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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: VI-3 Kart 294/06 (V)
Rechtsgebiete: StromNZV, EnWG, VwVfG


Vorschriften:

StromNZV § 22
StromNZV § 22 S. 2
StromNZV § 27
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 9
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 11
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 15
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 17
EnWG § 1
EnWG § 3 Nr. 38
EnWG §§ 7 ff
EnWG § 20
EnWG § 20 Abs. 1
EnWG § 21
EnWG § 21 Abs. 1
EnWG § 24
EnWG § 24 S. 1
EnWG § 24 S. 1 Nr. 1
EnWG § 24 S. 1 Nr. 2
EnWG § 24 S. 2 Nr. 1
EnWG § 24 S. 2 Nr. 2
EnWG § 29
EnWG § 29 Abs. 1
EnWG §§ 30 ff
EnWG § 30 Abs. 1 Satz 1
EnWG § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
EnWG § 30 Abs. 2
EnWG § 54
EnWG § 86 Abs. 2 Nr. 1
EnWG § 90 S. 1
VwVfG § 35 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die gegen den Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006) gerichtete sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000,00 EURO.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin ist ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen. Zu ihren unternehmerischen Tätigkeiten gehören der Vertrieb sowie die Verteilung von Elektrizität, also der Netzbetrieb. Sowohl der Netzbetrieb als auch der interne Vertrieb nutzen ein integriertes EDV-Informationssystem (Abrechnungs- und Kundeninformationssystem) und können so auf einen Datensatz zugreifen.

Mit Beschluss vom 11.07.2006 hat die Bundesnetzagentur die streitgegenständliche Festlegung erlassen (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006 vom 19.07.2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006). Darin bestimmte sie in Ziffer 1 i.V.m. der Anlage einheitliche Geschäftsprozesse (Lieferantenwechsel, Lieferende, Lieferbeginn, Ersatzversorgung, Zählerstand-/Zählwertermittlung Netznutzungsabrechnung Stammdatenänderung Geschäftsdatenanfrage) zur Anbahnung und zur Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Letztverbrauchern mit Elektrizität. In Ziffern 2 und 3 werden die entsprechenden Datenformate einheitlich für alle Netzbetreiber bestimmt. Ziffer 4 enthält Übergangsfristen. Ziffer 5 sieht eine Ausnahme von der zwingenden Verwendung des festgelegten Datenformats und der festgelegten Nachrichtenformate vor. Ziffer 6 enthält eine zweite Ausnahme für eine mit dem Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes verbundene Vertriebsorganisation. Zu den Einzelheiten der Festlegung wird auf den Inhalt des Beschlusses einschließlich der zugehörigen Anlagen Bezug genommen.

Gegen diese Festlegung wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Antrag,

die in Ziffer 6, Sätze 4 - 11, getroffene Festlegung der Beschwerdegegnerin mit der Bezeichnung "Festlegung der Bundesnetzagentur über einheitliche Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität" vom 11.07.2006 (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006) aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Beschwerdegegnerin könne sowohl für die Zeit bis zum 01.10.2009 als auch für die Zeit danach unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur festlegen, dass ein Netzbetreiber sich beim Datenaustausch mit internen und externen Vertrieben diskriminierungsfrei verhalten müsse.

§ 27 StromNZV sei eine reine Verfahrensnorm. Inhaltliche Vorgaben könnten nur aus § 22 StromNZV entnommen werden. § 27 StromNZV betreffe außerdem nicht den Datenaustausch zwischen einem Netzbetrieb und einem internen Vertrieb. Die Vorschriften der §§ 22 und 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV seien auf den Schutz externer Vertriebe gerichtet. Dafür sei die Art und Weise des Datenaustauschs des Netzbetreibers mit dem internen Vertrieb irrelevant.

Vorgaben zum Datenaustausch seien grundsätzlich gerechtfertigt. Aus § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV folge aber nur die Befugnis zu der Festlegung diskriminierungsfreier Behandlung interner und externer Vertriebe. Die Beschwerdeführerin rüge für den Zeitraum bis zum 01.10.2009 nicht, dass der Netzbetreiber bei dem Datenaustausch mit internen Vertrieben von den Vorgaben der Ziffern 1 - 3 der Festlegung abweichen dürfe, den Datenaustausch dabei diskriminierungsfrei handhaben müsse. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass der Netzbetreiber externen Vertrieben Informationen zu gleichwertigen Zeitpunkten, in gleichwertigem Umfang und gleichwertiger Qualität zur Verfügung stellen solle und bei dem Gebrauchmachen von der Ausnahme bestimmte Nachweis- und Protokollierungspflichten zu erfüllen habe. Die "gleichwertige" Versorgung interner und externer Vertriebe mit Daten lasse sich weder aus dem EnWG noch der StromNZV herleiten. Dieses Verlangen sei unverhältnismäßig. Richtig sei, dass der interne Vertrieb über eine Schnittstelle innerhalb von Sekunden auf die von dem Netzbetrieb gepflegten Daten zugreifen könne, während die Zeiträume, bis der externe Vertrieb diese Daten erhalte, nach den in der Festlegung enthaltenen Schemata jeweils mehrere Tage betrage. Die Unterschiede bei den Zugriffszeiten seien also nicht unerheblich. Für den Netzbetreiber sie es technisch nicht leistbar, die Versendung der Daten an externe Vertriebe in denselben kurzen Zeiträumen vorzunehmen, in denen der interne Vertrieb auf Daten zugreifen könne. Eine größtmögliche Annäherung an diese Zeiträume wäre mit einem immensen technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Versorgung sei es auch nicht notwendig, innerhalb von Sekunden aktuellen Zugriff auf die Kundendaten zu bekommen. Die Beschwerdegegnerin gehe auch von einer Datenübermittlung binnen mehrer Tage aus, nicht binnen Stunden oder Minuten. Da die festgelegten Geschäftsprozesse auch für die Zeit nach dem 01.10.2009 Anwendung finden sollten, sei es unverhältnismäßig, dass externe Vertriebe bereits in der Zeit bis zum 01.10.2009 zu gleichwertigen Zeitpunkten - innerhalb von Sekunden - und in gleicher Qualität mit den Daten versorgt werden sollten.

Auch die unter Ziffer 6 enthaltenen Vorgaben zu Nachweispflichten und zur Protokollierung könnten nicht aus § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV hergeleitet werden. Die Beschwerdeführerin versorge ca. Einwohner mit Strom. Die Darstellung und Protokollierung des Datenaustauschs würde einen enormen und unverhältnismäßigen Aufwand erfordern.

Für die Zeit nach dem 01.10.2009 seien die Vorgaben der Ziffern 1 - 3 auch für den Datenaustausch mit internen Vertrieben anzuwenden. Auch zu dieser Festlegung sei die Beschwerdegegnerin nicht ermächtigt. Die Einführung einer Marktschnittstelle hätte für die Beschwerdeführerin einschneidende Folgen bis hin zu der Notwendigkeit der Trennung des IT-Systems, die mit hohen Kosten verbunden wäre. Dies würde zur Verteuerung der Versorgung führen. Der Zuwachsnutzen für externe Vertriebe wäre hingegen eng begrenzt.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Festlegung sei in der richtigen Rechtsform ergangen. Rechtsgrundlage seien die Vorschriften des § 27 Abs. 1 Nrn. 9, 11, 15, 17 StromNZV und der §§ 29 Abs. 1, 54 EnWG. Hintergrund der Festlegung sei die Erfolglosigkeit des Versuchs zur Gestaltung einheitlicher Regelungen für Geschäftsprozesse und Datenformate. Aus der gesetzlichen Vorgabe zur Festlegung von "bundesweit einheitlichen Regelungen zum Datenaustausch" in § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV und von "bundesweit einheitlichen Formaten" in § 22 S. 2 StromNZV folge die Verbindlichkeit der Regelungen auch für "integrierte" Vertriebsorganisationen.

Bei der unter Ziffer 6 getroffenen Festlegung handele es sich um eine Sonderregelung für den Datenaustausch zwischen verbundenen Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktanteile von ca. % im Massenkundengeschäft einen erhöhten Umsetzungsaufwand eingewandt hätten. Mit der befristeten Beibehaltung interner Abwicklungsstrukturen werde für zwei Jahre eine unterschiedliche Behandlung interner und externer Vertriebe hingenommen. Deshalb sei ein Hinweis auf eine diskriminierungsfreie Behandlung interner und externer Vertriebe nicht ausreichend. Erforderlich sei die konkrete Ausgestaltung der Datenqualität und der Übermittlungszeitpunkte.

Den Unternehmen bleibe die Möglichkeit, den Datenaustausch durch Ausgliederung und Zusammenfassung in gemeinsame Dienstleistungsgesellschaften ("shared services") zu optimieren oder - wie in der Sonderregelung unter Ziffer 5 vorgesehen - eine effizientere Datenaustauschregelung beizubehalten und sie Dritten auf Anfrage ebenfalls anzubieten. Ein Wechsel der IT-Systeme sei damit nicht notwendig verbunden. Eine Protokollierung des Datenflusses werde bereits in weiten Teilen praktiziert und sei bei den modernen Speichermethoden kein unzumutbarer Aufwand.

Die Befristung auf zwei Jahre sei zur Anpassung der internen Datenaustauschregelungen an die Vorgaben unter Ziffern 1 - 3 oder zur Schaffung bilateraler Lösungen entsprechend der Regelung unter Ziffer 5 ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im einzelnen erörterten Gründen unbegründet. Die Bundesnetzagentur stützt die Regelungen unter Ziffer 6 der Festlegung zu Recht auf die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV.

1. Gestützt u. a. auf § 24 Satz 1 Nrn. 1 und 2 i.V.m. Satz 2 Nrn. 1, 2 und 3 sowie auf Satz 3 Nr. 1 EnWG hat die Bundesregierung die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) erlassen.

§ 24 S. 1 und Satz 2 Nr. 2 EnWG ermächtigt die Bundesregierung,

die Rechte und Pflichten der Beteiligten, insbesondere die Zusammenarbeit und Pflichten der Betreiber von Energieversorgungsnetzen, einschließlich des Austauschs der erforderlichen Daten und der für den Netzzugang erforderlichen Informationen, einheitlich festzulegen.

Dass sich § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV im Rahmen dieser Ermächtigung verhält, unterliegt keinem Zweifel. Mit dem Erlass der Ziffer 6 der Festlegung hat die Bundesnetzagentur auch die Ermächtigung des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV eingehalten.

Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV kann die Regulierungsbehörde Festlegungen treffen

zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktteilnehmern, insbesondere zu Fristen, Formaten sowie Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen.

Solche Regelungen enthält die Ziffer 6 der Festlegung. Mit der Festlegung hält sich die Beschwerdegegnerin innerhalb der ihr erteilten Ermächtigung. Die Regelungen der Festlegung verstoßen ihrerseits weder gegen Vorschriften des EnWG noch gegen die Grundrechte.

a) Dem EnWG-Gesetzgeber standen verschiedene normative Mittel zu Gebote, um die in § 1 EnWG aufgezählten Ziele zu verwirklichen. Davon hat er umfassend Gebrauch gemacht.

Der Gesetzgeber hat in §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG im Rahmen von Generalklauseln angeordnet, dass die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und nicht ungünstiger sein dürfen, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb des Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet oder in Rechnung gestellt werden. Ferner hat er vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber, die im Sinne von § 3 Nr. 38 EnWG mit einem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verbunden sind, zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs verpflichtet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG), und, um "dies" sicherzustellen, zur Entflechtung gemäß den §§ 7 ff EnWG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EnWG). Der Gesetzgeber hat weiterhin in § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 EnWG den Betreibern von Energieversorgungsnetzen verboten, ihre Marktstellung zu missbrauchen insbesondere dadurch, dass sie Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln (= Unternehmen diskriminieren), und in § 30 Abs. 2 EnWG die Regulierungsbehörden ermächtigt, eine Zuwiderhandlung abzustellen und überdies den betroffenen Unternehmen ein Antragsrecht auf Überprüfung durch die Regulierungsbehörde eingeräumt (§ 31 EnWG).

Der Gesetzgeber hat außerdem die Bundesregierung in § 24 EnWG ermächtigt, Rechtsverordnungen zur einheitlichen Regelung der Netzzugangsbedingungen zu erlassen, und die Regulierungsbehörden in § 29 EnWG ermächtigt, durch Festlegungen gegenüber den Netzbetreibern Entscheidungen über die Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss oder den Netzzugang nach den u. a. in § 24 EnWG genannten Rechtsverordnungen zu treffen.

b) Bei der streitgegenständlichen Festlegung auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 EnWG handelt es sich um eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG. Danach ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Die Festlegung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis, nämlich die Netzbetreiber. Die Netzbetreiber als Mitglieder dieses Personenkreises stehen zum Zeitpunkt der Entscheidung fest. Deren Kreis ist überschaubarer als etwa der Kreis derjenigen, die von einem Planfeststellungsbeschluss betroffen sein können. Die Vorschrift des § 35 S. 2 VwVfG zeigt auch, dass eine Regelung zur "Benutzung von Sachen" durch Allgemeinverfügung grundsätzlich möglich ist, auch wenn es sich bei den Versorgungsnetzen nicht um öffentliche Sachen handelt (so auch Burgi, Das subjektive Recht im Energie-Verwaltungsrecht, DVBl. 2006, 269, 273 ff).

Gegen die Einordnung der Festlegung als Allgemeinverfügung lässt sich nicht einwenden, auch die Allgemeinverfügung bleibe eine Einzelfallregelung, weil sie nicht abstrakt, sondern nur für einen konkreten Sachverhalt gelte, ansonsten handele es sich um eine Rechtsverordnung, zu deren Erlass es im EnWG an einer Ermächtigung fehle (Britz, Behördliche Befugnisse und Handlungsformen für die Netzregulierung nach neuem EnWG, RdE 2006, 1, 4 ff). Die streitgegenständliche Festlegung hat nicht abstrakten Charakter in dem Sinne, dass eine unbestimmte Vielzahl an Sachverhalten allgemein geregelt wird. Der von der Festlegung erfasste Lebenssachverhalt ist vielmehr konkret erfasst, nämlich die Belieferung der Kunden mit Elektrizität. Dieser Sachverhalt mag in einer großen Zahl auftreten. Die Regelungsmaterie ist aber beschränkt auf die Belieferung mit Elektrizität, nicht etwa auf eine abstrakte Vielzahl von Lieferfällen. Damit ist den Anforderungen an eine Allgemeinverfügung als einer konkret-generellen Regelung genügt.

2. Mit der streitgegenständlichen Festlegung hält sich die Beschwerdegegnerin innerhalb des ihr eingeräumten Festlegungsermessens.

a) Ziffer 6 der Festlegung betrifft den "Datenaustausch" im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV.

Der Festlegung liegt die Erfahrung zugrunde, dass (auch) auf dem Gebiet des Datenaustauschs unterschiedliche Bedingungen herrschen, welche die Wettbewerbsverhältnisse spürbar beeinflussen, und dass sich daran ohne eine Regulierung nichts ändern würde, weil ein mit dem Dateninhaber (hier: Netzbetreiber) befreundetes Unternehmen grundsätzlich besser behandelt wird als ein fremdes Unternehmen, dessen Konkurrenz dem Dateninhaber wettbewerblich unerwünscht ist.

aa)

Der interne Datenaustausch ist für die Beschwerdeführerin durch den für den Vertrieb und den Netzbetrieb möglichen gemeinsamen Zugriff auf den gemeinsamen Datenpool höchst effizient und optimal automatisiert. Für die externen Vertriebswettbewerber ist dies aber nicht der Fall, weil sie auf die interne Dateninfrastruktur keinen Zugriff haben. Ein solcher Zustand erzeugt Wettbewerbsnachteile gegenüber integrierten Energieversorgungsunternehmen, die nach den Zielsetzungen des EnWG gerade unerwünscht sind. Für die nicht assoziierten Vertriebsunternehmen muss nach den Vorstellungen des EnWG der wettbewerblich gleiche Standard erreicht werden. Dazu trägt die Festlegung auch mit der nur befristeten Freistellung integrierte Energieversorgungsunternehmen in Ziffer 6 Satz 11 bei. Es reicht insbesondere nicht aus, dass für die externen Vertriebsunternehmen untereinander gleiche Bedingungen herrschen. Erforderlich ist, dass dies auch zwischen den externen Vertriebsunternehmen und dem assoziierten Vertriebsunternehmen der Fall ist.

Auch § 22 Satz 2 StromNZV rechtfertigt keine bloße Beschränkung auf die Schaffung eines irgendwie effizienten Netzzugangssystems für alle externen Vertriebsunternehmen. Es geht weitergehend bei der Regulierung nach dem EnWG und den dazu erlassenen Verordnungen auch um die Schaffung eines gleichen Wettbewerbs unter Ausschaltungen von "Privilegien" befreundeter (assoziierter) Unternehmen. Die nachteiligen Erscheinungen der langjährigen Privilegien "befreundeter" Vertriebsunternehmen sollen beseitigt werden.

bb) Indem die Festlegung auch die "interne Informationsbereitstellung" verbundener Unternehmen ergreift, überschreitet sie nicht die Ermächtigung nach § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV. Die Festlegung behandelt auch in Bezug auf die "Informationsbereitstellung" innerhalb integrierter Energieversorgungsunternehmen gemäß Ziffer 6 einen "Datenaustausch" im Sinne dieser Bestimmung. Der Begriff ist im Lichte des § 1 EnWG auszulegen und daher zweckorientiert in einem energiewirtschaftsrechtlich funktionalen, nicht rein technischen Sinne. Es geht um hergebrachte Privilegien innerhalb integrierter Unternehmen bei der Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit dem Massengeschäft "Netzzugang", die zu beseitigen sind. Auch die interne Informationsbereitstellung schafft wie ein interner Datenaustausch/Datentransfer Vorsprünge des verbundenen Vertriebes gegenüber externen Vertreibern. Er ermöglicht einen Abruf in Echtzeit. Anfragen mit antwortenden Meldungen sind bei ihm überflüssig. Die Daten sind somit für das verbundene Vertriebsunternehmen, also für die Beschwerdeführerin schneller erreichbar. Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass neue qualitative Vorteile und Fortschritte innerhalb eines integrierten "Informationsbereitstellungssystems" schneller und besser realisiert werden als beim parallel unterhaltenen Datenaustausch/Datentransfer-System mit externen (konkurrierenden) Unternehmen. Dann öffnet sich die Schere des Vorsprungs noch weiter.

cc) Die Regulierungsbehörde hat die Befugnis, im Wege der Festlegung potentielle Diskriminierungen zu verhindern. Es gibt für die Regulierungsbehörde bei rechtem Verständnis der Ziele des EnWG keinen Grund, drohende wettbewerbsschädliche Wirkungen bis zu deren Eintreffen abzuwarten. Das Missbrauchsverfahren gemäß §§ 30 ff EnWG wirkt nur ex post und somit in der Tendenz zu spät. Soweit §§ 20, 21 EnWG bereits in Generalklauseln Diskriminierungsverbote enthalten, besteht umso mehr das Bedürfnis nach einer Konkretisierung.

b) Die Zulassung der Abweichung unter Auflagen gemäß Satz 3 ff ist das Ergebnis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, die berücksichtigt, dass die Anpassung an die Festlegung bei den integrierten Energieversorgungsunternehmen mit ihren langjährig gewachsenen Strukturen zeit- und kostenaufwendig ist (vgl. auch S. 58 der Festlegung). Die Diskriminierung und das Diskriminierungspotential sind hier im Übrigen zum Greifen nahe. Die interne und gemeinsame Datenverarbeitung hat Vorteile, zu ihr soll nur die Beschwerdeführerin Zugang haben, nicht aber die externen Vertriebsunternehmen. Der Datenaustausch betrifft den Netzbetrieb und den Netzzugang. Darum gerade geht es dem EnWG. Ein energiewirtschaftsrechtlich gerechtfertigter und damit akzeptabler Grund für die Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. Die Kostenlast der Umstellung muss prinzipiell von den Netzbetreibern getragen werden. Sie ist vorliegend überdies nicht näher konkretisiert. Ganz allgemein ist Regulierung von Haus aus für die regulierten (Netz-) Monopolisten teuer. Allein mit dem Hinweis auf erhebliche Kosten kann sie nicht abgewehrt werden.

Die drohende Ungleichbehandlung ist nicht unerheblich. Es gibt erkennbare wirtschaftliche Nachteile für die externen Vertriebsunternehmen. Zwar mögen externer und interner Datenaustausch im Ergebnis die gleichen Daten liefern. Die Bundesnetzagentur nennt auf Seite 62 der Festlegung jedoch zu Recht den einfacheren Zugriff als relevanten Vorteil des assoziierten Unternehmens. Außerdem zeigt die Lebenserfahrung, dass der Datenaustausch mit einem befreundeten (assoziierten) Unternehmen in der Regel besser weiterentwickelt werden wird; Neuerungen würden dem assoziierten Vertriebsunternehmen eher zugute kommen.

Trotz des an sich energiewirtschaftlich nachteiligen Effektes hat die Bundesnetzagentur eine (befristete) Abweichung von den Geschäftsprozessen und Datenformaten in Kauf genommen, um die wirtschaftlichen Folgen für die integrierten Unternehmen abzumildern. Wenn sie dies nur unter Auflagen getan hat, ist dies im Ansatz nicht zu beanstanden. Ermessenfehler liegen auch sonst nicht vor. Dass die Auflagen unsachgemäß wären, ist nicht ersichtlich. Einen durch die Auflagen bedingten Verwaltungsmehraufwand, der hier im Übrigen ebenfalls nicht näher spezifiziert ist, muss die Beschwerdeführerin zu 2 als Netzbetreiber hinnehmen. Auch die unter Ziff. 6 S. 5 angeordnete Nachweispflicht ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV gedeckt. Die Auflage steht in engem Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung nach Ziff. 6 S. 1. Es ist von dem Ermessen der Beschwerdegegnerin gedeckt, die zugunsten der Beschwerdeführerin zulässige Ausnahme bei dem Datenaustausch von dem Nachweis abhängig zu machen, dass die diskriminierungsfreie Handhabung sichergestellt ist.

c) Die Regelungen in Ziffer 6 S. 3 - 11 halten auch einer grundrechtlichen Prüfung stand. Sie greifen zwar mit ihrer eine Abweichung nur bis 01.10.2009 zulassenden Anordnung in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der nach § 3 Nr. 38 EnWG verbundenen Unternehmen ein (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GG). Jedoch ist dies im Ergebnis von den verbundenen Unternehmen hinzunehmen. Dabei mag die Vereinheitlichung des Datenaustauschs durchaus beachtliche Kosten verursachen und auch eine Optimierung der Synergien in den verbundenen Unternehmen in gewisser Weise behindern.

Die Beschwerdeführerin übersieht auch, dass sie die bislang genutzten Systeme weiter verwenden kann, wenn sie den externen Vertrieben diskriminierungsfreien Zugang gewährt. Gerade solche Abweichungen von der Festlegung sind gemäß Ziffer 5 auch nach dem 01.10.2009 zulässig. Voraussetzungen hierfür sind (lediglich): die Ausnahme dient der Abwicklung der Geschäftsprozesse nach Ziffer 1; Dritten muss die Ausnahme auf Anfrage ebenfalls angeboten werden; der Wortlaut einer entsprechenden Vereinbarung ist auf der Homepage des Netzbetreibers zu veröffentlichen; Netznutzern ist auf Nachfrage ein ausformuliertes Angebot über den Abschluss einer solchen Vereinbarung vorzulegen; das Angebot muss ohne weitere Verhandlungen angenommen werden können. Zudem treten die von der Beschwerdeführerin durch Ziffer 6 hervorgerufenen Beeinträchtigungen nicht sofort ein, sondern erst ab dem 01.10.2009. Insgesamt ist der in Rede stehende Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführerin daher nicht unverhältnismäßig. Er dient den schutzwürdigen Zwecken, die in § 1 EnWG genannt sind und die ihrerseits einen sehr hohen Stellenwert haben, weil sie dem Allgemeininteresse entsprechen. In der Abwägung gegenüber den Beschränkungen der Netzbetreiber und verbundenen Unternehmen genießen sie Vorrang. Insbesondere steht der Beschwerdegegnerin nicht eine ebenso wirksame und dennoch mildere Maßnahme zur Verfügung, indem den verbundenen Unternehmen die eigene IT-Struktur belassen und ihnen nur im Verhältnis zu dritten Marktteilnehmern die in Ziffer 1 - 4 vorgesehene einheitliche Datenkommunikation auferlegt würde. Denn dies übergeht den Erfahrungssatz, wonach sich verbundene Unternehmen gegenüber Dritten bevorteilen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.

IV.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG hat.

Ende der Entscheidung

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