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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.10.2006
Aktenzeichen: II-2 UF 97/06
Rechtsgebiete: BGB, HausratsVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 932
BGB § 1368
BGB § 1369
BGB § 1369 Abs. 1
BGB § 1369 Abs. 3
HausratsVO § 8
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 8
ZPO § 621 d Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 08.03.2006 - Az. 250 F 390/05 UE - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Streithelferin der Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000 € vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger und die Streithelferin der Beklagten sind seit Ende Dezember 2004 getrennt lebende Ehepartner. Am 09.09.2002 kauften sie einen gebrauchten PKW Ford Mondeo, welcher auf die Ehefrau - die Streitgenossin der Beklagten - zugelassen und versichert wurde. Zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 14.500 € nahm der Kläger am 10.09.2002 ein Darlehen bei der F. Bank über einen Bruttokreditbetrag von 18.613,65 € auf und zahlte hierauf bis einschließlich Januar 2005 die vereinbarten Raten in Höhe von 258,53 € sowie im November 2002 eine Sonderzahlung in Höhe von 4.000 €.

Am 04.03.2005 verkaufte die Ehefrau - Streitgenossin der Beklagten - das Fahrzeug zum Preis von 5.200 € an die Beklagte.

Der Kläger hat von der Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs begehrt und geltend gemacht, seine Ehefrau hätte über das Fahrzeug nicht verfügen dürfen, da es sich um einen Hausratsgegenstand gehandelt habe. Das Kraftfahrzeug sei von den Eheleuten sowohl zu Zeiten des Zusammenlebens als auch nach der Trennung gemeinsam genutzt worden.

Die Beklagte sowie die Streitgenossin der Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt und vorgetragen, bei dem PKW habe es sich nicht um einen Hausratsgegenstand gehandelt. Das Fahrzeug habe im Alleineigentum der Streitgenossin der Beklagten gestanden und sei angeschafft worden, weil sie dieses für ihre Fahrten zum Arbeitsplatz nach Köln benötigt habe. Später habe sie dann mit einem Kollegen eine Fahrgemeinschaft gebildet und sei meist nur noch jede zweite Woche mit dem PKW zur Arbeit gefahren. Der Kläger habe den Wagen nur benutzt, um Getränke zu kaufen, Altglas und Grünschnitt abzufahren, sowie für gelegentliche Fahrten zur Tennishalle. Des weiteren sei das Fahrzeug für Urlaubsfahrten sowie für Familienbesuche genutzt worden.

Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt und zur Begründung ausgeführt, bei dem Fahrzeug habe es sich um einen Hausratsgegenstand gehandelt, mit der Folge, dass die Beklagte wegen §§ 1368, 1369 BGB nicht gutgläubig das Eigentum an dem Fahrzeug habe erwerben können. Denn zum Hausrat gehörten nur jene Gegenstände nicht, die ausschließlich der Verfügung nur eines Ehegatten dienten. Allein die Tatsache, dass das Auto vorwiegend von der Ehefrau genutzt worden sei, mache es jedoch nicht zu ihrem persönlichen Gebrauchsgegenstand, da es sich um das einzige Familienfahrzeug gehandelt habe und auch dementsprechend genutzt worden sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Streithelferin mit ihrer Berufung, mit der sie in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abweisung der Klage begehrt.

Zu Unrecht, so meint sie, sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass das streitbefangene Kfz zum Gegenstand des ehelichen Haushalts im Sinne des § 1369 Abs. 1 BGB gehört habe. Denn Voraussetzung hierfür sei, dass das Fahrzeug überwiegend im gemeinsamen privaten Interesse der Familie und nicht hauptsächlich zu beruflichen Zwecken eines Ehegatten genutzt werde. Daran fehle es im vorliegenden Fall, da sie selbst das Fahrzeug überwiegend für berufsbedingte und persönliche Zwecke genutzt habe, so für Fahrten von der Wohnung zu ihrem Arbeitsplatz nach Köln sowie zur Ermöglichung ihrer sportlichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten. Im Verhältnis der Eheleute zueinander sei das Fahrzeug ihr zugeordnet gewesen, sie sei Inhaberin des Kfz-Briefes und Versicherungsnehmerin gewesen, nach der Trennung der Eheleute sei das Fahrzeug bei ihr verblieben. Der Kläger habe das Fahrzeug während des Zusammenlebens der Eheleute nur selten genutzt, so um Altglas und Grünschnitt wegzuschaffen sowie selten für Fahrten zur Tennishalle. Allein anlässlich eines Krankenaufenthaltes ihrerseits im Januar 2005 habe sie dem Kläger das Fahrzeug sowie den Zweitschlüssel übergeben, eine Verständigung dahingehend, dass das Fahrzeug von beiden Eheleuten jeweils im wöchentlichen Wechsel genutzt werden sollte, habe es zwischen den Eheleuten entgegen der Behauptung des Klägers nicht gegeben.

Aus der Tatsache, dass der Kläger die Darlehensraten für den PKW gezahlt habe, ergebe sich nichts anderes, da die Zahlung von anstehenden Rechnungen von den getrennten Konten der Eheleute allein danach erfolgt sei, welche Belastung von dem jeweiligen Konto aufgrund der regelmäßig dort eingehenden Einnahmen verkraftet werden konnte.

Vielmehr sei es so, dass während der gesamten Ehe die Fahrzeuge ihr zugeordnet gewesen seien, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Heirat im Jahre 1971 noch keine Fahrerlaubnis gehabt habe und sie das erste Fahrzeug mit in die Ehe gebracht habe. Letztlich könne die Frage, ob beide Eheleute Miteigentümer des Kfz seien, jedoch dahinstehen, da die Beklagte jedenfalls das KFZ im Hinblick darauf, dass sie im Besitz des Kfz-Briefes gewesen sei, gutgläubig erworben habe.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Die Eigentumsverhältnisse an dem Kfz seien wegen des Verfügungsverbotes des § 1369 BGB unbeachtlich. Insbesondere habe das Fahrzeug zum gemeinsamen Hausrat gehört, da es für familiäre Zwecke genutzt und sogar noch während der Trennungszeit wöchentlich gewechselt worden sei. Zutreffend sei zwar, dass der PKW auch wegen der notwendigen Fahrten der Streithelferin zum Arbeitsplatz gekauft worden sei, ganz klar sei jedoch gewesen, dass dieser Wagen ebenso wie der vorher im Besitz der Familie befindliche VW-Passat weiter der familiären Nutzung habe dienen sollen, andernfalls man lediglich einen Kleinwagen gekauft hätte.

Unstreitig sei der Kaufvertrag jedoch von beiden Eheleuten gemeinsam abgeschlossen worden. Auch sei es ständig, auch nach der Trennung, abwechselnd genutzt worden.

Eine Herausgabe des Fahrzeuges an sich könne er beanspruchen, weil die Streithelferin bei einer Zwangsvollstreckung die Entgegennahme des Fahrzeuges an sich ablehnen und so die Zwangsvollstreckung verhindern könne. Überdies habe sie durch ihre eigenmächtige Verfügung über das Fahrzeug den Besitz an diesem aufgegeben.

Er sei im Übrigen nach wie vor dringend auf die PKW-Nutzung angewiesen, da er über kein anderes Fahrzeug verfüge.

II.

Die zulässige Berufung der Streitgenossin der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des streitbefangenen PKW gemäß § 1368 BGB, da es sich hierbei um einen Haushaltsgegenstand im Sinne des § 1369 BGB i.V.m. § 8 HausratsVO gehandelt hat und demzufolge die Übereignung dieses PKWs durch die Streitgenossin an die Beklagte gemäß §§ 1369 Abs. 3 i.V.m. § 1368 BGB unwirksam war. Demzufolge kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Streithelferin der Beklagten tatsächlich Alleineigentümerin des Fahrzeugs war, nicht an, und insbesondere kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg auf die Vorschriften über den Erwerb vom Nichtberechtigten berufen, da es sich bei den Regelungen der §§ 1368, 1369 BGB um Schutzvorschriften zu Gunsten der Ehegatten handelt und der Dritte gehalten ist, sich bei Gegenständen des ehelichen Haushalts zu vergewissern, ob der Ehegatte zu Verfügungen über diesen Gegenstand berechtigt ist (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 65. Auflage, § 1368 BGB Rdnr. 1, 2).

Aufgrund der besonderen Umstände des Falles und des unstreitigen Sachvortrages beider Parteien geht der Senat davon aus, dass es sich bei dem PKW Ford Mondeo um einen Hausratsgegenstand der Eheleute gehandelt hat, wobei die Frage, unter welchen Umständen ein PKW als Hausratsgegenstand anzusehen ist, in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (FamRZ 1983, 794; 1991, 43, 49; 1992, 538) ist ein PKW nur ausnahmsweise und unter besonderen Umständen dem Hausrat zuzuordnen, nämlich dann, wenn er von den Ehegatten gemeinschaftlich zum Zwecke der Haushalts- und privaten Lebensführung genutzt wird.

In der Instanzenrechtsprechung wird teilweise - insoweit weitergehend - ein PKW dann als Hausrat angesehen, wenn er aufgrund gemeinsamer Zweckbestimmung der Eheleute überwiegend für das familiäre und eheliche Zusammenleben genutzt werden soll und im Wesentlichen nicht nur den persönlichen Zwecken eines Ehegatten dient (OLG Hamm FamRZ 1983, 72; 1990, 57; OLG Hamburg FamRZ 1990, 1118; OLG Zweibrücken FamRZ 1991, 848; 2005, 902; OLG Frankfurt, FamRZ 2004, 1105; OLG Nürnberg, FamRZ 2002, 322, 323;).

Demgegenüber wird von einer im Vordringen befindlichen Auffassung darauf abgestellt, ob es sich bei dem PKW um das einzige im Besitz der Familie befindliche Fahrzeug gehandelt hat. Da in einem solchen Fall das Auto für sämtliche familiären Belange genutzt wird, soll der Schwerpunkt der Nutzung im familiären Bereich jedenfalls dann liegen, wenn das Fahrzeug "in großem Umfang" für familiäre Zwecke genutzt wurde (OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 760; OLG Naumburg, FamRZ 2004, 889, 890; OLG Koblenz FamRB 2006, 102 f.). Dies soll insbesondere auch dann gelten, wenn das Fahrzeug von einem Ehepartner für die Fahrten zum Arbeitsplatz genutzt wird, da auch solche Fahrten letztlich dem Unterhalt der Familie dienen und damit dem privaten Bereich zuzuordnen sind (OLG Koblenz, FamRB 2006, 102 f. KG FamRZ 2003, 1927 m. zust. Anm. Wever, FamRZ 2003, 1928; Brudermüller, FamRZ 2006, 1160).

Dieser letztgenannten Auffassung schließt sich der Senat an. Denn bei der Frage, ob ein PKW dem Hausrat zuzuordnen ist, kann es nicht darauf ankommen, ob ein Ehegatte das Fahrzeug wegen beruflicher Fahrten zum Arbeitsplatz häufiger nutzt als der andere. Entscheidend ist vielmehr, dass immer dann, wenn einer Familie nur ein Auto zur Verfügung steht, dieses zwangsläufig für sämtliche Fahrten im familiären Bereich genutzt wird, sei es für Einkaufs- oder Urlaubsfahrten, sei es für Besuchs- oder Transportzwecke. Insbesondere werden auch die Fahrten zum Arbeitsplatz häufig nicht wegen der Unzulänglichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel zwingend geboten sein, sondern vielmehr auf einer Absprache der Eheleute beruhen, so dass letztlich auch diese Fahrten dem privaten Bereich zuzuordnen sind, zumal hierbei erfahrungsgemäß häufig auch noch private Belange erledigt werden.

Bereits nach dem eigenen Vortrag der Streithelferin muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein solches Familienfahrzeug handelte. Hierfür spricht bereits die Tatsache, dass es sich um das einzige Fahrzeug der Familie handelte und demzufolge von beiden Eheleuten nach Bedarf genutzt wurde. In diesem Zusammenhang hat die Streithelferin selbst eingeräumt, dass das Fahrzeug nicht nur für gemeinsame Urlaubsfahrten sowie für die Fahrten des täglichen Bedarfs von beiden Eheleuten genutzt wurde - so etwa, wenn der Kläger Einkäufe tätigte, Altglas oder Grünschnitt wegbrachte oder den Wagen für seine eigenen Freizeitaktivitäten brauchte. Soweit die Streithelferin sich darauf beruft, sie habe das Fahrzeug überwiegend beruflich genutzt, ist eine entsprechende Nutzung bereits ihrem eigenen Vorbringen nicht zu entnehmen, hat sie doch selbst mit Schriftsatz vom 02.02.2006, Bl. 100 d. A. vorgetragen, dass eine Fahrgemeinschaft mit einem Arbeitskollegen bestand, so dass das Auto auch während der Woche dann, wenn die Streithelferin das Auto nicht nutzte, dem Kläger zur Verfügung stand. Bei dieser Gestaltung steht außer Zweifel, dass von einer vorwiegend beruflichen Nutzung des Autos seitens der Ehefrau des Klägers keine Rede sein kann.

Handelte es sich mithin bei dem PKW um einen Hausratsgegenstand, konnte die Beklagte den streitgegenständlichen PKW aufgrund der Vorschriften der §§ 1369 Abs. 3 i.V.m. 1368 BGB nicht gemäß § 932 BGB gutgläubig erwerben und das Herausgabeverlangen des Klägers ist berechtigt.

Soweit die Streithelferin der Beklagten nunmehr erstmalig nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren und mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.10.2006 geltend macht, der Hausrat sei bereits geteilt, kann dahinstehen, ob sich dem Sachvortrag der Streithelferin der Beklagten eine solche Hausratsteilung noch vor Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs an die Beklagte überhaupt entnehmen lässt. Denn jedenfalls ist dieser Sachvortrag gemäß § 621 d Abs. 1 Satz 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Der vorliegende Sachverhalt betrifft Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht im Sinne des § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO, welcher auch Ansprüche nach § 1368 BGB erfasst (vgl. insoweit für Zöller-Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 621 Rdnr. 61), so dass Angriffs- und Verteidigungsmittel, die infolge grober Nachlässigkeit verspätet vorgetragen werden, dann nicht mehr zuzulassen sind, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreites verzögern würde. Der nunmehrige Sachvortrag der Streithelferin der Beklagten, der Hausrat sei schon geteilt gewesen, ist erstmalig erfolgt und die Streithelferin der Beklagten hat keinerlei Gründe vorgetragen, warum dies über zwei Instanzen hinweg bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen wurde, so dass von grober Nachlässigkeit auf ihrer Seite auszugehen ist. Insbesondere würde die Berücksichtigung dieses Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, da dem Kläger zu diesem Vorbringen - sofern hierin der schlüssige Vortrag einer Hausratsteilung zu sehen sein sollte - eine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden müsste und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Im Hinblick darauf, dass gemäß den vorstehenden Ausführungen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein PKW dem Hausrat zuzuordnen ist, bislang nicht abschließend geklärt ist mit der Folge, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, und überdies abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte vorliegen, war gemäß § 543 Abs. 1 und 2 ZPO die Revision zuzulassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.200 €

Ende der Entscheidung

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