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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 04.10.2007
Aktenzeichen: VI-2 Kart 1/06 (V) (1)
Rechtsgebiete: GWB, VwVfG, EnWG


Vorschriften:

GWB § 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 2
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 4
GWB § 32
GWB § 36 Abs. 2
GWB § 65 Abs. 3 Satz 3
GWB § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
GWB § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
GWB § 74 Abs. 2
GWB § 103
GWB § 103a
VwVfG § 37 Abs. 1
VwVfG § 49 Abs. 1
EnWG § 6a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten zu 6 und 7 gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 (B 8-113/03-1) werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Betroffene und für die Beteiligten zu 6 und 7 zugelassen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens - einschließlich der Gerichtskosten des Verfahrens nach § 65 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB - und die in diesen Verfahren zur zweckentsprechenden Verteidigung notwendigen Kosten des Bundeskartellamts und der Beteiligten zu 1 bis 5 werden der Betroffenen zu vier Siebtel und den Beteiligten zu 6 und zu 7 zu je einem Siebtel auferlegt.

Gründe:

A.

Die Betroffene gehört zum E... Konzern; ihre Aktien werden zu 100 % von der E... AG gehalten. Der Konzern ist das größte deutsche und ein führendes europäisches Energieversorgungsunternehmen mit jährlichen Umsätzen von rund 50 Mrd. €.

Die Betroffene und sechs weitere überregionale Ferngasunternehmen bilden die erste Stufe der dreistufig gegliederten Gaswirtschaft in Deutschland. Bei den sechs weiteren überregionalen Ferngasunternehmen handelt es sich um die R...AG, D. (R...), die W... GmbH, B. (zusammengefasst W...), die EM... GmbH & Co. KG, H. (EM...), die V... AG, L. (V...), die S... GmbH & Co. KG, H. (S...) und die EV... GmbH, M. (EV...).

Seit dem freigegebenen Aktienerwerb an der RG... AG durch die E... AG auf Grund der Ministererlaubnisse vom 5. Juli 2002, IB1 -220840/129, (veröffentlicht in WuW/E DE-V 573) und vom 18. September 2002 (veröffentlicht in WuW/E DE-V 643 ff.) des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie ist die nunmehr unter der Bezeichnung "E... RG... AG" firmierende Betroffene ein in Deutschland führendes überregionales Ferngasunternehmen mit einem Jahresumsatz von etwa 12,75 Mrd. € im Jahr 2004.

Das inländische Erdgasaufkommen setzt sich zusammen aus der Produktion in Deutschland, den nach Deutschland importierten Mengen abzüglich den exportierten Mengen, den Einspeisemengen in Speicher und dem Eigenverbrauch der Lieferanten.

Die Betroffene verfügt über Bezugsverträge mit den wichtigsten in- und ausländischen Erdgasproduzenten und -exporteuren. Die entsprechenden Verträge sind langfristig gestaltet und enthalten sogenannte Take-or-pay-Verpflichtungen, die sich als Mindestbezugsverpflichtungen auswirken.

Das Versorgungssystem der konzernangehörigen Netzbetreibergesellschaft E... Gastransport AG & Co. KG (vormals E... RG... Transport AG & Co. KG) besteht aus Erdgasleitungen mit einer Länge von mehr als 11.000 Kilometern Hochdruckleitungen sowie Übernahmestellen zu den wichtigsten Gasförderländern. Es handelt sich um das in Deutschland größte Erdgasleitungsnetz, das sich über die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (mit Ausnahme des westlichen Landesteils), Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg und das Saarland erstreckt. Das Versorgungssystem stellt die konzernangehörige Netzbetreibergesellschaft der Betroffenen zum Zwecke der Durchleitung von Gas gegen Zahlung eines Entgeltes zur Verfügung.

Eine zweite Gaswirtschaftsstufe wird von acht regionalen Ferngasunternehmen gebildet. Zu diesen Ferngasunternehmen, die keine eigenen Förderquellen oder Beteiligungen daran besitzen und ohne oder ohne einen nachhaltigen Importbezug sind, zählen die GV... GmbH, S. (GV...), die B... GmbH, M. (B...), die G... GmbH, F. (G...), die S... AG, S. (S...), die A.... AG, H. (A....), die F... GmbH, N. (F...), die ET... GmbH, E. (ET...) und die EW... Aktiengesellschaft, O. (EW...). Die Betroffene ist durch direkte und mittelbare Beteiligungen mit fünf regionalen Ferngasunternehmen verbunden. Das Beteiligungsunternehmen F... hat seine Infrastrukturressourcen, Verteilnetze, Speicher und Verdichterstationen in das Netz der konzernangehörigen E... Gastransport AG & Co. KG integriert.

Die Betroffene und die GF... GmbH unterhalten eine Gemeinschaftsleitung, die M.... Die Stadtwerke W. und die Stadtwerke B., die ursprünglich Kunden der Betroffenen waren, sind in der Kundenliste 2000/2001 der Betroffenen nicht mehr enthalten und werden von der GF... beliefert.

Neben den anderen überregionalen Ferngasunternehmen beliefert die Betroffene nicht importierende regionale Ferngasunternehmen und insbesondere regionale und lokale Gasversorgungsunternehmen (diese auf einer dritten Marktstufe), Industriebetriebe sowie Kraftwerke und auch endverbrauchende Abnehmer (private Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe) mit Erdgas. Hinsichtlich der Größenordnung der Absatzmengen überregionaler und regionaler Ferngasunternehmen an andere Gasversorgungsunternehmen (Ferngasunternehmen, Regional- und Ortsgasunternehmen) wird auf die Tabelle auf Seite 8 der angefochtenen Verfügung Bezug genommen. Regional- und Ortsgasunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland haben ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt bei der Belieferung von privaten Haushalten und Kleingewerbekunden. Im Jahre 2003 hielten sie daran bundesweit einen Anteil von etwa 93 %, während etwa 7 % auf regionale Ferngasunternehmen entfielen.

Von den ca. 690 in Deutschland existierenden Regional- und Ortsgasunternehmen ermittelte das Bundeskartellamt die Lieferverhältnisse von 513 Unternehmen. Rund 75 % der Verträge enthalten Bezugsbindungen von 80 bis zu 100 % des Gasbedarfs. Mehr als 70 % der Lieferverträge der Betroffenen mit Regional- und Ortsgasunternehmen sind über Liefermengen abgeschlossen, die den gesamten tatsächlichen Bedarf des betreffenden Unternehmens erfassen. Weitere etwa 6 % solcher Lieferverträge umfassen Liefermengen von mehr als 80 % des Bedarfs. Alle Verträge haben Laufzeiten von mehr als vier und bis zu 20 Jahren. Mit den in Anlage 1 zum angefochtenen Beschluss aufgeführten Regional- und Ortsgasunternehmen wurden Lieferverträge vor dem 29. April 1998 abgeschlossen. Sie sind zum Teil bis zum Jahre 2013 und darüber hinaus gültig.

Die Betroffene ist mit rd. 200 Mehr- und Minderheitsbeteiligungen an Regional- und Ortsgasunternehmen entweder direkt oder über den E... Konzern beteiligt (vgl. angefochtene Verfügung Seite 6). Im Ministererlaubnisverfahren E.../RG... AG verpflichtete sie sich im Jahre 2003, Regional- und Ortsgasunternehmen ein jährlich auszuübendes Sonderkündigungsrecht im Umfang von 20 % der vereinbarten Gasliefermengen einzuräumen. Hiervon machten nur wenige Unternehmen Gebrauch. Bei der Ausübung des Sonderkündigungsrechts verstand und versteht die Betroffene die Lieferung von Kommunalgas und Gas für andere Zwecke (z.B. Kraftwerksgas und Gas für abnehmereigene Zwecke) als eine wirtschaftliche Einheit. Bei der Kündigung war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten einzuhalten. Auf die Vergabe solchermaßen frei gewordener Mengen bot die Betroffene in der Vergangenheit mit.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 (Anlage Ast. 61) verpflichtete sich die Betroffene, den von ihr belieferten Regional- und Ortsgasunternehmen Sonderkündigungsrechte einzuräumen, mit dem diese jeweils zum 1. Oktober der Jahre 2006 und 2007 verbleibende Bezugsverpflichtungen auf 50 % ihres Gasbedarfs reduzieren könnten. Bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts sollten die Verträge im Jahre 2008 enden. Bezüglich neu abzuschließender Lieferverträge kündigte die Betroffene an, sich an den vom Bundeskartellamt aufgestellten Grundsätzen zu langfristigen Gaslieferverträgen zu orientieren. Sie erklärte ferner, Abnehmern für Restmengen zeitlich befristete Lieferangebote zu unterbreiten. Dabei behielt sie sich vor, die angekündigte Praxis im Oktober 2008 zu überprüfen. Auf den Inhalt der Anlage Ast 61 wird insoweit Bezug genommen.

Das Bundeskartellamt verfügte durch Beschluss vom 13. Januar 2006:

1. Die in den in Anlage 1 aufgeführten Gaslieferverträgen der Betroffenen enthaltenen Vereinbarungen hinsichtlich langjähriger Bezugsverpflichtung und Grad der tatsächlichen Vertriebsbedarfsdeckung verstoßen in ihrer Kombination gegen Art. 81, 82 EG und § 1 GWB.

2. Die Betroffene wird verpflichtet, die Durchführung solcher Vereinbarungen in den in Anlage 1 aufgeführten Gaslieferverträgen bis spätestens zum 30. September 2006 abzustellen.

3. Der Betroffenen wird ab sofort der Abschluss von Vereinbarungen in Gaslieferverträgen mit den an ihre in Deutschland gelegenen Versorgungsleitungen angeschlossenen Regional- und Ortsgasunternehmen mit einem Gesamtvertriebsbedarf von mehr als 200 GWh pro Jahr insoweit untersagt, als

1. die Laufzeit von Verträgen mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 50 % bis einschließlich 80 % vier Jahre überschreitet oder die Laufzeit von Verträgen mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 80 % zwei Jahre überschreitet,

2. im Falle der Belieferung des Abnehmers durch mehrere Lieferanten die Bereitschaft der Betroffenen zur Risikoabdeckung, d.h. die auf einem prozentualen Anteil am tatsächlichen Vertriebsbedarf basierende vertragliche Lieferverpflichtung mit einer mengenmäßig und zeitlich schwankenden Nachfrage in Einklang zu bringen, nicht mindestens der Höhe ihres Lieferanteils entspricht, es sei denn ihr Lieferanteil übersteigt nicht 50 %.

Dabei sind

1. mehrere Lieferverträge zwischen Lieferant und Kunde hinsichtlich ihrer Lieferanteile oder Laufzeiten als ein Vertrag anzusehen,

2. Liefermengen von im Sinne der Verbund- und Mehrmütterklausel des § 36 Abs. 2 GWB zusammen zu betrachtenden Unternehmen mit demselben Kunden zu addieren,

3. Lieferverträge, deren Laufzeit sich über einen zunächst festgelegten Zeitraum hinaus stillschweigend verlängern kann, als auf unbestimmte Dauer vereinbart anzusehen.

4. Die unter Ziffer 3 ausgesprochene Untersagung gilt bis zum Ende des Gaswirtschaftsjahres 2009/2010 (30. September 2010).

5. Der Widerruf von Ziffer 3 und 4 dieser Verfügung bleibt vorbehalten.

Zur Begründung führte das Amt aus: Die Betroffene habe im Jahre 2003 mit einem inländischen Absatz in Höhe von rund 640 Mrd. Kilowattstunden knapp 65 % des gesamten inländischen Erdgasaufkommens von 992 Mrd. Kilowattstunden bereitgestellt und geliefert. Sie verfüge über eine marktbeherrschende Stellung auf dem sachlich relevanten Markt der Erstbelieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Gas für den Vertriebsbedarf. Der relevante räumliche Markt sei bezogen auf das Netzgebiet der Betroffenen regional (und nicht bundesweit) abzugrenzen. Die Betroffene habe durch eine Kombination von Gesamtbedarfsdeckungs- und "Quasibedarfsdeckungs"-Vereinbarungen (Nahezu-Bedarfsdeckungsabreden) mit langfristigen Laufzeiten in vor dem 29. April 1998 geschlossenen Verträgen (Altverträgen) mit Regional- und Ortsgasunternehmen Vertragsgestaltungen verabredet, die geeignet seien, den Wettbewerb auf dem relevanten Markt spürbar zu beeinträchtigen und die infolgedessen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und gegen § 1 GWB verstießen.

Ferner missbrauche die Betroffene eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt der Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen im Sinne von Art. 82 EG. Auch ein künftiger Abschluss von Verträgen, die sich in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht überschnitten, verstoße auf Grund der einen Marktzutritt beschränkenden Wirkung der Vertragsgestaltung gegen Art. 81 Abs. 1 EG, § 1 GWB sowie gegen Art. 82 EG, weshalb auch dies zu untersagen und der Betroffenen verwehrt sei, sich auf Rechte hinsichtlich der Laufzeit und Liefermengen zu berufen oder sich solcher Rechte zu berühmen.

Gegen den Beschluss haben die Betroffene und die Beteiligten zu 6 und 7 Beschwerden eingelegt, mit denen sie eine Aufhebung der Verfügung anstreben. Gleichzeitig haben sie Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden gemäß § 65 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB gestellt. Mit Beschluss vom 20. Juni 2006 hat der Senat die Anträge der Betroffenen und der Beigeladenen zu 6 und 7 auf Wiederherstellung des Suspensiveffektes der Beschwerden abgelehnt. Auf den Inhalt des Senatsbeschlusses vom 20. Juni 2006 wird Bezug genommen.

Mit ihren Beschwerden verfolgen die Betroffene und die Beteiligten zu 6 und 7 ihre auf Aufhebung der Verfügung des Bundeskartellamts gerichteten Begehren in Teilen oder in Gänze weiter.

Die Betroffene behauptet, sie habe im Jahre 2004 über einen Anteil am gesamten inländischen Gasaufkommen von ca. 56% bei einem Gesamtabsatz von 992 Mrd. Kilowattstunden abzüglich einer Exportmenge von ca. 88 Mrd. Kilowattstunden verfügt. Die Feststellungen des Bundeskartellamts über einen ihr zuzurechnenden Anteil am inländischen Gasaufkommen von 65% im Jahre 2003 träfen nicht zu.

Sie vertritt die Auffassung, ihre Beschwerde habe sich von Anfang an nicht gegen die gesamte, aus ihrer Sicht rechtswidrige Verfügung des Bundeskartellamts gerichtet. Die Verfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 zu Ziffern 1 und 2 habe sich durch die Abgabe der Selbstverpflichtungserklärung vom 9. November 2005 erledigt. Zumindest die erforderliche Wiederholungsgefahr sei im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung durch das Bundeskartellamt entfallen gewesen.

Die Verfügung des Bundeskartellamts zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) in Verbindung mit Ziffer 3 Satz 1 lit. a) sei unbestimmt, weil wegen der Bezugnahme auf den tatsächlichen Vertriebsbedarf eines Regional- und Ortsgasunternehmens nicht ex ante festzustellen sei, ob die nach der Verfügung zulässigen Bezugsquoten überschritten würden. Sei der tatsächliche Vertriebsbedarf des Kunden im aktuellen Gaswirtschaftsjahr niedriger als im Vorjahr (z. B. bei Abwerbung eines Industriekunden oder bei einem Rückgang der Nachfrage aufgrund der Witterungsverhältnisse), falle die von ihr gelieferte Menge, sofern sie sich an der Vorjahresmenge orientiere, prozentual höher aus als im Vorjahr. Da mit den regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen nur eine anteilige Liefermenge vom tatsächlichen Gesamtbedarf vereinbart werde, könne sie, die Betroffene, nicht gewährleisten, dass bei sinkendem tatsächlichen Gesamtbedarf im aktuellen Gaswirtschaftsjahr der prozentual zulässige Lieferanteil nicht durch die gelieferte Liefermenge überschritten werde. Da der Verfügung nicht zu entnehmen sei, wie eine Überschreitung des zulässigen Lieferanteils in diesen Fällen vermieden werden könne, bürde die Verfügung ihr insoweit das Risiko eines Verstoßes auf. Deshalb sei diese unbestimmt.

Es sei ihr, der Betroffenen, nicht zuzumuten, bei einem Überschreiten des prozentual zulässigen Lieferanteils (von beispielsweise bis zu 100 %) die Belieferung des Stadtwerkes vor Ablauf der zulässigen Vertragslaufzeit (von bis zu 2 Jahren) einzustellen. Für die Stadtwerke sei es ebenfalls unzumutbar, sich kurzfristig nach einem anderen Lieferanten umzusehen. Zudem sei nicht auszuschließen, dass der Drittlieferant die Versorgung der zusätzlichen Mengen nicht übernehmen wolle. Sie, die Beschwerdeführerin, müsse gezielt durch Liefereinstellung eine Versorgungslücke beim Regional- und Ortsgasunternehmen herbeiführen.

Ferner sei der Ausspruch zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) unbestimmt, soweit er anordne, dass mehrere Lieferverträge zwischen Lieferant (der Betroffenen) und Kunde (den regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen) hinsichtlich ihrer Lieferanteile und Laufzeiten als ein Vertrag anzusehen seien. Weder dem Verfügungsausspruch noch der Begründung der Verfügung sei eine Regelung für den Zeitpunkt des zulässigen Abschlusses von Anschlussverträgen zu entnehmen.

Ziffer 3 Satz 2 lit. a) sei materiell rechtswidrig, weil die Anordnung im Kern ein Wettbewerbsverbot zu Lasten der Betroffenen beinhalte. Wenn sie, die Betroffene, bereits Hauptmengen liefere, dürfe sie sich nicht im Wettbewerb um Teilmengen beteiligen. Sie könne sich auch nicht um den Gesamtbedarf bemühen. Dieses Wettbewerbsverbot verfehle den von der Ermächtigungsgrundlage des § 32 GWB erstrebten Zweck, Wettbewerb zu gewährleisten. Es schütze in Wahrheit die Wettbewerber. Die Verfügung beseitige den Wettbewerb um Restmengen, da ihr, der Betroffenen, ein Mitbieten um diese Restmengen untersagt sei. Der künstlich geschaffene Wettbewerb werde voraussichtlich zu einem Preisanstieg bei den Restmengen führen.

Der Erlass eines Wettbewerbsverbotes für Restmengen sei zudem unverhältnismäßig, insbesondere mit Blick auf ihre Selbstverpflichtungserklärung ungeeignet und nicht erforderlich.

Es bestehe zudem keine Gefahr der Umgehung des (zulässigen) Mengen-Laufzeit-Gerüstes in Ziffer 3 Satz 1 lit. a) der Verfügung. Der Abschluss mehrerer getrennter, im Wettbewerb zustande gekommener Verträge bezwecke oder bewirke keine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG. Er stelle auch keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Art. 82 EG dar. Durch die "Staffelung" der Verträge würden lediglich für sich genommene, nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) zulässige Mengen-Laufzeit-Varianten miteinander kombiniert. Um jede der zulässigen Mengen-Laufzeit-Varianten finde ein separater Wettbewerb statt. Der entscheidende Unterschied zu langfristigen Lieferverträgen mit Gesamtbedarfsdeckungsvereinbarungen jeglicher Art liege darin, dass beim Abschluss mehrerer Verträge mit demselben Kunden - anders als bei einem langfristigen Ausschließlichkeitsvertrag - immer wieder neue Wettbewerbsprozesse stattfänden, so dass keine Marktabschottung eintreten könne. Eine zusammenfassende wirtschaftliche Betrachtung der rechtlich selbständigen Verträge und ihrer Auswirkungen sei deshalb nicht geboten.

Zudem beruhe die Anordnung des Wettbewerbsverbots auf falschen Tatsachenannahmen des Bundeskartellamts. Die Annahme des Bundeskartellamts, sie, die Betroffene, könne Teilmengen quersubventionieren, sei unzutreffend. Es finde keine Quersubvention von Teilmengen statt, wenn sie - die Betroffene - die Hauptmenge liefere. Die weitere tatsächliche Annahme, es werde bei der Vergabe der Teilmengen eine wirtschaftliche oder tatsächliche Sogwirkung zugunsten des Hauptlieferanten eintreten, treffe ebenfalls nicht zu. Dies gelte ebenso für die Annahme des Bundeskartellamts, sie, die Betroffene, werde stets als Hauptlieferantin auftreten.

Für Wettbewerbsverbote im Sinne der Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 1 lit. b) der VO Nr. 2790/1999, die in einem Vertrag mit längerer Gesamtlaufzeit als fünf Jahre enthalten seien, gelte nach Art. 2 dieser Verordnung eine Freistellung, wenn die Bezugsbindung ab dem sechsten Jahr auf 80 % oder weniger sinke. Art. 5 Satz 1 a) VO Nr. 2790/1999 finde keine Anwendung. Dies müsse entsprechend auch für eine Kombination der an sich zulässigen Mengen- und Laufzeitvarianten gelten.

Der Widerrufsvorbehalt zu Ziffer 5 des Verfügungsausspruchs sei rechtswidrig, da das Bundeskartellamt die Befristung der Verfügung zu Ziffer 4 widerrufen könne. Dies habe zur Folge, dass aus den zeitlich befristeten zeitlich unbefristete Anordnungen würden.

Die Beteiligten zu 6 und 7 ziehen die Rechtmäßigkeit der Verfügung insgesamt in Zweifel.

Die Betroffene hat zunächst angekündigt, Teilerledigungserklärungen zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) und Ziffer 5 in Verbindung mit Ziffer 4 des Verfügungsausspruchs abzugeben; hiervon hat sie jedoch in der mündlichen Verhandlung abgesehen.

Die Betroffene beantragt,

Ziffer 3 Satz 2 lit. a) sowie Ziffer 5 (letztere nur in Verbindung mit Ziffer 4) des Tenors der Verfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 (B 8113/03 - 1) aufzuheben.

Die Beteiligten zu 6 und 7 beantragen,

den Beschluss des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 (B 8113/03 - 1) insgesamt aufzuheben.

Das Bundeskartellamt und die Beteiligten zu 1 bis 4 beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 5 stellt keinen Antrag.

Das Bundeskartellamt verteidigt die angegriffene Verfügung als rechtmäßig und führt im Wesentlichen aus:

Es sei keine Teilerledigung der Beschwerde der Betroffenen eingetreten.

Die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) sei hinreichend bestimmt, auch wenn sich aus dem Verfügungsausspruch und den Gründen nicht explizit ergebe, zu welchem Zeitpunkt der Abschluss eines Anschlussvertrages zulässig sei. Frühestens zwölf Monate vor Ablauf des ersten Liefervertrages sei unter Berücksichtigung der Gesamtumstände in der Regel ein Abschluss eines Anschlussliefervertrages zulässig.

Auch der Widerrufsvorbehalt zu Ziffer 5 der Verfügung sei rechtmäßig. Der Vorbehalt beziehe sich auf die Verfügung in ihrer Gesamtheit. Es sei nicht beabsichtigt, die bis 2009 währende Befristung zu Ziffer 4 der Verfügung zu widerrufen. Ein Widerruf der Befristung zu Ziffer 4 stellte in Wahrheit den Erlass einer neuen (unbefristeten) Verfügung dar.

Auch im Übrigen sei das Untersagungsverbot zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) rechtmäßig. Eine Staffelung von Verträgen sei nicht geeignet, die bestehende Abschottung der Märkte zu beseitigen. Aufgrund der mit dem Hauptlieferanten bestehenden Verträge sei auch bei einer Ausschreibung mit einer Sogwirkung zugunsten des Hauptlieferanten zu rechnen, die einer Öffnung der Märkte für potentielle Wettbewerber entgegenstehe. Eine solche ergebe sich schon aus den Kostenvorteilen, die der Hauptlieferant aufgrund der bereits akquirierten Liefermenge im Angebot für eine weitere Tranche zugrundelegen könne. Bei einer Staffelung der Liefermengen stünde dem Wettbewerb eine zu geringe Menge zur Verfügung. Eine Staffelung entspreche nicht dem Zweck der Vorgabe, dass bei einer Vertragsgestaltung mit einer Bedarfsdeckung von über 80% nach zwei Jahren die gesamte Liefermenge unabhängig von ihrer quotalen Aufteilung im Wettbewerb neu vergeben werden müsse.

Die Betroffenen zu 1 bis 5 schließen sich im Wesentlichen den Ausführungen des Bundeskartellamts an und führen darüber hinaus aus:

Die Wirksamkeit des Untersagungsausspruchs zu Ziffer 2 stehe und falle mit der Untersagungsanordnung unter Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Ziffer 3 Satz 1 lit. a).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die angefochtene Verfügung nebst deren Anlagen und die Verfahrensakte des Bundeskartellamts verwiesen.

B.

Die Beschwerden der Betroffenen und der Verfahrensbeteiligten zu 6 und 7 sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Anträge auf Aufhebung der Verfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 sind abzulehnen.

I. Prüfungsgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Verfügung in ihrer Gesamtheit. Angekündigte Erledigungserklärungen zu Teilen der Verfügung (zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) und Ziffer 5 i.V.m. Ziffer 4, vgl. Bl. 1039 GA III und Bl. 1045 GA III) hat die Betroffene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht abgegeben.

Der seinem Wortlaut nach auf eine Teilaufhebung der Verfügung gerichtete Antrag der Betroffenen ist in Wahrheit ein auf die Aufhebung der Verfügung in allen ihren Teilen ausgerichteter Antrag. Die Betroffene begehrt nach dem Wortlaut ihres in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags im Beschwerdeverfahren nur eine Teilaufhebung der Verfügung. Die Befugnis zu einer (beantragten) Teilaufhebung einer Verfügung steht dem Beschwerdegericht zwar grundsätzlich zu. Der Wortlaut des Beschwerdeantrags beschreibt das Begehren der Betroffenen in der Sache selbst nur unzureichend. Das wird schon dadurch deutlich, dass die Beschwerde der Betroffenen - von Anfang an - unbeschränkt eingelegt worden ist und diese sich bereits deshalb gegen die gesamte Verfügung und nicht nur gegen Teile der Verfügung gerichtet hat. Auch der gleichzeitig gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Betroffenen hatte sich nicht auf eine teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung beschränkt. Schon die Begründung des Antrags auf Wiederherstellung des Suspensiveffekts hat sich mit allen Teilen der Verfügung befasst, was als ein Indiz dafür zu werten ist, dass die Rechtmäßigkeit der Verfügung insgesamt zur Überprüfung gestellt ist. Zur Auslegung des von der Betroffenen gestellten Beschwerdeantrags und der Ermittlung des Rechtschutzzieles der Betroffenen ist in erster Linie die Beschwerdebegründung heranzuziehen, aber auch die Erklärungen der Betroffenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Begründung nimmt eingangs ausdrücklich Bezug auf die Antragsschrift vom 1. Februar 2006 und den Schriftsatz vom 12. April 2006 und macht diese zum Gegenstand der Beschwerdebegründung. In der mündlichen Verhandlung hat die Betroffene ferner erklärt, die Selbstverpflichtungserklärung vom 9. November 2005 habe zu einer "Erledigung" der Verfügung zu Ziffer 2 geführt. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass - nach Ansicht der Betroffenen - die für den Erlass der Verfügung zu Ziffer 2 notwendigen rechtlichen Voraussetzungen nicht vorlagen, mithin die Verfügung wegen fehlender Begehungsgefahr auch in diesem Teil rechtswidrig sei.

Selbst wenn der von der Betroffenen tatsächlich gestellte Antrag eine teilweise Rücknahme der unbegrenzt eingelegten Beschwerde beinhalten sollte, wirkt sich dies auf den Prüfungsumfang des vorliegenden Verfahrens nicht aus. Denn jedenfalls die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 6 und 7 richtet sich erklärtermaßen gegen die Verfügung in allen ihren Teilen. Damit ist für das Beschwerdeverfahren der Prüfungsgegenstand vorgegeben.

II. Die Verfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 2006 ist in vollem Umfang rechtmäßig.

1. Der Feststellungsausspruch zu Ziffer 1 und der Verbotsausspruch zu Ziffer 2 der Verfügung, mit dem der Betroffenen untersagt ist, langfristige Gaslieferverträge in Kombination mit wirtschaftlichen Gesamtbedarfsdeckungsklauseln (100%) und Nahezu-Bedarfsdeckungsklauseln (bis zu 100%) zu schließen und durchzuführen, sind rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG für den Erlass des Verbots zu Ziffer 2 und des Erlass des Feststellungsausspruchs zu Ziffer 1 liegen vor. Zur Begründung ist im Wesentlichen auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 20. Juni 2006 zu verweisen.

2. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der Verfügung durch das Bundeskartellamt liegen vor. Sie sind bezüglich der Ziffern 2 und 3 des Ausspruchs nicht entfallen. Entgegen der Annahme der Betroffenen fehlt es insbesondere für die Verbote zu Ziffer 2 und Ziffer 3 Satz 1 lit. a) nicht an der Begehungsgefahr. Im Untersagungsverfahren ist eine Begehungsgefahr, nämlich die Besorgnis einer drohenden Gesetzesverletzung, materiell-rechtliche Voraussetzung für den Erlass einer Maßnahme (vgl. BGHZ 152, 97, 105 f. - Konditionenanpassung). Von einer drohenden Gesetzesverletzung, der mit einer in die Zukunft gerichteten Untersagungsverfügung begegnet werden kann, ist nur dann auszugehen, wenn das Handeln des Betroffenen sich nicht in einmaligen und in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Vorgehensweise erschöpft, sondern es in die Zukunft wirkt (vgl. BGHZ 152, 97, 105 f. - Konditionenanpassung).

Durch die Selbstverpflichtungserklärung der Betroffenen vom 17. Oktober 2005 (Anlage Ast. 61) ist für den Erlass der Verbote nicht die Grundvoraussetzung entzogen worden. Die Selbstverpflichtung enthielt keine Erklärung der Betroffenen, die die Gefahr einer drohenden Gesetzesverletzung, der mit einer in die Zukunft gerichteten Untersagungsverfügung begegnet werden muss, ernstlich ausgeräumt hätte. Die Erklärung hat ihrem Inhalt nach weder ganz und noch in Teilen die bestehende Begehungsgefahr in der Erscheinungsform der Wiederholungsgefahr des Abschlusses und der Fortführung von langfristigen Gaslieferverträgen mit Gesamtbedarfsdeckungsklauseln jeglicher Art beseitigt. Die Erklärung hat nur vorläufigen Charakter. Der Senat hat hierzu in einem anderen Zusammenhang, nämlich im Hinblick auf die Eignung der Erklärung, ein Mehr an Wettbewerb zu gewährleisten, ausgeführt (siehe den Beschluss vom 20. Juni 2006 in derselben Sache, BA 27):

"Mit dieser Erklärung, die schon im Ansatz ungeeignet ist, die augenblicklichen (und maßgebenden) Marktverhältnisse in Richtung auf einen Wettbewerb hin zu verändern, hat die Betroffene in Aussicht gestellt, vom 1. Oktober 2006 an bestehende Gaslieferungsverträge (Altverträge) nicht länger durchführen (Der zwischen Ihnen und uns bestehende Kaufvertrag/Gaslieferungsvertrag soll zum 01.10.2008 enden.) und Neuverträge über Teilmengen schliessen zu wollen (Bei Neuverträgen werden wir uns an den vom Bundeskartellamt aufgestellten Grundsätzen orientieren). Die Betroffene hat sich aber vorbehalten, den Fortbestand der Selbstverpflichtung im Oktober 2008 überprüfen zu wollen (Die vorstehenden Grundsätze werden wir von Zeit zu Zeit, erstmals im Oktober 2008, daraufhin überprüfen, ob sie vor dem Hintergrund der sich ändernden energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen marktgerecht sind oder einer Anpassung bedürfen). Dieser die Vorläufigkeit der Erklärung kennzeichnende Zusatz entwertet die Eignung der Erklärung, wesentlichen Wettbewerb herzustellen und auf Dauer zu gewährleisten."

Mit dieser Erklärung behält sich die Betroffene ausdrücklich vor, den Fortbestand der Selbstverpflichtung im Oktober 2008 zu überprüfen. Dies heißt, sie behält sich insbesondere vor, zu den langfristigen Lieferverträgen mit Gesamtbedarfsdeckungsklauseln zurückzukehren, deren Durchführung und Neuabschluss ihr mit der Verfügung zu Ziffer 2 und 3 Satz 1 lit. a) untersagt ist.

Der Umstand, dass die Betroffene vorträgt, Altverträge mittlerweile bis auf eine Ausnahme aufgehoben zu haben, führt ebenfalls nicht zu einer Erledigung der Verfügung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Entfallens der Begehungsgefahr und lässt die Verfügung auch nicht ins Leere gehen. Es drohen weitere Verstöße der Betroffenen. Sie hat ihr Verhalten, nämlich die Durchführung der Verträge mit langfristigen Gesamtbedarfsdeckungsklauseln nach Anlage 1 der Verfügung, nicht von sich aus aufgegeben, sondern erst nach Zurückweisung ihres Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Eine verbindliche Erklärung, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen, die allein geeignet wäre, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen, hat die Betroffene gegenüber dem Bundeskartellamt nicht abgegeben. Die Selbstverpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2005, von der die Betroffene auch im Beschwerdeverfahren nicht abgerückt ist, bekräftigt eine ernstliche Begehungsgefahr in Form der Wiederholungsgefahr. Mit der Erklärung nimmt die Betroffene für sich in Anspruch, langfristige Verträge in Kombination mit wirtschaftlichen Gesamt- oder Nahezubedarfsdeckungsklauseln mit den in der Anlage 1 genannten Regional- und Ortsgasunternehmen jedenfalls ab Oktober 2008 erneut abschließen zu dürfen. Die Betroffene hat ferner mit der Selbstverpflichtungserklärung für sich in Anspruch genommen, die bestehenden Verträge mit den in Anlage 1 genannten Regional- und Ortsgasunternehmen dann fortführen zu dürfen, wenn ihre Vertragspartner von der ihnen mit der Selbstverpflichtungserklärung eingeräumten Möglichkeit zu kündigen keinen Gebrauch gemacht haben. Dass Regional- und Ortsgasunternehmen nach Anlage 1 die langfristigen Gaslieferverträgen mit (Quasi-)Gesamtbedarfsdeckungsklauseln fortgeführt und von der Option zur Kündigung keinen Gebrauch gemacht hätten, zeigen die Beispiele der Beteiligten zu 6 und 7 sowie das Beispiel des von der Betroffenen in der Beschwerdebegründung erwähnten, aber nicht näher bezeichneten Unternehmens, welches sich mit einer Aufhebung eines langfristigen Gasliefervertrages nicht einverstanden erklärt hat. Damit besteht die konkrete Gefahr einer Fortführung und von (Neu-)Abschlüssen langfristiger Gaslieferverträge mit Gesamtbedarfsdeckungsklauseln.

3. Die Ziffer 3 des Verfügungsausspruchs, insbesondere Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Satz 2 lit. a) ist nicht mangels Bestimmtheit aufzuheben.

a) Der Ausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Satz 2 lit. a) ist nicht unbestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG, soweit das Verbot auf den tatsächlichen Vertriebsbedarf abstellt. Kartellbehördliche Verfügungen müssen - wie andere Verwaltungsakte - bestimmt sein. Der Adressat muss erkennen können, was von ihm gefordert wird. Nicht notwendig dafür ist, dass der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz so zusammengefasst ist, dass er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt. Es genügt vielmehr, dass sich der Regelungsinhalt aus der Verfügung insgesamt einschließlich ihrer Begründung ergibt (vgl. BGHZ 128, 17, 24 - Durchleitung von Importerdgas; BGHZ 110, 371, 377 - Sportübertragungen; BGH, Beschl. v. 20.3.1984 - KVR 12/83, WuW/E 2073, 2074, Kaufmarkt; BGHZ 152, 84, 92 - Fährhafen Puttgarden II). Das Erfordernis der Bestimmtheit bedeutet weiterhin, dass der Verwaltungsakt geeignet sein muss, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Welche Anforderungen danach an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts zu stellen sind, richtet sich aber nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden Rechts (vgl. BGHZ 128, 17, 24 - Durchleitung von Importerdgas; BVerwGE 83, 335, 338), hier des Kartellrechts. Dabei darf die Kartellbehörde den Rahmen für die Vertragsgestaltung durch das betroffene Unternehmen und seine Vertragspartner nicht stärker einschränken, als dies durch den Zweck, den Verstoß gegen die Verbotsnorm zu vermeiden, vorgegeben ist (vgl. BGHZ 152, 84, 92= WuW/E DE-R 977 - Fährhafen Puttgarden II). Insbesondere dann, wenn das Bestimmtheitsgebot einerseits und verfassungsrechtlich geschützte Freiheitsrechte des Adressaten, die es ihm überlassen, in welcher Weise er einer gesetzlichen Anforderungen nachkommen will, andererseits in Widerstreit miteinander treten, ist es geboten, die Anforderungen an die Bestimmtheit der behördlichen Anordnung gering zu halten (vgl. BGHZ 152, 84= WuW/E DE-R 977, 981- Fährhafen Puttgarden II).

Die Auslegung der Verfügung hat von ihrem Entscheidungssatz auszugehen. Satz 1 lit. a) und Satz 2 lit. a) zu Ziffer 3 der Verfügung stehen in einem Zusammenhang. Ziffer 3 Satz 1 lit. a) enthält kein Gebot, sondern ein Verbot. Danach wird der Betroffenen zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) zunächst untersagt, eine Vereinbarung in einem Gasliefervertrag mit einem Regional- und Ortsgasunternehmen insoweit abzuschließen, als die Laufzeit des Vertrages mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 50% bis einschließlich 80% vier Jahre überschreitet oder die Laufzeit des Vertrages mit einer Deckung des tatsächlichen Vertriebsbedarfs des Abnehmers von über 80% zwei Jahre überschreitet. Ziffer 3 Satz 2 lit. a) enthält eine Auslegungsregel, die bei der Auslegung von Satz 1 lit. a) anzuwenden ist. Danach sind mehrere Lieferverträge als ein Vertrag anzusehen.

Die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) richtet sich gegen die grundsätzliche Weigerung der Betroffenen, kurzfristige Lieferverträge ohne wirtschaftliche Bedarfsdeckungsklauseln jeglicher Art mit Regional- und Ortsgasunternehmen zu schließen. Die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Satz 2 lit. a) untersagt der Betroffenen, einen Vertrag oder mehrere Verträge über frei werdende Teilmengen zu schließen, soweit dadurch bestimmte prozentuale Lieferquoten des tatsächlichen Vertriebsbedarfs überschritten werden. Dies darf die Kartellbehörde der Betroffenen untersagen.

Die Beschwerde der Betroffenen hebt hervor, dass der tatsächliche Jahresbedarf eines regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmens nicht prognostizierbar sei, wenn der Bedarf wegen eines Kundenwechsels oder milder Witterungsverhältnisse zurückgehe oder steige. Daraus ist entgegen der Auffassung der Betroffenen eine Unbestimmtheit der Verfügung im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG nicht abzuleiten.

Das Verbot knüpft nicht an den prognostizierten Jahresbedarf eines regionalen oder lokalen Gasversorgungsunternehmens an, sondern stellt auf den tatsächlichen Vertriebsbedarf ab. Dabei verbindet es den tatsächlichen Jahresbedarf mit Prozentsätzen hiervon. Diese Aufgreifschwellen setzt es in Bezug zu der Laufzeit der Verträge, nicht aber zu der Laufzeit der Gesamtbedarfsdeckung. Bei dem Begriff "Vertriebsbedarf" handelt es sich nicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff, sondern um einen marktwirtschaftlichen Begriff. Der Begriff "Bedarf" kennzeichnet nach dem markt- und betriebwirtschaftlichen Verständnis die Art und Menge der zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendigen Güter und Dienstleistungen. Der Bedarf wird durch den Entschluss und die Fähigkeit, Güter und Dienstleistungen am Markt zu erwerben, zur Nachfrage. Der Vertriebsbedarf eines Regional- und Ortsgasunternehmens kann im Voraus geplant, geschätzt oder prognostiziert werden oder im Nachhinein als Nachfrage ermittelt werden. Aus dem Umstand, dass der Ausspruch das Attribut "tatsächlich" beinhaltet, wird deutlich, dass allein die tatsächliche Nachfrage für die Beurteilung maßgeblich ist, ob die zulässigen Prozentsätze von der Betroffenen überschritten werden. Der Begriff "tatsächlicher Vertriebsbedarf" ist mithin ein Synonym für die "tatsächliche Nachfrage".

Die Verfügung schweigt über die Maßnahmen und Vertragsgestaltungen, die die Betroffene zur Gewährleistung der Einhaltung des Untersagungstenors zu Ziffer 3 ergreifen kann. Sie verlangt weder in ihrem Ausspruch noch in der Begründung von der Betroffenen, den Vertriebsbedarf ihres Kunden zu Beginn der Vertragslaufzeit (ex ante) zutreffend zu prognostizieren und auf der Grundlage dieser Prognose eine konkrete, nach GWh bemessene Liefermenge - unter Berücksichtigung des prozentualen Lieferanteils - im Vertrag mit dem Kunden im Voraus als vertragliche Liefermenge zu vereinbaren. Ebenso wenig ist der Begründung oder dem Ausspruch der Verfügung zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt - etwa bei Vertragsabschluss, während der Vertragslaufzeit oder am Ende eines Gaswirtschaftsjahres - die Betroffene den Vertriebsbedarf eines regionalen oder lokalen Gasversorgungsunternehmens zu ermitteln hat. Die Anknüpfung des Verbots an den tatsächlichen Bedarf legt aber nahe, dass aus der Sicht eines verständigen Adressaten des Verbots eine Prognose des Bedarfs wegen der damit verbundenen Unsicherheiten nicht als das ausschließlich geeignete Mittel anzusehen ist, um Überschreitungen der durch die Prozentsätze festgelegten Aufgreifschwellen und damit Verstöße gegen das Verbot zu vermeiden.

Dies macht die Verbote zu Ziffer 3 nicht unbestimmt. Eine Prognose des Bedarfs ist nur eine von verschiedenen - kumulativ - in Betracht kommenden Maßnahmen, mit denen die Betroffene die Einhaltung des Verbots - mit Einschränkungen, wie noch darzulegen sein wird - gewährleisten kann. Die Verfügung knüpft ausdrücklich an den tatsächlichen Vertriebsbedarf und damit nur an die tatsächliche Nachfrage, nicht aber an den prognostizierten oder voraussichtlichen Vertriebsbedarf an. Die Verfügung bürdet der Betroffenen kein unzumutbares Risiko auf. Durch die ihr überlassene Wahl eines objektiv weniger geeigneten Mittels entscheidet die Betroffene selbst, ob und welche Risiken sie eingeht. Steigt der tatsächliche Bedarf des Kunden an, so erhöht sich nicht der nach der Verfügung zulässigerweise zu liefernde Prozentsatz am Vertriebsbedarf, aber die tatsächliche in absoluten Zahlen (in GWh) gemessene Liefermenge. In diesem Fall trägt die Betroffene kein Risiko. Das Risiko einer unzutreffenden Prognose hat die Betroffene aber dann zu tragen, wenn sie gemeinsam mit ihrem Kunden im Voraus (bei Vertragsabschluss oder zu Beginn des Gaswirtschaftsjahres) eine bestimmte (bezifferte) Liefermenge (z.B. 300 GWh) vertraglich vereinbart und der tatsächliche Vertriebsbedarf zurückgeht, z.B. die Nachfrage durch Kundenwechsel sinkt oder aber ein Winter weniger streng ausfällt als erwartet. Die Verfügung überlässt es der Betroffenen, unter mehreren geeigneten Mitteln dasjenige auszuwählen, das einen Verstoß gegen das Verbot vermeidet. Hierzu kann die Betroffene vertragliche Gestaltungen oder aber konkrete Maßnahmen ergreifen. Zulässig ist auch, die zu Gebote stehenden Mittel - vertragliche Gestaltungen und konkrete Maßnahmen - miteinander zu kombinieren. Eine Konkretisierung der Verfügung auf nur eine einzige positive Abhilfemöglichkeit, die objektiv geeignet ist, einen drohenden Verstoß gegen die Untersagungsverfügung abzuwenden, bedeutete einen Eingriff in die Vertragsgestaltungs- und die Vertragsfreiheit der Betroffenen.

Das Maß an Unbestimmtheit, welches sich daraus ergeben kann, dass die Betroffene ein weniger geeignetes Mittel zur Einhaltung des Verbots wählt, kann und muss die Betroffene hinnehmen. Die Betroffene kann durch hinreichend zuverlässige Maßnahmen sicherstellen, den prozentual zulässigen Anteil am tatsächlichen Vertriebsbedarf des Gasabnehmers nicht zu überschreiten. Hierzu kann sie Verträge unterschiedlichen Inhalts schließen. In diesen Verträgen muss die vereinbarte Liefermenge nicht konkret beziffert werden, wie die Betroffene offenbar annimmt. Es kann auch ein zulässiger Prozentsatz am tatsächlichen Vertriebsbedarf als Liefermenge vereinbart werden. Dieser Prozentsatz kann mit einem Sicherheitsabschlag versehen werden. Es ist der Betroffenen insbesondere bei einer Prognose des Vertriebsbedarfs auch zuzumuten, von der zulässigen Lieferquote prozentuale Sicherheitsabschläge vorzunehmen, um einen Verstoß gegen die Verbotsverfügung in Ausnahmesituationen zu vermeiden. Will sie indes die Lieferquote auch bei einer Prognose stets in vollem Umfang ausnutzen - dies ist ihr nach der Verfügung nicht verwehrt, muss sie dies mit zusätzlichen vertraglichen Gestaltungen und begleitenden Überwachungsmaßnahmen zu erreichen suchen. Zu diesem Zweck kann die Betroffene sich bei einer drohenden Überschreitung des prozentual zulässigen Lieferanteils das Recht zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung und Liefereinstellung vertraglich sichern. Der Betroffene steht es zudem frei, die Abnehmer vertraglich zu verpflichten, ihr die nachgefragten und abgenommenen Gasmengen (den tatsächlichen Vertriebsbedarf) regelmäßig (wöchentlich oder monatlich) zeitnah zu melden und ihr gegenüber Kundenwechsel (z.B. von Sonderabnehmern) rechtzeitig anzuzeigen. Sie kann darüber hinaus während der Vertragslaufzeit Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen ergreifen, nämlich den tatsächlichen Bedarf des Vertragspartners mit den von ihr gelieferten Mengen vergleichen und bei einer drohenden Überschreitung des prozentual zulässigen Anteils am Vertriebsbedarfs den Kunden rechtzeitig hiervon unterrichten. Dies erlaubt es der Betroffenen, sich vor einer drohenden Überschreitung des prozentual zulässigen Anteils rechtzeitig aus dem Vertrag zu lösen. Damit ist zugleich sicher gestellt, dass Abnehmer sich vor einer vorzeitigen Einstellung der Belieferung durch die Betroffene frühzeitig um einen Anschlusslieferanten bemühen können. Ihnen wird entgegen der Auffassung der Betroffenen damit nichts Unzumutbares auferlegt. Eine Überwachung der tatsächlich nachgefragten Gasmengen ist ebenso der Betroffenen wirtschaftlich zumutbar. Gelieferte Gasmengen werden ohnehin gemessen und zeitnah von der Betroffenen gegenüber den in Frage stehenden Abnehmern abgerechnet. Die Verfügung überlässt es zu Recht der Betroffenen zu entscheiden, mit welchen vertraglichen Gestaltungen und/oder Mitteln sie sicherstellen will, den prozentual zulässigen Anteil am tatsächlichen Vertriebsbedarf während der Vertragslaufzeit nicht zu überschreiten. Sie eröffnet der Betroffenen Verhaltensspielräume bei der Ausgestaltung der Verträge mit ihren Vertragspartnern. Die Betroffene hat insoweit ein Wahlrecht; sie kann unter Umständen Prognosen auch mit vertraglichen Gestaltungen und mit Überwachungsmöglichkeiten kombinieren. Die Verfügung trägt so der Vertragsfreiheit und der Gestaltungsfreiheit der Betroffenen und ihrer Vertragpartner Rechnung. Es ist in Anbetracht der Vertragsfreiheit der Betroffenen und der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten weder Aufgabe des Bundeskartellamts noch zulässig, der Betroffenen eine konkrete Maßnahme oder eine Vertragsgestaltung vorzugeben, bei der sie keinerlei Risiken eines Verstoßes gegen die Verfügung eingeht. Das Bedürfnis nach Bestimmtheit und Rechtssicherheit tritt hinter der Vertragsautonomie der Betroffenen zurück.

Eine Unbestimmtheit der Verfügung kann ferner nicht daraus hergeleitet werden, dass der Ausspruch an eine prozentuale Lieferquote anknüpft und nicht an eine absolute (in GWh gemessene) Liefermenge. Damit trägt die Verfügung dem Umstand Rechnung, dass die Nachfrage von Gaslieferjahr zu Gaslieferjahr schwanken und nicht für jedes einzelne Vertragsverhältnis mit ihren Abnehmern nach Anlage 1 eine individuelle absolute Liefermenge berechnet werden kann. Die absolute Liefermenge lässt sich in jedem einzelnen Fall anhand der Lieferquote und des tatsächlichen Bedarfs von der Betroffenen ermitteln.

b) Der Verfügungsausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Satz 2 lit. a) ist ebenfalls nicht unbestimmt, soweit es um den Zeitpunkt geht, einen Anschlussvertrag abzuschließen. Die Betroffene rügt, es sei weder dem Ausspruch noch den Gründen der Verfügung zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt sie berechtigt sei, mit Abnehmern einen Anschlussvertrag zu schließen, ohne gegen die durch die Verfügung konkretisierte gesetzliche Verpflichtung zu verstoßen. Für die Prüfung und Feststellung der Bestimmtheit der Verfügung gelten auch insoweit die oben unter a) dargestellten Rechtsgrundsätze.

Zutreffend ist allerdings, dass weder der Ausspruch noch die Begründung der Verfügung sich zum Zeitpunkt eines zulässigen Neuabschlusses von Anschlussverträgen verhält. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um ein Versäumnis des Bundeskartellamts, das zur Unbestimmtheit der Verfügung führt und damit die Rechtsfolge der Aufhebung der Verfügung nach sich zieht. Die vorliegende kartellbehördliche Verfügung ist zwar aus der Sicht der Betroffenen der Auslegung bedürftig. Aus der Auslegungsbedürftigkeit der Verfügung folgt jedoch nicht deren Unbestimmtheit. Führt die Auslegung der Verfügung zu einem zweifelsfreien Auslegungsergebnis, so steht dies der Annahme der Unbestimmtheit der Verfügung entgegen. Erst wenn die Auslegung zu mehreren vertretbaren, aber einander widersprechenden Auslegungsergebnissen führt, bleiben Zweifel an dem Inhalt des Verbots bestehen, welche die Unbestimmtheit der Verfügung begründeten.

Dies ist hier nicht der Fall. Bei der Auslegung aus der Sicht der Betroffenen als Adressaten des Verbots ist es selbstverständlich, die in der Gaswirtschaft herrschenden Gepflogenheiten zu berücksichtigen. Diese dürfen bei der Ermittlung der zeitlichen Komponente des durch die Verfügung untersagten konkreten Verhaltens nicht ausgeblendet werden. Wie die Beteiligten zu 1 bis 4 unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht haben, beginnen die Verhandlungen der Vertragspartner üblicherweise im Frühjahr des noch laufenden Gaswirtschaftsjahres über den Abschluss des Vertrages für das kommende, jeweils am 1. Oktober beginnende neue Gaswirtschaftsjahr. Die Abschlüsse werden in den Sommermonaten maßgebend vorbereitet. Aus dem Schweigen der Verfügung über einen konkreten Zeitpunkt, ab dem der Abschluss von Neuverträgen zulässig ist, ist zu schließen, dass die Verfügung das bewährte und übliche Verhalten der Gaswirtschaft bei der Vertragsanbahnung- und das Abschlussverhalten auch der Betroffenen nicht untersagen, sondern dieses hinnehmen will.

Darüber hinaus liegt es in der Verantwortung der Betroffenen sicherzustellen, nicht durch einen vorzeitigen Vertragsabschluss in zeitlicher Hinsicht gegen die Verfügung zu verstoßen. Von der Vertragsfreiheit ist nämlich auch die autonome Entscheidung der Betroffenen umfasst und geschützt, zu welchem Zeitpunkt sie Vertragsanbahnungsverhandlungen aufnimmt und Verträge mit ihren Vertragspartnern schließt. Die Verfügung respektiert dadurch, dass sie sich konkreter zeitlicher Vorgaben enthält, die Vertragsanbahnungsfreiheit der Betroffenen auch in zeitlicher Hinsicht.

Die Erklärung des Bundeskartellamts in der Beschwerdeerwiderung, frühestens zwölf Monate vor Ablauf des ersten Liefervertrages sei in der Regel unter Berücksichtigung der Gesamtumstände der Abschluss eines Anschlussliefervertrages ohne Verstoß gegen das Untersagungsgebot der Verfügung zulässig, stellt die Bestimmtheit des Verbots nicht in Frage. Auch ohne diese Erklärung des Bundeskartellamts, die für die Betroffene günstiger ist als das durch die Auslegung ermittelte Ergebnis, wäre die Verfügung hinreichend bestimmt. Diese Erklärung beinhaltet lediglich ein - über die objektive Rechtslage hinausgehendes - Zugeständnis und nicht eine Ergänzung einer unvollständigen Verfügung.

Mit Recht hat das Bundeskartellamt aus diesen Gründen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstandpunkt vertreten, eine Teilerledigung der Beschwerde der Betroffenen sei mit Rücksicht auf seine Erklärung nicht eingetreten.

3. Der Ausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Ziffer 3 Satz 2 lit. a) ist rechtmäßig.

Ziffer 3 Satz 2 lit. a) stellt eine Auslegungsregel dar, die zur Auslegung der vollstreckungsfähigen Untersagungsanordnung nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) heranzuziehen ist. Sie besagt, dass mehrere Lieferverträge zwischen Lieferant und Kunde als in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als ein einziger Vertrag anzusehen sind. Damit greift der Verfügungsausspruch den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt bestätigten rechtlichen Grundsatz einer Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen von wettbewerblichen Verhaltensweisen auf. Zweck dieser Auslegungsregel ist es, eine Umgehung des Verbots zu Ziffern 2 und 3 Satz 1 lit. a), langfristige Lieferverträge mit wirtschaftlichen Gesamtbedarfsdeckungsklauseln jeglicher Art zu schließen, durch den Abschluss von mehreren Verträgen und die Verteilung der Liefermengen auf mehrere Verträge zu vermeiden. Das Verbot nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) erfasst seinem Wortlaut nach nur einen einzigen langfristigen Vertrag und die in ihm enthaltene Bedarfsdeckungsabrede. Gegenstand der Verbotsverfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) sind darüber hinaus nachträglich geschlossene Verträge, mit denen die Vertragsparteien eine Verlängerung der ursprünglichen Vertragslaufzeit und/oder eine Erhöhung der ursprünglichen Liefermenge des ursprünglichen Vertrags vereinbaren, also der Zweitvertrag den Ursprungsvertrag nur in diesen Punkten ändert. Derartige Verhaltensweisen werden bereits von Ziffer 3 Satz 1 lit. a) unmittelbar erfasst, weil nur das bisherige Schuldverhältnis in einem wesentlichen Punkt geändert und daneben kein zweites begründet wird. Sie werden nicht von Ziffer 3 Satz 2 lit. a) erfasst.

Gegenstand der Auslegungsregel zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) in Verbindung mit dem Verbot zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) sind Verhaltensweisen der Betroffenen und der in der Anlage 1 benannten regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen, die die Begründung der angefochtenen Verfügung mit dem Begriff der sogenannten Stapelverträge umschreibt (vgl. Seite 30 f.). Unter sogenannten Stapelverträgen sind danach solche Verträge zu verstehen, die als solche in Laufzeit und Lieferquote an sich nicht zu beanstanden sind, aber als Kette von kurzfristigen Anschlussverträgen abgeschlossen werden (vgl. Verfügung Seite 29, 1. Absatz, Satz 3 und Seite 31 Mitte; Beispiel: drei Verträge über 80% mit einer Laufzeit von je zwei Jahren - zeitliche Stapelung). Ferner erfasst die Verfügung mehrere Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten (beispielsweise zwei und vier Jahre), deren Mengen künstlich in Teillose aufgespalten werden von (z.B. von 20%, 30%, 40%, 50% bis 80%) und die sich auf bis zu 100% des tatsächlichen Bedarfs ergänzen (vgl. Verfügung S. 29, 1. Absatz, Satz 2 - mengenmäßige Staffelung; vgl. Bundeskartellamt, Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gaslieferverträgen, S. 14 f.). Diese sind Gegenstand der Auslegungsregel zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) und Gegenstand der Untersagungsverfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a), soweit sie entweder zwischen den Vertragsparteien oder über mit diesen verbundene Unternehmen geschlossen werden. Verträge unterschiedlicher Laufzeit über Teilmengen (auch Stapel- oder Staffelverträge genannt) oder aber zeitlich gestapelte kurzfristige Verträge (auch als Kettenverträge bezeichnet) werden trotz ihrer formellrechtlichen Trennung in zwei Vertragsurkunden in ihrer Wirkung als ein einziger Vertrag angesehen. Nicht erfasst werden Verträge, zwischen denen eine zeitliche Zäsur liegt.

Zutreffend weist die Betroffene daraufhin, dass unter die Auslegungsregel nach Ziffer 3 Satz 2 lit. a) formal selbständige Verträge/Vereinbarungen (Zweit-/Neuverträge) unterschiedlicher Laufzeit über Teilmengen fallen, die "im Wettbewerb" zwischen denselben Vertragsparteien oder über verbundene Unternehmen noch während der Vertragslaufzeit des Erstvertrages geschlossen werden. Bei diesen Verträgen überschneidet sich der Gasbezug von Teilmengen in zeitlicher Hinsicht - er erfolgt zeitversetzt -, wobei die vereinbarten Teilmengen sich auf bis zu 100% des tatsächlichen Bedarfs des Kunden summieren (sogenannte Stapelverträge). Dabei hat die Betroffene entweder eine Vorlieferantenstellung inne (Lieferung von mehr als 50% des Gesamtbedarfs) oder aber sie nimmt eine Stellung als Lieferantin von Teilmengen (bis zu 50%) ein.

Derartige Verträge bilden eine rechtliche Einheit, weil sie zwischen denselben Vertragparteien geschlossen werden. Sie bilden eine wirtschaftliche Einheit, weil sie (nahezu) den gesamten Bedarf eines Abnehmers erfassen. Der Bedarf ist in der Hand der Betroffenen gebündelt und steht dem Wettbewerb nicht mehr zur Verfügung.

a) Mit Recht ist das Bundeskartellamt der Ansicht, dass Verträge unterschiedlicher Dauer, bei denen durch eine Kombination (Staffelung) von an sich - nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) - zulässigen unterschiedlichen Laufzeiten und an sich zulässigen Teilmengen eine vollständige oder nahezu vollständige Deckung des Bedarfs eines Regional- und Ortsgasunternehmens über einen mehr als zwei- oder vierjährigen Zeitraum erreicht wird, unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG darstellen.

27. Diese Lieferverträge und ihre Mengen- und Laufzeitvereinbarungen sind Absprachen von Unternehmen. Die Betroffene und die Regional- und Ortsgasunternehmen sind Unternehmen im Sinne des europäischen Kartellrechts.

bb) Die unter Ziffer 3 Satz 1 lit. a) und Satz 2 lit. a) untersagten Verträge bzw. Vereinbarungen über die Mengen und Laufzeiten bezwecken und bewirken eine Beschränkung des Wettbewerbs zwischen der Betroffenen und den abnehmenden Regional- und Ortsgasunternehmen (Horizontalverhältnis). Stapel- und Kettenverträge über Teilmengen im zwischen der Betroffenen und den Regional- und Ortsgasunternehmen bestehenden Vertikalverhältnis erhalten durch die zeitliche Dimension, also durch überlange Vertragsdauer, einen kartellrechtlichen Unwertgehalt. Sie sind geeignet, den zwischen der Betroffenen und Regional- und Ortsgasunternehmen aktuell oder potentiell bestehenden Wettbewerb zu beschränken. Die größeren regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen in dem durch das konzerneigene Gasversorgungsnetz abgebildeten räumlichen Versorgungsgebiet der Betroffenen sind zugleich potentielle Wettbewerber der Betroffenen. Sie stehen zu ihr in einem horizontalen Wettbewerbsverhältnis. Gerade größere Regional- und Ortsgasunternehmen kommen als Lieferanten von Gas für die kleineren Stadtwerke in Betracht. Ferner werden auch Drittlieferanten von der Belieferung der Regional- und Ortsgasunternehmen mit Gas ausgeschlossen (Vertikalverhältnis).

Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 17 f.) ausgeführt:

"Trotz vertikaler Lieferbeziehungen sind regionale und lokale Gasversorgungsunternehmen in dem durch das konzerneigene Gasversorgungsnetz abgebildeten räumlichen Versorgungsgebiet zugleich potentielle Wettbewerber der Betroffenen. Sie stehen zu ihr in einem Wettbewerbsverhältnis. Wettbewerber im Sinne des Art. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 sind tatsächliche (wie die Beigeladene zu 4 und die Beigeladene zu 7) oder potentielle Anbieter (wie die Beigeladene zu 6) auf demselben Produktmarkt, nämlich auf dem sachlichen Markt der Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Erdgas. Der (potentielle) Wettbewerb folgt daraus, dass größere (und leistungsfähigere) Regional- und Ortsgasunternehmen gleichartige kleinere Unternehmen beliefern können (vgl. dazu auch den Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Auswirkungen der Verbändevereinbarungen vom 7. August 2003, BT-Drs. 15/1510, Monitoring-Bericht der Bundesregierung, S. 34 unter Ziffer 2 a). Sind an sich leistungsfähige und -bereite Regional- und Ortsgasunternehmen durch langfristige Bezugsverträge mit hohem Bedarfsdeckungsgrad jedoch an die Betroffene gebunden, kann insoweit kein Wettbewerb aufkommen. Ein wirksamer Wettbewerb um eine Belieferung kleinerer Ortsgasunternehmen kann bei dieser Sachlage auch durch Lieferungen Dritter nicht entstehen, da dazu erforderliche Freimengen, die eine Belieferung wirtschaftlich sinnvoll werden lassen, auf Jahre hinaus fehlen. ..."

Erst eine Beurteilung der rechtlich durch die Identität der Vertragsparteien in einem Zusammenhang stehenden, inhaltlich gleichartigen Verträge in ihrer Gesamtheit lässt die volle wettbewerbliche Bedeutung der von den Vertragsparteien eingegangenen Bindungen in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht erkennen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Verträge und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen wird deutlich, dass durch die zwar in getrennten Vertragsurkunden enthaltenen Vereinbarungen über Laufzeit und Liefermengen über einen Zeitraum von mehreren Jahren erneut große Mengen des Bedarfs für zwei Jahre (z.B. bis zu 100% für zwei Jahre) und nahezu der gesamte Bedarf eines Regional- und Ortsgasunternehmens (z.B. bis zu 80% für weitere zwei Jahre) erfasst werden. Solche Verträge entfalten eine Bündelwirkung hinsichtlich des gesamten Bedarfs eines Regional- und Ortsgasunternehmens. Sie bündeln die Deckung des (nahezu) gesamten Bedarfs eines Nachfragers in der Hand der Betroffenen. Die von ihnen erfassten Gasmengen stehen dem Wettbewerb dann wiederum über einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung, weil sie von der Betroffenen geliefert werden. Die Bündelung der Nachfrage soll aber bewirken, dass Regional- und Ortsgasunternehmen ihren (nahezu) gesamten Bedarf nicht bei anderen, in der Regel größeren Regional- und Ortsgasunternehmen (potentiellen Wettbewerbern der Betroffenen) decken können. Größere regionale und lokale Gasversorgungsunternehmen in dem durch das konzerneigene Gasversorgungsnetz abgebildeten räumlichen Markt sind zugleich potentielle Wettbewerber der Betroffenen. Ferner werden Drittlieferanten von der Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen ausgeschlossen. Die in den Verträgen enthaltenen - für sich allein genommen zulässigen - Liefermengenabreden perpetuieren eine Gesamtbedarfsdeckung oder eine Nahezu-Bedarfsdeckung, dadurch dass die Betroffene weiterhin die Hauptmengen (bis zu 80% und bis zu 100%) über einen längeren Zeitraum (als zwei Jahre) liefert. Dabei macht es für die kartellrechtliche Gesamtbetrachtung der Mengen- und Laufzeitvereinbarungen keinen Unterschied, ob die Lieferverträge zwischen den Vertragsparteien in einem nahen zeitlichen Zusammenhang oder - nach vorausgegangenem Wettbewerbsprozess - mit einem deutlichen zeitlichen Abstand zueinander geschlossen werden. Angesichts des hohen Bedarfsdeckungsgrades solcher Verträge ist anzunehmen, dass die Betroffene gerade eine Kombination aus einem Vertrag über vier Jahre mit 80% und einem Vertrag über zwei Jahre mit 20% des tatsächlichen Bedarfs bei zukünftigen Vertragsverhandlungen mit Regional- und Ortsgasunternehmen präferieren und diesen zunächst Verträge über 80% des Bedarfs anbieten würde. Ein solches Modell (Beispiel 1 der Beschwerdebegründung; vgl. GA III, S. 931) wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die regionalen und lokalen Versorgungsunternehmen von Vorteil, weil es für diese mit geringem eigenem Aufwand verbunden wäre. Dies hätte zur Folge, dass eine solche Kombination der Verträge von den regionalen und lokalen Versorgungsunternehmen bevorzugt würde. Im Effekt folgte daraus: Nach nur zwei Jahren mit einem geringfügigen Wettbewerb um eine Teilmenge von 20% würde die Betroffene zwei weitere Jahre lang den gesamten Bedarf in ihrem Versorgungsgebiet befriedigen. Ein in den ersten zwei Jahren sich entwickelnder (Teil-)Wettbewerb im Versorgungsgebiet der Betroffenen würde durch eine flächendeckende Kombination von Verträgen für die weiteren zwei Jahre im Keim erstickt. Selbst nach vier Jahren Vertragslaufzeit wären die Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb noch nicht geschaffen. In der Kombination führen diese Verträge dazu, dass nur in den ersten zwei Jahren eine Menge von 20% des Gesamtbedarfs tatsächlich zur Verfügung stände.

Bei der kartellrechtlichen Beurteilung der wettbewerblichen Auswirkungen der Vereinbarungen ist eine künstliche Trennung der Gesamtlaufzeit der Verträge (von vier oder sechs Jahren) von der Dauer der Gesamtbedarfsdeckung (über zwei Jahre) abzulehnen. Unerlässlich ist eine zusammenfassende Betrachtung. Eine Kombination von an sich zulässigen Mengen und Laufzeiten durch den Abschluss mehrerer Verträge mit demselben Abnehmer ist der Betroffenen nach der Verfügung untersagt, da dies dazu führt, dass erhebliche Mengen des Bedarfs eines Abnehmers aufgrund einer Bündelung über einen längeren Zeitraum dem Wettbewerb entzogen werden. Eine Kombination isoliert zulässiger vertraglicher Vereinbarungen ist der Betroffenen untersagt.

Dabei bildet es keinen Unterschied, ob eine 100%-ige Deckung des tatsächlichen Bedarfs durch den Abschluss mehrerer Verträge bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit (vgl. Beispiel 1 der Beschwerdebegründung) oder erst gegen Ende der Vertragslaufzeit durch nachträglich im Wettbewerb ausgeschriebene Verträge erreicht wird (vgl. Beispiel 2 der Beschwerdebegründung).

Gleiches gilt, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, für den Abschluss eines Erstvertrages über 50% für die Dauer von sechs Jahren, den Abschluss eines Zweitvertrages über 30 % für die Dauer von vier Jahren und den Abschluss eines Drittvertrages über 20 % für die Dauer von zwei Jahren (Beispiel 3 der Beschwerdebegründung).

Auch bei dieser Kombination an sich zulässiger Verträge werden über einen längeren Zeitraum erhebliche Mengen des Bedarfs dem Wettbewerb entzogen und spätestens ab dem vierten Jahr 100% des gesamten Bedarfs durch die Betroffene gedeckt. Auch dies würde einen in den ersten vier Jahren entstandenen Wettbewerb um Teilmengen bei einer flächendeckenden Umsetzung beenden. Ketten- und Stapelverträge mit hohem Bedarfsdeckungsgrad ebenso wie langfristige Bezugsbindungen mit hohem Bedarfsdeckungsgrad sind geeignet zu verhindern, dass freie Liefermengen in einem für einen unverfälschten Wettbewerb vorauszusetzenden Umfang entstehen.

(1) Als hiervon sachlich und räumlich betroffener (relevanter) Markt ist der Markt für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Erdgas (zum Zweck einer Versorgung der Endverbraucher) anzusehen. Dieser in der angegriffenen Verfügung vorgenommenen Marktabgrenzung ist - auch nach erneuter Prüfung - zuzustimmen.

Aus Sicht der Erdgas nachfragenden Regional- und Ortsgasunternehmen besteht keine funktionale Austauschbarkeit mit anderen Energieträgern. Die Regional- und Ortsgasunternehmen können - bedingt durch die Nachfrage der Endabnehmer (private Kunden, Gewerbetreibende und Industriekunden), die ihren Bedarf mit zumutbarem Aufwand nicht auf andere Energieträger umstellen können, soweit sie die Entscheidung für einen bestimmten Energieträger schon getroffen haben - ebenfalls nicht auf andere Energieträger ausweichen (vgl. OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 854, 857 - Stadtwerke Aachen).

Innerhalb der mehrstufigen Gaswirtschaft bildet die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen einen eigenständigen sachlichen Markt. Dieser Markt ist dem Endkundenmarkt (Haushalte, Gewerbekunden und Industriekunden) vorgelagert und vom Markt der Belieferung von regionalen Ferngasunternehmen abzugrenzen. Auf diesen - nach Abnehmergruppen der Betroffenen wie der anderen überregionalen Ferngasunternehmen differenzierten (vgl. BGH, WuW/E BGH 1502 f - KfZ-Kupplungen; WuW/E-DER 1355, 1356 f. - Staubsaugerbeutel) - sachlichen Märkten herrschen unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen, Preise und auch Absatzstrategien. Die Größenordnungen der von den Regional- und Ortsgasunternehmen nachgefragten Gasmengen sind erheblich geringer als die der regionalen Ferngasunternehmen. Regionale Ferngasunternehmen werden deshalb zu günstigeren Preisen beliefert. Sie agieren - wie der Vertreter der Betroffenen im Termin über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nicht in Abrede gestellt hat - auf einer anderen Marktstufe und beliefern Haushalts- und Kleingewerbekunden, auf die das Hauptgeschäft der Regional- und Ortsgasunternehmen entfällt, selbst nur zu einem vernachlässigbar geringen Anteil. Die Abgrenzung eines sachlichen Marktes für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen wird zudem indiziell durch den Umstand belegt, dass die Betroffene in ihren Kundenlisten selbst nach einer Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen sowie von regionalen Ferngasunternehmen unterscheidet.

Die Belieferung von Industrie- und Kraftwerkskunden ist in den relevanten sachlichen Markt nicht einzubeziehen. Diese sind - wie die Haushalte und Gewerbekunden - Endverbraucher und keine Weiterverteiler. Sie beziehen Erdgas zum Eigenbedarf. Absatzstrategien und Preisbildung für das von ihnen nachgefragte Erdgas unterliegen anderen als bei den Regional- und Ortsgasunternehmen vorherrschenden Bedingungen. Die Absatzmöglichkeiten ausländischer Anbieter bei regionalen Ferngasunternehmen (etwa der .... bei der ....) sind - entgegen der Auffassung der Betroffenen - für den sachlichen Markt der Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen nicht von Bedeutung. Sie betreffen einen anderen sachlichen und räumlichen Markt, über dessen Verhältnisse das Bundeskartellamt nicht aufzuklären hatte.

(2) Der relevante Markt wird in räumlicher Hinsicht vom Gasversorgungsnetz der E...-RG... Transport AG & Co. KG abgebildet, über das die Betroffene - wie unstreitig ist - auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum E...-Konzern tatsächlich verfügt. Auf dem in der Weise abgegrenzten Markt für die Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen hat die Betroffene, da ihr das Gasversorgungsnetz der E...-RG... Transport AG & Co. KG unmittelbar zugänglich ist, ein natürliches Monopol (vgl. BGH, NVwZ 2006, 962 - Stadtwerke Dachau; WuW/E DE-R 1520, 1523 - Arealnetz; BGHZ 136, 268 - Stromversorgung Aggertal; BGH, WUW/E DE-R 32, 33 - Stadtwerke Garbsen). Die Entflechtung des Gasvertriebs vom Netzbetrieb steht dem nicht entgegen, weil Netzeigentümer und Betreiber demselben Konzern angehören. Das Netzgebiet der E...-RG... Transport AG & Co. KG erstreckt sich - wie zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist - auf die Bundesländer N... (mit Ausnahme des westlichen Landesteils), H..., R..., S..., B... sowie B... (vgl. auch den Monitoring-Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, BT-Drs. 15/1510, Seite 34, Schaubild unter III.9: Gasversorgungsnetze in Deutschland).

Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist der räumlich relevante Markt nicht bundesweit, sondern nach dem Netzgebiet des konzernangehörigen Netzbetreibers abzugrenzen. Die räumliche Marktabgrenzung bestimmt sich nach den tatsächlichen räumlichen Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, hier der Regional- und Ortsgasunternehmen (vgl. BGH WuW/E 2483, 2478 f. - Sonderungsverfahren; Beschl. v. 19.12.1995, KVR 6/95, WUW/E 3037, 3042 - Raiffeisen). Kleinere räumliche Märkte sind immer dann zu bilden, wenn die Austauschmöglichkeiten der Nachfrager aus objektiven Gründen regional begrenzt sind. Eine Änderung der durch regional begrenzte Märkte bestimmten Marktverhältnisse (vgl. BGH, WuW/E DE-R 1206, 1208 - Strom und Telefon I; WuW/E DE-R 1520,1523 - Arealnetz) tritt nicht schon mit der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Maßgebend ist die Entwicklung der tatsächlichen Marktverhältnisse. Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13. Dezember 2005, KVR 13/05, unter Ziffer III.1c), für den leitungsgebundenen Gasmarkt ausdrücklich bestätigt. Auf Grund des Eigentums der mit der Betroffenen konzernmäßig verbundenen Netzbetreibergesellschaft, der E...-G... AG & Co. KG, verfügt die Betroffene über eine natürliche Monopolstellung. Die im so definierten Versorgungsgebiet der Betroffenen ansässigen Regional- und Ortsgasunternehmen haben tatsächlich keine räumlichen Ausweichmöglichkeiten auf andere Anbieter als die Betroffene, die nach den unwidersprochenen Feststellungen des Bundeskartellamts über dieses Netz verfügt. Dem steht nicht entgegen, dass, wie die Betroffene einwendet, sie ein angemessenes Entgelt für die Durchleitung von Gas an die konzerneigene Tochtergesellschaft entrichtet. Der Begriff "Zurverfügungstellen" umfasst auch entgeltliche Formen der Nutzung des Gasversorgungsnetzes.

Der Senat hat das Nichtbestehen eines effektiven Durchleitungssystems in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 21) wie folgt begründet:

"Die tatsächlichen Marktstrukturen haben sich - nach Abschaffung der Bereichsausnahme gemäß den §§ 103, 103a GWB und Einführung eines Durchleitungsanspruchs nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB und § 6a EnWG - seit 1998 nicht oder nur unwesentlich geändert. Dies belegen das XIV. Hauptgutachten der Monopolkommission aus dem Jahr 2000/2001 und der Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an den Deutschen Bundestag über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen der Verbändevereinbarungen vom 31. August 2003 (Monitoring-Bericht, BTDrs. 15/1510, S. 34 ff). Wie die Monopolkommission (Hauptgutachten S. 390) ausgeführt hat, funktionierte in den ersten Jahren nach der Liberalisierung die durch die Verbändevereinbarung Gas I angestrebte Praxis der Durchleitung von Erdgas durch fremde Netze bei neuen Anbietern nur unzureichend und blieb auf die etablierten Gasversorger wie RG... (die Betroffene), W... und R...Gas beschränkt (vgl. S. 396, linke Spalte). Das Auftreten neuer europäischer Anbieter im Inland hatte nur geringen Einfluss auf die bisherige Marktstruktur (vgl. Monitoring-Bericht, S. 37), während US-amerikanische Anbieter sich vom deutschen Markt zurückzogen. Den Fortbestand dieser Marktverhältnisse bis zum Beginn des Jahres 2003 hat der Bundesgerichtshof für den Markt der Belieferung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Erdgas zuletzt mit Beschluss vom 13. Dezember 2005 (KVR 13/05, Umdruck S. 8 f., unter Ziffer III.1.c - Stadtwerke Dachau) angenommen. Auch bis zum Ablauf des Monats August 2003 hat sich nach dem Monitoring-Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit hieran nichts geändert."

Das Vorbringen der Betroffenen und der Beteiligten zu 6 und 7 ist unergiebig, soweit die Frage zu beantworten ist, ob für die Zeit nach dem 31. August 2003 von dem Bestehen eines rechtlich abgesicherten und praktisch handhabbaren Durchleitungssystems auszugehen wäre. Auf den Umstand, ob zwischen der Betroffenen und den übrigen etablierten Ferngasunternehmen die Durchleitung von Gas funktioniert, kommt es nicht an, da diese zueinander, im jeweiligen Versorgungsgebiet des anderen nicht in einen Wettbewerb treten. Mithin besteht kein Anlass für den Senat, für die Zeit nach dem 31. August 2003 von Amts wegen Ermittlungen zu den Durchleitungsmöglichkeiten anzustellen oder solche dem Bundeskartellamt aufzugeben.

Ergänzend ist mit Blick auf die räumliche Marktabgrenzung und die Ausführungen der Betroffenen und der Verfahrenbeteiligten zu 6 und 7 in der mündlichen Verhandlung folgendes hervorzuheben:

Tatsächliche Ausweichmöglichkeiten der Regional- und Ortsgasunternehmen sind nicht vorhanden oder vernachlässigenswert gering. Sie bestehen nur dort, wo Parallelleitungen vorhanden sind. Dies ist in den Stadtgebieten der Beteiligten zu 6 und 7 zwar möglicherweise der Fall, hingegen nicht flächendeckend im übrigen Versorgungsgebiet der Betroffenen. Im Stadtgebiet der Beteiligten zu 6 sollen eine Parallelleitung der R...(früher T...) und eine Gasleitung von Ws... bestehen. Im Stadtgebiet der Beteiligten zu 7 soll eine weitere Parallelleitung existieren. Dies rechtfertigt eine andere (bundesweite) räumliche Marktabgrenzung jedoch nicht, weil es sich nur um kleine Teilbereiche im Versorgungsgebiet der Betroffenen handelt. Die Beigeladenen zu 6 und 7 sind zudem ebenfalls durch langfristige Gaslieferverträge mit Bedarfsdeckungsklauseln an die Betroffene gebunden, so dass ein ernstzunehmender Wettbewerb zwischen der Betroffenen und ihren Wettbewerbern um die Belieferung der Beigeladenen zu 6 und 7 nicht auftreten konnte. Ein ernstzunehmender Wettbewerb im südlichen Teil des Versorgungsgebiets der Betroffenen geht von GF... ebenfalls nicht aus, da die Betroffene und GF... GmbH über eine Gemeinschaftsleitung, die M., verfügen. Soweit die Betroffene in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, es gehe in ihrem Versorgungsgebiet Wettbewerb von den Ferngasleitungen der W... aus, belegen die vom Bundeskartellamt festgestellten hohen Marktanteile der Betroffenen einen von W... ausgehenden effektiven Wettbewerb nicht. Wie bereits im Beschluss vom 20. Juni 2006, Umdruck S. 24 ausgeführt wurde, verfügt die W... über drei Erdgasfernleitungen (J., M. und W.), die sich über die neuen und alten Bundesländer erstrecken. Diese bilden einen eigenständigen räumlichen Versorgungsmarkt. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass W... in Einzelfällen Kunden der Betroffenen zu einem Wechsel veranlasst haben kann und einen Vorstoß in das Versorgungsgebiet der Betroffenen über parallel zum Gasversorgungsnetz der Betroffenen verlaufende drei Erdgasfernleitungen sowie durch den Bau von Stichleitungen, soweit das rechtlich, tatsächlich und mit vertretbarem wirtschaftlichem Aufwand möglich ist, anstrebt. Dass dies in einem nennenswerten Umfang in der Vergangenheit geschehen ist und dies eine andere Marktabgrenzung rechtfertigt, hat die Betroffene jedoch nicht substantiiert dargelegt, so dass kein Anlass für weitere Ermittlungen besteht. Vereinzelte Kundenwechsel zu W... sind, solange sie nicht mit fühlbaren Marktanteilsverlusten der Betroffenen einhergehen, kein Beweis für wirksamen Wettbewerb. Allenfalls kann nach Einschätzung des Senats W... in erster Linie als potentielle Wettbewerberin der Betroffenen angesehen werden, mag sie auch in Einzelfällen als aktuelle Wettbewerberin im Versorgungsgebiet der Betroffenen aufgetreten sein. Die Betroffene hat aber bereits im Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde deutlich gemacht, dass es ihr erfolgreich gelungen ist, von Wettbewerbern ausgehenden Wettbewerb abzuwehren. Dafür, dass ihr dies im Falle von W... nicht ebenfalls gelungen ist, sind Anhaltspunkte nicht hervorgetreten.

Auf dem räumlichen und sachlichen Markt wird die Betroffene voraussichtlich bei einer Lieferung von Grundmengen und von frei werdenden Teilmengen, die im Wettbewerb an sie vergeben wurden und (nahezu) den gesamten Bedarf erfassen, über eine marktbeherrschende Stellung weiterhin verfügen. Diese - bei formaler Betrachtung - rechtlich selbständigen Verträge umgehen das Verbot zu Ziffer 3 Satz 1, langfristige Bezugsverträge mit wirtschaftlicher Gesamtbedarfsdeckung oder weitgehender Bedarfsdeckung künftig abzuschließen. Die Betroffene würde ihre auf Grund der langfristigen Gaslieferverträge mit wirtschaftlichen (Quasi-) Gesamtbedarfsdeckungsklauseln und des Verfügens über das konzerangehörige Gasliefernetz bereits erreichte marktbeherrschende Stellung mit einem Marktanteil von 75% mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich verteidigen und perpetuieren können, wenn ihr durch die Verfügung nicht - wie mit der Anordnung zu 3 Satz 1 und 2, jeweils zu lit. a) vorgesehen - ein Abschluss von Verträgen unterschiedlicher Dauer bei einer Deckung des gesamten Bedarfs über den zugelassenen Vertragszeitraum hinaus untersagt würde.

(3) Unzutreffend ist die Auffassung der Betroffenen, das Bundeskartellamt habe seiner Prognose, sie werde ohne das Verbot mengenmäßig gestaffelter und sich zeitlich deckender Lieferverträge ihre marktbeherrschende Stellung auf dem relevanten Markt verteidigen und wahren können, eine unzutreffende Tatsachenannahme über eine eintretende Sogwirkung bei der Vergabe von freiwerdenden Mengen im Wettbewerb zu Grunde gelegt.

Mit Recht geht das Bundeskartellamt davon aus, dass bei der Ausschreibung eines Zweit- oder Drittvertrages von dem Umstand, dass die Betroffene aufgrund eines bestehenden Vertrages Lieferantin einer Grund- oder Teilmenge ist, eine wirtschaftliche Sogwirkung zu ihren Gunsten ausgeht. Diese wird dadurch begünstigt, dass die Betroffene die weiteren Teilmengen zu günstigeren Preisen anbieten kann. Die Betroffene bestreitet zwar, im Falle der Lieferung von Hauptmengen eine Quersubventionierung von Teilmengen vornehmen zu können. Dies kann und muss nicht abschließend aufgeklärt werden. Die Sogwirkung kann jedoch auch darauf beruhen, dass die Betroffene über strukturell bedingte (Kosten-)Vorteile verfügt, wenn sie bereits eine Teilmenge liefert. Dabei stellt es keinen Unterschied dar, ob die Betroffene Vorlieferantin einer Haupt- oder einer Teilmenge ist. Denkbar ist auch, dass sie die Grund- oder Teilmenge überteuert anbietet und/oder durch die Lieferung von Grund- und Teilmenge Synergieeffekte realisiert, welche ihr erlauben, Teilmengen preiswerter anzubieten.

Neben einer wirtschaftlichen Sogwirkung kann nach der wirtschaftlichen Erfahrung zudem auch eine Sogwirkung tatsächlicher Art treten, weshalb es - entgegen der Auffassung der Privatgutachter M., S. 43, und D. S. 34, 35 - keine Bedeutung hat, ob die Betroffene als Vorlieferantin von Grund- oder Teilmengen auftritt. Diese Wirkung kann darauf beruhen, dass bei den durch ein langjähriges Gebietsmonopol in ihrem Nachfrageverhalten geprägten Regional- und Ortsgasunternehmen eine Wechselbereitschaft nur sehr eingeschränkt vorhanden ist. Das "erlernte" Nachfrageverhalten der Stadtwerke kann bei der Beurteilung nicht außer Betracht bleiben. Für die geringe Ausbildung einer Wechselbereitschaft sprechen mehrere Gründe: Neben der Homogenität der Ware Gas spielen die "transparenten und bekannten" Verkaufspreise des bisherigen Vorlieferanten eine Rolle. Gerade kleinere Regional- und Ortsgasunternehmen können dazu neigen, am vertrauten und bewährten Vertragspartner festzuhalten. Ferner wird allzu leicht ein Vorteil darin gesehen, "alles" (den gesamten Gasbedarf) aus einer Hand zu beziehen. Die Möglichkeit zur Belieferung aus einer Hand eignet sich erfahrungsgemäß auch dazu, die Attraktivität eines Angebots zu stärken. Die Regional- und Ortsgasunternehmen versprechen sich hiervon insbesondere auch Effizienzvorteile (z.B. eine erleichterte Abwicklung; gesicherte Risikoabdeckung). Verstärkt wird die mangelnde Wechselbereitschaft insbesondere kleinerer Stadtwerke dadurch, dass die Beobachtung eines wettbewerblich funktionierenden Gasmarktes von den Regional- und Ortsgasunternehmen einen zusätzlichen personellen Mehraufwand erfordern würde.

Die vom Bundeskartellamt zugrunde gelegte Annahme einer wirtschaftlichen und tatsächlichen Sogwirkung zu Gunsten der Betroffenen wird ferner durch die Erfahrungen bestätigt, die die Wettbewerber der Betroffenen nach dem Zusammenschluss von E... mit der RG... AG im Jahre 2003 gemacht haben. Damals hatte die Betroffene zugesagt, 20% des Gasbedarfs ihrer Abnehmer einer jährlichen Sonderkündigung zu öffnen. Gleichwohl entstand dadurch kein wesentlicher Wettbewerb, weil nur wenige Regional- und Ortsgasunternehmen, von der Möglichkeit zur Sonderkündigung Gebrauch gemacht haben. Soweit sie davon Gebrauch gemacht haben, hat die Betroffene selbst vorgetragen, auch in diesen Fällen erfolgreich Wettbewerber abgewehrt zu haben, indem sie um frei werdende Teilmengen mitgeboten habe. Die Wettbewerber der Betroffenen haben bestätigt, dass ihnen ein erfolgreicher Wettbewerb um jene Teilmengen nicht möglich gewesen sei. Dies beruhte nicht etwa nur darauf, dass die ausgeschriebene Menge von 20% zu gering und damit eine Gaslieferung wirtschaftlich nicht lohnend gewesen wäre, sondern vor allem darauf, dass die Betroffene als Vorlieferantin der Hauptmengen den Abnehmern ein preisgünstigeres Angebot unterbreitete. In welchem Umfang sich solche strukturellen Vorteile auf mögliche Quersubventionierungen, Effizienzgewinne, überteuerte Grundmengen oder darauf gründen, dass wegen eines gesicherten Absatzes der Hauptmengen günstiger kalkuliert werden konnte, kann offen bleiben. Jedenfalls die Betroffene verfügte und verfügt über derartige Vorteile struktureller Art. Zudem verfügen die Wettbewerber der Betroffenen nicht über die gleichen strukturellen Ausgangsbedingungen. Sie können nicht einmal - wie die Betroffene - auf ein funktionierendes Durchleitungssystem zurückgreifen.

Zu Unrecht geht die Betroffene davon aus, eine wirtschaftliche oder faktische Sogwirkung könne nicht eintreten, weil Verträge über frei werdende Teilmengen in einem Wettbewerbsprozess - anders als langfristige Gaslieferverträge mit Bedarfsdeckungsklauseln - geschlossen würden. Gerade in einem Wettbewerb um ein homogenes Gut wie Erdgas sind beim Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot sonstige Effizienzvorteile oder ein verminderter Verwaltungsaufwand ebenso als Zuschlagskriterien von Bedeutung wie der niedrigste Angebotspreis.

Für die kartellrechtliche Beurteilung dieser Verträge ist mithin nicht von Bedeutung, ob sie aufgrund eines Wettbewerbsprozesses zustande kommen. Entscheidend ist vielmehr die Bündelwirkung dieser Verträge. Diese Verträge stehen in ihrer Wirkung langfristigen Verträgen mit Bedarfsdeckungsvereinbarungen gleich. Sie bilden - ebenso wie langfristige Verträge mit Bedarfsdeckungsvereinbarungen - das Instrument zur Bündelung des gesamten oder nahezu gesamten Nachfragebedarfs eines regionalen oder lokalen Gasunternehmens in der Hand eines einzigen Gaslieferunternehmens. Sie halten aus diesem Grund die Marktzutrittsschranken für Regional- und Ortsgasunternehmen sowie dritte Unternehmen auf dem Markt der Versorgung von Regional- und Ortsgasunternehmen mit Gas aufrecht.

b) Der Wettbewerb auf dem durch das Netzgebiet der E... G... AG & Co. KG gebildeten Markt wird durch die in Rede stehenden Verträge über Teilmengen (Stapelverträge) und Kettenverträge voraussichtlich für inländische und ausländische Gasanbieter spürbar beschränkt werden und diese Verträge werden mit hoher Wahrscheinlichkeit hierzu maßgeblich beitragen.

Durch eine Vielzahl von Stapel- und Kettenverträgen ebenso wie durch langfristige Gaslieferverträge werden Anbieter von Erdgas vom Markt der Versorgung von regionalen und lokalen Gasversorgern ferngehalten, weil diese Verträge über einen längeren Zeitraum erhebliche Mengen der Nachfrage entziehen. Der Markt wird durch ein Bündel gleichartiger Verträge abgeschottet. Jeder einzelne Vertrag über Teilmengen, erst recht aber die Gesamtheit der Verträge über Teilmengen mit der Vielzahl der Regional- und Ortsgasunternehmen trägt zur Abschottungswirkung bei. Die Konkurrenten bleiben auf die Lieferung von Teilmengen angewiesen. Diese Verträge werden mit hinreichender Sicherheit einen entscheidenden Beitrag zur Aufrechterhaltung der bestehenden Marktzugangsbeschränkung leisten. Die Betroffene beherrscht den relevanten und in räumlicher Hinsicht durch das konzerneigene Gasleitungsnetz abgegrenzten Markt. Sie nimmt eine überragende Markstellung ein (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB), da sie über einen unmittelbaren Zugriff auf das konzerneigene Leistungsnetz verfügt und allein deswegen allen anderen Wettbewerbern überlegen ist. Ein Durchleitungssystem, welches einer unmittelbaren Netzzugangsmöglichkeit gleichwertig ist, wird noch nicht wirksam praktiziert. Hinzu kommt der unmittelbare Zugriff der Betroffenen auf die Gasbeschaffungsmärkte. An den Gaslieferungen in den einschlägigen Markt hat die Betroffene nach den Berechnungen des Bundeskartellamts einen Marktanteil von etwa 75%. Der Marktzutritt wird vor allem für diejenigen Regional- und Ortsgasunternehmen spürbar beschränkt, die in der Lage sind, kleinere örtliche Versorger mit Erdgas zu beliefern und gegenüber der Betroffenen als Wettbewerber aufzutreten. Ein Wettbewerb um kleinere Teilmengen in den ersten Jahren der Laufzeit des Erstvertrages rechtfertigt es aus den dargelegten Gründen nicht, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintretende Abschottungswirkung auf dem relevanten Markt zu verneinen.

c) Stapel- und Kettenverträge sind dazu geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Ausländische Unternehmen werden hinreichend wahrscheinlich über keine Möglichkeit verfügen, im Versorgungsgebiet der Betroffenen liegende Regional- und Ortsgasunternehmen mit Erdgas zu beliefern, wenn die Betroffene Stapel- oder Kettenverträge (auch Mengen-Laufzeitkombinationen genannt) mit den Abnehmern von Gas schließen darf.

Die spürbare Beeinträchtigung wird hinreichend wahrscheinlich auf einem wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes eintreten. Der durch das Netzgebiet des konzernangehörigen Netzbetreibers gebildete, das Versorgungsgebiet der Betroffenen abbildende räumlich relevante Markt für die Versorgung von Regional- und Ortsgasunternehmen in N. (mit Ausnahme des westlichen Landesteils), H., R., S., B. sowie B. wird wahrscheinlich für andere inländische und ausländische Anbieter weitgehend verschlossen sein.

3. Immanente Schranken des Art. 81 Abs. 1 EG greifen nicht ein. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sind vertragliche Vereinbarungen, welche unerlässlich sind, das mit dem Vertrag angestrebte Ziel zu erreichen, zwar nicht als Beschränkungen des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG zu bewerten (vgl. EuGH, Slg. 1985 I, 2545, 2571 Tz. 19 a. E. - Remia/Kommission ; EuGH , Slg. 1986-I, 353 (381) Tz. 15 - Pronuptia). Die Unerlässlichkeit einer Wettbewerbsbeschränkung ist aber nur in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen zu bejahen. Die Stapel- oder Kettenverträge sind nicht unerlässlich, um das mit den Verträgen angestrebte Ziel der Versorgung von Abnehmern mit Erdgas zu erreichen. Die langen Vertragslaufzeiten von mehr als zwei Jahren, denen die Abnehmer auf Grund der hier zu beurteilenden Stapel- und Kettenverträge ausgesetzt sind, gehen über das zur Erreichung des Vertragszweckes wirtschaftlich Erforderliche und über das Maß des jeweils Unerlässlichen weit hinaus. Sie übersteigen den vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bei Wettbewerbsverboten für zulässig erachteten zeitlichen Rahmen von zwei Jahren bei Weitem. Dabei kann auch nicht isoliert auf die (kürzere, in der Regel zweijährige) Laufzeit der Gesamtbedarfsdeckung abgestellt werden, sondern ist die addierte Vertragslaufzeit (z.B. 4 Jahre) zu Grunde zu legen. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 ausgeführt, dass bei einem Wettbewerbsverbot von mehr als fünf Jahren eine Freistellung gemäß Art. 5 lit. a) VO (EG) Nr. 2790/1999 nicht zulässig ist. Den Besonderheiten der Gaswirtschaft kann tendenziell in Abhängigkeit vom Grad der Bedarfsdeckung durch längere Vertragslaufzeiten Rechnung getragen werden. Bei einer Gesamtbedarfsdeckung von 100% ist jedoch bei Stapelverträgen eine längere (addierte) Vertragslaufzeit als zwei Jahre nicht zur Erreichung des Ziels unerlässlich.

Take-or-pay-Klauseln in den Gasbezugsverträgen mit Gasförder- und Exportunternehmen vermögen auch Stapel- und Kettenverträge nicht zu rechtfertigen. Bei solchen Klauseln handelt es sich um Mindestbezugsverpflichtungen (vgl. BGH WUW/E - DE-R 1119, 1124 f. - Verbundnetz II). Soweit zwischen Take-or-pay-Klauseln und langfristigen Lieferverträgen ein Zusammenhang insoweit besteht, als letztere den Absatz der Mindestbezugsmengen sichern, lässt sich dieser Zusammenhang auch zwischen Take-or-pay-Klauseln und Stapel- und Kettenverträgen herstellen. Jedoch können Mindestbezugsabreden auf der Beschaffungsseite - deren kartellrechtliche Beurteilung nicht Gegenstand dieses Verfahrens und der Verfügung ist - nicht herangezogen werden, um Stapel- und Kettenverträge zu rechtfertigen, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen.

e) Mengen-Laufzeitkombinationen sind ebenso wenig wie Vereinbarungen über einen langfristigen bedarfsdeckenden Gasbezug vom Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1 durch Art. 2 der VO (EG) Nr. 2790/1999 vom 2. Dezember 1999 (Abl. EG Nr. L 336 v. 29.12.1999 S. 21) befreit.

Die an sich zulässigen Mengen- und Laufzeitenvereinbarungen stehen wegen ihrer Bündelwirkung auf den Gesamtbedarf den langfristigen Ausschließlichkeitsbindungen im Sinne des Art. 1 b) der Verordnung gleich. Sie unterliegen der durch die Verordnung gewährten Freistellung (vgl. Art. 2 der Verordnung) schon deshalb nicht, weil die Betroffene über einen Marktanteil von mehr als 30 % verfügt und bei einer Zulassung von Staffel- oder Stapelverträgen - wie bereits dargelegt - auch in Zukunft verfügen wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung). Für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Verordnung besteht daher schon im Ansatz kein Raum, da der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung nicht eröffnet ist. Die Betroffene ist ein marktbeherrschendes Unternehmen. Es kann mithin dahinstehen, ob die Dauer der Gesamtbezugsverpflichtung von der vereinbarten Vertragsdauer zu entkoppeln und damit isoliert zu betrachten ist (vgl. Parteigutachten M., S. 38, m.w.N. unter Fn. 50; Baron in Loewenheim/Meessen, Kartellrecht Bd. 1, GVO-Vertikal, Rdnr. 270).

f) Die Legalausnahme des Art. 81 Abs. 3 EG findet auf Verträge der in Rede stehenden Art ("Stapelverträge") keine Anwendung. Art. 81 Abs. 3 EG verlangt in positiver Hinsicht einen Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder Verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts, wobei eine angemessene Beteiligung der Verbraucher am entstehenden Gewinn gewährleistet sein muss. In negativer Hinsicht ist die Unerlässlichkeit der auferlegten Wettbewerbsbeschränkung für die Verwirklichung der genannten Ziele vorauszusetzen. Die Vereinbarung darf nicht dazu führen, dass für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren der Wettbewerb ausgeschaltet werden kann.

Von Stapel- und Kettenverträgen sind keine Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder technische und /oder wirtschaftliche Fortschritte zu erwarten. Effizienzvorteile bringen die Vereinbarungen lediglich für die an ihnen beteiligten Unternehmen mit sich. Eine Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt (vgl. EuGH Urt. v. 13.7.1966, Slg. 1966, 321 ff, 396 - Consten und Grundig /Kommission) ist von ihnen nicht zu erwarten.

Das zweite Kriterium des Art. 81 Abs. 3 EG liegt nicht vor. Danach muss die Vereinbarung spürbare objektive Vorteile mit sich bringen, die geeignet sind, die mit der Wettbewerbsbeschränkung verbundenen Nachteile (kein Wettbewerb) zumindest auszugleichen, wenn nicht sogar zu überwiegen. Der Umstand, dass sich durch den Abschluss derartiger Verträge mit Mengen-Laufzeitkombinationen Effizienzgewinne bei der Betroffenen und bei den regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen erzielen lassen, rechtfertigt eine Freistellung kraft Gesetzes der Stapel- oder Kettenverträge nicht. Maßgebend für eine Freistellung kraft Gesetzes ist nicht, dass die Betroffene und regionale oder lokale Gasversorger von Effizienzgewinnen profitieren, sondern die Vorteile müssen an die Endverbraucher weitergegeben werden oder sich bei diesen unmittelbar einstellen. Eine Beteiligung der Verbraucher am entstehenden Gewinn durch eine Senkung der Preise ist zwar nicht erforderlich. Eine Beteiligung kann auch in einer Aufrechterhaltung bestehender Preise trotz gestiegener Kosten auf Grund von Effizienzgewinnen liegen. Unmittelbar entstehen durch Stapel- und Kettenverträge jedoch lediglich wirtschaftliche Vorteile für die Betroffene. Sie kann durch die Verträge ihren Absatz sichern, ihre Gasbeschaffungskosten amortisieren und durch Einsparungen beim Gastransport Effizienzen realisieren. Den Regional- und Ortsgasunternehmen entstehen mittelbar durch den Abschluss von Stapel- und Kettenverträge Einsparmöglichkeiten, wenn diese den gesamten Gasbedarf aus einer Hand erhalten. Eine Beteiligung der Endverbraucher an solchen Vorteilen und Gewinnen ist nicht gewährleistet. Dazu hat die Betroffene nichts oder nur pauschal vorgetragen. Diese wirtschaftlichen Vorteile haben daher außer Betracht zu bleiben. Zudem muss eine "angemessene" Beteiligung der Verbraucher an den Effizienzgewinnen gewährleistet sein. Auch hierzu hat die Betroffene nichts dargelegt.

Stapel- und Kettenverträge sind - ebenso wie langfristige Bezugsvereinbarungen - auch nicht unerlässlich, um die Versorgungssicherheit und die preiswerte Versorgung der Bevölkerung mit Gas zu gewährleisten. Die Betroffene hat im Zusammenhang mit den langfristigen Bedarfsdeckungsklauseln eingewandt hat (Bl. 231 GA II), die Versorgungssicherheit der Verbraucher erfordere den Abschluss langfristiger Importverträge mit Take-or-pay-Klauseln und das mittels langfristiger Importverträge zu beschaffende Gas verteuere sich im Einkauf, wenn keine gesicherten Absatzmöglichkeiten bestünden, weshalb das Ziel einer preisgünstigen Versorgung der Bevölkerung nicht erreicht werden könne. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass weder die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 noch zu Ziffer 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 der Betroffenen untersagt, langfristige Importverträge mit Take-or-pay-Klauseln zu schließen. Die Versorgungssicherheit der Verbraucher ist beim Abschluss von kurzfristigen Lieferverträgen auf der Absatzseite nicht gefährdet. Andere Wettbewerber können die Versorgung der Verbraucher übernehmen oder zu diesem Zweck auch neben der Betroffenen tätig werden.

Die benötigten Gasmengen können sie bei der Betroffenen oder unmittelbar bei Gasförder- oder Gasexportunternehmen beziehen. Damit ist der Absatz der mittels langfristiger Importverträge beschaffter Gasmengen der Betroffenen oder der Gasförderunternehmen hinreichend gesichert. Ist der Absatz solchermaßen gesichert, besteht auch kein Anlass für Preiserhöhungen auf der Beschaffungsseite.

Stapel- und Kettenverträge tragen ebensowenig wie langfristige Absatzverträge, die in hohem Umfang den Abnehmerbedarf decken, zu einer Verbesserung der Warengewinnung oder -verteilung oder zum wirtschaftlichen Fortschritt bei, etwa deswegen, weil allein sie geeignet oder sogar unerlässlich wären, die Erdgasversorgung zu sichern. Die Ziele des die Erdgasbinnenmarkt-Richtlinie 2003/55/EG umsetzenden Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz), nämlich die Gewährleistung einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltfreundlichen leitungsgebundenen Gasversorgung unter Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs (vgl. § 1 Abs. 1, 2 EnWG) stehen gleichberechtigt nebeneinander. Der Gesetzgeber erwartet, dass es durch die Liberalisierung der Energiemärkte zu Preissenkungen (oder aber Preisstabilität) für die Verbraucher kommen wird (vgl. dazu auch BGH, WuW/E DE-R 1520,1525 - Arealnetz).

Das Interesse der Betroffenen an einer Sicherung des Absatzes des importierten Erdgases in ihrem Versorgungsgebiet durch Ketten- und Stapelverträge ist nicht schutzwürdig. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 37 f.) dazu ausgeführt:

"Absatzrisiken sind in einem funktionierenden Wettbewerb jeder unternehmerischen Tätigkeit grundsätzlich immanent. Es ist keinesfalls gerechtfertigt, den im Streitfall zu beurteilenden Teilbereich der Gaswirtschaft - wie bisher faktisch der Fall ist - einen Wettbewerb nahezu vollständig zu entziehen (indem die Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EG bejaht werden), nur um die Betroffene von Absatzrisiken freizustellen. Bei ihrer diesbezüglichen Argumentation übersehen die Betroffene und die antragstellenden Beigeladenen, dass es nicht um unkalkulierbare Absatzrisiken geht. Der Betroffenen verbleiben auch unter Zugrundelegung der angefochtenen Verfügung hohe Absatzraten bei Regional- und Ortsgasunternehmen, die ihr im Wettbewerb mit Konkurrenten einen bedeutenden Vorsprung sichern. Darüber hinaus sind für die Zukunft beim Gasbedarf weitere Steigerungen zu prognostizieren, was - auch der Betroffenen - zusätzliche Absatzmöglichkeiten eröffnet. Erstmals von der Betroffenen zu übernehmende Absatzrisiken werden zudem dadurch gemindert, dass sie als Gasimporteur auf dem Markt auftretende Gashändler beliefern kann. Aus unternehmerischer Sicht der Betroffenen spricht - sofern ein funktionierender Wettbewerb angestrebt ist - ebenso wenig etwas dagegen, im Wege vorstoßenden Wettbewerbs bei einer Belieferung von Endverbrauchern mit Gas tätig zu werden. Dass Take-or-pay-Verpflichtungen in den Gasimportverträgen aus sich selbst heraus wahrscheinlich zu keiner Verschärfung der Risikolage führen werden, ist im vorstehenden Zusammenhang bereits nachgewiesen worden."

Diese Überlegungen beanspruchen auch Gültigkeit für die den gesamten Bedarf bündelnden Staffel- und Kettenverträge.

Art. 81 Abs. 3 lit. b) versagt die Freistellung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung vom Kartellverbot des Art. 81 Abs.1 EG dann, wenn durch sie den beteiligten Unternehmen Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerbs auszuschließen. Durch jene Verträge ist der Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren einen Wettbewerb auszuschalten. Sie nimmt derzeit eine überragende Marktstellung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ein und wird diese auch nach Abschluss von Stapel- und Kettenverträgen erfolgreich verteidigen können.

g) Mengen-Laufzeitkombinationen bei Gasbezugsverträgen sind - ebenso wenig wie die in Gaslieferverträgen enthaltenen langfristigen Bezugsverpflichtungen - nicht gemäß Art. 86 Abs. 2 EG von der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ausgenommen. Die Betroffene ist mit der Versorgung der Endabnehmer mit Gas nicht im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EG betraut. Der Senat hat im Senatsbeschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 38 f.) bemerkt:

"Die Erdgasversorgung eines bedeutenden Teils der Bundesrepublik Deutschland - wie sie die Betroffene durchführt - kann zwar eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sein. Ferngasunternehmen wie die Betroffene (sowie im Übrigen auch Regional- und Ortsgasunternehmen wie die Beigeladenen zu 6 und 7) sind im Sinne von Art. 86 Abs. 2 EG aber mit keinen Versorgungsaufgaben betraut (vgl. EuGH, Urt. v. 27.4.1994, Rs. C - 393/92, Slg. 1994, I-1477, Tz.47 - Almelo; Bundeskartellamt, WuW/E, BKartA 2648, 2654; Markert, EuZW 2000, 433; a.A.: Bunte, Langfristige Gaslieferverträge nach nationalem und europäischem Kartellrecht, 2003, S. 76). Die Betroffene und die genannten Beigeladenen verfügen bei der Belieferung von Verbrauchern mit Gas über keinerlei Beleihung, Konzession oder sonstige Aufgabenzuweisung. Insbesondere ist den Regelungen des EnWG im Rechtssinn keine Betrauung verbunden."

An seiner diesbezüglichen Rechtsauffassung hält der Senat fest (vgl. BTDrs. 13/7274, 10; Schweitzer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht EG /Teil 1, Art. 31, 86 EGV, D Rdnr. 55). Ob das Verbot nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) die Erfüllung einer im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse übertragenen Aufgabe verhindert, also die die Vorschrift des Art. 81 Abs. 1 EG konkretisierende Verfügung die Erfüllung der "übertragenen" Aufgabe unter wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen gefährdet (vgl. EuGH, Urt. v. 10.2.2000-C 147/97; Slg. 2000 I-285 Tz. 49 - Deutsche Post AG; EuGH, Urt. v. 25.10.2001 - C- 475/99, Slg. 2001, I -8089 Tz. 57 - Ambulanz Glöckner), kann daher offen blieben. Für eine solche Gefährdung ist aber auch nichts ersichtlich und nichts von der Betroffenen vorgetragen. Selbst wenn die Voraussetzungen des Verhinderungskriteriums vorlägen, steht eine Ausnahme vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG unter dem weiteren Vorbehalt, dass die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. Die Stapel- und Kettenverträge im Versorgungsgebiet der Betroffenen sind aber voraussichtlich geeignet, den zwischenstaatlichen Handelsverkehr mit dem gemeinschaftswichtigen Produkt Gas in einem Ausmaß zu beeinträchtigen, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. Dies folgt schon aus der räumlichen Größe des Versorgungsgebiets der Betroffenen.

h) Entgegen der Annahme der Betroffenen fehlt es für den Erlass der Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) nicht an der erforderlichen Begehungsgefahr. Die Betroffene hat zwar auf Grund der Auflage zur Freigabe von Teilmengen im Ministererlaubnisverfahren IB1/220840/129 mit der Verfügung vom 18. September 2002 (WuW/E DE-V, 643 - dort nicht abgedruckt) Teilmengen freigegeben, aber auch auf diese freigegebene Teilmengen Angebote abgegeben und Verträge geschlossen, wie das Bundeskartellamt im angefochtenen Beschluss auf S. 30 festgestellt hat und außer Streit steht. Deshalb ist von dem Bestehen einer Wiederholungsgefahr und nicht nur von einer Erstbegehungsgefahr auszugehen. Die Betroffene hat zudem in der Selbstverpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2005 für sich in Anspruch genommen, sich rechtmäßig zu verhalten, wenn sie auch auf Teilmengen im Wettbewerb mitbiete und Ketten- und Stapelverträge in mengenmäßiger und in zeitlicher Hinsicht abschließe. Sie hat sich ohne Einschränkung ausdrücklich ein Bieten auf Teilmengen vorbehalten. Dazu hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 28) ausgeführt:

"Außerdem hat die Betroffene angekündigt, wegen freiwerdender Restmengen Lieferangebote zu unterbreiten (Wir sind jedoch bereit, Ihnen zusätzlich zu den jeweils vereinbarten Liefermenge auch für Restmengen zeitlich befristet wettbewerbsgerechte Lieferangebote zu machen). Solches führt zum Abschluss von zeitlichen und mengenmäßigen Anschlussverträgen mit dem Ergebnis, dass die Betroffene die freigegebenen Mengen wiederum liefert. Nach den nachteiligen Erfahrungen mit dem 2003 eingeräumten Sonderkündigungsrecht ist nicht damit zu rechnen, dass Vertragspartner der Betroffenen das mit der Selbstverpflichtung eingeräumte Sonderkündigungsrecht in nennenswertem Umfang ausüben werden. Sofern sie es ausüben sollten, besteht abermals die Gefahr, dass die frei werdenden Mengen erneut von der Betroffenen bezogen werden. In Anbetracht des mit der Erklärung gemachten Prüfungsvorbehalts ist auch vom Umfang der frei werdenden Mengen, die die Betroffene auf 1/3 ihrer Gesamtliefermenge an Regional- und Ortsgasunternehmen angegeben hat (vgl. eidesstattliche Versicherungen des Direktors Danco, Ast. 17 und 19), das Entstehen von weiterem Wettbewerb, der eine andere Marktabgrenzung rechtfertigen könnte, nicht überwiegend wahrscheinlich. Es handelt sich dabei um Mutmaßungen der Betroffenen, die an sich nicht zur Sache gehören, weil sie die derzeitigen Marktverhältnisse nicht betreffen."

Daneben besteht durch den Abschluss von Kombinationsverträgen auch die Gefahr einer Umgehung der Verbote zu Ziffer 2 und Ziffer 3 Satz 1 lit. a). Würden diese nicht untersagt, so wäre - bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise - mit der von diesen Verträgen ausgehenden Wirkung dasjenige erreicht, was durch die Untersagung der langfristigen Lieferverträge in Verbindung mit wirtschaftlichen Gesamtbedarfsdeckungsklauseln vermieden werden sollte, nämlich eine Bündelung der Deckung des Gesamtbedarfs eines Versorgungsunternehmens in den Händen der Betroffenen und damit eine Perpetuierung der Monopolverhältnisse auf den regionalen Gasmärkten. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Verfügungen zu Ziffern 2 und 3 unterlaufen, ausgehöhlt und entwertet würde.

i) Das Bundeskartellamt hat seine Befugnisse aus § 32 GWB nicht überschritten, indem es gegen ein künftig drohendes Verhalten eingeschritten ist, das geeignet ist, das Verbot, langfristige Gaslieferverträge mit Bedarfsdeckungsklauseln abzuschließen, zu umgehen. Die Vorschrift ermächtigt das Bundeskartellamt zum Erlass aller Maßnahmen gegen Verhaltensweisen, die einen (drohenden) Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften, verhindern oder abstellen. Die Kartellbehörde darf ein solches konkretes (künftiges) Verhalten untersagen, das die Tatbestandsmerkmale eines gesetzlichen Verbots erfüllt. Dies steht bei einer Untersagungsanordnung, wie sie das Amt hier zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) erlassen hat, nach dem bereits Dargelegten außer Zweifel. Die Kartellbehörden der Mitgliedstaaten können nach Art. 81 EG i.V.m. Art. 5 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Maßnahmen auch struktureller Art treffen, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft durchsetzen. Sie sind ebenso dazu ermächtigt, eine Verhaltensweise zu untersagen, die objektiv geeignet ist, eine das gesetzliche Verbot konkretisierende behördliche Anordnung zu unterlaufen, wenn diese Verhaltensweise ihrerseits gegen die europäische Verbotsnorm verstößt. Die Anordnung, keine Verträge über Teilmengen zu schließen, die in ihren Auswirkungen langfristigen Gesamtbezugsverpflichtungen gleichstehen (zeitliches und mengenmäßiges "Stapelverbot"), dient der Stärkung der lückenlosen und effektiven Durchsetzung des europäischen Kartellrechts. Das Bundeskartellamt kann nach § 32 GWB und Art. 81 EG i.V.m. Art. 5 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003 diejenigen Verbote anordnen, die erforderlich und verhältnismäßig sind, um Verstöße gegen Art. 81 Abs. 1 EG abzuwenden.

aa) Die angegriffene Verfügung ist ermessensfehlerfrei ergangen. Wie bereits dargelegt, ist das Bundeskartellamt von einem und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Auch die Grenzen des Ermessens sind eingehalten, und es sind auch keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Insbesondere kann kein Ermessensfehler daraus abgeleitet werden, dass das Bundeskartellamt zuerst die Betroffene in Anspruch genommen hat. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. Juni 2006 (vgl. BA S. 48 f.) hierzu ausgeführt:

"Aus dem Umstand, dass das Amt bislang nur die Betroffene, nicht aber auch andere überregionale Ferngasunternehmen mit einer gleichgerichteten Verfügung belangt hat, sind Einwendungen gegen den angefochtenen Beschluss nicht abzuleiten. Zwar verpflichtet der Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit die Verwaltung, die Grundrechtsträger bei der Anwendung von Gesetzen gleich zu behandeln, das heißt gesetzliche Normen auf alle erfassten Fälle in der gleichen Weise anzuwenden.

......

Eine Ungleichbehandlung liegt ferner nicht darin, dass andere überregionale Ferngasunternehmen vom Bundeskartellamt bislang durch keine - gleich geartete - Verfügung in Anspruch genommen worden sind. Zwar gebietet der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, dass die Behörde ein Ermessen in parallel gelagerten Fällen gleich zu handhaben hat. Dies bedeutet aber nicht, das Amt habe gegen alle Unternehmen, die in gleicher oder ähnlicher Weise wie die Betroffene gegen Art. 81 Abs. 1, Art. 82 EG und § 1 GWB verstoßen, gleichzeitig vorgehen müssen. Es hat ggf. nur gegen jene Unternehmen, die sich kartellrechtswidrig verhalten, gleichermaßen einschreiten. Ordnungswidrige Zustände müssen von der zuständigen Behörde indes nicht zeitgleich und flächendeckend (bundesweit) angegangen werden, wenn ein sachlicher Grund für ein gestaffeltes Vorgehen vorliegt (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1992, 360). Dies ist hier der Fall. Das Bundeskartellamt hat gegen andere überregionale Ferngasunternehmen Verfahren eingeleitet, diese mit Rücksicht auf die vorliegende Sache jedoch ausgesetzt, soweit sich Unternehmen zu einer Beachtung der vom Amt über die Behandlung langfristiger Gaslieferverträge aufgestellten Grundsätze nicht verstanden haben. Zudem rechtfertigt die von den Verfahrensbeteiligten der vorliegenden Sache übereinstimmend zugrunde gelegte Funktion, ein "Musterverfahren" zu sein, gleichgelagerte Fälle erst dann zum Gegenstand einer Verfügung nach § 32 GWB zu machen, wenn sich die Rechtsauffassung der Behörde aufgrund einer gerichtlichen - wenn auch nur vorläufigen - Entscheidung als tragfähig erwiesen hat (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1992, 360). Dies lässt das bisherige Unterbleiben von Verfügungen gegen andere Ferngasunternehmen sachlich gerechtfertigt erscheinen."

Nach erneuter Prüfung in der Hauptsache ist insoweit nicht anders zu entscheiden.

bb) Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist das Umgehungsverbot zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. der Auslegungsregel zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil es ein gegen die Betroffene gerichtetes Verbot begründet, am Wettbewerb um den gesamten Gasbedarf oder um Teilmengen teilzunehmen. Die Betroffene ist nicht gehindert, sich an einem Wettbewerb um den gesamten Bedarf (100%) eines Regional- und Ortsgasunternehmens für die Lieferdauer von zwei Jahren zu beteiligen und einen entsprechenden Vertrag abzuschließen. Ihr ist auch nicht untersagt, sich am Wettbewerb um frei werdende Teilmengen zu beteiligen, wenn sie bereits Vorlieferantin für Grund- oder Teilmengen ist. Die Betroffene kann und darf einen oder mehrere Lieferverträge, der oder die zusammen den Bedarf von 100% des regionalen und lokalen Gasversorgungsunternehmen vollständig deckt oder decken, schließen. Die Laufzeit der Verträge oder des Vertrages darf bei einer vollen Deckung des Bedarfs insgesamt die Dauer von zwei Jahren jedoch nicht überschreiten. Aus den Gründen der Verfügung und ihrer Bezugnahme auf die kartellrechtlichen Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen ist aber im Wege der Auslegung von Ziffer 3 Satz 1 lit. a) in Verbindung mit Satz 2 lit. a) der Verfügung das Verbot zu entnehmen, einen ersten Vertrag über vier Jahre zu 80% und einen weiteren Vertrag für die Dauer von zwei Jahren über 20% zu schließen, wobei die Lieferzeiträume der Verträge sich so überschneiden, dass die Betroffene für einen Zeitraum von zwei Jahren 100% des tatsächlichen Bedarfs und für einen weiteren Zeitraum von zwei Jahren 80% des tatsächlichen Bedarfs deckt. Unter das Umgehungsverbot nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) fallen bei isolierter Betrachtung jedes einzelnen Vertrages an sich nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) zulässige Mengen und Laufzeiten dann, wenn sie miteinander kombiniert werden. Es ist nur ein alternativer, nicht aber ein kumulativer Abschluss solcher Mengen-Laufzeit-Varianten zulässig.

Die Betroffene kann sich auch in ihrer Eigenschaft als Vorlieferantin von Haupt- oder Teilmengen um frei werdende Liefermengen (den ausgeschriebenen Bedarf) im Wettbewerb bemühen. Sie muss bei einem Zuschlag auf ihr Angebot jedoch sicherstellen, dass die nach der Verfügung maximal zulässigen Lieferquoten und die höchstens zulässigen Zeiträume nicht überschritten werden. Mittels welcher Vertragsgestaltung die Betroffene dies gewährleistet, ist ihr überlassen. Sie kann - dies hat sie sich vertraglich vorzubehalten - entweder die Liefermenge des Erstvertrags anteilig um die ausgeschriebene Menge kürzen oder den Erstvertrag im Einvernehmen mit ihren Vertragspartnern aufheben oder - in Anbetracht der unzulässigen Bündelwirkung von Mengenabreden - diesen kündigen. Die Verfügung schreibt nicht vor, mit welchen vertraglichen Gestaltungen die Betroffene einem drohenden Verstoß gegen den Verbotsausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. der Auslegungsregel zu Ziffer 3 Satz 2 lit. a) zu begegnen hat.

Der Umstand, dass die Betroffene bei einem Zuschlag auf die ausgeschriebene Teilmenge faktisch zu einer Kürzung der von ihr gelieferten Haupt- oder Teilmengen gezwungen wäre, ist keine unmittelbare Folge des Verbots. Sie ist eine Konsequenz aus der privatautonomen Entscheidung des regionalen oder lokalen Gasversorgungsunternehmens, frei gewordene Mengen ebenfalls bei der Betroffenen anstatt von einem anderen Lieferanten zu beziehen.

Die den Gesetzeswortlaut konkretisierende Verfügung begründet kein Wettbewerbsverbot zu Lasten der Betroffenen, jedoch führt die Untersagung der Überschreitung bestimmter Lieferquoten (mittelbar) in Einzelfällen zu einem Vertragsabschlussverbot. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Betroffene keine Vorkehrungen insbesondere in Form von vertraglichen Absprachen getroffen hat, die eine Einhaltung der zulässigen Mengen und Laufzeiten gewährleisten. Dies kann im Vorfeld eines Wettbewerbs dazu führen, dass die Betroffene sich auf Teil- oder Grundmengen nicht mehr mit einem eigenem Angebot bewirbt, wenn der Nachfrager zu erkennen gegeben hat, einer Reduzierung von Grund- oder Teilmengen nicht zuzustimmen. Hierbei handelt es sich aber um Entscheidungen des Nachfragers und der Betroffenen, die lediglich eine faktische (mittelbare) Folge des Umgehungsverbots bzw. einen Reflex des Umgehungsverbots darstellen. Dagegen ist mit der angefochtenen Verfügung nicht angestrebt, die Betroffene vom Wettbewerb um den gesamten Gasbedarf auszuschließen. Der Wettbewerb um eine Lieferung von Gasmengen soll unter Beteiligung der Betroffenen vor sich gehen. Die Betroffene soll nur in der Lieferung des gesamten Bedarfs auf eine solche Menge und einen solchen Zeitraum beschränkt werden, die es erlauben, überhaupt einen Wettbewerb um Teilmengen unter wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen für die Wettbewerber zu schaffen. Ziel des Umgehungsverbots nach Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) ist es, eine lückenlose Durchsetzung des durch die Verfügung zu Ziffer 2. konkretisierten gesetzlichen Verbotstatbestandes zu erreichen.

j) Die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) ist verhältnismäßig. Für die gemeinschaftsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ausreichend, dass die ergriffenen Regelungen oder die sie konkretisierenden Maßnahmen zur Erreichung des geltend gemachten Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sind, das heißt, die Maßnahmen nicht diskriminierend angewandt werden (vgl. EuGH, NJW 1994, 2013, 2016; WRP 2007, 525 Tz.48 f.; BGH, Beschl. v. 8.5.2007, KVR 31/06, Umdruck S. 18, Tz. 36). Ausgangspunkt der Verhältnismäßigkeitprüfung ist das Ziel, das mit der Verfügung erreicht werden soll (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2007, KVR 31/06, Umdruck S. 18, Tz. 36). Ziel der Verfügung ist es, den regionalen Gasmarkt, der dem konzernangehörigen Netzgebiet entspricht, im Interesse der Allgemeinheit dem Wettbewerb zu öffnen und unverfälschten Wettbewerb herzustellen, indem Teilmengen des Gasbedarfs durch Wettbewerber geliefert werden.

aa) Unbegründet ist der Einwand der Betroffenen, die Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 a) und Satz 2 lit. a) sei nicht erforderlich, um bestehende monopolistische Strukturen aufzubrechen. Die Selbstverpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2005 der Betroffenen genügt aus den bereits dargelegten Gründen nicht, um dem europäischen Kartellrecht zu seiner lückenlosen und effektiven Durchsetzung zu verhelfen und echten Wettbewerb zu schaffen. Ein Verzicht auf den Abschluss langfristiger Gaslieferverträge allein genügt angesichts der bestehenden und von der Betroffenen erkannten Möglichkeiten zur Umgehung des Verbots nicht. Das begrenzte Verbot, Verträge über Teilmengen zu schließen, beseitigt die sonst auf andere Weise herbeigeführten Marktzutrittsschranken.

Die Betroffene beanstandet zu Unrecht, die Untersagung einer Kombination von Lieferverträgen sei nicht erforderlich, weil sie in Wahrheit den Wettbewerb um Teilmengen beseitige, indem die Verfügung sie, die Betroffene, vom Wettbewerb ausschließe. Das Verbot, Stapelverträge abzuschließen, ist unerlässliche Voraussetzung, um eine drohende Umgehung des Verbots, langfristige Lieferverträge mit wirtschaftlichen Bedarfsdeckungsklauseln jeglicher Art abzuschließen, abzuwenden. Eine Teilaufhebung der Verfügung in diesem Punkt würde das Verbot, langfristige Gaslieferverträge mit Gesamtbedarfsdeckungsklauseln wirtschaftlicher Art zu schließen, unterlaufen. Die Argumentation der Betroffenen lässt außer Acht, dass ein durch die Verfügung geschaffener Wettbewerb um Teilmengen ohne Beteiligung der Betroffenen auf lange Sicht mehr Wettbewerb erzeugen kann als ein "Schein-Wettbewerb" unter Beteiligung der Betroffenen, da die Betroffene aufgrund ihrer strukturellen Vorteile erfahrungsgemäß stets, jedenfalls ganz überwiegend den Zuschlag erhalten wird. Mit Hilfe der Verbote zu Ziffer 2. und Ziffer 3 Satz 1 lit. a) allein können die strukturellen Nachteile der Wettbewerber nicht ausgeglichen werden. Die Verfügung verschafft den Wettbewerbern eine Nachfrage nach Gas, die ohne das Umgehungsverbot nicht gegeben wäre. Die Zulassung des Abschlusses von mehreren Verträgen, die in sich in zeitlicher Hinsicht überschneiden und in mengenmäßiger Hinsicht ergänzen, führt einer Umgehung des Verbots zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) und zu einer Perpetuierung der durch die langfristigen Lieferverträge mit Bedarfsdeckungsklauseln begründeten wettbewerbslosen Situation der Gesamtbedarfsdeckung und damit zu einer Aufrechterhaltung der bereits bestehenden Markzutrittsschranken.

bb) Die Betroffene bezweifelt auch zu Unrecht, der Ausspruch zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. a) sei zur Erreichung des angestrebten Zwecks, echten Wettbewerb auf dem Gasmarkt herzustellen, nicht geeignet. Sie werde als preisgünstigster Bieter vom Wettbewerb um Teilmengen ausgeschlossen. Die Verfügung schütze nur die gasliefernden Konkurrenten der Betroffenen. Dem ist nicht zuzustimmen. Es ist zwar im Ansatz richtig, dass die kartellrechtlichen Normen keinen Schutz gegen Wettbewerb gewährleisten sollen. Der die kartellrechtlichen Normen konkretisierende Ausspruch ist aber objektiv geeignet, die immer noch monopolistisch strukturierten Märkte zu öffnen, bestehende Marktzutrittsschranken abzubauen und Wettbewerb zuzulassen, indem erstmals Gasmengen dem Wettbewerb zur Verfügung gestellt werden. Der Verfügung ist ein marktstrukturierender und -regulierender Effekt immanent. Ein durch die Verfügung in Gang gebrachter, sich unter Beteiligung neuer Wettbewerber entwickelnder Wettbewerb um Teilmengen ist geeignet, einer Aufrechterhaltung monopolistischer Marktstrukturen entgegenzuwirken.

cc) Die Verfügung ist auch angemessen. Die Betroffene wird durch sie nicht diskriminiert, da ihr insbesondere keine unverhältnismäßigen Belastungen auferlegt werden. Sie darf auf (einen oder) mehrere Verträge, die den gesamten Bedarf für den Zeitraum von zwei Jahren erfassen, mitbieten und diese auch abschließen. Die Betroffene ist damit bedeutend besser gestellt als andere Bieter/Lieferanten. Sie kann weiterhin die Hauptmengen stellen und zwar abhängig von der Vertragsdauer bis zu 80% oder mehr als 80% der Gaslieferungen. Sie kann auch bei längerer Vertragsdauer immer noch einen Großteil des Bedarfs decken. Durch die Beschränkung der Dauer der Verfügung auf vier Gaswirtschaftsjahre sind die damit für die Betroffene einhergehenden wirtschaftlichen Belastungen nicht existenzbedrohend. Dies macht die Betroffene selbst auch nicht geltend.

Der Einwand der Betroffenen, sie "subventioniere" Wettbewerber, wenn sie am Wettbewerb um Teilmengen nicht teilnehmen dürfe, ist in der Sache unbegründet. In Wahrheit handelt es sich nicht um ein echtes Wettbewerbsverbot, sondern - als Folge der autonomen Entscheidung eines regionalen oder lokalen Gasversorgers, den Gasbedarf bei mehreren Anbietern zu beziehen - um eine reflexartige Beschränkung darin, Verträge zu schließen, die den gesamten Bedarf (bis zu 100%) oder nahezu den gesamten Gasbedarf (bis zu 80%) erfassen, wenn die Gesamtdauer der Verträge zwei Jahre überschreitet. Die Betroffene wird vom Wettbewerb um den Gesamtbedarf oder um Teilmengen nicht ausgeschlossen. Sie kann auch weiterhin erhebliche Mengen des Bedarfs liefern. Die Betroffene "subventioniert" diese Wettbewerber auch nicht, indem sie ihnen ein funktionierendes Gasversorgungsnetz zum Zwecke der Durchleitung zur Verfügung stellen muss. Die Wettbewerber müssen ihrerseits Durchleitungsentgelte an die konzerneigene Netzbetreibergesellschaft für die Gaseinspeisung und Versorgung ihrer Kunden zahlen, mit deren Hilfe die Erhaltung und der Ausbau der konzerneigenen Netze in der Bundesrepublik Deutschland amortisiert werden kann.

Die Verfügung ist auch nicht deshalb unangemessen, weil nicht auszuschließen ist, dass für eine Übergangszeit Teilmengen zu höheren Preisen von den regionalen und lokalen Gasversorgern beschafft werden müssen. Ein preisgünstigerer Gasbezug von der Betroffenen mittels gestapelter Verträge bündelt die Erfüllung des gesamten Bedarfs in der Hand der Betroffenen. Er perpetuiert eine kartellrechtlich zu missbilligende Gesamtbedarfsdeckung. Nicht ausschließbare Preiserhöhungen sind im Interesse der Schaffung eines wirksamen Wettbewerbs vorübergehend hinzunehmen. Maßgebend ist die langfristige Marktentwicklung, die bei einer Entstehung von Wettbewerb preisbegrenzende Wirkungen haben kann.

Auch der Grundsatz, niemand solle gezwungen werden, auf eigene Kosten den Wettbewerb fremder Unternehmen zu fördern, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Verfügung zu Ziffer 3 Satz 1 lit. a) i.V.m. Satz 2 lit. b). Dieses grundsätzlich als berechtigt anzuerkennende Interesse auch des Marktbeherrschers findet dort seine Grenzen, wo es der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes zuwiderläuft, sich insbesondere gegen die Offenheit des Marktzugangs richtet. Im Streitfall ist das Interesse der Betroffenen darauf gerichtet, den gesamten Gasbedarf aller in ihrem konzernangehörigen Netzgebiet ansässigen Regional- und Ortsgasunternehmen selbst zu liefern, insbesondere unter Ausschluss von anderen größeren Regional- und Ortsgasunternehmen oder Dritten. Damit will sie an monopolistische Strukturen anknüpfen.

Auch die Beteiligten zu 6 und 7 werden durch die Verfügung nicht unverhältnismäßig betroffen. Vordergründig geht ihr Interesse dahin, die bestehende komfortable Situation, keine Marktbeobachtung durchführen zu müssen, aufrechtzuerhalten und Kosten für Personal etc. einzusparen. Dahinter steht das Interesse, sich durch einen Abschluss von langfristigen, den Gesamtbedarf erfassenden Gasliefer- und Stapelverträgen vor einem Wettbewerb durch Ferngasunternehmen auf den nachgelagerten End- und Sonderkundenmärkten in ihrem lokalen Versorgungsgebiet zu schützen (vgl. BGH WuW/E BGH 3145= RdE 1997, 197 - Erdgasdurchleitung). Da die kartellrechtlichen Vorschriften keinen Schutz gegen Wettbewerb gewährleisten sollen, hat jenes Interesse zurückzutreten. Dies gilt auch für den Fall, dass einzelne Sonderkunden damit drohen sollten, bei einer zeitlich befristeten Belieferung mit Gas(teil)mengen ihr Unternehmen ins europäische oder Ausland zu verlagern. Dies ist eine unternehmensinterne Entscheidung, bei der die Kosten des Gasbezugs nur ein Faktor eines Bündels von wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen darstellen, die bei einer Standortverlagerung ausschlaggebend sein können. Davon abgesehen ist keineswegs generell anzunehmen, dass Sonderkunden daran interessiert sind, sich durch langfristige Gasbezugsverträge an einen bestimmten Lieferanten zu binden.

6. Der Ausspruch zu Ziffer 5 der Verfügung ist ebenfalls nicht zu beanstanden (Vorbehalt eines Widerrufs der Anordnungen zu Ziffern 3 und 4 der Verfügung). In entsprechender Anwendung des § 49 Abs. 1 VwVfG steht der Widerruf eines rechtmäßigen belastenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft im Ermessen des Bundeskartellamts. Der Widerrufsvorbehalt bezieht sich auf die Aussprüche zu Ziffer 3 und 4 der Verfügung in ihrer Kombination. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Ziffer 5. Die Auslegung des Wortlauts "Ziffer 3 und 4" des Ausspruches zu Ziffer 5 ergibt, dass sich das Bundeskartellamt den zeitlich befristeten Verbotsausspruch zu Ziffer 3 (belastender Verwaltungsakt) mit Wirkung für die Zukunft vorbehalten will, mithin insbesondere ein Widerruf des Stapelverbots zugunsten der Betroffenen in Betracht kommt. Die Verbote zu Ziffer 3 sollen für einen überschaubaren Zeitraum vollzogen werden, um die Auswirkungen der strukturellen Maßnahmen auf den Wettbewerb zu überprüfen. Die Befristung (Ziffer 4) der Verbotsaussprüche zu Ziffer 3 begünstigt die Betroffene, während die Verbotsaussprüche nach Ziffer 3 die Betroffene belasten. Die Begünstigung (die Befristung bis zum Ablauf des Gaswirtschaftsjahres 2009/2010) und die Belastungen (die Verbote) sind miteinander untrennbar verknüpft. Die Befristung nach Ziffer 4 verliert ihren Sinn und Zweck, wenn die Verbote zu Ziffer 3 widerrufen werden, weshalb das Bundeskartellamt sich nach Ziffer 5 vorbehalten hat, beide Aussprüche nur gemeinsam zu widerrufen. Ein isolierter Widerruf der bis zum Ende des Gaswirtschaftsjahres 2009/2010 vorgesehenen Befristung des Stapelverbots nach Ziffer 4 - den die Verfügung nicht vorsieht - würde zur Folge haben, dass die befristeten Verbote zu Ziffer 3 (insbesondere auch das Stapelverbot) in unbefristete Verbote (Dauerverwaltungsakte) umgewandelt würden. Darin liegt jedoch der Erlass neuer Verfügungen und damit eine Änderung der ursprünglichen zeitlich befristeten Verbote zu Ziffer 3 in unbefristete Verbote.

Mit Recht geht das Bundeskartellamt davon aus, dass seine diesbezüglichen Erläuterungen im Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 (vgl. Bl. 997 GA III) nicht zu einer Erledigung der Verfügung geführt haben.

7. Dass die Befristung zu Ziffer 4 rechtswidrig sei, macht die Betroffene mit der Beschwerde nicht geltend.

8. Bezüglich der Rechtmäßigkeit der Verfügung zu Ziffern 1 und 2 verweist der Senat auf die Ausführungen im Beschluss vom 20. Juni 2006. Soweit dazu in diesem Beschluss nichts mehr ausgeführt worden ist, beruht dies darauf, dass die Betroffene und die Beteiligten zu 6 und 7 hierzu im Beschwerdeverfahren nicht mehr vorgetragen haben.

9. Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage nach Art. 234 EG scheidet aus. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 81 EG ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften hinreichend geklärt. Fragen der Subsumtion des Sachverhalts unter die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 EG können nicht Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens sein.

III.

Für die Betroffene und die Beteiligten zu 6 und 7 wird die Rechtsbeschwerde nach § 74 Abs. 2 GWB zugelassen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 GWB. Die Beteiligten haben neben den Kosten des Beschwerdegegners auch die Kosten der Verfahrensbeteiligten zu 1 bis 5 zu tragen. Ein Beteiligter ist kostenrechtlich wie der Beschwerdeführer oder Beschwerdegegner zu behandeln, wenn er die durch die Beiladung im Verwaltungsverfahren begründete Rechtsstellung im Beschwerdeverfahren nutzt, indem er sich an diesem Verfahren beteiligt. Die Verfahrenbeteiligten zu 1 bis 5 haben schriftliche und mündliche Stellungnahmen zur Sache abgegeben. Eine Antragstellung war nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung bliebe im Falle einer anzunehmenden teilweisen Beschwerderücknahme durch die Betroffene dieselbe, da bei einer Rücknahme die Kostenlast sich grundsätzlich nach dem voraussichtlichen Ausgang des Beschwerdeverfahrens richtet und die Betroffene nach dem zuvor Ausgeführten unterlegen wäre. Der Kostenausspruch über die Verfahrenskosten und die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdegegners und der Verfahren wäre insoweit nur auf § 78 Satz 1 GWB zu stützen. Als Unterlegene hätte die Betroffene billigerweise anteilig auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners und der weiteren Beteiligten zu tragen. Die Frage, ob eine Teilrücknahme der Beschwerde durch die Betroffene oder ein Unterliegen in vollem Umfang vorliegt, kann aber aus den eingangs unter B.I. dargestellten Gründen offen bleiben.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 7.000.000 EUR

für die Beschwerde der Betroffenen: 5.000.000 EUR

für jede Beschwerde der Beteiligten zu 6 und 7: 1.000.000 EUR.

Ende der Entscheidung

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