn, den Beklagten, materiell-rechtlich allenfalls ein Zinsanspruch in zu vernachlässigender Höhe zu. Seine Verpflichtung zur Zahlung restlicher Einlage sei durch seinen wirksamen Ausschluss erloschen. Bis zur Rechtskraft des Urteils im Streit um die Bestellung eines Nachfolgers für die ursprüngliche geschäftsführende Kommanditistin sei H. jedenfalls aufgrund seiner Benennung durch jene geschäftsführender Kommanditist gewesen. Zumindest sei sein, des Beklagten, Ausschluss nach den Regeln über die fehlerhafte Organstellung wirksam. Zudem sei H. auch wirksam durch die Komplementär-GmbH bevollmächtigt worden, den erklärten Ausschluss vorzunehmen.

Hilfsweise macht der Beklagte seinen bereits erstinstanzlich zur Hilfsaufrechnung gestellten Anspruch auf ein Abfindungsguthaben sowie Ansprüche aus abgetretenem Recht der Komplementär-GmbH geltend.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist in dem nach teilweiser Berufungsrücknahme noch streitgegenständlichen Umfang begründet. Die Klage ist zulässig und in dem vom Kläger nunmehr noch verfolgten Umfang begründet.

I. Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger prozessual befugt, in eigenem Namen den Anspruch der KG auf Zahlung der Pflichteinlage gegen den Beklagten, einen Sozialanspruch, einzuklagen.

1.

Der Kläger klagt als Prozessstandschafter der KG. Zwar ging die früher überwiegende Meinung, insbesondere der Bundesgerichtshof (NJW 1957, 1358), trotz unstreitiger Zugehörigkeit der Sozialansprüche zum Gesamthandsvermögen von der Geltendmachung eines eigenen Rechts durch den klagenden Gesellschafter aus. Der Gesellschafter verfolge einen Anspruch aus dem Gesellschaftsvertrag, dessen Erfüllung sich die Gesellschafter bei Vertragsschluss wechselseitig zugesagt hätten. Allerdings spricht der Charakter des Gesellschaftsvertrages als eines nicht auf Austausch, sondern auf Begründung einer Zweckgemeinschaft gerichteten Rechtsverhältnisses dafür, die Sozialansprüche ausschließlich der Gesellschaft zuzuordnen (so wohl auch BGH, NJW 1985, 2580 2581), so dass sich die actio pro socio als eine quasigesetzliche Prozessstandschaft erweist (Boujong in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 105 Rdnr. 150; Ulmer in MünchKomm, BGB, 4. Aufl., § 705 Rdnr. 208 f; jeweils m.z.N.).

2.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Sozialanspruch von jedem einzelnen Gesellschafter im eigenen Namen zugunsten der Gesellschaft geltend gemacht werden (vgl. nur BGH, NJW 1957, 1358; 1985, 2830, 2831; 2000, 505 f.). Nach dieser Rechtsprechung erfährt die Klagebefugnis des Gesellschafters ihre Grenze erst bei einem treuwidrigen Vorgehen. Ein solches ist hier nicht ersichtlich.

Selbst wenn man mit einer im Vordringen befindlichen Meinung (vgl. nur Boujong a.a.O. § 105 Rdnr. 153; Ulmer a.a.O. § 705 Rdnr. 210; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 714 Rdnr. 9) für die Zulässigkeit der Klage des Gesellschafters verlangt, dass die Klage durch ihn erforderlich ist, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn an die Darlegung einer solchen Erforderlichkeit sind keine hohen Anforderungen zu stellen (Boujong a.a.O.; Ulmer a.a.O.). Es genügt, dass der klagende Gesellschafter einen Sozialanspruch geltend macht und entweder seine Aufforderung an den Geschäftsführer, den Anspruch zu verfolgen, erfolglos war oder - wegen dessen eigener Betroffenheit - keinen Erfolg verspricht (Boujong a.a.O.; Ulmer - unter Hinweis auf noch strengere Auffassungen - a.a.O.).

Geht es um die Zahlung der Beitragspflicht, muss die Schwelle denkbar niedrig sein. Denn das Einsammeln der Beiträge ist vordringliche Pflicht der Geschäftsführung. Kommt sie dieser Verpflichtung nicht nach und ist - wie hier - davon auszugehen, dass dieses Versäumnis nicht auf einem Versehen beruht, sondern die Einziehung bewusst unterbleibt, ist die Annahme gerechtfertigt, dass eine Aufforderung an die Geschäftsführung keinen Erfolg verspricht. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der Geschäftsführer der die Geschäfte der KG führenden Komplementär-GmbH der Beklagte ist. Zahlte er nicht freiwillig, war nicht zu erkennen, welcher Anlass für ihn bestanden haben soll, im Namen der KG seinen Beitrag einzuklagen.

Dass neben dem gesetzlichen Vertretungsorgan der KG auch deren geschäftsführende Kommanditistin (oder ihr Nachfolger) mit dem Einzug des Beitrages betraut war, ändert jedenfalls im Ergebnis nichts. Denn es ist zu bedenken, dass im Zeitpunkt der Einreichung (Dezember 2004) und der demnächstigen Zustellung der vorliegenden Klage für den Kläger nicht einmal klar war, an wen er sich hier hätte wenden müssen. Nachdem die ursprüngliche geschäftsführende Kommanditistin J. ihre Geschäftsführung zum 31. Dezember 2001 gekündigt hatte und entgegen § 9 Abs. 7 GesV eine Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten nicht unverzüglich einberufen worden war, war vielmehr seit 2003 ein Rechtsstreit darüber anhängig, wer überhaupt geschäftsführender Kommanditist war. Hinzu kommt, dass der Sozialanspruch der Gesellschaft mit Ablauf des Jahres 2004 zu verjähren drohte und deswegen aus der Sicht des Klägers nur ein sicherer Weg, nämlich die eigene Klageerhebung, geboten erschien.

3.

Indem das Landgericht dem Kläger die Befugnis abgesprochen hat, den Anspruch der KG auf Zahlung der Pflichteinlage des Beklagten einzuklagen, hat es - weil es um die Zulässigkeit der Prozessstandschaft des Klägers geht - die Klage als unzulässig abgewiesen. Da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, fehlt es an einer Grundlage für eine (teilweise) Aufhebung des angefochtenen Urteils und entsprechenden Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§ 538 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz ZPO).

II. Begründetheit der Klage

Die Klage ist in ihrem vom Kläger mit der Berufung zuletzt noch weiterverfolgten Umfang begründet. Der Beklagte, der weiterhin Kommanditist der KG ist, hat dieser seine restliche Einlage in Höhe von 124.037,11 € nebst Zinsen zu zahlen. (Selbst ein Ausschluss des Beklagten hätte seine Beitragspflicht nicht zum Erlöschen gebracht, sondern lediglich zur Folge gehabt, dass der Sozialanspruch nicht mehr selbständig hätte durchgesetzt werden können; vgl. BGH, BB 1952, 870; Palandt/Sprau a.a.O. § 730 Rdnr. 8).

Dass die Einlagenverpflichtung des Beklagten in Höhe von 370.000,00 DM (§ 3 Ziff. 2 lit. a) des Gesellschaftsvertrages vom 8. Oktober 1998; Anl. K 2 = Bl. 11 ff. GA) zunächst lediglich in Höhe von 29.990,21 DM und 97.414,29 DM erfüllt wurde, ist unstreitig. Zahlung der restlichen 242.595,50 DM = 124.037,11 € an die KG verlangt der Kläger vom Beklagten zu Recht.

1.

Der Beklagte ist nicht aus der KG ausgeschlossen. Zwar hat H. mit Schreiben vom 16. März 2005 (Bl. 56 GA) als vermeintlich geschäftsführender Kommanditist den Ausschluss des Beklagten erklärt. Auch lagen die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 5 Ziff. 2 Satz 3 GesV für einen solchen Ausschluss vor, nachdem der Beklagte eine weitere Beitragszahlung mit seinem Schreiben vom 11. März 2005 (Anlage B 05 = Bl. 55 GA) ernsthaft und endgültig abgelehnt hatte. H. hat die KG beim Ausschluss des Beklagten aber nicht wirksam vertreten.

a) Der geschäftsführenden Kommanditistin und ihrem Nachfolger waren eine sich unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Ausschlussbefugnis eingeräumt. Denn nach § 5 Ziff. 2 Satz 3 GesV war "die Geschäftsführung" unter den dort genannten Voraussetzungen zum Ausschluss berechtigt. Wie sich weiter aus § 9 Ziff. 1 GesV ergibt, zählte zur Geschäftsführung auch die geschäftsführende Kommanditistin, damit auch deren Nachfolger. Einer besonderen Vollmacht für den sich auf das Innenverhältnis der Gesellschaft beziehenden Ausschluss bedurfte es jedenfalls hier aufgrund der eindeutigen Regelung in § 5 Ziff. 2 Satz 3 GesV nicht.

b)

H. war allerdings nicht geschäftsführender Kommanditist. Geschäftsführender Kommanditist im Zeitpunkt der Ausschlusserklärung war vielmehr K.. Dies folgt aus dem rechtskräftigen Urteils des 15. Zivilsenats vom 27. Juli 2005 - 15 U 173/04 - (Bl. 118 ff. GA).

Ist der Beschluss über die Bestellung des H. zum geschäftsführenden Kommanditisten danach nichtig, war er es von Anfang an (vgl. zu § 248 AktG, Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 248 Rdnr. 6). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein - wie hier - festgestellter Beschluss als vorläufig verbindlich gelten muss (NJW 1988, 1844), steht dem nicht entgegen. Diese Rechtsprechung betrifft nur die Frage, durch welche Klage ein solcher Beschluss beseitigt werden kann, nicht aber die Frage, ab wann ein der "richtigen" Klage stattgebendes Urteil Wirkung entfaltet.

c)

Unabhängig von der Frage, ob nicht schon der Zeitablauf seit der Amtsniederlegung der ursprünglichen geschäftsführenden Kommanditistin zum 31. Dezember 2001 einer Stellung des H. als kommissarischer geschäftsführender Kommanditist noch im März 2005 entgegensteht, hatte seine Bestellung durch Frau J. mit Schreiben vom 19. Februar 2001 jedenfalls mit der Bestellung des K. in der Gesellschafterversammlung vom 17. November 2003 ihr Ende gefunden. Nach § 9 Ziff. 7 Satz 3 GesV wirkte die Bestellung des H. "bis zur wirksamen Bestellung eines Nachfolgers". Diese war am 17. November 2003 erfolgt und ließ sich nicht durch einen Streit um die Wirksamkeit weiter hinauszögern. Eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrages dahin, im Fall eines Streits um die Wirksamkeit des von der Gesellschafterversammlung gewählten Nachfolgers die Bestellung des kommissarischen geschäftsführenden Gesellschafters bis zur Beendigung des Streits fortwirken zu lassen, entspricht weder dem durch die Gesellschafterversammlung repräsentierten Interesse der Gesellschaft, noch erweist sie sich als zur Handlungsfähigkeit für die in jedem Fall durch ihre Komplementärin vertretene Gesellschaft notwendig.

d)

H. war auch nicht als fehlerhafter geschäftsführender Kommanditist befugt, den Ausschluss auszusprechen.

Im Recht der GmbH und der AG ist zwar anerkannt, dass ein faktisch amtierendes Gesellschaftsorgan, dessen Bestellungsakt fehlerhaft ist, nach den für fehlerhafte Personengesellschaften und fehlerhafte Arbeitsverhältnisse entwickelten Grundsätzen in der Regel als wirksam bestellt zu behandeln ist (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, GmbHG, 18. Aufl., § 35 Rdnr. 8; Hüffer a.a.O. § 84 Rdnr. 10; s. aber auch Hüffer a.a.O. § 248 Rdnr. 6 f.).

Es kann dahingestellt bleiben, ob im Allgemeinen diese Auffassung auf die fehlerhafte Bestellung eines geschäftsführenden Kommanditisten zu übertragen ist. Denn bei dem vorliegenden Sachverhalt besteht jedenfalls deswegen ein Grund für eine Ausnahme, weil bei der Bestellung H.s zum geschäftsführenden Kommanditisten der zuvor von der Gesellschafterversammlung gebildete Wille, K. zum geschäftsführenden Kommanditisten zu bestellen, negiert wurde und der Streit um die Frage, wer von beiden nun Geschäftsführer wurde, ausgetragen werden konnte, ohne dass durch die bestehende Rechtsunsicherheit schutzwürdige Interessen (Verkehrsschutz für Dritte, Bestandsschutz für die Gesellschaft) beeinträchtigt wurden. Ohne Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen fehlt es an einer inneren Rechtfertigung für die rechtliche Anerkennung der Handlungen des lediglich faktisch amtierenden H..

Schutzwürdige Interessen der KG oder Dritter sind nicht beeinträchtigt. Denn die Gesellschaft hatte in ihrer Komplementärin weiterhin ein Vertretungsorgan und war damit ohne weiteres handlungsfähig. Soweit bei einem Handeln eines potentiellen geschäftsführenden Kommanditisten Vollmachtsfragen auftauchten, war der Rechtsverkehr - handelte der falsche Geschäftsführer - hinreichend geschützt, wenn Rechtsscheinsgrundsätze zum Tragen kamen. Zugunsten des Beklagten greifen Rechtsscheinsgrundsätze aber nicht, weil ihm gegenüber die KG keinen fehlerhaften Rechtsschein gesetzt hat. Ihm waren vielmehr die Einzelheiten der Bestellungsakte und der Streit um deren Wirksamkeit bekannt. Seine als Versammlungsleiter vertretene fehlerhafte Rechtsauffassung begründete keinen ihm zugute kommenden Rechtsschein. Schließlich sind auch keine schützenswerten Bestandsinteressen der KG betroffen.

e)

Offen ist, ob H. von der Komplementär-GmbH rechtsgeschäftlich bevollmächtigt war, den Ausschluss auszusprechen, insoweit auch, ob die auf den 19. Januar 2005 datierte Vollmachtsurkunde von diesem Tag stammt.

Auf die Behauptung rechtsgeschäftlich erteilter Vollmacht kommt es allerdings nicht an, da sie, war sie erteilt, hinsichtlich des Ausschlusses des Beklagten aus Gründen der Interessenkollision keine Wirkung entfaltete. Dabei ist der Sachverhalt nicht anders zu beurteilen als er es wäre, hätte der Beklagte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH seinen Ausschluss erklärt. Denn als solcher hat er H. bevollmächtigt, ihn, den Beklagten, auszuschließen. Durch Untervertretung lässt sich eine unzulässige Interessenkollision aber nicht beseitigen.

Der Beklagte und damit mittelbar H. waren aus dem Gesichtspunkt der stimmrechtsausschließenden Interessenkollision gehindert, den Ausschluss des Beklagten auszusprechen. Die Ausschlusskompetenz des § 5 Ziff. 2 Satz 3 GesV war nach §§ 157, 242 BGB entsprechend eingeschränkt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen. Nach § 737 Satz 2 BGB steht das Ausschließungsrecht nur den "übrigen" Gesellschaftern zu. Für die KG gilt im Kern nichts anderes (§§ 161 Abs. 2, 140 Abs. 1 HGB), auch wenn hier für den Ausschluss ohne anderweitige gesellschaftsvertragliche Regelung die Ausschließungsklage notwendig ist. § 737 Satz 2 BGB findet seine Grundlage in dem Gedanken, den Einfluss gesellschaftsfremder Sonderinteressen eines Gesellschafters auf die Beschlussfassungen der Gesellschaft zu verhindern. Berücksichtigt man weiter, dass die Komplementär-GmbH der KG in der Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht besaß, weil sie am Kapital der KG nicht beteiligt war (§ 16 Ziff. 6 GesV), würde dem Beklagten, könnte er sich über die Komplementär-GmbH nach § 5 Ziff. 2 Satz 3 GesV wirksam selbst ausschließen, eine Stellung eingeräumt, an der weder er noch die Komplementär-GmbH in der Gesellschafterversammlung eine Teilhabe hatten und die dem Prinzip, den Einfluss gesellschaftsfremder Sonderinteressen eines Gesellschafters auf die Beschlussfassungen der Gesellschaft zu verhindern, diametral entgegenstehen würde.

2.

Die restliche Einlagenforderung in Höhe von 124.037,11 € ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

Für den vorliegenden Fall, in dem Abfindungsansprüche von vornherein ausscheiden, weil die Ausschlusserklärung vom 16. März 2005 keine Wirkung entfaltet und er weiterhin Kommanditist ist, hat der Beklagte - wie bereits auf der Hand liegt und von ihm im Senatstermin bestätigt worden ist - einen Abfindungsanspruch nicht hilfsweise zur Aufrechnung gestellt.

Die (auch) für diesen Fall geltende Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen in Höhe von 78.336,15 € aus abgetretenem Recht der Komplementär-GmbH ist teilweise bereits unzulässig, zum restlichen Teil unbegründet.

a)

In Höhe von 26.214,36 € ist diese Hilfsaufrechnung bereits unzulässig.

Ebenso wie eine Klageforderung hinreichend individualisiert werden muss (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), muss eine Prozessaufrechnung erkennen lassen, welche konkrete Gegenforderung Gegenstand der Entscheidung sein soll; ohne derartige Individualisierung ist die Prozessaufrechnung unzulässig (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 145 Rdnr. 16 a).

Somit war bis zum Schriftsatz des Beklagten vom 12. April 2007 die Aufrechnung mit Ansprüchen der Komplementär-GmbH insgesamt unzulässig. Der Beklagte hatte Ansprüche der Komplementär-GmbH aus § 11 Abs. 1 GesV und der Vereinbarung vom 16. November 2000 (Anl. B 11 = Bl. 93 GA) in Höhe von 78.336,15 € zur Aufrechnung gestellt, ohne diese Ansprüche konkreten Zeiträumen zuzuordnen und ohne darzulegen, wie sich der Betrag auf die beiden angeführten Anspruchsgrundlagen verteilen sollte. Allein damit, dass die Bücher der KG unter dem Konto .... einen Betrag von 76.754,62 € zugunsten der Komplementär-GmbH auswiesen (Anl. K 8 = Bl. 136, 140 GA) und sich die Differenz zu den geltend gemachten 78.336,15 € daraus ergeben sollte, dass "vom 31. Dezember 2004 bis zum 30. Mai 2005 weitere Forderungen aus §§ 11 Ziff. 1, Ziff. 2 sowie dem" Vertrag vom 16. November 2000 "aufgelaufen" seien (Schriftsatz des Beklagten vom 10. Oktober 2005, S. 8 = Bl. 169 GA), wurde die Zusammensetzung der Gegenforderung nicht deutlich.

Mit Schriftsatz des Beklagten vom 12. April 2007 hat der Beklagte seine Gegenforderung individualisiert (Bl. 352 f. GA):

 Haftungsvergütung nach § 11 Ziff. 1 GesV für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2006 
3 x 10.225,84 € (20.000,00 DM) = 30.677,52 €,
Geschäftsführervergütung nach § 11 Ziff. 2 GesV für den vorgenannten Zeitraum 
3 x 7.158,09 € (14.000,00 DM) = 21.474,27 €,
zusammen (1 Cent Rundungsdifferenz) 52.151,79 €.

In diesem Umfang ist die Prozessaufrechnung nunmehr zulässig, im Übrigen, also in Höhe restlicher 26.214,36 € bleibt sie unzulässig. Dass der Beklagte die (teilweise) Konkretisierung erst im Berufungsverfahren nachgeholt hat, steht der Zulässigkeit der Aufrechnung hier nicht entgegen.

b)

Die Aufrechnung ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.

aa)

Eine Geschäftsführervergütung nach § 11 Ziff. 2 GesV stand der Komplementär-GmbH nicht zu und konnte der Beklagte daher auch durch Abtretung nicht erwerben. § 11 Ziff. 2 GesV regelt nicht die Vergütung der Komplementär-GmbH, sondern die der "Geschäftsführerin". Wie sich aus den Definitionen in § 3 Ziff. 1, Ziff. 2 lit. b) GesV unmissverständlich ergibt, ist im Sinne des Gesellschaftsvertrages Geschäftsführerin nicht die Komplementär-GmbH, sondern die geschäftsführende Kommanditistin oder deren Nachfolger.

Aus abgetretenem Recht der geschäftsführenden Kommanditistin geht der Beklagte nicht vor.

Ansprüche aus der Vereinbarung vom 16. November 2000 macht der Beklagte nicht (mehr) geltend.

bb)

Soweit der Beklagte Ansprüche aus § 11 Ziff. 1 GesV verfolgt, ist die Aufrechnung jedenfalls deshalb unbegründet, weil diese Vertragsklausel, wenn nicht schon nach § 138 BGB, so doch nach § 242 BGB, unwirksam ist.

Bei der in § 11 Ziff. 2 GesV geregelten "Haftungsvergütung" handelt es sich bei Lichte betrachtet um einen vom Jahresabschluss unabhängigen Gewinnvorweg für den hinter der Komplementär-GmbH stehenden, an dieser mit 99 % beteiligten, Beklagten. Denn eine Gegenleistung, die bei der mit dem gesetzlichen Mindestkapital ausgestatteten, am Kapital der KG nicht beteiligten Komplementär-GmbH eine zeitlich unbegrenzte alljährliche Haftungsvergütung von 20.000,00 DM über die bereits mit 29.000,00 DM (= 18.000,00 DM + 11.000,00 DM) haftungsvergütete Investitionsphase hinaus rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass die KG mit der Komplementär-GmbH eine nicht unerhebliche Verwaltungsvergütung vereinbart hat (Vereinbarung vom 16. November 2000).

Das Reichsgericht hat ein ohne Rücksicht auf den Jahresabschluss gewährtes vorweggenommenes Gewinnentnahmerecht für Kommanditisten für sittenwidrig gehalten (RGZ 166, 65, 72). Ob diese Rechtsprechung auf den Gewinnvorweg für die bereits mit einer Verwaltungsvergütung ausgestattete Komplementär-GmbH zu übertragen ist, kann dahinstehen. Denn die Regelung zur "Haftungsvergütung" ist jedenfalls nach § 242 BGB unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Gesellschaftsverträge von - wie unstreitig hier - körperschaftlich strukturierten Publikumsgesellschaften der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB (BGH, NJW 1988, 1903, 1904 f.; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 310 Rdnr. 50). Eine Klausel einer Publikumsgesellschaft ist danach unwirksam, wenn sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründergesellschafter und Komplementäre der Kommanditgesellschaft verfolgt und unbillig die berechtigten Interessen der Kapitalanleger beeinträchtigt. So liegt der Fall hier, weil die "Haftungsvergütung" ohne eine diese rechtfertigende Gegenleistung der Komplementärin gewährt werden soll.

Auch die Rechtsgedanken aus §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 Satz 1 BGB stehen einer Inhaltskontrolle nicht entgegen. Die bloße Einstellung einer Klausel in ein Regelwerk, das Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt, führt noch nicht dazu, die Klausel ohne weiteres der Inhaltskontrolle zu entziehen. Vielmehr verlangen §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 Satz 1 BGB stets eine Prüfung, ob die Klausel Rechtsvorschriften ändert oder ergänzt. Dabei ist zu bedenken, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Entgelte nur für Leistungen verlangen kann, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringt. Daraus folgt, dass jede Entgeltregelung, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, eine Abweichung von Rechtsvorschriften darstellt und deshalb sowohl der Inhaltskontrolle unterliegt als auch gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (= 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) verstößt. Auch dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 137, 43, 45 f. = WM 1997, 2298, 2299; BGHZ 141, 380, 385 f. = WM 1999, 1271, 1272; BGHZ 146, 377, 380 f. = WM 2001, 563, 564; BGH, WM 2002, 1355, 1356 f.).

3.

Der zuletzt noch verfolgte Zinsanspruch ist nach §§ 111 Abs. 1, 161 Abs. 2, 352 Abs. 2 HGB begründet.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 344, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 176.188,90 € (= 124.037,11 € + 52.151,79 €; § 45 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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