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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: IV-2 Ss (OWi) 118/07-(OWi) 50/07 III
Rechtsgebiete: StVG, StVZO


Vorschriften:

StVG § 25 Abs. 1 Satz 1
StVZO § 52 Abs. 3 Nr. 2
StVZO § 52 Abs. 3 Nr. 4
Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen können als Kraftfahrzeuge "einer bestimmten Art" gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG von einem Fahrverbot ausgenommen werden.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

IV-2 Ss (OWi) 118/07-(OWi) 50/07 III

In der Bußgeldsache

gegen pp.,

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht F. und den Richter am Landgericht J. am 24. September 2007 auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 7. Mai 2007 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, zu 3. auf deren Antrag,

beschlossen:

Tenor:

1. Der mitunterzeichnende Einzelrichter überträgt die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern.

2. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 125 Euro verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen, jedoch ausgenommen Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft dieses Beschlusses in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

3. Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

4. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene mit der Maßgabe, dass die Rechtsbeschwerdegebühr um 1/4 ermäßigt wird. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden zu 1/4 der Staatskasse auferlegt.

Angewendete Vorschriften: §§ 24, 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2a StVG, §§ 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen, der beruflich als Feuerwehrbeamter tätig ist, wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt und ihm für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat mit der Sachrüge im Rechtsfolgenausspruch teilweise Erfolg.

II.

Der mitunterzeichnende Einzelrichter überträgt die Sache gemäß § 80a Abs. 3 OWiG dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern, da es geboten ist, das angefochtene Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen. Es bedarf vorliegend der grundsätzlichen Klärung, ob es sich bei Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr und Krankenkraftwagen um Kraftfahrzeuge "einer bestimmten Art" handelt, die gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG von einem Fahrverbot ausgenommen werden können.

IIII.

Hinsichtlich des Schuldspruchs erweist sich die Rechtsbeschwerde als unbegründet im Sinne von § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO.

Im Rechtsfolgenausspruch führt die Rechtsbeschwerde zu einer Ermäßigung der Geldbuße auf 125 Euro und zu einer Beschränkung des einmonatigen Fahrverbots des Inhalts, dass hiervon Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen ausgenommen werden.

Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit seinem Kraftrad innerhalb geschlossener Ortschaft unter Berücksichtigung des Toleranzwertes von 3 km/h fahrlässig um 41 km/h überschritten.

Die Bemessung der Geldbuße auf 160 Euro ist in doppelter Hinsicht rechtsfehlerhaft. Zum einen ist das Amtsgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass der Regelsatz bei der hier festgestellten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 150 Euro beträgt. Tatsächlich sieht Nr. 11.3.7 der Tabelle 1 des Anhangs zum Bußgeldkatalog einen Regelsatz von 125 Euro vor, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 41-50 km/h überschritten wird. Zum anderen hat das Amtsgericht zwei tilgungsreife Voreintragungen zu Lasten des Betroffenen verwertet und - ausgehend von einer unzutreffenden Regelbuße (150 Euro statt richtigerweise 125 Euro) - zum Anlass für eine Erhöhung der Geldbuße auf 160 Euro genommen. Hinsichtlich der beiden rechtskräftigen Bußgeldbescheide vom 24. Juni 2004 und 23. September 2004 war die zweijährige Tilgungsfrist (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 StVG) bei Erlass des angefochtenen Urteils am 7. Mai 2007 bereits abgelaufen. Das Verwertungsverbot (§ 29 Abs. 8 Satz 1 StVG) besteht auch während der in § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG bezeichneten Überliegefrist von einem Jahr (vgl. OLG Düsseldorf DAR 1994, 162; KG NStZ-RR 2004, 91, 92; OLG Hamm DAR 2005, 693; NZV 2006, 487).

Dass das Amtsgericht ein dem Regelfahrverbot (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.7 der Tabelle 1 des Anhangs zum Bußgeldkatalog) entsprechendes Fahrverbot von einem Monat verhängt hat, ist vorliegend nicht zu beanstanden. Jedoch hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft ein uneingeschränktes Fahrverbot angeordnet. Das Urteil lässt nicht erkennen, ob das Amtsgericht erwogen hat, von der Möglichkeit einer Beschränkung des Fahrverbots auf bestimmte Fahrzeugarten Gebrauch zu machen, wie es § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ausdrücklich erlaubt. Da der Betroffene als Feuerwehrbeamter tätig ist und als solcher Einsatzfahrzeuge und Krankenkraftwagen führen muss, hätte aus Gründen der Verhältnismäßigkeit Anlass zu der Prüfung bestanden, ob zur Einwirkung auf den Betroffenen ein auf bestimmte Fahrzeugarten beschränktes Fahrverbot als "Denkzettel" ausreicht (vgl. OLG Düsseldorf NZV 1994, 407; BayObLG NZV 1991, 161; OLG Karlsruhe NZV 2004, 653). Dies gilt umso mehr, als der Betroffene den Verkehrsverstoß bei einer Privatfahrt mit seinem Kraftrad begangen hat.

Unter Kraftfahrzeugen "einer bestimmten Art" sind zunächst die Kraftfahrzeuggruppen zu verstehen, welche der Einteilung der Fahrerlaubnisklassen nach § 6 Abs. 1 FeV zugrunde liegen. Eine weitere Differenzierung ist möglich nach dem Verwendungszweck, soweit dieser durch eine bestimmte Ausrüstung oder eine bestimmte Bauart bedingt ist (vgl. OLG Celle DAR 1996, 64; OLG Brandenburg VRS 96, 233, 235; OLG Naumburg DAR 2003, 573).

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen sind in diesem Sinne nach Verwendungszweck, Ausrüstung und Bauart definierbar. Derartige Kraftfahrzeuge können deshalb gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG von einem Fahrverbot ausgenommen werden können.

Krankenkraftwagen sind gemäß § 3 Abs. 1 RettG NW Fahrzeuge, die für die Notfallrettung oder den Krankentransport besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind (Notarztwagen, Rettungswagen und Krankentransportwagen). Krankenkraftwagen werden in gleicher Weise in § 52 Abs. 3 Nr. 4 StVZO definiert und dürfen nach dieser Vorschrift für die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten (§§ 35 Abs. 5a, 38 StVO) mit einer oder mehreren Kennleuchten für blaues Blinklicht ausgerüstet sein. Diese Berechtigung begründet zugleich die Verpflichtung zur zusätzlichen Ausrüstung mit mindestens einem Einsatzhorn (§ 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO).

Entsprechendes gilt gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2 StVZO für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, die ebenfalls Sonder- und Wegerechte (§§ 35 Abs. 1, 38 StVO) in Anspruch nehmen dürfen. Bei Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr tritt als weiteres Merkmal einer bestimmten Fahrzeugart hinzu, dass die Betriebserlaubnis an den Verwendungszweck gebunden ist (§ 19 Abs. 2a StVZO).

Anhand der aufgezeigten besonderen Merkmale lassen sich Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen nach Verwendungszweck, Ausrüstung und Bauart als Kraftfahrzeuge einer bestimmten Art eindeutig von anderen Kraftfahrzeuggruppen abgrenzen.

Um unverhältnismäßige berufliche Nachteile für den Betroffenen zu vermeiden, hat der Senat von der dargelegten Beschränkungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst ausgesprochen, dass Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen von dem einmonatigen Fahrverbot ausgenommen werden.

Da die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2a StVG vorliegen, ist dem Betroffenen ferner die viermonatige Schonfrist zu gewähren.

Die Geldbuße ermäßigt der Senat auf den Regelsatz von 125 Euro, da in der Gesamtschau der Umstände keine Abweichung nach oben oder unten gerechtfertigt ist. Insbesondere ist nicht deshalb eine Erhöhung veranlasst, weil die Kraftfahrzeuge, die der Betroffene in seinem Beruf als Feuerwehrbeamter zu führen hat, von dem Fahrverbot ausgenommen worden sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h an der unteren Grenze der Zone liegt, für welche der Bußgeldgeldkatalog einen Regelsatz von 125 Euro vorsieht.

Die Entscheidung über die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten und Auslagen beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO.

Ende der Entscheidung

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