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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.09.2006
Aktenzeichen: II-2 UF 56/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 93 a
ZPO § 319
ZPO § 621 e
ZPO § 621 e Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 629a Abs. 2 Satz 1
BGB § 1587 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1587 c Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 27.01.2006 zu Ziffer II. (Versorgungsausgleich) dahin abgeändert, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Beschwerdewert: 1.000,00 €

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 27.01.2006 die am 30.09.1981 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es monatliche Rentenanwartschaften von 1,83 €, bezogen auf den 31.07.2003 (Ehezeitende), von dem Rentenversicherungskonto des Antragsgegners auf das Rentenversicherungskonto der Antragstellerin übertragen hat.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, die von der Antragstellerin in den Niederlanden erworbene Anwartschaft auf eine so genannte AOW-Pension sei bei Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen, so dass sich ein Ausgleichsanspruch zu seinen Gunsten ergäbe. Jedenfalls aber sei der Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung der niederländischen Anwartschaft der Antragstellerin auszuschließen.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621 e ZPO zulässig und in der Sache teilweise begründet.

Das Amtsgericht hat die während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung zutreffend ermittelt, nämlich auf Seiten der Antragstellerin mit 142,61 € und auf Seiten des Antragsgegners mit 146,27 €. Daneben hat die Antragstellerin in den Niederlanden Anwartschaften nach dem Allgemeinen Altersgesetz (Algemene Ouderdomswet - AOW) erworben. Nach Auskunft der S. V., B. voor D. Z., beträgt der Wert der in der Ehezeit erworbenen Alterspension zum Ende der Ehezeit 344,85 €. Allerdings ist eine solche Anwartschaft auf eine AOW-Rente nach wohl herrschender Ansicht, der sich der Senat anschließt, nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Denn gemäß § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB bleiben im Versorgungsausgleichsverfahren Anwartschaften oder Aussichten außer Betracht, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden sind. Diese Voraussetzungen treffen auf die AOW-Rente zu. Diese Rente ist dadurch gekennzeichnet, dass die Höhe der Leistungen sich lediglich nach der Dauer der Beitragszahlung richtet und damit nicht von der Höhe der gezahlten Beiträge bestimmt wird. Personen, die kein Einkommen beziehen, sind nicht beitragspflichtig, gleichwohl aber rentenberechtigt. Höhere Rentenbeiträge aufgrund höherer Einkünfte führen - anders als im deutschen Versicherungsrecht - nicht zu einer höheren Altersrente. Die Beitragsabhängigkeit bezieht sich lediglich auf den Zeitraum der Entrichtung und ersetzt den gewöhnlichen Aufenthalt, nimmt jedoch keinen Einfluss auf die Höhe der Versorgung. Bei der AOW-Rente handelt es sich danach nicht um eine Anwartschaft, die mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden ist, sondern um eine sog. Volksrente, die aus Steuermitteln gespeist wird und daher nicht im Versorgungsausgleich auszugleichen ist ( So auch: Palandt, BGB, 65. Auflage, § 1587 Rdnr. 21; Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Kapitel VIII Rdnr. 989, 1073; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 BGB Rdnr. 16; OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 1461; OLG Köln, FamRZ 2001, 31 f.; OLG Hamm, FamRZ 2001, 31; Borth, FamRZ 2003, 889; anderer Ansicht: OLG Köln, FamRZ 2001, 1460; OLG Oldenburg, FamRZ 2002, 961; OLG Oldenburg, OLGR 2002, 182; Bergmann, FuR 2005, 339; Gutdeutsch, FamRB 2003, 63, 65; Staudinger/Rehme, Bearbeitung 2004, § 1587 Rdnr. 26 ).

Da die AOW-Rente der Antragstellerin somit nicht in die Ausgleichbilanz einzustellen ist, wirkt sie sich weder auf den öffentlich-rechtlichen Ausgleich aus, noch ist sie schuldrechtlich auszugleichen.

Im vorliegenden Fall führt sie jedoch dazu, dass der Versorgungsausgleich auszuschließen ist. Nach § 1587 c Nr. 1 BGB ist der Versorgungsausgleich ganz oder teilweise auszuschließen, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder in Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Diese Voraussetzung ist gegeben. Der inzwischen 63jährige Antragsgegner hat in der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich Anwartschaften von 155,21 € erworben, wovon 146,27 € auf die Ehezeit entfallen (Stand 07/2003). Demgegenüber hat die Antragstellerin insgesamt Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung von 317,74 € erworben, davon 142,61 € in der Ehezeit. Hinzukommt auf ihrer Seite die AOW-Rente. Auch unter Berücksichtigung des Immobilienbesitzes der Parteien auf T. und des Besitzes in D. erscheint die Alterssicherung der 50jährigen Antragstellerin deutlich besser als die des Antragsgegners. Da dies zu einem wesentlichen Teil auf der AOW-Rente beruht, die zwar nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen werden kann, aber im Ergebnis in gleicher Weise wie die deutsche Rentenversicherung eine Alterssicherung darstellt, erscheint es grob unbillig, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durch Übertragung von Anwartschaften vom Antragsgegner auf die Antragstellerin durchzuführen.

III.

Im Hinblick auf die divergierenden Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zu der Frage der Einbeziehung der niederländischen Anwartschaften auf eine AOW-Rente in den Versorgungsausgleich hat der Senat die Rechtsbeschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a ZPO.

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