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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: II-10 WF 42/04
Rechtsgebiete: JEVG, ZSEG


Vorschriften:

JEVG § 25
ZSEG § 16 Abs. 2
ZSEG § 3 Abs. 2 Satz 3
ZSEG § 3 Abs. 3 lit. a
ZSEG § 3 Abs. 3 Lit. b
ZSEG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird auf die Beschwerde des Antragstellers der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal - Familiengericht - vom 22.10.2004 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Festsetzungsantrags des Antragstellers wird die ihm zu gewährende Entschädigung für seinen Aufwand

gemäß Liquidation vom 27.05.2004 auf EUR 356,56,

gemäß Liquidation vom 08.08.2004 auf EUR 6.870,54 und

gemäß Liquidation vom 16.08.2004 auf EUR 1.120,55 festgesetzt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Antragstellers vom 02.11.2004 (Bl. 396 GA) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal - Familiengericht - vom 22.10.2004 (Bl. 389 GA) ist gemäß § 25 JEVG, § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Dem Antragsteller ist für seinen mit Rechnungen vom 27.05., 08.08. und16.08.2004 liquidierten Gesamtaufwand eine Entschädigung von EUR 8.347,65 - und nicht wie vom Amtsgericht festgesetzt EUR 7.258,40 - zu gewähren. Soweit der Antragsteller eine weitergehende Entschädigung begehrt, ist die Beschwerde unbegründet. 1. Liquidation vom 27.05.2004 (Bl. 322 f GA) Für den gemäß Liquidation vom 27.05.2004 geltend gemachten Aufwand ist dem Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von EUR 356,56 zu gewähren. a. Mit Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Kürzung des Stundensatzes von beantragten EUR 46,- auf EUR 43,50. Dem Antragsteller ist für die von ihm erbrachten und erforderlichen Leistungen eine Entschädigung in Höhe von EUR 46,- je Stunde zu gewähren. Nach dem Grad der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Fachkenntnisse sowie der Schwierigkeit der Leistung ist dieser Stundensatz angemessen. Die sachverständige Begutachtung des Kindes K. S. H. sowie der Kindeseltern und die Beantwortung der dem Antragsteller gestellten Fragen erforderten über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse. Eine besondere Schwierigkeit ergab sich dadurch, dass es hier einer schwierigen differenzialdiagnostischen Klärung zwischen reaktiven psychopathologischen Tendenzen und/oder psychiatrisch zu definierenden psychischen Deviationen bedurfte. Hierfür war nach den Angaben des Antragstellers im Sinne der Kasuistik eine Einbeziehung der aktuellen wissenschaftlichen Lehre erforderlich. Auch waren die psychischen Traumatisierungen des Kindes zu klären. b. Erfolglos rügt der Antragsteller dagegen die Absetzung der von ihm geltend gemachten Erhöhung des Stundensatzes um 50 % gemäß § 3 Abs. 3 lit. a ZSEG. Dem Gutachten kann gerade nicht - wie das Gesetz es verlangt - entnommen werden, dass der Antragsteller sich im Rahmen der konkreten Begutachtung eingehend mit der wissenschaftlichen Lehre auseinander zu setzen hatte. Dies erforderte, dass er eine Arbeit im Sinne und im Rang einer wissenschaftlichen Leistung erbringt, mithin in einem wissenschaftliche Meinungsstreit, der zur Entscheidung der Beweisfrage erheblich ist, mit einer eingehenden und selbständigen Begründung kritisch Stellung nimmt oder sich einer der vorhandenen wissenschaftlichen Meinungen anschließt. Die Anführung oder Anwendung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen und einschlägigem Schrifttum zur Begründung des Gutachtens rechtfertigt den Erhöhungstatbestand nach der ständigen Rechtssprechung des Senats nicht (vgl. zuletzt Senatsbeschluss v. 13.01.2004 - 10 WF 20/03; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., ZSEG, § 3 Rn. 67 ff). Eine Erhöhung nach § 3 Abs. 3 Lit. b. ZSEG wird - wie der Antragsteller in seinem Schreiben vom 28.08.2004 (Bl. 372 GA) ausdrücklich klarstellt - nicht geltend gemacht. Sie ist auch weder dem Grunde noch der Höhe nach dargetan. c. Die dem Antragsteller zu gewährende Entschädigung berechnet sich demnach wie folgt: Zeitaufwand (§ 3 Abs. 2 S. 3 ZSEG) 7 Stunden je EUR 46,- EUR 322,- Fahrtkosten EUR 34,56 Gesamt EUR 356,56

2. Liquidation vom 08.08.2004 (Bl. 350 ff GA)

Für den Aufwand gemäß Liquidation vom 08.08.2004 ist dem Antragsteller eine Entschädigung von EUR 6.870,54 zu gewähren. a. Der geltend gemachte Zeitaufwand in Höhe von 160 1/4 Stunden ist um insgesamt 20 1/2 Stunden zu kürzen. Eine Entschädigung kann dem Antragsteller nur für insgesamt 139,75 Stunden, gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 ZSEG aufgerundet 140 Stunden, gewährt werden. Der Sachverständige ist für den zur Gutachtenerstellung erforderlichen Zeitaufwand zu entschädigen. Hierbei ist grundsätzlich von den Angaben des Sachverständigen über die von ihm tatsächlich aufgewandte Zeit auszugehen, so dass eine gerichtliche Nachprüfung regelmäßig nur dann geboten ist, wenn der vom Sachverständigen angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. Welche Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab, für den weder die Angaben des Sachverständigen noch die tatsächlich aufgewendete Zeit schlechthin maßgebend sind, zu bestimmen (vgl. Meyer-Höver-Bach, ZSEG, 22. Aufl. § 3 Rn. 21). Eine entsprechende Überprüfung in Bezug auf die einzelnen Angaben des Sachverständigen ergibt, dass ein Zeitaufwand von 20 1/2 Stunden nicht mehr innerhalb des als notwendig anzuerkennenden Rahmens liegt. aa. Der liquidierte Zeitaufwand für die Einbeziehung der auf Seiten 7 bis 9 der Liquidation genannten Personen aus dem Umfeld des betroffenen Kindes und der Eltern ist um 8 1/2 Stunden zu kürzen. Entgegen der Auffassung der Staatskasse kann dieser Aufwand nicht insgesamt außer Ansatz gelassen werden. Vielmehr ist der Aufwand ersatzfähig, soweit zu erwarten war, dass die Personen aufgrund Art, Intensität und Häufigkeit des Kontaktes zu den zu begutachtenden Personen gutachtensrelevante Informationen beitragen können. Insoweit ist dem Sachverständigen ein Ermessenspielraum zuzubilligen. Dieser findet seine Grenze dort, wo keine weiterführenden erheblichen Informationen über die Persönlichkeit bzw. die engeren Beziehungen der zu begutachtenden Personen zu erwarten sind, namentlich bei Personen, die nicht mehr zu den Kontaktpersonen im engeren Sinne gehören, weil sie nur gelegentlichen oder rein oberflächlichen Kontakt zu den zu begutachtenden Personen haben. Danach ist der Aufwand für die Einbeziehung der Eltern der Kindsmutter, E. und J. S., die engen Kontakt zu ihrer Tochter pflegten und ihre Enkelin häufig betreuten, als erforderlich anzuerkennen. Gleiches gilt für die Eltern des Kindsvaters, E. und S. H., die regelmäßigen Kontakt zu ihrer Enkelin pflegten. Auch die Einbeziehung des Beraters der Eheleute H., T. G., erschien nicht von vornherein aussichtslos; er begleitete die Konflikte der Eheleute H. seit 1996. Die Einbeziehung von A. K., direkte Nachbarin der Familie H. sowie von D. G., einem langjährigen engeren Freund des Kindsvaters, ließen gleichfalls relevante Informationen erwarten. Entsprechendes gilt von der Patentante des Kindes, B. S., sowie R. A., die den Kindsvater sowie dessen Familie und deren innerfamiliären Konflikte über lange Jahre kennt. Nicht erforderlich und damit nicht entschädigungsfähig ist dagegen der Aufwand für die Einbeziehung der Eltern des Lebensgefährten der Kindsmutter, J. und K. K., sowie dessen Bruder H. K. Sie hatten offensichtlich keinen engeren Kontakt zu den zu begutachtenden Personen; relevante Informationen konnten sie nicht beisteuern. Auch die Nachbarin der Eltern des Kindsvaters, C. Z., konnte allenfalls von gelegentlichen Beobachtungen berichten, die in der Gesamtbegutachtung nicht von Bedeutung waren. Die Cousine des Kindsvaters, R. W., unterhielt im Wesentlich nur in der Zeit vor der Trennung Kontakt zu den zu begutachtenden Personen. Eine weitere Cousine des Kindsvaters, P. H., vermochte nur über vereinzelte, rein oberflächliche Begegnungen zu berichten. Die Relevanzlosigkeit der Exploration all dieser Personen wäre bei entsprechender Erkundigung des Antragstellers bei den zu begutachtenden Personen über Art, Intensität und Häufigkeit des Kontaktes vorhersehbar, der Aufwand mithin vermeidbar gewesen. bb. Für Konzipierung und Diktat des Gutachtens sind allenfalls insgesamt 19 Stunden als erforderlich anzuerkennen und zu entschädigen. Der vom Antragsteller geltend gemachte Aufwand von 19 Stunden für die Konzipierung und 12 Stunden für Diktat und Korrektur ist überhöht. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass in dem detailliert angegebenen Zeitaufwand für die Auswertung und Interpretationen der einzelnen Explorationen, Verhaltensanalysen und Untersuchungen stets der - teilweise als großzügig bemessen erscheinende - Aufwand für die Bezugnahme zur vorgegebenen Fragestellung und ein schriftliches Resümee enthalten ist. Das 228-seitige Gutachten setzt sich zu erheblichen Teilen, namentlich den Seiten 80 bis 126 und 150 bis 215 aus Berichten über die erfolgten Untersuchungen zusammen. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass wesentliche Teile der bereits gefertigten schriftlichen Resümees für das Gutachten verwendet werden konnten. Hinzu kommt, dass das Gutachten auf den Seiten 16 bis 79 lediglich Auszüge aus dem Akteninhalt (Bl. 1 bis 180 GA) wiedergibt, ohne dass insoweit eine Notwendigkeit bestand. Entsprechendes gilt für die Seiten 127 bis 149 des Gutachtens, die den vom Antragsteller selbst zur Akte gereichten "Erpresserbrief" (Bl. 191 ff GA) sowie die "Dokumentation" der Anrufe des Kindsvaters (Bl. 197 ff GA) wiedergeben. Der Senat ist nicht gehindert, weitergehende Kürzungen als vom Amtsgericht vorgenommen, vorzunehmen. Das Beschwerdegericht ist gehalten, alle festgesetzten Beträge zu überprüfen und die einzelnen Rechnungspositionen nötigenfalls auch zum Nachteil des Beschwerdeführers herabsetzen. Im Beschwerdeverfahren nach § 16 ZSEG gilt das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) nicht (vgl. Meyer/Höver/Bach, § 16 Rn. 15). b. Für den Zeitaufwand ist der Antragsteller - wie bereits ausgeführt - mit einem Stundensatz von EUR 46,- je Stunde zu entschädigen. Eine Erhöhung des Stundensatzes scheitert am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. c. Die Schreibauslagen unterliegen einer Kürzung in Bezug auf insgesamt 87 Gutachtenseiten. Die Wiedergabe von Teilen des Akteninhalts auf den Seiten 16 bis 79 (= 64 Seiten) des Gutachtens war nicht erforderlich. Gleiches gilt für die Seiten 127 bis 149 (= 23 Seiten) des Gutachtens; diese Schreiben sind von dem Antragsteller selbst zur Akte gereicht und damit Aktenbestandteil geworden. Für diese Gutachtenseiten kann eine Entschädigung nicht verlangt werden. Der Akteninhalt war allen Beteiligten bekannt bzw. im Wege der Akteneinsicht zugänglich. Daher wären auch im Hinblick auf die Transparenz der gutachterlichen Schlussfolgerungen kurze Bezugnahmen an den entsprechenden Stellen ausreichend gewesen. d. Der Entschädigungsanspruch berechnet sich wie folgt: Zeitaufwand (§ Abs. 2 S. 3 ZSEG)

140 Stunden je EUR 46,- EUR 6.440,- Schreibgebühren für 141 Seiten (141 x EUR 2,- + 141 x 5 x EUR 0,15) EUR 387,75 Fahrtkosten EUR 35,37 Porto-/Telefonkosten EUR 7,42 Gesamt EUR 6.870,54.

3. Liquidation vom 16.08.2004 (Bl. 360 ff GA)

Für den in der Liquidation vom 16.08.2004 dargelegten Aufwand ist dem Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von EUR 1.120,55 zu gewähren. Der Aufwand als solcher gibt - wovon auch der angefochtene Beschluss ausgeht - keinen Anlass zur Kürzung. Für seinen Zeitaufwand kann der Antragsteller - wie ausgeführt - eine Entschädigung in Höhe von EUR 46,- verlangen. Ein Zuschlag auf den Stundensatz nach § 3 Abs. 3 lit. a ZSEG kann nicht gewährt werden. Damit berechnet sich der Entschädigungsanspruch wie folgt: Zeitaufwand (§ Abs. 2 S. 3 ZSEG)

23 Stunden je EUR 46,- EUR 1.058,- Schreibgebühren für 21 Seiten (21 x EUR 2,- + 21 x 5 x EUR 0,15) EUR 57,75 Porto-/Telefonkosten EUR 4,80 Gesamt EUR 1.120,55.

II.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 16 Abs. 5 ZSEG.

Ende der Entscheidung

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