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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: VI-3 Kart 210/07 (V)
Rechtsgebiete: EnWG, KraftNAV


Vorschriften:

EnWG § 1
EnWG § 1 Abs. 1
EnWG § 3 Nr. 16
EnWG § 3 Nr. 25
EnWG § 11
EnWG § 17
EnWG § 17 Abs. 1
EnWG § 17 Abs. 2
EnWG § 17 Abs. 3
EnWG § 17 Abs. 3 S. 1
EnWG § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
EnWG § 17 Abs. 3 S. 2
EnWG § 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 3
EnWG § 30 Abs. 2 S. 1
EnWG § 30 Abs. 2 S. 2
EnWG § 30 Abs. 2 S. 3 Nr. 2
EnWG § 31 Abs. 1 S. 2
EnWG § 90
KraftNAV § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen wird die Missbrauchsverfügung der Bundesnetzagentur - Beschlusskammer 6 - vom 23. August 2007 (BK 6-07/013) insoweit aufgehoben, als der Betroffenen aufgegeben worden ist, die von der Antragstellerin noch zu errichtende 20 kV-Leitung an ihr Umspannwerk in O. anzuschließen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Betroffene zu 3/4 und die Bundesnetzagentur zu 1/4 zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Bundesnetzagentur tragen diese selbst 1/4 und die Betroffene 3/4.

Von den außergerichtlichen Kosten der Betroffenen tragen diese selbst 3/4 und die Bundesnetzagentur 1/4.

Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin werden der Betroffenen auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 150.000 Euro.

Gründe:

A)

Die zum 01.01.2007 aus der Entflechtung der E. hervorgegangene Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilnetz der Hoch- und Mittelspannung in N. und S. sowie ein im Jahre 2004 errichtetes 110/20 kV-Umspannwerk in O. Nach den seit 2000/2001 geltenden Fassungen ihrer internen Verfahrensanweisungen erfolgt der Anschluss von Letztverbrauchern an die Mittelspannungsebene bei einer Anschlussleistung von 100 - 12.000 kW, während der mittelspannungsseitige Anschluss an die Umspannebene Hochspannung/Mittelspannung grundsätzlich eine Anschlussleistung von 10.000 kW erfordert.

Die Antragstellerin betreibt eine Produktionsstätte in O., die vom Umspannwerk der Betroffenen ca. 500 m weit entfernt liegt. Gemäß einem Netzanschlussvertrag vom 29.08./11.10.2000 über den Anschluss an die 20 kV- Mittelspannungsebene in O. vereinbarten die Rechtsvorgängerin der Betroffenen und die St. als Rechtsvorgängerin der Antragstellerin eine Anschlussleistung von 3.000 kW.

Mit Schreiben vom 17.05.2006 forderte die Antragstellerin die Betroffene auf, den Anschluss einer von ihr noch zu errichtenden 20 kV-Leitung an das Umspannwerk in O. zu bewilligen. Mit Schreiben vom 23.06.2007 (Anlage 2) lehnte die Betroffene das Begehren mit folgender Begründung ab:

"Nach dem Energiewirtschaftsgesetz sind wir als Netzbetreiber verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energietransportnetz diskriminierungsfrei zu betreiben. Insbesondere den § 17 Abs. 1, Netzanschluss, berücksichtigend, können wir leider Ihrem Vorschlag, eine zusätzliche direkte Anbindung an das nahe gelegene Umspannwerk zu realisieren, unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nachkommen. Sehr wohl können wir Ihrer Überlegung aus netzentgelttechnischer und damit betriebswirtschaftlicher Sicht folgen...."

Mit Schreiben vom 20.03.2007 bestätigte die Betroffene ihre Ablehnung wie folgt:

"...unter Bezugnahme auf den geführten Schriftverkehr teilen wir Ihnen nach erneuter Prüfung mit, dass wir Ihrem Begehren, die Produktionsstätte am Standort S. an die Umspannebene anzuschließen, nicht entsprechen. Wir erfüllen unsere Pflicht, Letztverbraucher diskriminierungsfrei zu angemessenen und transparenten Bedingungen an unser Netz anzuschließen, bereits durch den bestehenden Anschluss an die Mittelspannungsebene."

Mit Anwaltschreiben vom 30.03.2007 an die Bundesnetzagentur beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens. Die Betroffene verteidigte sich dahin, dass eine Anschlussverpflichtung nach § 17 Abs. 1 EnWG generell nur zu den angemessenen technischen Bedingungen des Netzbetreibers bestehe. Der von der Antragstellerin erstrebte Anschlusswechsel stehe nicht in Einklang mit den von ihr festgelegten Anschlusskorridoren. Der Anschluss erreiche nicht die von ihr geforderte Höchstlast von 10.000 kW. Die Antragstellerin verfüge bereits über einen angemessenen Netzanschluss. Ein Anschluss an die Umspannebene erfolge aus netzplanerischen Gründen nur in bestimmten, hier nicht gegebenen Ausnahmefällen. Im Übrigen sei ihr die Anschlussgewährung gemäß § 17 Abs. 2 EnWG unzumutbar.

Auf den Antrag der Antragstellerin entschied die Bundesnetzagentur - Beschlusskammer 6 - mit Beschluss vom 23.08.07 (BK 6-07/013), der Betroffenen zugestellt am 27.08.2007, wie folgt:

1. Indem die Betroffene den Anschluss der zwischen dem Produktionsstandort...und dem 110/20-kV-Umspannwerk in der Gemarkung O. noch zu errichtenden 20-kV-Leitung an diesem Umspannwerk grundsätzlich verweigert, verstößt sie gegen die Netzanschlusspflicht § 17 Abs. 1 und 2 EnWG.

2. Der Betroffenen wird aufgegeben, im Falle der Errichtung die vom Produktionsstandort der Antragstellerin...ausgehende 20 kV-Leitung an ihr 110/20 kV-Umspannwerk in der Gemarkung O. anzuschließen.

Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrer am 10.10.2007 bei der Bundesnetzagentur eingelegten sofortigen Beschwerde. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Ein Anschlussnehmer könne nicht verlangen, unabhängig von seinem Leistungsbedarf an eine beliebige Ebene des Netzes angeschlossen zu werden. Im Rahmen interner Anschlussbedingungen könne der Netzbetreiber den Anschluss von der Abnahmeleistung abhängig machen. Dafür sprächen der Wortlaut des § 17 Abs. 1 EnWG, die Gesetzessystematik und die Zielsetzungen des § 1 EnWG. Die Verpflichtung des Netzbetreibers zum bedarfsgerechten Ausbau nach § 11 EnWG erfordere bedarfsorientierte Anschlussbedingungen. Bestätigt werde dies durch die Bestimmungen der KraftNAV und die Verordnungsermächtigung gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 EnWG. Zu Unrecht meine die Beschlusskammer, dass die Anschlussleistung nur im Rahmen des § 17 Abs. 2 EnWG berücksichtigt werden könne. Im Übrigen sei sie zur Verweigerung des Anschlusses gemäß § 17 Abs. 2 EnWG berechtigt. Die Gewährung eines technisch überdimensionierten Netzanschlusses, der einzig dem Zweck diene, zu Lasten der Allgemeinheit eine Ersparnis der individuellen Netzentgelte zu erreichen, sei nicht zumutbar. Der Netzebenenwechsel erschwere die Netzplanung, gefährde einen sicheren und effizienten Netzbetrieb und erhöhe die Netzentgelte beträchtlich. Auch die Bundesnetzagentur (Thesenpapier der Beschlusskammer 6, § 17 EnWG, Anlage BF 2) erkenne grundsätzlich an, dass eine drohende Erhöhung der Netzentgelte die Unzumutbarkeit eines Netzanschlusses an eine höhere Spannungs- bzw. Netzebene begründen könne. Die von ihr geforderte Erheblichkeit der Erhöhung sei jedoch mit dem Diskriminierungsverbot unvereinbar und könne zu einem unerwünschten Wettlauf um die noch freien Anschlussplätze führen.

Die Betroffene beantragt,

die angefochtene Missbrauchsverfügung aufzuheben.

Die Bundesnetzagentur und die Antragstellerin beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Bundesnetzagentur widerspricht der Auffassung der Betroffenen und trägt vor: § 17 Abs. 1 EnWG gewähre dem Anschlussnehmer einen grundsätzlich uneingeschränkten Anspruch auf Anschluss an das Energieversorgungsnetz. Dies folge aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrem Sinn und Zweck, der Systematik, der Gesetzeshistorie und den Europäischen Energierichtlinien. Der Netzbetreiber könne den Anschluss nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 EnWG verweigern. Angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten eines freien Netzebenenwahlrechts seien gewisse Schwierigkeiten bei der Netzplanung hinzunehmen. Der Grundsatz der Preisgünstigkeit werde durch das Netzebenenwahlrecht nicht deshalb nachteilig beeinflusst, weil der Anschluss mit der Errichtung zusätzlicher Leitungen und der Beschaffung und Wartung neuer Betriebsmittel verbunden sei. Denn solche Aufwendungen habe der Anschlussnehmer zu tragen. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Anschlussnehmer zugunsten niedrigerer Entgelte eine geringere Versorgungssicherheit in Kauf nehme. Die Betroffene sei auch nicht berechtigt, den Anschluss gemäß § 17 Abs. 2 EnWG zu verweigern. Die Gefahr einer Netzentgelterhöhung für die verbleibenden Kunden sei nur relevant, wenn die Schwelle der Unzumutbarkeit erreicht sei. Daran fehle es hier.

Die Antragstellerin verteidigt die Missbrauchsverfügung. Sie bestreitet die von der Betroffenen behaupteten negativen Folgen eines Netzebenenwechsels, hält das von der Betroffenen überreichte Privatgutachten für nicht stichhaltig und deren eigene Berechnungen für nicht aussagekräftig.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

B)

Die sofortige Beschwerde der Betroffenen ist überwiegend unbegründet.

Zu Recht hat die Beschlusskammer gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 EnWG festgestellt, dass die allgemeine Weigerung der Betroffenen, eine von der Antragstellerin herzustellende 20 kV-Leitung an ihr Umspannwerk anzuschließen, nicht mit den Vorgaben des § 17 EnWG übereinstimmt. Die Anschlussanordnung gemäß Tenor 2 der Missbrauchsverfügung ist hingegen aufzuheben, weil sie derzeit nicht gemäß § 30 Abs. 2 S. 2 EnWG "erforderlich" ist.

I. Die Betroffene verstößt mit ihrer Anschlussverweigerung gegen § 17 Abs. 1 EnWG und hält damit im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 EnWG eine Bestimmung von Abschnitt 2 nicht ein.

1. Die von der Betroffenen mit Schreiben vom 23.06.2006 und 20.03.2007 erklärte Anschlussverweigerung verstößt gegen die Anschlussverpflichtung des Netzbetreibers aus § 17 Abs. 1 EnWG. Nach dieser Vorschrift haben Betreiber von Energieversorgungsnetzen Letztverbraucher, gleich- oder nachgelagerte Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze sowie -leitungen, Erzeugungs- und Speicheranlagen zu technischen und wirtschaftlichen Bedingungen an ihr Netz anzuschließen, die angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und nicht ungünstiger sind, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet werden. Im Streitfall besteht die Anschlussverpflichtung der Betroffenen gegenüber der Antragstellerin als Letztverbraucher im Sinne des § 3 Nr. 25 EnWG und als potentieller Betreiber einer herzustellenden Elektrizitätsleitung.

§ 17 Abs. 1 EnWG bestimmt die allgemeine Pflicht des Netzbetreibers zum Anschluss an das Energieversorgungsnetz. Im Strombereich ist unter einem "Energieversorgungsnetz" ein Elektrizitätsversorgungsnetz über eine oder mehrere Spannungsebenen zu verstehen (§ 3 Nr. 16 EnWG). Es gilt ein einheitlicher Netz-Begriff. Eine Unterteilung nach den Spannungsebenen oder anderen Netzbestandteilen sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Dies gilt auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 EnWG. Indem die Antragstellerin den mittelspannungsseitigen Anschluss an das Umspannwerk L. verlangt, macht sie im Sinne des § 17 Abs. 1 EnWG einen Anspruch auf Anschluss an das "Netz" der Betroffenen geltend.

Diesen Anspruch hat die Betroffene mit Schreiben vom 23.06.2006 und 20.03.2007 zurückgewiesen. Sie meint, ihre Anschlussverpflichtung sei mit Blick auf ihre internen Verfahrensanweisungen eingeschränkt. Zwar stehe dem Anschlussnehmer grundsätzlich ein umfassender Anspruch auf Anschluss an das gesamte Netz des Netzbetreibers zu. Die Netzebene, an die ein Anschluss zu gewähren sei, könne der Netzbetreiber jedoch nach seinem sachgerechten Ermessen von technischen Parametern abhängig machen. Diese Befugnis folge aus dem Begriff der "technischen und wirtschaftlichen Bedingungen" in § 17 Abs. 1 EnWG. Erfülle ein Anschluss die Bedingungen des Netzbetreibers nicht, bestehe für den Netzbetreiber auch keine Anschlussverpflichtung. Auf die Frage, ob die Anschlussgewährung nach § 17 Abs. 2 EnWG unzumutbar sei, komme es dann nicht mehr an. Bereits ihre Rechtsvorgängerin habe von ihrem diesbezüglichen unternehmerischen Ermessen Gebrauch gemacht und sachgerechte Anschlusskorridore festgelegt. Darauf könne sie, die Betroffene, nun verweisen. Danach komme ein Anschluss an die mittelspannungsseitige Umspannebene erst ab einer Anschlussleistung von 10.000 kW in Betracht. Der Anschluss der Antragstellerin bleibe weit hinter dieser Anschlussleistung zurück.

Die Argumentation der Betroffenen greift nicht durch. § 17 Abs. 1 EnWG bestimmt eine grundsätzlich unbeschränkte Anschlussverpflichtung des Netzbetreibers in Bezug auf das gesamte Netz. Die Anschlussverpflichtung bildet dabei die allgemeine Regel, die Anschlussverweigerung nach § 17 Abs. 2 EnWG nur die seltene Ausnahme (vgl. Buntscheck, WuW 1/2006, 30, 32/33, 35). Neben § 17 Abs. 2 EnWG sind grundsätzlich keine weiteren Anschlusseinreden des Netzbetreibers möglich. Namentlich sind keine weiteren Verweigerungsrechte in den "technischen und wirtschaftlichen Bedingungen" gemäß § 17 Abs. 1 EnWG auf der Grundlage von Vorgaben der Netzbetreiber verankert. Die "technischen und wirtschaftlichen Bedingungen" gemäß § 17 Abs. 1 EnWG lassen den Grund der Anschlussverpflichtung (das "Ob") unberührt. Sie betreffen nur das "Wie" der Anschlussgewährung, wobei das Gesetz die Einhaltung von Mindestkonditionen fordert, welche der Verordnungsgeber gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 EnWG näher ausgestalten kann.

Dass die "technischen und wirtschaftlichen Bedingungen" in § 17 Abs. 1 EnWG nur noch das "Wie" der Anschlussgewährung betreffen und keine weiteren Anschlusseinreden des Netzbetreibers begründen, ist schon durch den Wortlaut der Vorschrift nahe gelegt. Danach haben die Betreiber von Energieversorgungsnetzen die Anschlussnehmer "zu" den technischen und wirtschaftlichen Bedingungen des § 17 Abs. 1 EnWG an ihr Netz anzuschließen. Die Anschlussverpflichtung "zu bestimmten Bedingungen" impliziert, dass die Anschlussverpflichtung selbst nicht mehr in Frage stehen soll.

Mit den Worten "ihr Netz" greift § 17 Abs. 1 EnWG die Legaldefinition des § 3 Nr. 16 EnWG auf und macht damit deutlich, dass sich die Anschlussverpflichtung auf das gesamte Netz erstreckt, unabhängig von der Netzebene. Hierin findet sich die von der Betroffenen vermisste gesetzestextliche Verankerung des freien Netzebenenwahlrechts.

Dass die Anschlussverpflichtung gemäß § 17 Abs. 1 EnWG nach dem Willen des Gesetzgebers keiner in das Ermessen des Netzbetreibers gestellten Einschränkung unterliegen soll, bestätigen die strengen Anforderungen, die § 17 Abs. 2 EnWG an die Anschlusseinreden stellt. Hierdurch soll die Position des Anschlussnehmers ersichtlich gestärkt werden. Danach muss der Netzbetreiber seine Weigerung gegenüber dem Anschlussnehmer in Textform begründen und auf dessen Verlangen im Falle von Kapazitätsmängeln die konkreten Maßnahmen und damit verbundenen Kosten zum Ausbau des Netzes im Einzelnen durch aussagekräftige Informationen mitteilen. Der Netzbetreiber muss seine Einwände detailliert, vollständig und transparent dokumentieren. Flankiert und ergänzt werden diese Vorgaben durch eine ausdrückliche Beweislastverteilung auf den Netzbetreiber. Solche die Position des Anschlussnehmers stützenden Vorgaben enthält § 17 Abs. 1 EnWG nicht. Sie lassen sich auch nicht im Wege der Analogie in Absatz 1 hineinlesen, da die Gesetzesfassung eindeutig und für eine versehentliche Regelungslücke nichts ersichtlich ist. Damit liefe der noch in § 17 Abs. 2 EnWG intendierte Schutz des Anschlussnehmers weitgehend leer, da ihm eine Überprüfung der auf § 17 Abs. 1 EnWG gestützten Anschlussverweigerung weder inhaltlich noch zeitnah möglich wäre. Umgekehrt könnte sich der Netzbetreiber durch interne Anweisungen der näheren Überprüfung seiner Einwände weitgehend entziehen, u. a. mit dem Hinweis auf etwaige Geschäftsgeheimnisse. All dies würde den Intentionen des Gesetzgebers direkt zuwiderlaufen. Das wiederum rechtfertigt den Schluss, dass es im Rahmen des § 17 Abs. 1 EnWG nicht mehr um die Frage des "Ob" der Anschlussgewährung geht und die Vorschrift den Netzbetreibern keine selbst zu definierende Anschlusseinreden an die Hand geben will.

Auch aus der Gesetzesbegründung i. V. m. den Europäischen Energie-Richtlinien lässt sich herleiten, dass den Netzbetreibern nicht anheim gegeben ist, die "Bedingungen" i. S. v. § 17 Abs. 1 EnWG zu letztverbindlichen Anschlussverweigerungsrechten auszuformen. Nach der Gesetzesbegründung soll der Anschlussanspruch nach § 17 Abs. 1 EnWG die Bestimmungen zu Art. 23 Abs. 2 Stromrichtlinie (2003/54/EG) und Art. 25 Abs. 2 Gasrichtlinie (2003/55/EG) in deutsches Recht umsetzen und sich auf "alle Sachverhalte des Netzanschlusses" erstrecken (BT-Drs. 15/3917, S. 58). Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a Stromrichtlinie sollen die nationalen Regulierungsbehörden die Bedingungen für den Anschluss und den Zugang zu den nationalen Netzen festlegen oder genehmigen. Den nationalen "Regulierungsbehörden" - nicht den Netzbetreibern - soll somit die konkrete und letztverbindliche Ausgestaltung des Netzanschlusses zufallen. Dem liegt zu Grunde, dass sich gerade die Schwierigkeiten des bis dahin nicht regulierten Netzzugangs als wesentliche Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes herausgestellt hatten (vgl. 5. - 7. Erwägungsgrund der Stromrichtlinie). Dieser Erkenntnis würde ein Normverständnis widersprechen, das den Netzbetreibern zubilligt, ihre Anschlussverpflichtung nach ihrem - von den Regulierungsbehörden hinzunehmenden - Ermessen zu begrenzen. Auch könnten hierdurch unerwünschte Wettbewerbsverzerrungen in den Netzen entstehen. Darauf deutet auch der bisherige Einsatz von "Anschlusskorridoren", deren Relevanz von der Netzwirtschaft bislang ganz unterschiedlich gesehen wurde. Nach dem überreichten Monitoringbericht 2007 (Anlage BF 3, S. 57) haben immerhin 78 % der Netzbetreiber keine Anschlusskorridore für die Zuordnung zu bestimmten Netz- oder Umspannebenen festgelegt. Bei den übrigen Netzbetreibern schwankt der Mindestanschlusswert für die mittelspannungsseitige Umspannebene zwischen 3.000 und 10.000 kW.

Der Betroffenen ist zuzugestehen, dass ein Netzbetreiber die Entwicklung seines Netzes effektiv planen und gestalten muss, und dass er hierfür einen ausreichenden Handlungsspielraum benötigt. Nach § 11 EnWG ist er verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz diskriminierungsfrei zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht auszubauen. Auch ist nicht zu leugnen, dass es hierfür zweckmäßig erscheint, typisierte Verfahrensgrundsätze aufzustellen. Und schließlich ist nicht zu bestreiten, dass der Leistungsbedarf der Anschlussnehmer ein wichtiger Parameter für die Netzplanung darstellen kann. Dessen ungeachtet stehen diese Aspekte gleichberechtigt neben dem Gesetzesziel einer Liberalisierung der Energiemärkte (BGH, Beschl. v. 28.06.2005 KVR 27/04 - Arealnetz), zu der das freie Netzebenenwahlrecht des Anschlussnehmers einen wichtigen Beitrag leisten kann. Mit jeder Form des Netzebenenwahlrechts ist indes tendenziell eine Verengung der Planungsspielräume des Netzbetreibers verbunden. Wegen dieses engen Zusammenhangs ist der gesetzlichen Regelung eine generalisierende Erwägung fremd, die Liberalisierung der Energiemärkte nur so weit zu fördern, wie eine netzplanerische Einschränkung ausgeschlossen ist. Entgegen der Ansicht der Betroffenen ist auch nicht zu sehen, weshalb auf der Ebene einer nach § 17 Abs. 2 EnWG einzelfallbezogenen Unzumutbarkeitsbetrachtung eine transparente und diskriminierungsfreie Anwendung kaum zu gewährleisten sein soll. Das Gegenteil erscheint richtig mit Blick auf die Möglichkeit der Berücksichtigung individueller Besonderheiten. Insofern erscheint es entgegen der Ansicht der Betroffenen auch nicht geboten, über das Bestehen allgemeiner Netzanschlussbedingungen einen Teil der Anschlussbegehren von einer Einzelfallprüfung auszunehmen. Schließlich ist mit Blick auf den Monitoringbericht 2007 (a.a.O.) anzumerken, dass eine deutliche Mehrheit der Netzbetreiber die Schaffung interner Regeln über Anschlusskorridore bislang für entbehrlich gehalten hat.

Die Betroffene meint, nicht jede Ablehnung eines Anschlussbegehrens könne unter § 17 Abs. 2 EnWG fallen, da es unsinnig sei, von einer Verweigerung des Netzanschlusses nach § 17 Abs. 2 EnWG etwa dann zu sprechen, wenn der Netzbetreiber für die Herstellung des Anschlusses die Zuführung einer tauglichen Leitung fordere. Auch das überzeugt nicht. Es ist nicht zu sehen, weshalb es keine Anschlussverweigerung wegen Unzumutbarkeit nach § 17 Abs. 2 EnWG darstellen soll, wenn das Anschlussbegehren auf den Anschluss einer technisch ungeeigneten Leitung gerichtet ist. Gerade ein solches Anschlussbegehren wird wegen betrieblicher bzw. technischer Unzumutbarkeit abzuweisen sein.

Das dargelegte Normverständnis wird durch die Verordnungsermächtigungen nach § 17 Abs. 3 S. 1, 2 EnWG nicht in Frage gestellt. Die Betroffene meint, § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EnWG ermächtige die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für einen Netzanschluss nach Absatz 1 oder Methoden für die Bestimmung dieser Bedingungen zu erlassen. Durch die Bezugnahme auf die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen nach Absatz 1 werde klargestellt, dass die Ausgestaltung durch eine mögliche Rechtsverordnung auf die Inhalte beschränkt sei, die auch ohne Erlass einer Rechtsverordnung bereits Gegenstand technischer und wirtschaftlicher Bedingungen nach § 17 Abs. 1 EnWG sein könnten. Da der Anschluss im Rahmen einer Rechtsverordnung von der Abnahmeleistung abhängig gemacht werden dürfe, sei eine entsprechende Differenzierung auch sonst im Rahmen des § 17 Abs. 1 EnWG zulässig.

Dem ist nicht zuzustimmen. Die Betroffene geht von einer unzutreffenden Prämisse aus. Wie ausgeführt, betreffen die "Bedingungen" in § 17 Abs. 1 EnWG nur das "Wie" der Anschlussgewährung. Dementsprechend begrenzt ist die Verordnungsermächtigung nach § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EnWG, die wie jede Verordnungsbefugnis nur eine "Feinabstimmung" der Ermächtigung herbeiführen kann (vgl. Büdenbender, RdE 2005, 285, 289 mit Hinweis auf Art. 80 Abs. 1 GG). Auch sie erfasst somit nur das "Wie" der Anschlussgewährung. In Bezug auf das "Ob" kann der Verordnungsgeber Näheres nur nach § 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 EnWG regeln. Dabei kann er zwar auch Regelungen über die Wahl der Netzebene treffen (vgl. hierzu BR-Drs. 613/04 (Beschluss), S. 12). Maßstab ist hierbei jedoch die Unzumutbarkeit der Anschlussgewährung im Sinne des § 17 Abs. 2 EnWG, nicht aber die Angemessenheit nach § 17 Abs. 1 EnWG (vgl. Buntscheck a.a.O. S. 35). Ob bei dieser Betrachtung, wie die Betroffene meint, § 1 Abs. 1 KraftNAV gegen höherrangiges Recht verstoßen würde, weil nach dieser Vorschrift die KraftNAV nur auf solche Erzeugungsanlagen anwendbar sei, die eine Nennleistung von mehr als 100 MW aufweisen, ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich. Zudem verweist die Antragstellerin mit Recht darauf, dass die KraftNAV nicht nur auf der Basis des § 17 Abs. 3 Satz 1 EnWG ergangen sei, sondern auch "in Verbindung mit Satz 2". Ohnehin ist es nicht angängig, vom Inhalt einer Rechtsverordnung auf den Umfang der eingeräumten Regelungsbefugnis zu schließen.

Die Betroffene argumentiert, nach § 1 Abs. 1 EnWG sei eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität anzustreben. Diese Zielsetzungen seien nicht nur im Rahmen der Zumutbarkeitserwägungen gemäß § 17 Abs. 2 EnWG, sondern auch bei der Festlegung angemessener Anschlussbedingungen nach § 17 Abs. 1 EnWG zu berücksichtigen, mit der Konsequenz, dass sie unter Hinweis auf die intern festgelegten Anschlusskorridore den begehrten Anschluss verweigern dürfe.

Auch das greift nicht durch. Zwar können die Zielvorgaben gemäß § 1 Abs. 1 EnWG auch für das Normverständnis des § 17 Abs. 1 EnWG herangezogen werden, jedoch nicht über den dort festgelegten Regelungsrahmen hinaus. Dementsprechend sind die Zwecke des § 1 Abs. 1 EnWG im Rahmen des § 17 Abs. 1 EnWG nur für die Bestimmung des "Wie" der Anschlussgewährung von Bedeutung. Auch im Lichte des § 1 Abs. 1 EnWG bleibt die Anschlussverweigerung allein Gegenstand der Unzumutbarkeitsbetrachtung nach § 17 Abs. 2 EnWG.

Zu Unrecht meint die Betroffene, die Anschlussverpflichtung gelte nicht gegenüber Anschlussnehmern, die schon an anderer Stelle über einen Anschluss an das Netz verfügten. Nach der Gesetzesbegründung soll sich der Anspruch aus § 17 Abs. 1 EnWG auf "alle Sachverhalte des Netzanschlusses" erstrecken (BT-Drs. 15/3917). Der Anschlussanspruch ist nicht auf Neukunden beschränkt. Eine Differenzierung nach Bestands- und Neuanschlüssen würde im Ergebnis auch wenig Sinn machen. Denn Bestandskunden könnten eine Zwischengesellschaft einschalten oder den bestehenden Anschluss aufgeben, um nachfolgend einen formalen Neuanschluss zu erreichen.

2. Die Betroffene ist nicht berechtigt, der Antragstellerin den mittelspannungsseitigen Anschluss an das Umspannwerk O. gemäß § 17 Abs. 2 EnWG zu verweigern.

a) Ein Anschluss der noch zu errichtenden 20 kV-Leitung an das Umspannwerk O. ist derzeit technisch möglich.

b) Die Gewährung des Anschlusses ist der Betroffenen nicht aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen unzumutbar.

Die Betroffene meint, die Anschlussgewährung sei wegen der drohenden Erhöhung der Netzentgelte nicht zumutbar. Für die Allgemeinheit erhöhten sich die Netzkosten um bis zu 212.000 €/Jahr, für die Allgemeintheit unter Einschluss der Antragstellerin betrage die Kostenerhöhung ca. 137.000 €/Jahr. Besondere Umstände, die dafür sprechen könnten, das Interesse der Allgemeintheit an preisgünstigen Netzentgelten hinter dem Interesse der Antragstellerin zurücktreten zu lassen, seien nicht ersichtlich.

Hierzu ist allgemein zu bemerken, dass ein sog. "Rosinenpicken" eines einzelnen Unternehmens zu Lasten anderer oder der Allgemeinheit keine wettbewerbsfremde Erscheinung ist und mit Blick auf die Zielsetzung der Liberalisierung der Energiemärkte in gewissem Rahmen hinnehmbar erscheint. Zudem haben die von der Betroffenen behaupteten negativen Wirkungen für die Allgemeinheit kein Maß erreicht, dass die in Rede stehende Anschlussgewährung unzumutbar machte. Etwas anderes ergibt sich nicht aus einer Untersuchung der Betroffenen (Anlage BF 5), wonach im Netzgebiet N. durch Wechselbegehren größerer Netzkunden in der Nähe von Umspannwerken eine Erhöhung der Netzentgelte von ca. 1,5 % in der Mittelspannung und (infolge der Kostenwälzung) von ca. 1,1 % auf der Umspannebene Mittelspannung/Niederspannung sowie von 1,1 % auf der Niederspannungsebene drohen soll. Die genannten Steigerungsraten erscheinen noch moderat und werden sich bei realistischer Betrachtung zudem über einen längeren Zeitraum verteilen. Ohnehin beruht die Untersuchung auf unverifizierten Vermutungen. Sie ist lediglich eine "erste Einschätzung" der Mitarbeiter vor Ort, dass "für bestimmte Kunden ein Spannungsebenenwechsel lohnen könnte". Konkrete Unternehmensbefragungen wurden nicht durchgeführt. Die Untersuchung berücksichtigt auch nur die Kosten einer Anschlussleitung und die Ersparnis von Netzentgelten; andere betriebswirtschaftliche Eckdaten und Erwägungen bleiben außer Betracht. Damit verbleiben die Ergebnisse der Untersuchung in einem deutlich spekulativen Bereich. Eine hinreichend sichere Prognose über das künftige Anschlussverhalten von Unternehmen lässt sich darauf nicht stützen. Gleiches gilt für das von der Betroffenen vorgelegte Gutachten (Anlage BF 1), das die Gefahr von wechselbedingten Netzentgelterhöhungen pauschal in einer Größenordnung von 20 % bemisst und sich auf eine Untersuchung aus dem Jahre 2001 bezieht, einem Zeitraum deutlich vor Beginn der Regulierung nach dem EnWG.

Im Übrigen ist es zuvörderst Aufgabe der Regulierungsbehörden (nicht der Netzbetreiber), die Entgeltentwicklung zu beobachten und zu gegebener Zeit durch geeignete Maßnahmen auf Fehlentwicklungen zu reagieren, u. a. auch durch den Erlass von Verordnungen nach § 17 Abs. 3 EnWG. Ein diesbezügliches Vollzugsdefizit ist derzeit nicht ersichtlich. Erst Recht ist nicht ersichtlich, dass durch individuelle Anschlussverweigerungen ein diesbezüglicher Vollzugsausgleich zu gestatten wäre.

Die Betroffene meint, die Unzumutbarkeit der Anschlussgewährung ergebe sich aus den Erschwernissen für einen langfristig sicheren und effizienten Netzbetrieb. Zwar sei die diesbezügliche Netzplanung insbesondere hinsichtlich des zukünftigen Leistungsbedarfs stets mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Diese unterschieden sich jedoch qualitativ von den Unsicherheiten, die aus einem nur wirtschaftlich motivierten Spannungsebenenwechsel resultierten. Hätte ein Anschlussnehmer einen bedarfsunabhängigen Anspruch auf Anschluss an jede Spannungsebene, so müsse im Rahmen einer notwendigerweise mittel- und langfristig angelegten Netzplanung die benötigte Kapazität für den Kunden auch in anderen Spannungsebenen vorgehalten werden. Auch werde die Effizienz dadurch gefährdet, dass die durchschnittliche Auslastung in den einzelnen Leitungen sinke und der Aufwand für Netzanbindungen in den höheren Spannungsebenen steige. Dieser Effekt sei unvermeidlich, da die Leitungslänge durch die entstehende sternförmige Netzstruktur deutlich zunehme.

Auch diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Erneut ist anzumerken, dass eine verlässliche und effiziente Netzplanung sowie die Liberalisierung der Energiemärkte als gleichberechtigte Ziele nebeneinander stehen und gewisse Einbußen bei der Netzplanung zugunsten der Schaffung von Wettbewerb hingenommen werden müssen. Sich abzeichnenden Fehlentwicklungen kann mit den Instrumenten der Regulierung ausreichend begegnet werden. Probleme für die Sicherheit der Energieversorgung (z. B. "Umformung" der ringförmigen in eine sternförmige Netzstruktur) und Umweltverträglichkeit (z. B. Umweltbelastung durch zusätzliche Anschlussleitungen auf einer höheren Netzebene und damit verbundener erhöhter Leitungs- und Trassenbedarf) mögen im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Anschlussgewährung begründen. Im Entscheidungsfall ist das Maß der Unzumutbarkeit gemäß § 17 Abs. 2 EnWG indes nicht erreicht.

Die Betroffene kritisiert zu Unrecht, dass die Bundesnetzagentur für die Annahme der Unzumutbarkeit einer Anschlussgewährung das Erreichen einer Erheblichkeitsschwelle verlange. Schon der Begriff der Unzumutbarkeit impliziert, dass es für ihre Annahme einer gewissen Erheblichkeit der Nachteile bedarf. Soweit die Betroffene argumentiert, dass mit Blick auf den einzelnen wechselnden Netzkunden eine Überschreitung einer prozentualen Schwelle bei einem größeren Netzbetreiber kaum feststellbar sei, so bestätigt dies nur, dass dann eine Anschlussverweigerung mangels spürbaren Nachteils nicht gerechtfertigt wäre. Soweit die Betroffene eine Art "Windhundrennen" um die besten Anschlussplätze einer kostengünstigen Netzebene befürchtet, ist zu bemerken, dass unternehmensseitige Bemühungen um die besten Standorte in der Regel wettbewerbskonform sind, auch wenn sie zu Lasten anderer Marktteilnehmer oder der Allgemeinheit gehen. Deshalb sind sie nicht per se energiewirtschaftsrechtlich zu bekämpfen. Dass die gesetzlichen Ziele der Gleichbehandlung und Transparenz außer Acht gelassen würden, ist nicht zwingend, sondern hängt von der Handhabung im Einzelfall ab. Gleichwohl zu verzeichnenden Fehlentwicklungen kann die Regulierungsbehörden entgegen treten.

II. Die sofortige Beschwerde der Betroffenen hat insoweit Erfolg, als die Anschlussanordnung gemäß Tenor 2 der Missbrauchsverfügung aufzuheben ist.

In Fällen des Missbrauchs kann die Regulierungsbehörde die Netzbetreiber gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 EnWG verpflichten, die missbräuchliche Zuwiderhandlung abzustellen. Hierzu kann sie einem Netzbetreiber gemäß § 30 Abs. 2 S. 2 EnWG Maßnahmen aufgeben. Insbesondere kann sie in Fällen rechtswidrig verweigerten Netzanschlusses den Netzanschluss anordnen (§ 30 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 EnWG). Die Anordnung kann auch im Anschluss an ein Besonderes Missbrauchsverfahren ergehen (vgl. Salje, EnWG, § 31 Rdn 16 a. E.). Dessen ungeachtet war die Anschlussanordnung im Streitfall nicht veranlasst. Zwar ist die Anschlussanordnung in § 30 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 EnWG ausdrücklich vorgesehen, jedoch nur als eine Konkretisierung von Absatz 2 Satz 2. Nach § 30 Abs. 2 S. 2 EnWG kann die Regulierungsbehörde alle Maßnahmen aufgeben, die "erforderlich" sind, um die Zuwiderhandlung wirksam abzustellen. An der Erforderlichkeit fehlt es hier. Es ist aus energiewirtschaftsrechtlichen Gründen nicht erforderlich, der Betroffenen den Netzanschluss aufzugeben, während die Antragstellerin noch bei weitem nicht anschlussbereit ist. Der Bau ihrer 20 kV-Anschlussleitung hat noch nicht begonnen. Ob und wann dies der Fall sein wird, ist ungewiss. Bis zu einer Anschlussbereitschaft der Antragstellerin können der Betroffenen Anschlusseinreden gemäß § 17 Abs. 2 EnWG erwachsen, auch in Gestalt anderer Anschlussbegehren, die aus energiewirtschaftsrechtlich beachtlichen Gründen vorrangig zu befriedigen sind. Etwas anderes folgt nicht aus dem Charakter des Besonderen Missbrauchsverfahrens. Dieses Verfahren ermöglicht Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Netzbetreibers erheblich berührt werden, eine isolierte Überprüfung dieses Verhaltens bei der Regulierungsbehörde herbeizuführen (vgl. Salje, EnWG a.a.O.). Hingegen ist dieses Verfahren nicht dazu bestimmt, Rechtspositionen festzuschreiben.

C)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG. Die Kostenverteilung zwischen der Betroffenen und der Bundesnetzagentur entspricht dem Obsiegen und Unterliegen.

Die Betroffene hat der Antragstellerin die gesamten Kosten zu erstatten, nachdem sich der Missbrauchsvorwurf in der Beschwerdeinstanz bestätigt hat.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.

Ende der Entscheidung

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