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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.07.2005
Aktenzeichen: I-9 U 193/04
Rechtsgebiete: BSHG, ZPO, SGB V, BGB


Vorschriften:

BSHG § 90
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 2
SGB V § 38
BGB § 284
BGB § 286
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt.
BGB § 1093 Abs. 1
BGB § 1093 Abs. 2
1.) Zur Bemessung der ersparten Aufwendungen, wenn die in einem Übertragungsvertrag geschuldete "Wartung und Pflege in gesunden und kranken Tagen" infolge des notwendig werdenden Heimaufenthalts des Begünstigten nicht mehr in Natur erbracht werden kann.

2) Überlässt ein Wohnrechtsberechtigter seinem erwachsenen Kind und dessen Familie teilweise die Mitnutzung der dem Wohnrecht unterliegenden Räume, so schuldet jenes nach der Aufnahme des Berechtigten in ein Pflegeheim bei Fortsetzung der Nutzung nicht automatisch bereicherungsrechtlich ein Entgelt wegen ersparter Aufwendungen.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.11.2004 (7 O 497/03) teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrages von 2.800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 200 EUR seit 31.01.2003, 28.02.2003, 31.03.2003, 30.04.2003, 31.05.2003, 30.06.2003, 31.07.2003, 31.08.2003, 30.09.2003, 31.10.2003, 30.11.2003, 31.12.2003, 31.01.2004 und 29.02.2004 verurteilt.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 78 % und die Beklagte zu 22 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 82 % und der Beklagten zu 18 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte ist die Tochter der am 17.03.2004 verstorbenen Hi. W.

Ihr wurde durch Vertrag von1991 vom vorverstorbenen Vater H. W. dessen Einfamilienhaus unter Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts am gesamten Wohngebäude für beide Eltern übertragen. Als Gegenleistung war - außer geringfügiger Zahlungen an die Geschwister - vorgesehen, dass die Beklagte ihren Eltern "auf deren Wunsch liebevolle Wartung und Pflege in gesunden und kranken Tagen" gewährt".

Tatsächlich haben die Eltern bereits 1992 nur noch die 1. Etage des Wohnhauses mit 70 qm genutzt, so dass der Beklagten und ihrer Familie außer dem - vertraglich vorgesehenen und von dieser neu errichteten Anbau - auch das Erdgeschoss des Hauses zur Verfügung stand. 1999 konnte die Mutter nur noch schlecht laufen und keine Treppen mehr steigen, weshalb vereinbart wurde, dass die Mutter in ein im Erdgeschoss hergerichtetes Wohn-/Schlafzimmer ziehe und im übrigen mitversorgt wurde.

Seit August 2001 konnte die Beklagte die erkrankte Mutter nicht mehr zu Hause pflegen, weshalb eine Heimaufnahme erfolgt. Die Einkünfte der Mutter deckten die Unterbringungskosten nicht. Zunächst erbrachte die Beklagte Zuzahlungen. Im Januar 2002 beantragte die Beklagte für ihre Mutter beim Kläger die Übernahme nicht gedeckter Pflegekosten. Eine entsprechende Gewährung erfolgte mit Bescheid vom 06.06.2002 bei gleichzeitiger Überleitungsanzeige gemäß § 90 BSHG gegenüber der Beklagten.

Der Kläger hat klageweise zunächst 9.797,67 EUR ungedeckte Pflegekosten für den Zeitraum 1. Februar 2002 bis 31. Dezember 2002 geltend gemacht. Die Beklagte hat monatlich 200 EUR anerkannt. Das Landgericht hat die Beklagte deshalb für den betreffenden Zeitraum zu insgesamt 2.200 EUR entsprechend dem Anerkenntnis verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die - mit einer Klageerhöhung für die bis zum Tod der Mutter aufgelaufenen Kosten verbundene - Berufung des Klägers. Insgesamt verlangt er weitere 15.300 EUR, wobei er der Auffassung ist, die Beklagte schulde für ersparte Wartungs- und Pflegeaufwendungen - statt der anerkannten 200 EUR - monatlich 225 EUR und für die Verletzung des Wohnrechts die Herausgabe eines Nutzungsvorteils in Höhe von mindestens 513 EUR monatlich, da ein Einverständnis der Mutter als Wohnungsberechtigte mit der überwiegend unentgeltlichen Nutzung des Altbaus durch die Beklagte und ihre Familie nur für die Zeit des Zusammenlebens angenommen werden könne.

Gründe:

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung hat Erfolg, soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz für die Zeit Januar 2003 bis Februar 2004 monatlich einen weiteren Betrag von jeweils 200 EUR anerkannt hat und darauf - nicht anerkannte - Verzugszinsen geschuldet sind.

1. Dem Kläger steht aus übergeleitetem Recht gemäß § 90 BSHG ein vertraglicher Anspruch auf Erstattung der Ersparnisse für Wartung und Aufwendung zugunsten der verstorbenen Frau Hi. W. für die Zeit Februar 2002 bis Februar 2004 zu. Davon hat die Beklagte in erster Instanz hinsichtlich des dort anhängigen Zeitraumes (Februar 2002 bis Dezember 2002) bereits einen Betrag von 2.200 EUR anerkannt. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte hinsichtlich des mit der Klageerweiterung nunmehr auch geltend gemachten Zeitraumes Januar 2003 bis Februar 2004 einen weiteren Betrag von insgesamt 2.800 EUR anerkannt. Weitergehende Ansprüche können als Hauptforderung von dem Kläger gegenüber der Beklagten diesbezüglich nicht mehr geltend gemacht werden.

Es ist zumindest in der Berufungsinstanz zwischen den Parteien unstreitig, dass sich der vom Kläger aus übergeleitetem Recht geltend gemachte Anspruch auf Beteiligung an den Heim- und Pflegekosten durch ergänzende Vertragsauslegung des Übertragungsvertrages von 1991 zwischen der Beklagten und ihrem Vater Hans Wasch ergibt; entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2002, 440; NJW 2003, 1126) richtet er sich danach, welche Aufwendungen die Beklagte dadurch erspart hat, dass sie ihre vertraglich geschuldete Leistung gegenüber ihrer Mutter zur Wartung und Pflege in gesunden und kranken Tagen infolge des notwendigen Heimaufenthalts nicht mehr in Natur erbringen musste. An die Stelle der nicht mehr zu erbringenden Leistungen treten Zahlungsverpflichtungen, die den Wert der Leistungen nicht nur nicht überschreiten, vielmehr nur den Wert der ersparten Aufwendungen für die an sich geschuldeten Sachleistungen abschöpfen (vgl. BGH NJW 2003, 577, 578).

Unter Aufwendung wird die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen verstanden (vgl. Palandt-Heinrichs, § 256 BGB Rdnr. 1). Darunter können insbesondere solche Sachkosten fallen, die etwa im Rahmen der Essenszubereitung (etwa Lebensmittel), der Reinigung der dem Begünstigten zustehenden Räume oder Kleider (etwa Haushaltsreiniger, Waschmittel) benötigt werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vertrag von 1991 jedoch nicht, dass die Beklagte auch solche Sachkosten für ihre Mutter tragen musste. Als ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen sind daher in erster Linie diejenigen Zeiten, die die Beklagte, hätte die Mutter weiter im Haus U. G.weg wohnen bleiben können, für Pflege und Wartung hätte aufwenden müssen. Auch wenn dies in der "Freizeit" geschehen wäre, käme dieser Zeit ein Vermögenswert zu, denn um sie tatsächlich als "Freizeit" zu gewinnen, hätte die Beklagte eine Hilfsperson heranziehen und bezahlen müssen.

Hinsichtlich der anzusetzenden Zeit kann die in den Notarvertrag wenig differenziert aufgenommene Klausel, die Beklagte habe den Eltern auf deren Wunsch hin liebevolle Wartung und Pflege in gesunden und kranken Tagen zu gewähren, nicht dahin verstanden werden, dass die Beklagte damit eine unbegrenzte, d.h. gegebenenfalls eine 24 Stunden dauernde Rundum-Versorgung schuldete. Bei verständiger Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der tatsächlichen Lebensumstände der damaligen Vertragsparteien sollte die Beklagte den Eltern diejenige Aufmerksamkeit zukommen lassen, wie es einer Tochter unter Berücksichtigung ihrer Pflichten gegenüber ihrer eigenen Familie und ihrer berechtigten eigenen Lebensführungsinteressen zumutbar ist. (vgl. dazu auch BGH NJW 2003, 1126; Krauß, DNotZ 2002, 705, 706, 711 f.). Es spricht einiges dafür, die maximal aufzuwendende Pflegezeit dann, wenn der Vertrag keine weitergehenden Hinweise über die zu genau zu erbringenden Leistungen bzw. die aufzuwendende Zeit enthält, an dem durchschnittlichen Maß zu orientieren, das der Pflegestufe I zugrunde gelegt wird. Nach der Auskunft, die der Kläger selbst mit der Berufungsbegründung über die Leistungen einer Haushaltshilfe gemäß § 38 SGB V vorgelegt hat, bedeutet eine Versorgung der Pflegestufe I einen Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt von mindestens 90 Minuten, wobei es um die Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität geht.

Die Beklagte war bei Abschluss des Vertrages verheiratet und hatte schon seinerzeit zwei minderjährige Kinder zu versorgen. Die Beklagte hat angegeben, dass sie für die Verstorbene Essen zubereitet, das Zimmer der Mutter geputzt und für diese auch eingekauft hat. Ferner wurde die Mutter gebadet und gewaschen sowie auch deren Wäsche gewaschen. Die Arbeiten, die die Beklagte gegenüber der Mutter vor deren Heimaufenthalt also durchführte und die sie ohne Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter auch fortgesetzt hätte, entsprachen daher den Vorstellungen der Pflegestufe I.

Für die nunmehr ersparte "Zeit" ist jedoch kein Betrag von 225 EUR auf der Basis eines Stundensatz von 5 EUR/ Std. und monatlich zu berücksichtigenden 45 Stunden (30 x 90 Min.) anzusetzen. Insofern ist dieser Maßstab, den der Senat in der von dem Kläger auch zitierten Entscheidung I-9 U 180/03 gewählt hat, auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Im Gegensatz zum dortigen Fall, in dem durch den Übernehmer nie gepflegt wurde, weshalb es um die eher theoretische Bewertung des Pflegebedarfs und der dadurch ersparten Aufwendungen ging, war Frau Hi. W. in den Haushalt der Beklagten integriert. Viele unterstützende Maßnahmen und Leistungen gegenüber der Mutter wurden daher nicht als Einzelleistung erbracht, sondern im Rahmen der sowieso für die Familie notwendigen Arbeiten. Dies gilt insbesondere für die tägliche Essenszubereitung, für Besorgungen und Einkäufe und das Wäschewaschen. Die Beklagte hat vor der Heimunterbringung neben der Mutter einen 5-Personen-Haushalt in ebenfalls diesen Bereichen versorgt, so dass die Betreuung einer zusätzlichen Person durch diese Arbeitsleistungen nicht wesentlich ins Gewicht fällt. Was effektiv verblieb, waren Leistungen im Bereich der täglichen Körperpflege, das Putzen der ausschließlich von der Mutter genutzten Räumlichkeiten sowie die Hilfe beim An- und Auskleiden.

Hinzu kommt im Falle der Beklagten, dass mit der Unterbringung der Mutter im Heim nicht sämtliche vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten erloschen sind, sie vielmehr weiter Zeit für die Mutter aufgewendet hat. Die Beklagte hatte vertraglich die "Wartung und Pflege" zugunsten der Mutter übernommen. Diese vertragliche Umschreibung der Pflichten, die 1991 gewählt wurde, lässt sich nicht auf die rein medizinische Seite der Krankenpflege reduzieren, die im Rahmen der Pflegeversicherung bei der Bemessung einer Vergütung im Vordergrund steht. Dies haben die Vertragsparteien 1991 so sicherlich auch nicht gewollt, da die Pflegeversicherung seinerzeit noch nicht eingerichtet war und "Pflege und Wartung" auch in gesunden Tagen geschuldet war. Beleuchtet man den Wortsinn von "Wartung und Pflege", so stellt man auch fest, dass beiden Begriffen, die in einer Vielzahl von "Altenteilsverträgen" wiederzufinden sind, eben nicht nur die Bedeutung der Krankenpflege zukommt, sondern dies nur ein Teilaspekt ist. Beiden Begriffen kommt schon seit dem Mittelalter auch die Bedeutung des "Aufpassens, Sorgens, Betreuens, Hegens, sich mit etwas abgeben" zu, was z.B. auch den rechtlichen Begriff der "Pflegschaft" erklärt (vgl. dazu etwa Deutsches Rechtswörterbuch, Heidelberger Akademie der Wissenschaft, Band 10, Stichwort Pflege; Duden, Herkunftswörterbuch, Band 7, Stichwörter Wartung und Pflege). Die Bedeutung der vertraglichen Wendung "Wartung und Pflege" kann daher nicht auf das Grundbedürfnis von Nahrungszufuhr und Hygiene beschränkt werden. Gerade weil auch formuliert ist, dass Wartung und Pflege "liebevoll" zu erfolgen hatten, bedeutet die Umschreibung letztendlich, dass die Beklagte den Eltern gerade im Alter die nötige Aufmerksamkeit und Sorge zu widmen hatte, so dass sie trotz eventueller Gebrechen oder ihres Alters ein "ausgefülltes und integriertes" Leben führen konnten. Mithin hat sich die übernommene Vertragsleistung mit der Aufnahme der Mutter im Pflegeheim nicht erledigt. Die Beklagte hat sich dann auch tatsächlich mit der Aufnahme der Mutter nicht von dieser zurückgezogen. Sie hat sich vielmehr nach wie vor um sie gekümmert und gesorgt. Sie hat für sie letztendlich auch deren rechtliche Betreuung übernommen, ebenfalls eine "Pflegeleistung". Im Rahmen der Anhörung der Frau Hi. W. durch den Gutachter des Betreuungsverfahrens hat diese, obwohl sie nicht mehr geschäftsfähig in rechtlichem Sinne war, gegenüber dem Gutachter schließlich noch klar zum Ausdruck gebracht, dass sich die Tochter nach wie vor um sie kümmere und dass sie dies auch ausdrücklich wünsche. So heißt es etwa in dem Gutachten: "Sie weiß, dass sich ihre Tochter um ihre Angelegenheiten kümmert und ist damit auch sehr einverstanden." Die Beklagte hat daher mit der Aufnahme der Mutter in das Heim nicht sämtliche Zeit erspart. In gewisser Weise hat sich das "Zeitkontingent", das sie vertraglich schuldete, teilweise verschoben, was bei der Bemessung der tatsächlich ersparten Aufwendungen zu berücksichtigen ist.

Nach Auffassung des Senates ist es vorliegend daher nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte den Wert der durch die Übersiedlung der Mutter in das Heim ersparten Aufwendungen mit monatlich 200 EUR bemisst.

2. Ebenso wenig besteht für den Kläger ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung für die Nutzung der dem Wohnrecht unterliegenden Räume durch die Beklagte und ihre Familie gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB in Höhe von mindestens 500 EUR monatlich für den Zeitraum Feb. 2002 bis Februar 2004 zu. Die Beklagte hat in dieser Zeit keinen Vermögensvorteil rechtsgrundlos auf Kosten der Mutter erlangt, den sie infolge der Überleitung an den Kläger herausgeben müsste.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch aus Eingriffskondition unter dem Gesichtspunkt der Ersparung von Aufwendungen auf Kosten der Mutter ist, dass fremde Sachen oder Rechte unbefugt verbraucht, gebraucht oder sonst benutzt werden und bei ordnungsgemäßem Vorgehen für die Benutzung eine Entschädigung hätte gezahlt werden müssen (vgl. Palandt-Sprau, § 812 Rdnr. 28 m.w.N.). Ein solcher unbefugter Eingriff lässt sich vorliegend nicht feststellen. Die Nutzung des Hauses Uerdinger Gerichtsweg 9 geht vielmehr auf eine Gestattung der Mutter zurück. An dieser Gestattung war die Mutter gemäß § 1093 Abs. 1 BGB nicht gehindert. Zwar heißt es in § 1093 Abs. 1 BGB, dass das Wohnrecht unter Ausschluss des Eigentümers - hier der Beklagten - bestellt wird. § 1093 Abs. 2 BGB gestattet dem Wohnrechtsberechtigten aber, seine Familie in die Wohnung aufzunehmen. Genau dies ist vorliegend geschehen, weil offensichtlich der von der Beklagten 1992 errichtete Anbau von 48 qm - nach der eigenen von dem Kläger vorgelegten Schätzung - nicht ausreichte, um die nach Vertragsschluss auf 5 Personen angewachsene Familie aufzunehmen, während den Eltern im Einfamilienhaus, das mit dem Wohnrecht belastet war, eine Fläche von 134 qm zur Verfügung stand.

Entgegen der Annahme des Klägers kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme der Familie der Beklagten in das Haus durch die Eltern ohne weiteres mit deren Übersiedlung der Mutter in das Pflegeheim endete. So wie die Beklagte die Entwicklung des Zusammenlebens bis 1999 geschildert hat, d.h. vor der endgültigen Erkrankung der Mutter bis zur Heimaufnahme im Jahre 2001, muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme der Beklagten und ihrer Familie durch die Eltern, die sich in die obere Etage des Hauses zurückzogen - bereits 1992 erfolgte. 1999 - der Vater war inzwischen gestorben und die Mutter konnte sich nur noch mühsam bewegen - wurde die Vereinbarung dahin abgeändert, dass die Beklagte mit ihrer Familie das Haus bis auf einen Raum im Erdgeschoß, der der ausschließlichen Nutzung der Mutter unterlag, benutzen durfte, was die Einbindung der Mutter in die Familie der Beklagten zur Folge hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter ohne Zweifel noch geschäftsfähig. Es handelte sich um ein leiheähnliches Verhältnis. Zu einer Aufkündigung ist es unstreitig nicht gekommen. Eine konkludente Vereinbarung der Mutter und der Tochter im Jahre 1999, dass deren Berechtigung zum Wohnen automatisch enden würde, wenn die Mutter in ein Heim über siedeln würde, kann nicht einfach unterstellt werden. Dafür fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt. Im übrigen ist auch im Sozialhilferecht etwa bei der Bewertung des Schonvermögens anerkannt, dass der Eigentümer eines Hauses seine Familie aufnehmen darf. Wenn für ihn anschließend eine Heimunterbringung erforderlich ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass die aufgenommene Familie sofort ausziehen muss, damit das Haus uneingeschränkt der Verwertung zugeführt werden kann (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NotBZ 2003, 120, 121; Schellhorn u.a., Das Bundessozialhilfegesetz, § 88 Rdnr. 53 ff.).

Mithin können auch hinsichtlich der dem Wohnrecht unterliegenden Räume nur die tatsächlich ersparten Aufwendungen von der Beklagten erstattet verlangt werden und nicht der Sachwert des trotz der Heimunterbringung fortbestehenden Wohnrechts (BGH NJW-RR 2003, 577, 578; s.a. Senat OLG Report 2001, 253,254). Da nach dem Vertrag von 1991 die Aufwendungen für Wasser, Strom, Heizung etc. von der Mutter zu tragen waren, ist nicht ersichtlich, welche Aufwendungen durch die Übersiedlung der Mutter auf seiten der Beklagten in das Heim erspart wurden.

3. Dem Kläger steht daher nur ein weiterer Betrag von 2.800 EUR zu. Dieser ist unter dem Gesichtspunkt der §§ 286, 284 BGB im tenorierten Umfang zu verzinsen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO. § 93 ZPO findet vorliegend zugunsten der Beklagten, soweit sie in der Berufungsinstanz einen Betrag von 2.800 EUR anerkannt hat, keine Anwendung. Zwar hat die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 01.06.2004 zu erkennen gegeben, dass sie auch bereit sei, für den bis dahin noch nicht rechtshängig gemachten Zeitraum ab Januar 2003 monatlich 200 EUR zu zahlen. Gleichzeitig hat sie aber auch erklärt, nicht in der Lage zu sein, den geschuldeten Betrag sofort zu zahlen, sondern allenfalls in Raten und zwar frühestens ab Januar 2005. Der Kläger hatte daher ein rechtliches Interesse daran, die ausstehende Forderung tituliert zu erhalten, so dass für den Kläger Anlass zur Klageerhebung bestanden hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert: 15.300,00 EUR.

Ende der Entscheidung

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