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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: VI-2 U (Kart) 1/05
Rechtsgebiete: GWB, VgV, GWB, VOL/A


Vorschriften:

GWB § 100 Abs. 2 lit. d)
GWB § 115 Abs. 1
GWB § 115 Abs. 2
VgV § 13
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Dezember 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 30.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Vergabeverfahren betreffend Lufttransporte zur Versorgung der in Afghanistan eingesetzten Bundeswehreinheiten auf Schadensersatz in Anspruch. Im vorliegenden Prozess fordert sie Auskunftserteilung und will die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt sehen.

Gemäß dem Entwurf eines über die Transporte abzuschließenden Rahmenvertrages sollten die Leistungen im Zeitraum vom 26.9.2002 bis zum 25.3.2003 ausgeführt werden. Mit Zustimmung des Auftragnehmers sollte der Vertrag drei Mal um jeweils sechs Monate verlängert werden können (Anl. B 1, dort § 13). Am 20.9.2002 erteilte die Vergabestelle der Klägerin als bestrangiger Bieterin den Zuschlag für die Lufttransporte zwischen den Flughäfen Köln/Bonn und Kabul. Unter dem 24.9./8.10.2002 unterzeichneten die Parteien den Rahmenvertrag (Anl. K 5). Jedoch verpflichtete auf den Nachprüfungsantrag der mit ihrem Angebot ausgeschlossenen weiteren Bieterin Sch. AG der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Beklagte, die Wertung der Angebote zu wiederholen (Anl. K 10, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 61/02, VergabeR 2004, 371). Die Beklagte war zu Unrecht der Meinung gewesen, die Vergabe unterliege trotz Überschreitens des Schwellenwerts nicht den Vorschriften des Vierten Teils des GWB, da ein Ausnahmefall nach § 100 Abs. 2 lit. d) GWB gegeben sei (Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates). Infolgedessen war gegenüber der Antragstellerin Sch. AG weder der Verpflichtung zur Bieterinformation noch der Wartefrist nach § 13 VgV entsprochen worden. Der Vertrag war unwirksam. Auch der Ausschluss des Angebots der Sch. AG erwies sich als nicht rechtens. Unterdessen verlängerten die Parteien die Geltung des Rahmenvertrages bis zum 25.9.2003 (Anl. K 7 bis K 9). Der Vertrag wurde vom 26.9.2002 an während der gesamten Dauer des Nachprüfungsverfahrens mit der Klägerin durchgeführt, da die Beklagte ihn für rechtswirksam hielt.

Nach dem Ergebnis der erneuten Angebotswertung sollte der Zuschlag wiederum auf das Angebot der Klägerin ergehen. Dagegen stellte die Sch. AG abermals einen Nachprüfungsantrag, den die Vergabekammer durch Beschluss vom 30.6.2003 als unzulässig verwarf (Anl. BK 2). Daraufhin erteilte die Beklagte der Klägerin am 18.7.2003 den Zuschlag. Auf die dem zweiten Nachprüfungsverfahren vorangehende erneute Rüge der Sch. AG hatte die Beklagte die Ausführung des Rahmenvertrags vom 10.5.2003 an bis zur Zuschlagserteilung am 18.7.2003 jedoch ausgesetzt. In dieser Zeit vergab die Beklagte die Transportflüge einzeln (u.a. zehn Mal auch an die Klägerin).

Die Klägerin stellt Schadensersatzansprüche wegen einer Verringerung des Auftragsvolumens durch Ruhenlassen der Vertragsausführung im Zeitraum vom 10.5.2003 bis zum 18.7.2003. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte habe durch fahrlässige Vergaberechtsverstöße die Unwirksamkeit des ersten Vertragsschlusses herbeigeführt. Wäre der Vertrag rechtswirksam geschlossen worden, wäre sie, die Klägerin, in der genannten Zeit mit allen anstehenden Transporten nach Kabul beauftragt worden. Wegen des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen (LGU 5 bis 7).

Soweit die Klägerin die Klage nicht teilweise zurückgenommen hat, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Erteilung von Auskunft verurteilt und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Auf den Ausspruch und die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.

Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt, mit der sie die Klage abgewiesen sehen will. Sie stellt einen Schaden der Klägerin, die Ursächlichkeit der vom Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf festgestellten Rechtsverstöße hierfür und eine fahrlässige Handlungsweise in Abrede. Im Wesentlichen macht die Beklagte außerdem geltend: Das zweite Nachprüfungsverfahren, das zur Unterbrechung der Vertragsausführung führte, sei von ihr nicht zurechenbar veranlasst worden. Sie habe im Gegenteil alles getan, insbesondere einen Eilantrag nach § 115 Abs. 2 GWB gestellt, um die Transporte von der Klägerin baldmöglich wieder aufnehmen zu lassen. Hiervon abgesehen führe eine Haftung in Fällen der vorliegenden Art für die öffentlichen Auftraggeber zu verheerenden Konsequenzen, da jede infolge eines Nachprüfungsantrags eintretende Aussetzung oder Verzögerung der Vertragsausführung Schadensersatzansprüche des für den Zuschlag ausgewählten Bieters begründe. Im Streitfall lägen darüber hinaus formale Mängel am Angebot der Klägerin vor, die es erforderten, ihr Angebot zwingend aus der Wertung zu nehmen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt den Berufungsangriffen entgegen. Sie ist der Meinung, die Ursächlichkeit der festgestellten Vergaberechtsverstöße für den geltend gemachten Schaden sei nicht zu verneinen. Die Frage, ob ihr Angebot von der weiteren Wertung der Angebote auszuschließen sei, könne sich - nachdem sie, die Klägerin, den Auftrag erhalten habe - nicht mehr stellen. Gründe, ihr Angebot aus der Wertung zu nehmen, lägen im Übrigen tatsächlich nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und auf die hiermit vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

B. Die Berufung hat Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Deswegen ist auch der auf Auskunftserteilung gerichtete Hilfsanspruch zu verneinen.

I. Allerdings sind Rechtsverstöße des öffentlichen Auftraggebers bei der Vergabe öffentlicher Aufträge grundsätzlich geeignet, Schadensersatzansprüche von Bewerbern oder Bietern auszulösen. Im vorliegenden Fall führte die Beklagte als öffentlicher Auftraggeber eine beschränkte Ausschreibung ohne eine vorangehende öffentliche Aufforderung, sich um Teilnahme zu bewerben (§ 3 Nr. 1 Abs. 2, 4 VOL/A), oder ein nichtoffenes Verfahren ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb (§ 3 a Nr. 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 VOL/A), der Sache nach möglicherweise aber auch ein Verhandlungsverfahren durch (§ 3 a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A). Eine genauere Festlegung ist für die Entscheidung nicht nötig. Die Beklagte forderte im Vergabeverfahren jedenfalls mehrere inländische Transportunternehmen unter Übersendung der Verdingungsunterlagen zur Abgabe von Angeboten auf. Durch die Angebotsaufforderung entstand zwischen den Bietern und der Beklagten als Auftraggeber ein vertragliches Vertrauensverhältnis. Bei Verstößen gegen Vergabevorschriften können den Bietern nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) infolge einer Verletzung dieses Vertrauensverhältnisses Schadensersatzansprüche erwachsen, die in der Regel auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind und unter besonderen Voraussetzungen auch den Ersatz des positiven Interesses umfassen können (st. Rspr., vgl. BGHZ 139, 259, 261; 139, 273, 275; 139, 280, 283). Dass der Beklagten im Vergabeverfahren objektiv Rechtsverstöße unterlaufen sind, steht nach den Gründen des Beschlusses des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30.4.2003 (Verg 61/02, Anl. K 10) für den Schadensersatzprozess bindend fest (§ 124 Abs. 1 GWB).

II. Aufgrund der festgestellten Rechtsverstöße der Beklagten ist der Klägerin mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles im Rechtssinn jedoch kein Schaden entstanden. Die Klägerin hat die Lufttransporte, die Gegenstand des Vergabeverfahrens waren, während der Dauer des ersten Nachprüfungsverfahrens, und zwar insgesamt rund 7 1/2 Monate lang, im Auftrag der Beklagten vollständig durchgeführt. Hierauf hatte sie objektiv keinen Anspruch, da der darüber geschlossene Rahmenvertrag vom 24.9./8.10.2002 kraft der in § 13 VgV angeordneten Nichtigkeitsfolge rechtsunwirksam war. Im Zusammenhang mit dem zweiten von der Sch. AG angestrengten Nachprüfungsverfahren, das die Grundlage für die von der Klägerin angestellte Schadensberechnung bildet, ließ die Beklagte die Vertragsausführung demgegenüber nur wenig mehr als zwei Monate lang ruhen. Aufgrund dieses Befunds ist ein Schaden zu verneinen. Ein der Klägerin entstandener Schaden ist anhand einer bei der Auftragsausführung anzustellenden Gesamtbilanz durch Saldierung zu ermitteln. Die der Klägerin ohne Rechtsanspruch entstandenen Vermögensvorteile sind hierbei nicht auszublenden. So ist die Klägerin - ohne darauf wegen der in § 13 VgV angeordneten Nichtigkeitsfolge einen Anspruch zu haben - durch Aufträge der Beklagten in die Lage versetzt worden, den Vertrag während des ersten Nachprüfungsverfahrens mehr als sieben Monate lang, mithin über eine längere Dauer, als dem Anspruchszeitraum entspricht, tatsächlich auszuführen. Die der Klägerin in Gestalt der verabredeten und von der Beklagten gezahlten Vergütung zugeflossenen Erlöse sind im Wege der Saldierung auf ihre Schadensersatzforderung anzurechnen. Diese Erträge übersteigen nach wirtschaftlicher Erfahrung den für den Anspruchszeitraum gelten gemachten Schaden. Ihre Anrechnung widerspricht im Streitfall weder dem Zweck des Schadensersatzes noch wird die Beklagte dadurch unbillig entlastet. Die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen waren Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Senatstermin. Den zugrunde liegenden Tatsachenannahmen ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

III. Die festgestellten Vergaberechtsverstöße sind für die von der Beklagten erhobene Schadensersatzforderung darüber hinaus nicht ursächlich geworden. Denn das Angebot der Klägerin war gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A wegen unvollständiger Preisangaben zwingend, d.h. ohne dass die Beklagte insofern irgendeinen Handlungsspielraum hatte, von der Wertung der Angebote auszuschließen. Ob die feststehenden Rechtsverletzungen von der Beklagten zu vertreten sind, bleibt deshalb dahingestellt.

a. Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung von Rechtspflichten aus dem durch das Vergabeverfahren begründeten Vertrauensverhältnis scheiden aus, wenn das Angebot des Schadensersatzforderungen stellenden Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszunehmen war (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617, 618 - Treppenanlage m.w.N.). Dieser Rechtssatz ist im vorliegenden Fall ungeachtet dessen anzuwenden, dass die Beklagte im September 2002 den Zuschlag erhalten hat und womöglich auf die Wirksamkeit des damals geschlossenen Rahmenvertrags hat vertrauen dürfen. Streitgegenstand des vorliegenden Prozesses sind die von der Klägerin zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs herangezogenen Rechtsverletzungen der Beklagten im Vergabeverfahren. Daraus folgt, dass der Schadensersatzanspruch an den durch das Vergaberecht aufgestellten Regeln zu messen ist. Das wiederum gebietet zu prüfen, ob das Angebot der Klägerin - über die erste Phase hinaus - überhaupt in die weitere Angebotswertung gelangen durfte.

Dies ist im Streitfall zu verneinen, denn die Klägerin hat unter Gliederungspunkt 10 ihres Angebots vom 20./21.8.2002, und zwar unter I. Allgemeines, zu 8) in Bezug auf die Preise bei Nachtflügen erklärt (Anl. K 3):

Nachtstarts von AN 124 und IL 76 bzw. Nachtlandungen in Köln/Bonn nach 21.30 Uhr (lokal) werden nur auf schriftliche Anweisung und Erstattung der Zusatzkosten durchgeführt.

Die Zusatzkosten hat die Klägerin im Angebot nicht betragsmäßig genannt. Dies verstieß gegen die Vorgabe in der Angebotsaufforderung (Anl. K 1, dort S. 2 unter Nr. 3.):

Alle Preise sind als Komplettpreis anzugeben; sollten Extrakosten erhoben werden, sind diese separat im Angebot auszuweisen.

Danach waren die bei Nachtflügen entstehenden zusätzlichen Kosten - in einem für einen verständigen Bieter eindeutigen und als Maßstab für die Auslegung heranzuziehenden Sinn - entweder in einen Komplettpreis einzukalkulieren oder als Extrakosten betragsmäßig im Angebot aufzuführen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A müssen die Angebote die Preise (vollständig) enthalten. Der Umstand, dass die Kosten für Nachtflüge in der Leistungsbeschreibung (Anl. K 1, S. 2 unter Ordnungsnummer 9)) nicht als gesondert darzustellen aufgeführt waren, befreite die Klägerin nicht von der Obliegenheit zu vollständiger Erklärung. Von ihren nachstehend zu behandelnden Einwendungen abgesehen, geht die Klägerin selbst auch davon aus, dass Zusatzkosten mit ihrem Betrag im Angebot anzugeben waren.

b. Eine Angabe der bei Nachtflügen anfallenden zusätzlichen Kosten war entgegen der Ansicht der Klägerin weder überflüssig noch unmöglich. Der Umstand, dass die bei Nachtstarts und -landungen entstehenden (höheren) Landeentgelte aus den Entgeltordnungen der Flughäfen Köln/Bonn und Kabul hervorgingen, befreite die Klägerin nicht von diesbezüglichen genauen Preisangaben. Die Beklagte war daran interessiert, die dadurch entstehenden Zusatzkosten von den Bietern zu erfahren. Darum war in Bezug auf zusätzliche Kosten eine Preisangabe gefordert worden. Dieser Forderung hatten die Bieter ohne Abstriche nachzukommen. Unabhängig davon ist der Hinweis, den die Klägerin im Prozess auf die Flughafen-Entgeltordnungen erteilt hat, aus der maßgebenden Empfängersicht der Beklagten im Zeitpunkt der Angebotswertung keineswegs so zu verstehen, dass die Klägerin an Zusatzkosten bei Nachtflügen lediglich die gegebenenfalls höheren Landeentgelte der Flughäfen in Rechnung stellen wollte. Nachtflüge lassen nicht nur mit Blick auf die Landeentgelte höhere Unkosten entstehen. Naheliegend können überdies beim Flugpersonal und beim mit dem Beladen und Entladen befassten Bodenpersonal höhere Kosten anfallen. Dazu hat sich die Klägerin weder im Angebot noch im Prozess vollständig erklärt. Was die Höhe der durch Nachtflüge entstehenden Zusatzkosten anbelangt, war die Beklagte bei der Angebotswertung auf bloße Mutmaßungen angewiesen.

Es kann mit Rücksicht darauf, dass die Landeentgelte nach dem Vorbringen der Klägerin bei Nachtflügen je nach eingesetztem Fluggerät und Start- oder Landezeit variieren, ebenso wenig davon gesprochen werden, der Klägerin seien genaue diesbezügliche Kostenangaben im Angebot unmöglich gewesen. Wenn dies zutraf, mussten die Landeentgelte (und die sonstigen Kosten) für die beiden zum Einsatz kommenden Flugzeugtypen (Antgonov 124 und Ilyushin 76) nach nächtlichen Start- und Landezeiten sowie Kostensprüngen differenziert angegeben werden. Da die Landeentgelte der Höhe nach feststanden und übrige Kosten berechenbar waren, waren differenzierte Angaben aber nicht unmöglich. Sie waren der Klägerin zuzumuten.

c. Zwar weist der zwischen den Parteien abgeschlossene unwirksame Rahmenvertrag aus, dass sich die Beklagte auf die im Angebot bekannt gegebene Preisstellung der Klägerin tatsächlich eingelassen hat. In § 8 Abs. 1 lit. b) [für AN 124] und lit. d) [für IL 76] - dort jeweils unter dem zweiten Spiegelpunkt - vereinbarten die Parteien (Anl. K 5):

für Starts und Landungen Mo - Fr zwischen 21:00 h und 6:00 h nach Auslage und Originalrechnung.

Dieser Umstand ist indes nicht geeignet, die vergaberechtliche Behandlung der Sache zu präjudizieren. Die vergaberechtlichen Bestimmungen, wonach Angebote, die die geforderten Preisangaben nicht vollständig enthalten, von der Wertung der Angebote auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a), § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A), sind rechtlich zwingender Natur. Deswegen ist ein Vertrauen des betroffenen Bieters darauf, sein Angebot sei aus einem derartigen Grund nicht auszuschließen, unbegründet. Nach den Umständen handelte es sich bei den nicht genannten Zusatzkosten für Nachtflüge um wesentliche Preisangaben im Sinne von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A. Dies ist indiziell ausreichend dadurch belegt, dass die Klägerin über diese Kosten gemäß ihrem Angebot gesondert abrechnen wollte und die Parteien im abgeschlossenen unwirksamen Rahmenvertrag insoweit auch eine Sondervergütung verabredet haben.

Die sonstigen, von der Beklagten behaupteten Gründe für einen Ausschluss des Angebots der Klägerin sind nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Von daher erübrigt es sich, hierauf im Einzelnen einzugehen.

IV. Die Klageansprüche sind außerdem aus einem dritten Grund unbegründet. Denn es fehlt auch an der die Haftung ausfüllenden Kausalität zwischen der geltend gemachten Pflichtverletzung und dem behaupteten Schaden, genau gesagt am erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Für die Haftung der Beklagten genügt nicht, dass die im Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30.4.2003 (Verg 61/02) festgestellten Rechtsverstöße, m.a.W. objektive Pflichtverletzungen der Beklagten, äquivalent ursächlich für die Unwirksamkeit des ersten von den Parteien abgeschlossenen Rahmenvertrages waren. In diesem - für eine Haftung der Beklagten freilich nicht ausreichenden - Sinn macht die Klägerin geltend, dass der Rahmenvertrag rechtswirksam zustande gekommen wäre, wären der Beklagten nicht die festgestellten Vergaberechtsfehler unterlaufen, und dass die Sch. AG dann nicht die Möglichkeit besessen hätte, ein zweites Nachprüfungsverfahren einzuleiten, mit der Folge, dass ihr, der Klägerin, im Aussetzungszeitraum vom 10.5.2003 bis zum 18.7.2003 sämtliche Transportaufträge übertragen worden wären. Auf die feststehenden Vergaberechtsverstöße der Beklagten ist nicht abzustellen, da zwischen ihnen und der Aussetzung der Vertragsausführung kein Zurechnungszusammenhang besteht. Dafür ist maßgebend, ob die Beklagte durch ihr Vergabeverhalten zurechenbar eine Ursache gesetzt oder eine gesteigerte Gefahrenlage erzeugt hat, die bei der Klägerin unmittelbar zum Schadenseintritt führten. Das ist zu verneinen. Die Anfang Mai 2003 von der Beklagten wiederholte Angebotswertung und die Bieterinformation waren nicht zu beanstanden. Der darauf folgende Nachprüfungsantrag der Sch. AG wurde von der Vergabekammer durch Beschluss vom 30.6.2003 als unzulässig verworfen (Anl. BK 2). Unmittelbar schadensursächlich in dem Sinn, dass sie dies zum Anlass nahm, die Vertragsdurchführung ruhen zu lassen, waren allein die erneute, der wiederholten Angebotswertung geltende Rüge der Sch. AG und der von ihr angebrachte erneute Nachprüfungsantrag. Die Beklagte hatte dies aber weder veranlasst noch hatte sie in irgendeiner Weise dazu beigetragen. Die anschließende Aussetzung der Vertragsdurchführung ist - isoliert betrachtet - nicht als eine Pflichtverletzung zu bewerten. Eine Fortsetzung des mit der Klägerin geschlossenen unwirksamen Rahmenvertrages drohte die vergaberechtliche Nachprüfung gegenstandslos werden zu lassen. Hiervon abgesehen war die Beklagte nach Zustellung des Nachprüfungsantrags infolge des gesetzlichen Zuschlagsverbots in § 115 Abs. 1 GWB an einer weiteren Beauftragung der Klägerin rechtlich gehindert.

Ob die Beklagte darüber hinaus auch wegen der in § 2 Abs. 2 des Rahmenvertragsentwurfs vorgesehenen Regelung, wonach der Vertrag keine Verpflichtung des Auftraggebers begründe, Transportaufträge zu erteilen, berechtigt war, von Aufträgen an die Klägerin abzusehen, bedarf keiner Entscheidung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Gründe, die nach Auffassung der Klägerin für eine Zulassung der Revision sprechen (vgl. den Schriftsatz vom 12.1.2006), decken die rechtlichen Erwägungen, aus denen die Klage abzuweisen ist, nicht vollständig ab. Infolgedessen muss das Revisionsgericht über die von der Klägerin aufgeführten und nach Ihrer Meinung für eine Revisionszulassung sprechenden Rechtsfragen nicht notwendig entscheiden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 und 709 ZPO.

Streitwert für den Berufungsrechtszug: 522.487 Euro

Ende der Entscheidung

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