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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.03.2006
Aktenzeichen: VI-3 Kart 154/06 (V)
Rechtsgebiete: GasNEV, EnWG, VwVfG, GWB, VwGO, GasNZV


Vorschriften:

GasNEV § 3 Abs. 2
GasNEV § 3 Abs. 3
GasNEV §§ 19 ff.
GasNEV § 26
EnWG § 3 Abs. 2
EnWG § 3 Nr. 20
EnWG § 6
EnWG § 9
EnWG § 21 a
EnWG § 21 a Abs. 1 S. 1
EnWG § 21 a Abs. 2
EnWG § 21 a Abs. 4
EnWG § 21 a Abs. 6
EnWG § 21 a Abs. 6 S. 2
EnWG § 21 a Abs. 6 S. 2 Nr. 10
EnWG § 24 S. 2 Nr. 5
EnWG § 59 Abs. 1
EnWG § 59 Abs. 1 S. 1
EnWG § 59 Abs. 1 S. 2
EnWG §§ 65 ff
EnWG § 68
EnWG § 68 Abs. 1
EnWG § 69
EnWG § 69 Abs. 1 Nr. 1
EnWG § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EnWG § 69 Abs. 7 S. 1
EnWG § 69 Abs. 7 S. 2
EnWG § 69 Abs. 10 S. 3
EnWG § 71
EnWG § 72
EnWG § 73 Abs. 1 S. 1
EnWG § 76 Abs. 1
EnWG § 76 Abs. 3
EnWG § 76 Abs. 3 S. 1
EnWG § 76 Abs. 3 S. 2
EnWG § 77
EnWG § 77 Abs. 3
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 3
EnWG § 77 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
EnWG § 77 Abs. 3 S. 2
EnWG § 77 Abs. 3 S. 3
EnWG § 77 Abs. 3 S. 4
EnWG § 77 Abs. 4 S. 4
EnWG § 112 a
EnWG § 112 a Abs. 1
EnWG § 112 a Abs. 1 S. 1
EnWG § 112 a Abs. 1 S. 3
VwVfG § 35 S. 2
VwVfG § 35 S. 2, 1. Fall
VwVfG § 41 Abs. 1
VwVfG § 41 Abs. 3 S. 1
VwVfG § 41 Abs. 3 S. 2
VwVfG § 41 Abs. 4
GWB § 59
GWB § 59 Abs. 1
GWB § 60
GWB § 63 Abs. 3
GWB § 63 a a.F.
GWB § 64 Abs. 3
GWB § 64 Abs. 3 S. 1
GWB § 64 Abs. 3 S. 2
GWB § 65
GWB § 65 Abs. 3
GWB § 65 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
VwGO § 123 Abs. 5
VwGO § 80
VwGO § 80 a
GasNZV § 22 Abs. 3 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Anträge der Beschwerdeführerin vom 23.01.2006,

1. vorläufig befristet bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Verfügung Nr. 98/2005 (ABl. der Bundesnetzagentur Nr. 24/2005, S. 197-4) - Az. 82 Fe Zusatzabfrage Gas/601 c 14.12.05 - festzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet ist, die in Nummern 1 und 2 der Verfügung angeforderten Daten an die Beschwerdegegnerin zu übermitteln,

2. hilfsweise der Beschwerdegegnerin vorläufig bis zu einer Entscheidung über deren Wirksamkeit zu untersagen, die unter Nummer 1 genannte Verfügung zu vollstrecken,

3. höchst hilfsweise die aufschiebende Wirkung der von der Beschwerdeführerin eingereichten Beschwerde gegen diese Verfügung anzuordnen, werden zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beschwerdeführerin wurde am 30.12.2003 gegründet und ist seit dem 01.02.2004 operativ tätig; sie bündelt die Erdgastransportaktivitäten des R...-Konzerns im Bereich der deutschen Fernleitungsnetze und verfügt über Transportkapazitäten in einem überregionalen Gasfernleitungsnetz mit ca. 6.800 Kilometer Länge. Die Beschwerdeführerin hat gegenüber der Beschwerdegegnerin die Anzeige nach § 3 Abs. 3 GasNEV abgegeben.

Am 21.12.2005 veröffentlichte die Bundesnetzagentur in ihrem Amtsblatt Nr. 24/2005 folgende Verfügung zur zusätzlichen Datenerhebung für die Berichterstellung zur Anreizregulierung Gas:

1. Allen Betreibern von Gasversorgungsnetzen im Sinne des § 3 Nr. 20 EnWG wird aufgegeben, die in Kapitel 1 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinition in Anlage 2 zu diesem Auskunftsverlangen spätestens bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln.

2. Betreibern von überregionalen Gasfernleitungsnetzen, die Entgelte nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (GasNEV) bilden, wird zudem aufgegeben, die in Kapitel 2 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinitionen in Anlage 2 zu diesem Auskunftsverlangen spätestens bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln.

3. Für die Erteilung der Auskünfte haben die unter Ziffer 1 und Ziffer 2 genannten Netzbetreiber das Datenerfassungsprogramm zu verwenden, das auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ... zum Download bereit gestellt wird.

...

4. Diese Entscheidung gilt mit dem auf die Veröffentlichung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur folgenden Tag als bekannt gegeben.

Gegen diese Verfügung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 23.01.2006 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde.

Sie beantragt,

1. vorläufig befristet bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Verfügung Nr. 98/2005 (ABl. der Bundesnetzagentur Nr. 24/2005, S. 197-4) - Az. 82 Fe Zusatzabfrage Gas/601 c 14.12.05 - festzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet ist, die in Nummern 1 und 2 der Verfügung angeforderten Daten an die Beschwerdegegnerin zu übermitteln,

2. hilfsweise der Beschwerdegegnerin vorläufig bis zu einer Entscheidung über deren Wirksamkeit zu untersagen, die unter Nummer 1 genannte Verfügung zu vollstrecken,

3. höchst hilfsweise die aufschiebende Wirkung der von der Beschwerdeführerin eingereichten Beschwerde gegen diese Verfügung anzuordnen.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die angefochtene Verfügung sei ihr nicht wirksam bekannt gegeben worden. Damit handele es sich um ein rechtliches nullum, gegen das eine aufschiebende Wirkung der Beschwerde auf der Grundlage des § 77 Abs. 4 S. 4 EnWG nicht hergestellt werden könne. Vielmehr sei eine vorläufige Anordnung nach §§ 76 Abs. 3 S. 1, 72 EnWG geboten.

Da Rechtsgrundlage des Auskunftsbegehrens § 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG sei, hätte die Entscheidung der Beschwerdeführerin nach § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG zugestellt werden müssen. Die öffentliche Bekanntmachung sei jedenfalls rechtswidrig. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts erfolge nach § 41 Abs. 1 VwVfG. Die öffentliche Bekanntgabe sei nur ausnahmsweise statthaft. Selbst wenn es sich um eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG handele, stünde die Bekanntgabe nicht in Einklang mit § 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG, da die individuelle Bekanntgabe wegen der begrenzten Anzahl der Betreiber überregionaler Gasfernleitungsnetze untunlich sei.

Daneben bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung im Sinne des § 77 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EnWG.

Die Verfügung sei formell rechtswidrig, weil sie entgegen § 69 Abs. 7 S. 1 EnWG nicht durch Beschluss, sondern durch Einzelverfügung ergangen sei. Diese Vorschrift sei gegenüber § 9 EnWG spezieller; abgesehen davon liege einer der in § 59 Abs. 1 S. 2 EnWG genannten Fälle nicht vor, da es sich bei den dort genannten Berichtspflichten nur um solche Pflichten der Unternehmen handele, nicht solche der Beschwerdegegnerin.

Die Verfügung sei auch materiell rechtswidrig. Dies folge für das unter Nr. 1 der Verfügung ergangene Auskunftsverlangen daraus, dass der Beschwerdegegnerin Auskunftsbefugnisse in dem von ihr geltend gemachten Umfang nicht zustünden. Für ein umfassendes Auskunftsverlangen fehle die Ermächtigungsgrundlage. Auf den nach § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG zu erstellenden Konzeptbericht könne sich das Auskunftsbegehren nicht stützen, da die mit der Verfügung abgefragten Daten zur Erstellung des Berichts nach § 112 a Abs. 1 EnWG nicht erforderlich seien. Das Auskunftsverlangen verstoße auch gegen den Verordnungsvorbehalt in § 21 a Abs. 6 S. 2 Nr. 10 EnWG. Die Bundesregierung sei nach dieser Vorschrift zu der Entscheidung ermächtigt, ob und wann Netznutzungsentgelte im Wege einer Anreizregulierung bestimmt werden. Das System der Anreizregulierung dürfe nur Anwendung finden, soweit eine kostenorientierte Entgeltbildung erfolge.

Auch das unter Nr. 2 der Verfügung formulierte Auskunftsverlangen sei rechtswidrig. Neben den zu Nr. 1 der Verfügung dargestellten Gründen komme hinzu, dass die Beschwerdegegnerin einen umfassenden Auskunftsanspruch zu der Kosten- und Erlöslage der Beschwerdeführerin in dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr geltend mache. Eine Ermächtigungsgrundlage bestehe - wie zu Nr. 1 der Verfügung - auch hierfür nicht. Der von der Beschwerdegegnerin zu erstellende Bericht zur Anreizregulierung betreffe zudem nur Unternehmen, die der kostenorientierten Entgeltregulierung unterlägen; hierzu zähle die Beschwerdeführerin, die sich in einem Leitungswettbewerb befinde, nicht. Im übrigen führe das Auskunftsverlangen zu einer Umgehung der in der GasNEV zu Gunsten der überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreiber im Sinne des § 3 Abs. 2 GasNEV enthaltenen Restriktionen bei der Übermittlung von Daten. Auch fehle es an der Erforderlichkeit des Auskunftsverlangens im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG.

Die Rechtswidrigkeit der Verfügung folge auch daraus, dass der Beschwerdeführerin nicht eine nach § 69 Abs. 7 S. 2 EnWG angemessene Frist gesetzt worden sei. Der Beschwerdeführerin sei es nicht möglich, die Daten aus den letzten fünf Geschäftsjahren binnen knapp eineinhalb Monaten zusammenzustellen, zu ordnen und in das festgelegte Programm einzupflegen.

Die Verfügung verstoße auch gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Beschwerdegegnerin habe den Betreibern von Gasversorgungsnetzen im Sinne des § 3 Nr. 20 EnWG mit der Verfügung vom 21.09.2005 - Az. E405e-05-001/E 24.08.05 - aufgegeben, bis zum 01.11.2005 die in der Anlage 1 dieser Verfügung bezeichneten Daten zu übermitteln. Die Betreiber überregionaler Gasfernleitungsnetze seien nach Nr. 1 S. 2 der Verfügung ausdrücklich von der Pflicht zur Angabe der in der Rubrik "Kosten des Netzbetriebs" abgefragten Positionen ausgenommen worden. Dadurch sei deren schutzwürdiges Vertrauen geschaffen worden, nicht wenige Monate später doch noch zur Erfassung und Übermittlung dieser Daten herangezogen zu werden.

Der Beschwerdeführerin werde aufgegeben, für die Erteilung der Daten ein von der Beschwerdegegnerin auf deren Internetseite bereit gestelltes Datenerfassungsprogramm in Form einer elektronischen Eingabemaske zu verwenden. Nach Anlage 1 der Verfügung seien eine Vielzahl von Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zu übermitteln. Eine Definition, welches das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr sei, fehle jedoch. Nach einem Hinweis der Beschwerdegegnerin handele es sich zwar um das Jahr 2004. Eine Auslegung ergebe jedoch, dass es sich um das Jahr 2005 handele, welches bei Fristablauf beendet sei. Die Aufnahme der Daten aus dem Jahr 2005 werde von dem Eingabeprogramm jedoch mit dem Hinweis verweigert, dass der 28.07.2005 der letzte mögliche Stichtag sei.

Schließlich hätte die Vollziehung der Verfügung für die Beschwerdeführerin eine unbillige Härte zur Folge, da sie unverschuldet nicht zu der fristgerechten Erfüllung in der Lage sei.

Die Bundesnetzagentur beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

B

I.

Die Anträge der Beschwerdeführerin, vorläufig befristet bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Verfügung Nr. 98/2005 (ABl. der Bundesnetzagentur Nr. 24/2005, S. 197-4) - Az. 82 Fe Zusatzabfrage Gas/601 c 14.12.05 - festzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet ist, die in Nummern 1 und 2 der Verfügung angeforderten Daten an die Beschwerdegegnerin zu übermitteln, hilfsweise der Beschwerdegegnerin vorläufig bis zu einer Entscheidung über deren Wirksamkeit zu untersagen, die unter Nummer 1 genannte Verfügung zu vollstrecken, sind unzulässig.

Die Anträge sind nicht statthaft. Für eine Zwischenentscheidung nach §§ 76 Abs. 3 S. 1, 72 EnWG ist im Verfahren nach § 77 Abs. 3 S. 4 EnWG gemäß § 77 Abs. 3 S. 2 EnWG kein Raum.

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 23.01.2006 gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur hat gemäß § 76 Abs. 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung, da einer der enumerativ aufgezählten Fälle nicht vorliegt (entspr. § 64 Abs. 1 GWB). Gemäß § 77 Abs. 3 S. 2,3 EnWG kann die Bundesnetzagentur selbst die Vollziehung ihrer Entscheidung aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 77 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EnWG vorliegen (entspr. § 65 Abs. 3 S. 2 GWB).

Alternativ kann (i.S.v. muss) das Beschwerdegericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 oder 3 vorliegen, § 77 Abs. 3 S. 4 EnWG (entspr. § 65 Abs. 3 Nr. 3 GWB). Mit Schriftsatz vom 23.01.2006 - Antrag zu 3) - hat die Beschwerdeführerin - hilfsweise - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde beantragt.

2. Daneben kommt eine einstweilige Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Entscheidung des Senats über den Antrag nach § 77 Abs. 3 S. 4 EnWG nicht in Betracht. §§ 76 Abs. 3 S. 1, 72 EnWG (entspr. §§ 64 Abs. 3 S. 1, 60 GWB) greifen nicht ein, denn § 76 Abs. 3 S. 2 EnWG schließt die Möglichkeit zum Erlass einstweiliger Anordnungen nach § 72 EnWG ausdrücklich aus, wenn - wie hier - ein Fall des § 77 EnWG vorliegt.

Zum Verhältnis §§ 64 Abs. 3 S. 1, 60 GWB - § 65 Abs. 3 GWB, denen §§ 76 Abs. 3, 77 EnWG nachgebildet sind, ist anerkannt, dass § 65 GWB als lex specialis § 64 Abs. 3 GWB vorgeht, da andernfalls die besonderen Anforderungen des § 65 Abs. 3 GWB, in denen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit zurücktreten muss, unterlaufen würden. Vor der 2. GWB-Novelle 1973 lag die Hauptbedeutung des § 63 Abs. 3 GWB (§ 64 Abs. 3 GWB n.F.) bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung und der Herstellung eines vom Gesetz nicht gewährten Suspensiveffektes. Seit der Einführung des § 63 a GWB a.F. (§ 65 GWB n.F.) ergibt sich die entsprechende Befugnis des Beschwerdegerichts allein aus § 65 Abs.3 GWB unter den dort genannten Voraussetzungen. § 64 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 60 GWB räumt dem Beschwerdegericht folglich nur noch in den Fällen umfassende Befugnisse ein, in denen bis zur endgültigen Entscheidung einstweilige Regelungen getroffen werden müssen, die nicht die Wirksamkeit/Vollziehbarkeit einer angefochtenen Verfügung betreffen (z.B. Verpflichtungs- oder allg. Leistungsbeschwerden entspr. § 123 VwGO; s. nur: Karsten Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. A., Rdnr. 28 zu § 64). § 64 Abs. 3 S. 2 GWB - und ihm folgend § 76 Abs. 3 S. 2 EnWG - stellt dies nunmehr ausdrücklich klar. In der Begründung zum Regierungsentwurf zur 7. GWB-Novelle heißt es, dass "in Anlehnung an § 123 Abs. 5 VwGO die Anwendung der allgemeinen Regelung des § 64 Ab. 3 und § 60 künftig ausgeschlossen wird, soweit die spezielle Vorschrift zur Anordnung der sofortigen Vollziehung in § 65 anzuwenden ist" (BT-Drs. 15/3640, S. 64 f.).

3. § 64 Abs. 3 S. 2 GWB - und damit auch § 76 Abs. 3 S. 2 EnWG - können nach der Begründung des Regierungsentwurfs auch nicht so verstanden werden, dass einstweilige Anordnungen nach §§ 64 Abs. 3 S. 1 GWB und §§ 76 Abs. 3 S. 1, 72 EnWG weiterhin in Betracht kommen, wenn es nicht um die Anordnung der sofortigen Vollziehung, sondern - wie hier - um die der aufschiebenden Wirkung gehe. Gesetzeswortlaut und Begründung geben - ebenso wie Historie und Systematik - hierfür nichts her. Ein Verweis auf § 123 Abs. 5 VwGO, der die Regelungen über die einstweilige Anordnung ausdrücklich für die Fälle des Anfechtungswiderspruchs und der Anfechtungsklage gemäß §§ 80, 80 a VwGO ausnimmt, würde allein dafür sprechen, dass die Regelungen der §§ 65 Abs. 3 GWB, 77 Abs. 3 EnWG als Spezialnormen vorgehen.

II.

Der hilfsweise gestellte Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die Verfügung der Bundesnetzagentur vom 21.12.2005 anzuordnen, ist unbegründet. Weder Bestehen an der angefochtenen Verfügung ernstliche Zweifel im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 2 EnWG, noch hätte die Vollziehung für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG zur Folge.

1. Gemäß § 77 Abs. 3 Satz 4, Satz 1 Nrn. 2, 3 EnWG, der § 65 Abs. 3 GWB nachgebildet ist und für den daher die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze gelten, kann das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung einer nach § 76 Abs. 1 EnWG sofort vollziehbaren Entscheidung der Bundesnetzagentur dann anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) oder wenn ihre Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). Dabei steht dem Beschwerdegericht trotz des Wortlauts ein Ermessen nicht zu (vgl. nur: Quack/Birmanns in: Frankfurter Kommentar zum GWB, Rdnr. 26 zu § 65 GWB 1999; K.Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. A., 2001, Rdnr. 11 zu § 65).

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung können tatsächlicher oder rechtlicher Art sein, wobei das Verfahren nach § 77 Abs. 3 EnWG allerdings nur eine summarische Prüfung zulässt. Sie sind dann zu bejahen, wenn nach der Einschätzung des Gerichts die Aufhebung der angefochtenen Verfügung überwiegend wahrscheinlich ist. Nicht ausreichend ist es daher, wenn die Rechtslage lediglich offen ist (K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Rdnr. 13 zu § 65).

Eine unbillige Härte i.S.d. § 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 EnWG, § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB stellen nur schwerwiegende Nachteile - in der Regel wirtschaftlicher Natur - dar, die über den eigentlichen Zweck der Verfügung hinausgehen und nicht oder jedenfalls kaum wieder gut zu machen sind (K. Schmidt: in Immenga/Mestmäcker, Rdnr. 14 zu § 65; Quack/Birmanns in: FK, Rdnr. 32 zu § 65).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze lässt sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht feststellen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 77 Abs. 3 Satz 4, Satz 1 Nrn. 2, 3 EnWG vorliegen.

a) Die angefochtene Verfügung ist nicht aus formellen Gründen rechtswidrig.

Das Auskunftsverlangen ist der Beschwerdeführerin wirksam bekannt gegeben worden; die Entscheidung war ihr nicht nach § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG zuzustellen. Das Auskunftsverlangen musste auch nicht von einer Beschlusskammer der Bundesnetzagentur erlassen werden.

Rechtsgrundlage der Auskunftsverfügung sind die §§ 112 a, 68, 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG. Die Auskünfte dienen zur Vorbereitung des Berichts der Bundesnetzagentur an die Bundesregierung für ein Konzept der Anreizregulierung (§ 112 a Abs. 1 S. 1 und 2, § 21 a EnWG). Gemäß § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG stehen der Bundesnetzagentur dabei die "Ermittlungsbefugnisse nach diesem Gesetz" zu. Die Bundesnetzagentur kann gemäß § 68 Abs. 1 EnWG alle erforderlichen Ermittlungen führen und Beweise erheben. Zu ihren Ermittlungsmöglichkeiten gehört auch, Auskünfte von Unternehmen der Energiewirtschaft über ihre technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzuholen (vgl. § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EnWG). Dabei unterliegt das Auskunftsverlangen nicht den besonderen formellen Anforderungen des in Abschnitt 1, Teil 8 EnWG geregelten behördlichen Verfahrens. Abweichend von § 69 Abs. 7 S. 1, § 59 Abs. 1 S. 1 EnWG bestimmt § 59 Abs. 1 S. 2 EnWG, dass Entscheidungen über die Datenerhebung zur Erfüllung von Berichtspflichten nicht durch einen Beschluss der Beschlusskammern getroffen werden müssen. Zu jenen Berichtspflichten gehört auch die Berichtspflicht der Bundesnetzagentur nach § 112 a EnWG. Dass es dabei um die Erfüllung eigener Berichtspflichten der Netzagentur geht, steht nicht entgegen. Für ein diesbezüglich eingeschränktes Verständnis gibt der Wortlaut des § 59 Abs. 1 EnWG nichts her. Mit den eingeschränkten formellen Anforderungen an das Auskunftsverlangen wollte der Gesetzgeber ersichtlich den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen. In diesem Lichte ist auch § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG zu interpretieren, der der Netzagentur für die Zwecke des bis zum 1.7.2006 zu erstellenden Berichtes in umfassender Weise alle Ermittlungsbefugnisse nach dem EnWG einräumt, ohne eine Bindung an die besonders geregelten Förmlichkeiten des behördlichen Verfahrens nach §§ 65 ff EnWG auszusprechen. Insbesondere die nach § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG vorgeschriebene Zustellung von Entscheidungen nach den Bestimmungen des Verwaltungszustellungsgesetzes gilt danach hier nicht. Das ergibt sich auch mit Blick auf die Gesetzesbegründung, wo es zu § 69 EnWG heißt (Bundestags-Drucks. 15/3917, Seite 71):

Die Bestimmung entspricht § 59 Abs. 1 GWB-E. Außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren hat die Regulierungsbehörde die Befugnisse nach Absatz 10.

In § 69 Abs. 10 S. 3 EnWG ist wiederum (nur) geregelt, dass die §§ 68, 71 und 69 entsprechend gelten; § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG wird hingegen nicht für anwendbar erklärt. Danach soll also außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren das Zustellungserfordernis nicht eingreifen. Dass für das Auskunftsverlangen im Zusammenhang mit dem Berichtsauftrag nach § 112 a EnWG - einer allgemeinen Verwaltungsaufgabe - etwas anderes zu gelten hätte, ist nicht anzunehmen. Vielmehr gelten insoweit (lückenfüllend) die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).

Bei dem angefochtenen Auskunftsverlangen handelt es sich um eine (personenbezogene) Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2, 1. Fall VwVfG. Nach § 41 Abs. 3 S. 1, 2 VwVfG darf eine Allgemeinverfügung auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Letzteres war hier der Fall. Untunlich bedeutet, dass die individuelle Bekanntgabe an eine große Zahl Beteiligter bzw. Betroffener wegen der Natur des in Frage stehenden Verwaltungsaktes nicht möglich oder jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre (vgl. VGH Mannheim NVwZ 1989, 978, 980; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. § 41 Rn. 48). Im Streitfall war das Auskunftsverlangen rund 750 Betreibern von Gasnetzen bekanntzugeben. Zwar soll allein der Umstand, dass die Bekanntgabe an eine große Zahl Beteiligter bzw. Betroffener einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen würde, die öffentliche Bekanntgabe nicht rechtfertigen (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer a.a.O.). Vorliegend kommen jedoch die Fristgebundenheit des gesetzlichen Berichtsauftrags nach § 112 a EnWG und die damit zusammenhängende Eilbedürftigkeit des Auskunftsverlangens sowie der Umstand hinzu, dass die Netzagentur bei Erlass der Auskunftsverfügung nicht wissen konnte, wie weit die nach dem EnWG zeitgleiche Entflechtung der vertikal integrierten Gasversorgungsunternehmen gemäß §§ 6 EnWG im Einzelfall vorangeschritten war. Der Rückgriff auf das Mittel der Allgemeinverfügung, die die Bestimmbarkeit der Adressaten genügen lässt und eine öffentliche Bekanntgabe erlaubt, war daher naheliegend, wenn nicht sogar geboten.

Gemäß § 41 Abs. 4 VwVfG wird die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. Zum verfügenden Teil gehören der Entscheidungssatz, die Angabe der Behörde, die entschieden hat, und die Bezeichnung der Adressaten bzw. der sonst Betroffenen. Sämtliche Elemente enthielt die Verfügung vom 21.12.2005 in ausreichendem Maße. Das gilt auch für den Entscheidungssatz, der zum Gegenstand hatte, die in Kapitel 1 bzw. 2 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinitionen in Anlage 2 zu dem Auskunftsverlangen bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln. Damit waren der Kern des Gebots ausgesprochen und die nach der Rechtsprechung geforderte Anstoßfunktion erfüllt, um jedem Netzbetreiber die Möglichkeit seiner Betroffenheit vor Augen zu führen (vgl. hierzu BVerwGE 67, 206 f), so dass im Übrigen auf die auf der Internetseite der Netzagentur veröffentlichten Anlagen verwiesen werden konnte (§ 41 Abs. 4 S. 2 VwVfG). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Energiewirtschaftsrecht sowohl für die Regulierungsbehörde als auch für die Netzbetreiber von einem umfassenden Einsatz des Internets ausgeht und dementsprechend die Existenz eigener Internetseiten als selbstverständlich voraussetzt (vgl. nur § 74 EnWG; § 20 Abs. 1, 2, § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 1, 3 S. 4, § 43 Abs. 4 GasNZV; § 17, § 21 Abs. 1, § 27 Abs. 1 und 2 GasNEV; § 17 Abs. 1 StromNZV; § 27 Abs. 1 StromNEV). Im Hinblick hierauf dürfte die Veröffentlichung des vollständigen Auskunftsverlangens auf der Internetseite der Bundesnetzagentur eine (zusätzliche) ortsübliche Bekanntmachung i.S.d. § 41 Abs. 4 VwVfG darstellen. Die Zulässigkeit dieser Form der Bekanntgabe wird bestätigt durch § 22 Abs. 3 S. 4 GasNZV, wonach für die dort geregelte Festlegung eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ausdrücklich vorgesehen ist.

b) Die angefochtene Verfügung ist auch nicht aus materiellen Gründen rechtswidrig.

aa) Die Beschwerdeführerin rügt, für das unter Nr. 1 der Verfügung formulierte umfassende Auskunftsverlangen fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Auf den nach § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG zu erstellenden Konzeptbericht könne sich das Auskunftsbegehren nicht stützen, da die mit der Verfügung abgefragten Daten zur Erstellung des Berichts nach § 112 a Abs. 1 EnWG nicht erforderlich im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG seien. Da die Anreizregulierung nur zulässig sei, soweit eine kostenorientierte Entgeltbildung im Sinne des § 21 a Abs. 1 S.1 EnWG erfolge, sei eine Anreizregulierung unzulässig, soweit keine kostenorientierte Entgeltbildung erfolge. Folglich könne sich ein Bericht zur Einführung der Anreizregulierung nur auf Unternehmen beziehen, die einer kostenorientierten Entgeltbildung unterliegen. Der von der Beschwerdegegnerin zu erstellende Beicht solle nicht die zur Durchführung der Anreizregulierung erforderlichen Details enthalten, sondern lediglich ein Konzept im Sinne eins Plans oder Programms, auf dessen Grundlage eine Anreizregulierung entwickelt werden solle.

Auch das unter Nr. 2 der Verfügung formulierte Auskunftsverlangen sei rechtswidrig. Neben den zu Nr. 1 der Verfügung dargestellten Gründen komme hinzu, dass eine Ermächtigungsgrundlage für einen umfassenden Auskunftsanspruch zu der Kosten- und Erlöslage der Beschwerdeführerin in dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr fehle. Der von der Beschwerdegegnerin zu erstellende Bericht zur Anreizregulierung betreffe zudem nur Unternehmen, die einer kostenorientierten Entgeltbildung unterworfen seien. Die Beschwerdeführerin sei als Betreiberin eines überregionalen Gasfernleitungsnetzes bestehendem oder potentiellem Leitungswettbewerb ausgesetzt, deshalb von der kostenorientierten Entgeltbildung ausgenommen und berechtigt, ihre Preise marktorientiert zu bilden. Der Bericht nach § 112 a Abs. 1 S.1 EnWG beziehe sich nicht auf solche Gasfernleitungsnetzbetreiber.

Die von der Beschwerdegegnerin angeforderten netz- und kostenbezogenen Daten gingen über die der Beschwerdeführerin nach § 26 GasNEV obliegenden Informationspflichten hinaus.

Die unter Nr. 2 der Verfügung vorgesehene Erhebung der Kostenangaben bei überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreibern sei unverhältnismäßig, da diese Daten für den Bericht nicht relevant seien. Die Beschwerdegegnerin verfüge bereits über eine breite Datenbasis.

Die der Beschwerdeführerin gesetzte Frist sei nicht nach § 69 Abs. 7 S. 2 EnWG angemessen. Der Beschwerdeführerin sei es nicht möglich, die Daten aus den letzten fünf Geschäftsjahren binnen knapp eineinhalb Monaten zusammenzustellen, zu ordnen und in das festgelegte Programm einzupflegen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, die Verfügung verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, da die Betreiber überregionaler Gasfernleitungsnetze im Rahmen der Verfügung vom 21.09.2005 ausdrücklich von der Pflicht zur Angabe der in der Rubrik "Kosten des Netzbetriebs" abgefragten Positionen ausgenommen worden seien. Die Aufnahme der Daten für das Geschäftsjahr 2005 werde von dem Eingabeprogramm zudem verweigert.

Schließlich würde die Vollziehung der Verfügung für die Beschwerdeführerin, die unverschuldet nicht zu der fristgerechten Erfüllung in der Lage sei, eine unbillige Härte bedeuten.

bb) Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens zu begründen. Die Beschwerdeführerin verkennt mit ihrem Vortrag die Reichweite der gesetzlichen Ermächtigung.

Das Auskunftsverlangen der Bundesnetzagentur ist gestützt auf § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 112 a Abs. 1 Satz 1 EnWG. Danach kann die Regulierungsbehörde, soweit es zur Erfüllung der ihr nach dem Energiewirtschaftsgesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist, von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Auskunft über deren technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Herausgabe von Unterlagen verlangen. Zu den Aufgaben der Bundesnetzagentur gehört es nach § 112 a Abs. 1 EnWG, der Bundesregierung bis zum 1. Juli 2006 einen Bericht zur Einführung der Anreizregulierung nach § 21 a EnWG vorzulegen, der ein Konzept zur Durchführung einer Anreizregulierung enthalten soll, das im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des § 21 a EnWG umsetzbar ist. Zur Vorbereitung und Erstellung des Berichts sind ihr ausdrücklich die Ermittlungsbefugnisse nach dem Energiewirtschaftsgesetz eingeräumt worden.

Auskunftsanordnungen auf dieser gesetzlichen Grundlage unterliegen - was die Beschwerdeführerin verkennt - von vorneherein nur einer eingeschränkten richterlichen Überprüfung, weil der Regulierungsbehörde naturgemäß ein weiter Spielraum bei der Beurteilung einzuräumen ist, welche Auskünfte sie zur Vorbereitung und Erstellung des Berichts benötigt.

§ 21 a EnWG sieht vor, dass anstelle der kostenbasierten Entgeltkalkulation eine Anreizregulierung durchgeführt werden kann. Die Regierung wird durch § 21 a Abs. 1 und Abs. 6 S. 1 EnWG ermächtigt, mit der Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung zu erlassen, die regelt, ob und wann eine Anreizregulierung überhaupt in den deutschen Energiemärkten Anwendung finden soll (Nr. 1). Durch die Verordnung soll weiter die nähere Ausgestaltung der Methode und ihre Durchführung geregelt (Nr. 2) sowie festgeschrieben werden, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen die Bundesnetzagentur im Rahmen der Durchführung der Methoden Festlegungen treffen und Maßnahmen des Netzbetreiber genehmigen kann (Nr. 3). Soweit es die Ausgestaltung der Methode der Anreizregulierung angeht, trifft § 21 a EnWG in Abs. 2 - Abs. 5 bereits weitgehende Festlegungen. § 21 a Abs. 2 bestimmt, dass unter einer Anreizregulierung für eine Regulierungsperiode (zwei bis fünf Jahre) Obergrenzen entweder für die Höhe der Netzzugangsentgelte oder aber für die Gesamterlöse aus Netzzugangsentgelten unter Berücksichtigung von Effizienzvorgaben vorgegeben werden. Diese Obergrenzen und Effizienzvorgaben sollen sich auf einzelne Netzbetreiber oder Gruppen von Netzbetreibern, und zwar entweder auf das gesamte Netz oder auf Netzteile beziehen. Nach § 21 a Abs. 4 EnWG soll bei der Ermittlung der Regulierungsvorgaben zwischen vom Netzbetreiber beeinflussbaren und von ihm nicht beeinflussbaren Kostenanteilen differenziert werden. Auf der Grundlage eines Effizienzvergleichs (Benchmarking) sollen für eine Regulierungsperiode unternehmensindividuelle Effizienzvorgaben oder gruppenspezifische Effizienzziele abgeleitet werden (§ 21 a Abs. 5). Weitere dabei zu berücksichtigende Regelungsgegenstände enthält § 21 a Abs. 6 Satz 2 EnWG. Im Rahmen all dieser Vorgaben muss die Bundesnetzagentur ein Konzept entwickeln, das die Bundesregierung in die Rechtsverordnung nach § 21 a Abs. 6 EnWG umsetzen kann.

Die Erarbeitung eines Konzepts zur Durchführung der Anreizregulierung ist somit eine planerische Aufgabe, für die ihr dementsprechend planerische Gestaltungsfreiheit zuzubilligen ist. Es sind zunächst auf einer breiten Grundlage höchst komplexe wirtschaftliche und technische Umstände zu ermitteln und zu bewerten und darauf aufbauend geeignete rechtliche Verfahren und Instrumente zur Implementierung der Anreizregulierung zu entwickeln. Die Vertrautheit der Regulierungsbehörde mit dieser Materie, ihre Wertungen und Einschätzungen künftiger Entwicklungen können ebenso wenig wie die Beurteilung, welche Daten sie dabei benötigt, durch die des Gerichts ersetzt werden. Die eigenverantwortliche und umfassende planerische Freiheit bei der Konzepterstellung bringt es daher mit sich, dass Gegenstand gerichtlicher Überprüfung allein die Frage sein kann, ob der konkrete Berichtsauftrag das Auskunftsverlangen rechtfertigt. Dies ist - wie bei Auskunftsersuchen nach dem vergleichbaren § 59 GWB - dann der Fall, wenn die Regulierungsbehörde die Erforderlichkeit der Auskünfte mit Blick auf den Berichtsauftrag mit vertretbaren Erwägungen bejaht hat (s.nur: OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1179, 1180; 677, 678).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist das Auskunftsverlangen der Beschwerdegegnerin nicht zu beanstanden.

Fehl geht der Einwand der Beschwerdeführerin, §§ 69 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 112 a Abs. 1 EnWG ermächtige sie schon dem Grunde nach nicht dazu, Auskünfte von den überregionalen Ferngasnetzbetreibern zu verlangen, die gem. § 3 Abs. 2 GasNEV nicht der kostenorientierten Entgeltregulierung unterliegen.

Die Beschwerdegegnerin hat in der eingehenden Begründung ihres Auskunftsverlangens für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass für die von ihr geforderte Erstellung eines operablen Konzepts der Anreizregulierung eine Untersuchung des Gesamtsystems und damit eine umfassende und aussagekräftige Datenbasis erforderlich ist, weil es ihr nur auf dieser Grundlage möglich ist, die Parameter einer künftigen Anreizregulierung sachgerecht zu entwickeln. Der Bericht soll es der Bundesregierung ermöglichen, über das "ob" und "wie" der Anreizregulierung für die gesamte Gaswirtschaft zu entscheiden, so dass er sich naturgemäß zunächst über das Effizienzsteigerungspotenzial und sodann ggfs. über die Methoden zur Setzung der Obergrenzen wie auch die Kriterien zur Festlegung der Effizienzvorgaben verhalten muss. Damit ist es plausibel, dass die Beschwerdegegnerin im Rahmen der Vorbereitung dieses Berichts die kostenerhöhende Wirkung technischer und struktureller Gegebenheiten und die potentielle Wirkung zu setzender Anreize deutschlandweit für das Gesamtnetzsystem - bestehend aus rd. 780 Gasnetzbetreibern - untersuchen will. Schon von daher ist die Einbeziehung der überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreiber unabhängig davon notwendig, ob diese derzeit für sich die Überprüfung ihrer Netznutzungsentgelte nach dem Vergleichsmarktmodell gem. § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG i.V.m. §§ 3 Abs. 2, 3 und 19 ff. GasNEV in Anspruch nehmen. Im übrigen lässt die Beschwerdeführerin außer Acht, dass der von der Beschwerdegegnerin zu erstellende Bericht sich nach dem gesetzlichen Auftrag auch auf die Frage zu erstrecken hat, ob - und mit welchen Vorgaben - die Anreizregulierung für Gasfernleitungsnetzbetreiber eingeführt werden soll. Diese sind nach dem gesetzgeberischen Willen grundsätzlich in das System der Anreizregulierung einbezogen worden, so dass das alternative Vergleichsmarktmodell nur eine Ausnahme hierzu darstellt. Letzteres kann der einzelne überregionale Ferngasnetzbetreiber - nur dann - in Anspruch nehmen, wenn er für sein Netzgebiet gem. § 3 Abs. 2 GasNEV den Nachweis erbringt, dass tatsächlich oder potenziell Wettbewerb herrscht. Erfüllt ein Ferngasnetzbetreiber hingegen diese Voraussetzungen nicht oder will er das reine Vergleichsmarktmodell nicht in Anspruch nehmen, unterliegt er der kostenorientierten Preisbildung und damit gemäß § 21 a Abs. 1 Satz 1 EnWG auch einer etwaigen künftigen Anreizregulierung. Eine valide Datenbasis gebietet es daher, die als erforderlich angesehenen Daten von sämtlichen potentiell der Anreizregulierung unterliegenden Unternehmen zu erheben.

Ohne Erfolg greift die Beschwerdeführerin auch die abverlangten Kosten- und Strukturdaten mit dem Einwand an, eine solche Detailtiefe könne erst auf der Grundlage der zu erstellenden zukünftigen Rechtsverordnung im Rahmen der Durchführung der Anreizregulierung verlangt werden, so dass durch die Datenabfrage der Verordnungsvorbehalt des § 21 a Abs. 6 EnWG umgangen werde. Sie verkennt dabei, dass schon der von der Beschwerdegegnerin zu erstattende Bericht sich angesichts seiner breiten Aufgabenstellung mit den - alternativ - möglichen Regelungen dieser Rechtsverordnung auseinandersetzen muss, wenn er für deren Erarbeitung eine tragfähige Grundlage darstellen soll. Von daher müssen auf wesentlich umfassenderer Basis Daten erfragt werden, als dies später nach Erlass der Rechtsverordnung mit konkreten Vorgaben der Fall sein wird.

Der konkreten Datenabfrage kann auch nicht die mangelnde Vergleichbarkeit der Netze regionaler Fernleitungsnetzbetreiber mit denen überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber entgegengehalten werden. Die zu erlassende Rechtsverordnung kann auch "Regelungen zur Festlegung der für eine Gruppenbildung relevanten Strukturkriterien und über deren Bedeutung für die Ausgestaltung von Effizienzvorgaben" sowie die "Anforderungen an eine Gruppenbildung" enthalten (§ 21 a Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, 2 EnWG), so dass die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Aufgabenstellung handelt, wenn sie mit ihrer Datenerhebung die insoweit maßgeblichen strukturellen Unterschiede mit Blick auf die verschiedenen Parameter der Anreizregulierung erforscht.

Die Rüge der Beschwerdeführerin, es sei nicht möglich, die Daten aus den letzten fünf Geschäftsjahren binnen knapp eineinhalb Monaten zusammenzustellen, zu ordnen und in das festgelegte Programm einzupflegen, lässt ebenfalls nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung zu.

Die von der Netzagentur gesetzte Erledigungsfrist begründet für sich gesehen keine Unzumutbarkeit. Die Beschwerdeführerin verweist darauf, die Netzagentur habe in ihrer ersten Auskunftsverfügung vom 21.9.2005 von einer Datenabfrage bei Betreibern überregionaler Fernleitungsnetze, die im Wettbewerb stehen und keiner kostenorientierte Entgeltregulierung unterliegen, abgesehen. Abgesehen davon, dass hiermit kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen wurde, dass solche Datenabfragen auch in Zukunft unterbleiben, ist entscheidend ist, ob die Frist des angefochtenen Auskunftsverlangens für die Beschwerdeführerin nach objektiven Maßstäben unangemessen gewesen ist, nicht aber, ob die Netzagentur das Verfahren hätte effizienter durchführen können. Die Beschwerdeführerin legt schon nicht im Einzelnen und in sich geschlossen und damit überprüfbar dar, aus welchen Gründen ihr eine Einhaltung der Frist unzumutbar gewesen ist und auf welche Weise sie die schon verstrichene Zeit unter Anspannung ihrer personellen und finanziellen Kräfte genutzt hat. Dabei ist auch ein erheblicher Aufwand von der auskunftspflichtigen Beschwerdeführerin grundsätzlich hinzunehmen (vgl. KG WuW/E OLG 2607 - "Haribo"; WuW/E OLG 3721, 3722 - "Coop-Wandmaker"; Klaue in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 59 GWB Rn. 21). Etwaige unverzichtbare Erleichterungen können ihr noch im Zuge der Auskunftserteilung auf ihre Eingabe hin bewilligt werden.

Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb es der Beschwerdeführerin nicht möglich sein sollte, auf eine Meldung des Datenerfassungsprogramms, das einen Eintrag nach dem "28.07.2005" als Ende des Geschäftsjahres als Fehler ausweist, entsprechend zu reagieren.

Nach alldem kann auch nicht festgestellt werden, dass mit der Vollziehung der Auskunftsverfügung für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 S. 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 EnWG verbunden wäre.

Ende der Entscheidung

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