Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.04.2007
Aktenzeichen: VI-2 U 4/06 (Kart)
Rechtsgebiete: KAV, GWB, BGB, EnWG, GO NW


Vorschriften:

KAV § 2 Abs. 4
KAV § 2 Abs. 6 S. 1
KAV § 2 Abs. 6 S. 3
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 2
GWB § 33
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 814
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 820 Abs. 1
EnWG § 6 a.F.
GO NW § 82
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 22. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Die Beklagte ist auf Grund eines Konzessionsvertrages mit der Stadt W. Netzbetreiberin für das betreffende Stadtgebiet. Sie muss an die Stadt W. Konzessionsabgaben entrichten, die nach § 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 des Konzessionsvertrages bis zum 15. Februar des Folgejahres abzurechnen und bis zum 15. März - unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen - zu zahlen sind.

Die Klägerin konnte in diesem Gebiet mehrere Kunden gewinnen, u.a. die P... GmbH (zukünftig: P...), die sie auch mit Strom belieferte. Ein ausdrücklicher Durchlieferungsvertrag ist - jedenfalls hinsichtlich P...s - jedoch nicht zustande gekommen.

Unter dem 11. Dezember 2002 forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen schriftlichen Nachweis für Sondervertragskunden vorzulegen, deren Durchschnittspreis den Grenzpreis nach § 2 Abs. 4 KAV im Jahre 2002 unterschritten habe und die daher keiner Konzessionsabgabe unterlägen. In ihrem Antwortschreiben nannte die Klägerin - neben einem weiteren Kunden - die P..., die "voraussichtlich" unter diese Regelung fallen würden. Unter dem 20. Januar 2003 verlangte die Beklagte von der Klägerin "eine schriftliche und definitive Aussage über die Grenzpreisunterschreitung" bis zum 21. Januar 2003, woraufhin letztere mit Schreiben vom 21. Januar 2003 als Kundin nur ein weiteres Unternehmen benannte. Unter dem 29. Januar 2003 erstellte die Beklagte daraufhin eine "Schlussrechnung" für das Durchleitungsentgelt hinsichtlich P...s, die eine "Konzessionsabgabe" in Höhe von 32.831, 28 Euro netto enthielt. Den sich daraus ergebenden Betrag zahlte die Klägerin gemäß Zahlungsavis vom 07. März 2003, nach ihren Angaben unter Vorbehalt.

Die Klägerin begehrt - gestützt auf ungerechtfertigte Bereicherung sowie § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB - die Zurückzahlung des auf die (Brutto-) Konzessionsabgabe entfallenden Betrages. Sie trägt vor, sie habe zunächst noch nicht feststellen können, ob bei P... die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 KAV im Kalenderjahr 2002 vorgelegen hätten oder nicht. Deshalb habe sie das Unternehmen im Schreiben vom 21. Januar 2003 nicht benannt, aber bei der Zahlung einen Vorbehalt ausgesprochen. Erst nach Vorlage sämtlicher Zahlen habe sich herausgestellt, dass auch P... § 2 Abs. 4 KAV unterfalle. Sie legt dazu eine Bescheinigung der ...... R... vom 22. September 2003 sowie - im Berufungsverfahren - der ...... AG Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 26. Januar 2006 vor.

Die Beklagte hat eine Verpflichtung zur Rückzahlung abgelehnt, weil die Fristen zur Abrechnung sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber der Stadt W. abgelaufen seien und sie den Betrag an die Stadt weitergeleitet habe.

Das Landgericht hat die Beklagte auf den anerkannten Hilfsantrag hin verurteilt, an die Klägerin ihre etwaigen Rückzahlungsansprüche gegen die Stadt W. abzutreten, die daraus resultieren, dass die Beklagte an die Stadt W. Konzessionsabgaben für das Jahr 2002 auch für Stromlieferungen an die Fa. P... GmbH gezahlt hat, obwohl deren Durchschnittspreis im Jahre 2002 möglicherweise unter dem Grenzpreis für Sondervertragskunden von 5,11 Cent/Kilowattstunde lag (§ 2 Abs. 4 und 6 KAV).

Den hauptsächlich erhobenen Zahlungsanspruch hat es abgewiesen, weil die Klägerin durch Benennung allein eines weiteren Kunden und Zahlung auch des Konzessionsbetrages für P... ihre Mitwirkungspflicht verletzt und dadurch bei der Beklagten einen Schaden herbeigeführt habe, die den Betrag an die Stadt weitergeleitet habe.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, eine Mitwirkungspflicht habe sie nicht verletzt. Es handele sich lediglich um die Rückforderung einer zu Unrecht erbrachten Zahlung. Die Beklagte sei nicht entreichert, da sie den Betrag von der Stadt W. zurückfordern könne. Sie beantragt daher, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 38.084,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz heraus seit dem 07. August 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie vor allem geltend, sie sei durch die Weiterleitung des Betrages an die Stadt W. vor allem dadurch entreichert, dass die Stadt lediglich eine vorläufige Haushaltsführung aufweise.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszuge gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Unterstellt man den Vortrag der Klägerin als richtig, hinsichtlich des Kunden P... hätten für das Kalenderjahr 2002 die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 KAV vorgelegen, stünde ihr - der Klägerin - allerdings ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) zu (dazu 1.), der ihr weder durch § 814 BGB (dazu 2.) noch durch sonstige Vorschriften (dazu 3.) abschnitten wäre. Jedoch richtete sich ihr Anspruch nicht auf die Zahlung von Geld (dazu 4.).

1.

Die Klägerin hat als Entgelt für die Netzdurchleitung zugunsten ihres Kunden P... Zahlungen an die Beklagte erbracht. Dabei kann offen bleiben, ob zwischen den Parteien durch die tatsächliche Handhabung - trotz der Ablehnung des Vertragsangebots der Beklagten vom 05. März 2002 und trotz des Fehlens eines anderen förmlichen Vertrages - schlüssig ein Vertrag zustande gekommen oder ob die Durchführung der Durchleitung unmittelbar auf der Grundlage des § 6 EnWG (a.F.) erfolgt ist (vgl. OLG Dresden GRUR-RR 2001, 190; GRUR-RR 2002, 85; s. auch BGH NJW 2003, 3274). In beiden Fällen schuldete die Klägerin mangels bestimmter Entgeltabsprachen ein - kartellrechtlich und energiewirtschaftsrechtlich unbedenkliches, im Übrigen nach billigem Ermessen zu bestimmendes - Entgelt, dass gemäß § 2 Abs. 6 S. 1 KAV auch die auf die Durchlieferung entfallende Konzessionsabgabe (vgl. § 14 Abs. 3 EnWG a.F.) als Bestandteil enthalten konnte.

Die Klägerin hat unstreitig einen Betrag von 32.831,27 Euro netto als "Konzessionsabgabe" gezahlt (vgl. Schlussrechnung Nr. 105281 der Beklagten vom 29.01.2003 und Zahlungsavis der Klägerin vom 07.03.2003). Sollte die Klägerin im Hinblick auf die Regelung des § 2 Abs. 4 KAV keine Konzessionsabgabe geschuldet haben, wie sie geltend macht, wäre die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt.

2.

Ein Rückforderungsanspruch der Klägerin ist allerdings nicht, wie die Beklagte geltend macht, nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Beklagte legt nicht dar, dass die Klägerin bei Zahlung wusste, dass sie eine Konzessionsabgabe hinsichtlich P...s nicht schuldete. Lagen ihr - wie sie unwiderlegt vorträgt - die für eine Berechnung nach § 2 Abs. 4 KAV maßgeblichen Zahlen noch nicht vor, war sie zu diesem Zeitpunkt im Unklaren darüber, ob die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschrift vorlagen oder nicht. Dies stellt keine Kenntnis dar.

Zweifel an dem Entstehen einer Schuld stehen allerdings einer Kenntnis gleich, wenn die Leistung in der erkennbaren Absicht erfolgt ist, sie auch für den Fall der Nichtschuld zu bewirken (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 814 Rdnr. 3). Das ist hier - auch vor dem Hintergrund der gewechselten E-mails und Telefonate - jedoch nicht der Fall. Die Beklagte konnte den E-mails nur entnehmen, dass die Klägerin jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 KAV für den Kunden P... - anders noch als in der E-mail vom 19.12.2002 - nicht geltend machte. Worauf dies beruhte, war jedoch für die Beklagte mangels Erläuterung der Klägerin nicht erkennbar. Das Unterlassen der Benennung dieses Kunden konnte aus der Sicht der Beklagten zum einen darauf zurück zu führen sein, dass die maßgeblichen Zahlen doch nicht für das Entfallen der Konzessionsabgabe ausreichten, zum anderen darauf, dass die endgültigen Zahlen noch nicht vorlagen und die das Entfallen der Konzessionsabgabe noch nicht darlegen konnte, zum Dritten darauf, dass sie eine endgültige Berechnung für zu mühsam hielt. Nur im - im wirtschaftlichen Verkehr nicht zu vermutenden - letztgenannten Fall hätte ein - der Kenntnis der Nichtschuld gleichzustellender - Zweifel der Klägerin vorgelegen.

3.

Aus dem vorgenannten Erwägungen ergibt sich auch, dass ein - nicht zu vermutender - Verzicht der Klägerin auf einen etwaigen Rückforderungsanspruch (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 397 Rdnr. 4) oder ein - nicht kondizierbares (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 812 Rdnr. 5) - deklaratorisches Schuldanerkenntnis nicht vorliegt.

Des Weiteren bestehen weder vertraglich noch energiewirtschaftsrechtlich Ausschlussfristen für Rückforderungsansprüche.

Der Anspruch ist schließlich auch nicht verwirkt. Soweit die Beklagte darauf verweist, sie habe - was der Klägerin bewusst gewesen sei - die Konzessionsabgabe unverzüglich danach an die Stadt W. weitergeleitet, reicht - wie nachfolgend unter 4. dargelegt - der Schutz des § 818 Abs. 3 BGB aus.

4.

Die Beklagte kann sich jedoch gemäß § 818 Abs. 3 BGB darauf berufen, dass sie den empfangenen Betrag - vereinbarungsgemäß - an die Stadt W. weitergeleitet hat, so dass sie allenfalls zur Abtretung der Rückzahlungsforderung gegen die Stadt W., nicht aber zur Rückzahlung verpflichtet ist.

a) Die Beklagte hat den auf die Konzessionsabgabe für den Kunden P... entfallenden Betrag an die Stadt W. weitergeleitet. Dafür spricht zum einen der Charakter der Position "Konzessionsabgabe", der ersichtlich von der Beklagten nicht endgültig vereinnahmt, sondern weitergeleitet werden sollte, zum anderen die vorgelegte Zahlungsanordnung der Beklagten vom 07. April 2003 betreffs einer "Restzahlung Konzessionsabgabe 2002". Im Übrigen hat bereits das Landgericht die Zahlung in seinem Urteil festgestellt, ohne dass dies die Klägerin in zulässiger Form angegriffen hätte.

b) Unterfiel nach dem Vorbringen der Klägerin der Kunde P... der Regelung des § 2 Abs. 4 KAV, so war auch die Beklagte nicht verpflichtet, insoweit Konzessionsabgaben an die Stadt W. zu entrichten. Die Beklagte ist dann nicht mit Mitteln der Klägerin von einer Verbindlichkeit befreit worden, weil eine solche dann auch im Verhältnis zur Stadt W. nicht bestand. Allerdings hat sie dann anstelle des geleisteten Geldes einen entsprechenden Rückzahlungsanspruch gegen die Stadt W. gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erworben.

c) Nach der Rechtsprechung (vgl. BGHZ 72, 9, 13; BGH WM 1993, 251, 257/8; OLG München MDR 1988, 1345) ist der Bereicherungsempfänger in einer derartigen Situation "in der Regel" zur Geldzahlung verpflichtet. Jedoch liegen hier abweichende Gründe vor. Dazu ist Folgendes zu bedenken:

aa) Im Hinblick auf § 818 Abs. 3 BGB dürfen dem Bereicherungsempfänger nicht die Risiken und Kosten eines Verfahrens gegen den Dritten auferlegt werden (vgl. näher Lieb, in Münchener Kommentar, 4. Aufl., § 812 Rdnr. 74; vgl. auch § 818 Rdnr. 100). Auch die zuvor genannte Rechtsprechung lässt daher eine Ausnahme dann zu, wenn die Durchsetzung des "Rückgriffsanspruchs" gegen den Dritten ausgeschlossen oder auch nur zweifelhaft erscheint. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass der Bereicherungsgläubiger die Sachlage beim Bereicherungsschuldner so hinnehmen muss, wie sie sich tatsächlich darstellt; insbesondere muss er es hinnehmen, wenn der Schuldner über den Bereicherungsgegenstand weiter verfügt oder ihn verbraucht hat. Deshalb ist eine Gleichsetzung eines Anspruchs des Bereicherungsschuldners gegen einen Dritten mit der Innehabung von Bar-/Buchgeld nur dann gerechtfertigt, wenn der Rückzahlungsanspruch ohne größere Mühewaltung und ohne Risiken durchgesetzt werden kann.

bb) Hier ist es unklar, ob die Stadt W. zur Rückzahlung verpflichtet ist. Bei der besonderen Fallgestaltung ist es zudem unbillig, der Beklagten die Mühewaltung eines Rückgriffs gegen die Stadt W. aufzuerlegen.

(1) Allerdings ist die Durchsetzung eines Anspruchs gegen die Stadt W. nicht unmittelbar deshalb gefährdet, weil sie nur noch notwendige Zahlungen leisten darf. Sollte die Rückgriffsforderung berechtigt sein, stünde § 82 GO NW einer Rückzahlung nicht entgegen.

Allerdings ist zu erwarten, dass die Stadt W. in dieser Situation die Berechtigung der Rückzahlungsforderung besonders genau prüfen wird.

(2) Sehr zweifelhaft erscheint die Auffassung der Beklagten, bei der Regelung des § 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 des Konzessionsvertrages handele es sich nicht nur um eine Fälligkeitsbestimmung, sondern auch um einen Schlusstermin für die Abrechnung, die danach nicht mehr berichtigt werden könne. Der Wortlaut des Vertrages lässt einen faktischen Ausschluss von Berichtigungen der Abrechnung - und damit von Rückzahlungsansprüchen - nicht erkennen.

Allerdings ist es - wie die Argumentation der Beklagten zeigt - möglich, dass sich auch die Stadt W. auf diese Rechtsposition berufen wird. Damit ist eine Durchsetzung des - zugunsten der Klägerin unterstellten - Rückzahlungsanspruchs der Beklagten gegen die Stadt W. nicht so ohne Weiteres möglich. Soweit die Klägerin auf eine - von der Stadt W. ohne Weiteres hinzunehmende - "Verrechnungs"möglichkeit der Beklagten verweist, besteht diese jedenfalls nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Aufrechnung, die die Stadt W. nicht ohne Prüfung der Gegenforderung akzeptieren muss.

(3) Unklar ist jedoch bisher, ob sich die Stadt W. nicht ihrerseits auf die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB berufen könnte. Es erscheint angesichts ihrer beengten Einnahmesituation möglich, dass sie im Jahre 2003 Leistungen ohne vermögenswerten Gegenwert nur deswegen erbracht hat, weil sie durch entsprechende Einnahmen gedeckt waren (vgl. für natürliche Personen Palandt/Sprau, a.a.O., § 818 Rdnr. 35).

(4) Die Tatsachen, die das Fehlen eines Rechtsgrundes für die Zahlung begründen sollen, liegen ausschließlich in der Sphäre der Klägerin. Nur sie weiß, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 KAV vorliegen oder nicht. Die Beklagte könnte sich bei ihrem Rückzahlungsverlangen gegen die Stadt W. nur auf Informationen stützen, die sie von der Klägerin erlangt hat. Bereits dies unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung von denjenigen, die der oben zitierten Rechtsprechung zugrunde lagen. Die Klägerin wusste zudem, dass es sich hinsichtlich der Position Konzessionsabgabe bei der Beklagten nur um einen Durchlaufposten handelte, der - entsprechend der von ihr nicht beeinflussbaren Rechtslage - von ihr zwar einzuziehen, sodann aber an die Stadt W. weiterzuleiten war.

(5) Die Durchsetzbarkeit des Rückerstattungsanspruchs ist vor allem deshalb zweifelhaft, weil bisher ungeklärt ist, welche Anforderungen an Darlegung und Beweis des Anspruchs zu stellen sind. Die Regelung des § 2 Abs. 6 S. 3 KAV soll einerseits der Geheimhaltungsbedürftigkeit der näheren Angaben des Durchlieferers gegenüber dem konzessionierten Netzbetreiber Rechnung tragen, andererseits eine praktikable Darlegung der Ausnahmesituation des § 2 Abs. 4 KAV ermöglichen. Sie ist jedoch auf die erstmalige Abrechnung des Durchlieferers gegenüber dem Netzbetreiber zugeschnitten. Verlangt demgegenüber der Durchlieferer eine Rückzahlung, obliegt ihm nach allgemeinen Grundsätzen die volle Beweislast (vgl. Palandt/Sprau, BGB; 66. Aufl., § 812 Rdnr. 104). Es lässt sich daher gut vertreten, im Rückforderungsprozess die Darlegungs- und Beweislast in vollem Umfange dem Durchlieferer aufzuerlegen und ihm die - auf eine bloße "Glaubhaftmachung" beschränkte - Erleichterung des § 2 Abs. 6 S. 3 KAV nicht zu gewähren. Dem Geheimhaltungsbedürfnis des Durchlieferers gegenüber dem Netzbetreiber lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass ersterer vom Netzbetreiber nur die Abtretung eines etwaigen Rückzahlungsanspruchs gegen die Gemeinde verlangen kann und dann der Durchlieferer gegenüber der Gemeinde die Daten offen legt. Der Gemeinde gegenüber besteht kein Schutz von Betriebsgeheimnissen, wie sich bereits daraus ergibt, dass sich der konzessionierte Netzinhaber, will er sich gegenüber der Gemeinde für eigene Kunden auf die Regelung des § 2 Abs. 4 KAV berufen, nicht die Erleichterungen des § 2 Abs. 6 S. 3 KAV zunutze machen kann. Zumindest wäre zu erwägen, ob nicht das Testat nach § 2 Abs. 6 S. 3 KAV in einem derartigen Fall weitere Punkte zu enthalten hätte, die nachträgliche Manipulationen, wie sie die Beklagte vermutet, ausschlössen oder jedenfalls konkret auf die Bedenken der Gegenseite (Einberechnung bestimmter Positionen) eingingen.

In einer derartigen Situation erscheint es unbillig, der Beklagten die Kosten und Mühen einer Auseinandersetzung mit der Stadt W. aufzuerlegen.

d) Die Beklagte ist auch nicht gehindert, sich auf die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB zu berufen.

Zum Zeitpunkt der Weiterleitung des Geldes an die Stadt W. war sie weder verklagt (§ 818 Abs. 4 BGB) noch bösgläubig (§ 819 Abs. 1 BGB).

Auch die Voraussetzungen des § 820 Abs. 1 BGB lagen nicht vor. Bei der Zahlung der Klägerin handelte es sich nicht um eine bloße Vorschuss- oder Abschlagszahlung, die noch näher abzurechnen gewesen wäre. Vielmehr hat die Beklagte unter dem 29. Januar 2003 eine "Schlussrechnung" erstellt, auf die die Klägerin geleistet hat. Einen Vorbehalt (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 820 Rdnr. 5) hat die Klägerin weder im Zahlungsavis (Bl. 102/103 GA) noch mittels des Überweisungsvermerks (vgl. Bl. 254 GA) erklärt; soweit sie allgemeine technische Behauptungen dazu abgibt, ein beigefügter Text (hier: "Zahlung unter Vorbehalt", vgl. Anlage K 6) müsse auch an den Zahlungsempfänger gelangt sein, trifft dies in diesem Fall ersichtlich nicht zu. Darauf hat der Senat im Termin vom 14. März 2007 hingewiesen, ohne dass die Klägerin dazu ergänzend vorgetragen hätte. Auch im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 30. März 2007 geht sie auf diesen Punkt nicht ein.

II.

Weitergehende Ansprüche ergeben sich nicht aus § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB. Ist die Beklagte bürgerlich-rechtlich allenfalls zur Abtretung eines etwaigen Rückzahlungsanspruchs gegen die Stadt W. verpflichtet, diskriminiert sie die Klägerin nicht.

Soweit sie eine unterschiedliche Handhabung der Konzessionsabgaben im Falle des Kunden H... GmbH einerseits und des Kunden P... andererseits beklagt, ist dies darauf zurückzuführen, dass es im erstgenannten Fall um die Abrechnung und Zahlung des Durchlieferungsentgeltes ging, während im letztgenannten Fall die Klägerin eine Rückzahlung begehrt (vgl. I.4.c)bb)(5)).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Kostenentscheidung des Landgerichts zum Hilfsantrag greift die Klägerin nicht an.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich.

Berufungsstreitwert: 38.084,27 Euro

Ende der Entscheidung

Zurück