Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: VI-Kart 9/00 (V)
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 3 Satz 1
GWB § 36 Abs. 1 1. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 21. Juni 2000 (B 10-21210-U-25/00) wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen sowie dem Bundeskartellamt die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Auslagen beider Instanzen zu erstatten.

III. Der Beschwerdewert wird auf 2.121.861,30 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. (nachfolgend: M.) und die Beteiligte zu 2. gehören als Holdinggesellschaften zur M. Unternehmensgruppe B. KG (nachfolgend: M.-Gruppe). Sie produzieren und liefern über ihre Tochtergesellschaften Staubsaugerbeutel für die Gerätehersteller und den Handel. Auf jenem Markt ist auch die zur belgischen S.-Gruppe gehörende Beteiligte zu 3. (nachfolgend: A.) tätig. Diese lieferte im Zeitraum zwischen 1997 und 1999 Staubsaugerbeutel auch in das Bundesgebiet; ihr Marktanteil lag zuletzt bei 0,4 %. Der Absatzschwerpunkt der A. liegt im westeuropäischen Ausland; dort hält sie einen wertmäßigen Marktanteil von rund 9 %. Die Beteiligten zu 4. und zu 5. - die sich im Familienbesitz der Beteiligten zu 6. und 7. befinden - halten 1 % bzw. 99 % der Geschäftsanteile an der A..

Die Beteiligte zu 1. beabsichtigt die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, in welches die operativen Staubsaugerbeutelaktivitäten (ohne Vertrieb) der M.-Gruppe und der S.-Gruppe eingebracht werden sollen. Die Beteiligte zu 2. (oder eine ihrer Tochtergesellschaften) soll zu 80 % und die S.-Gruppe zu 20 % an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sein. Es ist vorgesehen, dass die Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens für mindestens 5 Jahre von den Beteiligten zu 6. und zu 7. wahrgenommen wird. Ihre ursprüngliche Absicht, auch die - ebenfalls zur belgischen S.-Unternehmensgruppe gehörende - P. L. N.V. (nachfolgend: L.) an dem Zusammenschlussvorhaben zu beteiligen, hat die Beteiligte zu 1. im Verlauf des kartellbehördlichen Verfahrens aufgegeben.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundeskartellamt das Fusionsvorhaben untersagt, weil es die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von M. als Anbieterin von Staubsaugerbeuteln sowohl auf dem deutschen als auch auf dem westeuropäischen Markt erwarten lasse. Der Marktanteil von M. erhöhe sich durch den Zuwachs der Marktstellung von A. in Deutschland von 59,1 % auf 59,5 % und in Westeuropa von 47,7 % auf 56,8 %. Zudem erhöhe das Ausscheiden der S.-Gruppe den Verhaltsspielraum von M. erheblich, da S. über A. und die L. mit 7,6 % Marktanteil in Deutschland ein Hauptkonkurrent sei. Wettbewerbsvorteile und daraus folgend eine Verstärkung der bereits vorhandenen Position von M. ergäben sich aus der Möglichkeit, die Produktionen der M.-Gruppe und der A. zusammenzufassen.

Dagegen wenden sich die Beteiligten mit der Beschwerde.

Mit Beschluss vom 30. April 2003 hat der Senat die Untersagungsentscheidung des Bundeskartellamtes aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Von der Fusion betroffen sei der Markt, auf dem sich die Hersteller und Importeure von Staubsaugerbeutel als Anbieter und die Staubsaugerhersteller und der Handel (Sortimenter, Einzelhandel) als Nachfrager gegenüber stehen, wobei dieser Markt weiter nach den beiden Abnehmergruppen (Gerätehersteller, Handel) zu unterteilen sei. In räumlicher Hinsicht könne zwar an sich von einem westeuropäischen Angebotsmarkt ausgegangen werden, weil die Hersteller von Staubsaugerbeuteln in der Lage seien, europaweit zu liefern. Im Rahmen der (nationalen) Fusionskontrolle sei der Markt allerdings normativ auf das Inland beschränkt. Auf dem inländischen Markt lasse das Zusammenschlussvorhaben die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der M. nicht erwarten. Die A. habe lediglich in den Jahren 1997 bis 1999 Staubsaugerbeutel in einer marktanteiligen Größenordnung von zuletzt 0,4 % nach Deutschland geliefert. Ein derart geringer Zuwachs von - überdies schon einige Jahre zurückliegenden - Marktanteilen sei wettbewerbsneutral und könne bei der Fusionskontrolle außer Betracht bleiben. Der deutsche Marktanteil der L. könne M. nicht zugerechnet werden, weil jenes Unternehmen an dem Zusammenschlussvorhaben nicht mehr teilnehme. Dass für die ersten 5 Jahre die Beteiligten zu 6. und zu 7. - die bereits die Geschäfte der L. führen - auch Geschäftsführer des Gemeinschaftsunternehmens werden sollen, rechtfertige eine Zurechnung ebenfalls nicht. Denn die Produktionskapazitäten der L. seien durch einen langfristigen Liefervertrag jedenfalls noch bis Ende 2005 an den Staubsaugerhersteller V. gebunden.

Auf die Rechtsbeschwerde des Amtes hat der Bundesgerichtshof die Senatsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Er hat zum einen beanstandet, dass der Senat nicht ausreichend geprüft und gewürdigt habe, ob und inwieweit der auf dem ökonomisch bestimmten westeuropäischen Markt stattfindende Marktanteilszuwachs der M.-Gruppe auch deren Wettbewerbsposition im Inland verstärke. Der Bundesgerichtshof hat zudem seine Rechtsprechung aufgegeben, wonach im Rahmen der Fusionskontrolle der relevante Markt normativ auf das Bundesgebiet beschränkt sei. Er vertritt nunmehr die Ansicht, dass es auch bei der Zusammenschlusskontrolle alleine auf den ökonomisch zu bestimmenden - im Streitfall mithin auf den europäischen - Markt ankomme, und zur Entscheidung der Sache folglich diesbezügliche Feststellungen des Senats für erforderlich gehalten.

Das Bundeskartellamt hat im Auftrag des Senats eine Befragung der Staubsaugerbeutelhersteller und -importeure sowie einer Vielzahl von Handelsunternehmen zu den Marktverhältnissen durchgeführt. Auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse hält es die Untersagungsvoraussetzungen unverändert für gegeben, weil durch den beabsichtigten Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung der M.-Gruppe auf dem europäischen Staubsaugerbeutelmarkt begründet werde. Das Amt geht dabei von einem gesamteuropäischen Marktvolumen in Höhe von rund 600 Mio. SSB aus.

Die Beteiligten treten dieser Beurteilung entgegen und begehren weiterhin die Freigabe ihres Fusionsvorhabens. Dazu verweisen sie insbesondere auf eine von ihnen in Auftrag gegebene Verbraucherbefragung, auf deren Grundlage sie das Marktvolumen in Gesamteuropa auf circa 930 Mio. SSB veranschlagt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen, auf den Tatbestand des Senatsurteils vom 30. April 2003 sowie auf den Inhalt der Amtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten hat keinen Erfolg.

Das Bundeskartellamt hat das Zusammenschlussvorhaben mit Recht untersagt. Es ist zu erwarten, dass die beabsichtigte Fusion zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung der M.-Gruppe auf dem europäischen Staubsaugerbeutelmarkt führen wird (§ 36 Abs. 1 1. Alt. GWB).

1. Das zur Beurteilung stehende Fusionsvorhaben betrifft in sachlicher Hinsicht den Angebotsmarkt, auf dem sich die Hersteller und Importeure von Staubsaugerbeuteln als Anbieter und die Staubsaugerhersteller und der Handel (Sortimenter, Einzelhandel) als Nachfrager gegenüberstehen. Dieser Angebots-markt ist nicht darüber hinaus nach den beiden Abnehmergruppen (Staubsaugerhersteller, Handel) zu unterteilen. Wie zwischen den Verfahrensbeteiligten außer Streit ist, besteht eine hohe Produktions- und Angebotsumstellungsflexibilität, so dass es einem Staubsaugerbeutelhersteller kurzfristig möglich ist, anstelle der bislang belieferten Gerätehersteller den Handel zu beliefern und umgekehrt. Dementsprechend kommt aus Sicht der Nachfrager als Lieferant jeder Staubsaugerbeutelhersteller in Betracht, ohne Rücksicht darauf, ob dieser bislang Gerätehersteller oder den Handel beliefert hat.

In räumlicher Hinsicht umfasst der relevante Markt den europäischen Wirtschaftsraum. Dabei kann es auf sich beruhen, ob - wie das Amt meint - alleine das Gebiet Westeuropas zum Markt gehört oder ob - wie die Beschwerde vertritt - auch die im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Gemeinschaft hinzugekommenen Beitrittsländer einzubeziehen sind. Selbst wenn man - was sich zugunsten der Zusammenschlussbeteiligten auswirkt, weil diese auf dem westeuropäischen Angebotsmarkt über einen höheren Marktanteil als auf dem gesamteuropäischen Markt verfügen - der Beschwerde folgt, ist das Fusionsvorhaben zu untersagen. Der beabsichtigte Zusammenschluss lässt nämlich auch dann die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von M. auf dem Staubsaugerbeutelmarkt erwarten, wenn man für die rechtliche Beurteilung das gesamteuropäische Absatzgebiet heranzieht.

2. a) Gemäß § 36 Abs. 1 1. Alt. GWB ist ein Zusammenschlussvorhaben zu untersagen, wenn es die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt. Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, wenn es entweder keinem oder nur einem unwesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB) oder wenn es - was vorliegend alleine in Frage kommt - eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung besitzt (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2). Die überragende Marktstellung ist durch einen wettbewerblich nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraum gekennzeichnet. Zu ihrer Feststellung sind alle im jeweiligen Markt wettbewerbsrelevanten Strukturkriterien zu würdigen, insbesondere der Marktanteil des zur Beurteilung stehenden Unternehmens, seine Finanzkraft, sein Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Marktschranken für konkurrierende Unternehmen, der tatsächliche oder potentielle Wettbewerb durch inländische oder ausländische Unternehmen, die Fähigkeit des Unternehmens, sein Angebot (oder seine Nachfrage) auf andere Produkte umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Marktanteil zu. Bei diesem Kriterium handelt es sich - zumal wenn ein hoher Marktanteil über mehrere Jahre hinweg unangefochten besteht - um ein besonders aussagekräftiges und bedeutsames Indiz, aus dem sich eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann ableiten lässt, wenn nicht andere Kriterien festgestellt werden können, aus denen sich ergibt, dass das zusammengeschlossene Unternehmen trotz des hohen Marktanteils nicht über einen überragenden, nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraum verfügt (BGH, WuW/E DE-R 1301, 1303 - ANZAG).

b) Mit Recht ist das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis gelangt, dass die beabsichtigte Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das die Produktionsaktivitäten der Fusionsbeteiligten vereinigt, der M.-Gruppe eine überragende Position auf dem gesamteuropäischen Angebotsmarkt für Staubsaugerbeutel verschaffen würde. Das gilt selbst dann, wenn man zugunsten der Zusammenschlussbeteiligten die Marktposition der zur S.-Gruppe gehörenden L. außer Betracht lässt.

aa) Das Zusammenschlussvorhaben würde zwei Unternehmen, die zu den größten Herstellern auf dem gesamteuropäischen Staubsaugerbeutelmarkt gehören, zusammenführen. Dafür spielt es keine Rolle, ob man den Marktanteil - wie vom Amt befürwortet - umsatzbezogen oder - wie die Beschwerde reklamiert - absatzbezogen berechnet.

(1) Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes (vgl. Tabelle 7 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 613) verteilen sich die wert- und mengenmäßigen Marktanteile für das Jahr 2004 wie folgt:

 HerstellerUmsatzanteileAbsatzanteile
M.-Gruppe.... %.... %
A..... %.... %
Beteiligte insgesamt.... %.... %
A. L. .... %.... %
A./E..... %....%
B..... %.... %
L..... %.... %
A. F..... %.... %
F..... %.... %
I..... %.... %
U..... %.... %
W..... %.... %
P. G..... %.... %

Durch die Fusion würde sich der Marktanteil der M.-Gruppe signifikant um rund .... % beim Umsatz und rund .... % beim Absatz erhöhen. Die M.-Gruppe würde hierdurch ihre Position als Marktführer weiter ausbauen. Mit .... % bzw. .... % hielte sie einen wert- bzw. mengenmäßigen Marktanteil, der nicht nur die Schwelle von einem Drittel, an die § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB die Vermutung der Marktbeherrschung knüpft, deutlich übersteigt, sondern der zudem den Marktanteil des größten Wettbewerbers "A. L." um knapp .... % beim Umsatz und ca. .... % bei der Absatzmenge weit überragt. Bereits der fusionsbedingt entstehende hohe Marktanteil und der damit zugleich verbundene enorme Marktanteilsabstand zu den Wettbewerbern legen die Prognose nahe, dass die M.-Gruppe durch den Unternehmenszusammenschluss eine marktbeherrschende Position auf dem Staubsaugerbeutelmarkt erlangen würde.

Diese Erwartung ist umso mehr gerechtfertigt, als die Marktanteile der fusionierten Unternehmen seit Jahren mehr oder weniger unangefochten bestehen. Legt man das durch die inländischen Staubsaugerbeutelproduzenten repräsentierte Marktvolumen - welches 87,5 % des wertmäßigen und 83 % des mengenmäßigen Marktvolumens in Gesamteuropa ausmacht (vgl. Tabellen 1 und 4 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 610, 611) - zugrunde, ergibt sich nach den Ermittlungen des Amtes für die Jahre 2000 bis 2004 die folgende Marktanteilsentwicklung:

Entwicklung der Umsatzanteile:

 Hersteller20002001200220032004
M.-Gruppe.... %.... %.... %.... %.... %
A..... %.... %.... %.... %.... %

Entwicklung der Absatzanteile:

 Hersteller20002001200220032004
M.-Gruppe.... %.... %.... %.... %.... %
A..... %.... %.... %.... %.... %

A. hält demnach seit dem Jahr 2000 einen - von geringfügigen Schwankungen abgesehen - unangefochtenen Marktanteil, der wertbezogen bei rund .... % und mengenbezogen bei etwa .... % liegt. Ein ähnlich stabiles Bild ergibt sich für die M.-Gruppe. In den Jahren 2000 bis 2003 lagen ihr Umsatzanteil konstant bei .... % und ihr Absatzanteil gleichbleibend bei .... %. Lediglich für das Jahr 2004 sind ein Umsatzrückgang um knapp .... % und ein Absatzrückgang um .... % zu verzeichnen. Dieser Marktanteilsverlust ist indes nicht Ausdruck und Ergebnis eines vorstoßenden Wettbewerbs der Konkurrenz, sondern beruht maßgeblich auf der strategischen Entscheidung von M., das eigene Staubsaugerbeutelsortiment von herkömmlichen Papierbeuteln auf hochpreisige Vliesbeutel der Marke "S. M." umzustellen. Wie das Bundeskartellamt am Beispiel des französischen Marktes - auf den nach eigenen Angaben der Zusammenschlussbeteiligten .... % des in Rede stehenden Umsatzrückgangs entfällt - nachgewiesen hat, resultiert das Absatz- und Umsatzminus des Jahres 2004 alleine aus dem Bereich der Papierbeutel. Ausweislich Tabelle 27 (Seite 29/30 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 628/629) sind Umsatz und Absatz der M.-Gruppe in der Sortimentssparte der Papierbeutel um knapp .... % bei den Handelsmarken und rund .... % bei den Marken-Papierbeuteln zurückgegangen, während gleichzeitig Umsatz und Absatz der unter der Marke "S. M." vertriebenen Vliesbeutel um etwa .... % gesteigert werden konnten.

Dass die Umstellung der Produktpalette auf Vliesbeutel bereits im Jahre 2004 abgeschlossen worden ist, wird weder von den Beteiligten geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich. Vor diesem Hintergrund findet auch der sich in das Jahr 2005 fortsetzende Marktanteilsverlust von M. in der beschriebenen Neuordnung des SSB-Angebots eine plausible Erklärung.

(2) Die Tatsachengrundlage, die der Marktanteilsberechnung des Amtes zugrunde liegt, begegnet keinen Bedenken.

(2.1) Das Bundeskartellamt hat sowohl das Volumen des gesamteuropäischen Staubsaugerbeutelmarktes als auch die Umsatz- und Absatzmengen der einzelnen Unternehmen durch Befragung aller ihm selbst oder den zusammenschlussbeteiligten Unternehmen bekannten sowie der im Verlauf der Marktuntersuchungen bekannt gewordenen (in- und ausländischen) Hersteller und Importeure ermittelt, wobei es die SSB-Hersteller zusätzlich auch nach dem SSB-Zukauf von dritter Seite befragt hat. Die bei der Befragung gewonnenen Erkenntnisse geben einen verlässlichen Überblick über das Marktvolumen und die Marktanteile der einzelnen Unternehmen.

(a) Die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der Befragungsergebnisse wird dadurch, dass sechs befragte Hersteller keine vollständigen Angaben gemacht haben, nur unwesentlich gemindert. Denn das Amt hat fehlende Absatz- oder Umsatzzahlen anhand der Durchschnittspreise zurückrechnen können, wobei es verbleibenden Unwägbarkeiten zugunsten der Zusammenschlussbeteiligten Rechnung getragen hat. "R. F. S.A." hat lediglich Angaben für das Jahr 2004 gemacht, zugleich aber mitgeteilt, dass sich im Vergleich zum Vorjahr weder der Durchschnittspreis je Beutel noch das prozentuale Verhältnis zwischen Papier- und Vliesbeuteln signifikant verändert habe. Aus den Zahlen des Jahres 2004 konnten deshalb die Daten für das Jahr 2003 abgeleitet werden. Der türkische Hersteller "K. K. v. T. U." hat dem Amt lediglich seine Absatzzahlen gemeldet. Den damit verbundenen Unternehmensumsatz hat das Amt anhand des Durchschnittspreises errechnet, der in den Jahren 2003 und 2004 auf dem gesamteuropäischen Staubsaugerbeutelmarkt erzielt wurde. Berücksichtigt man, dass sich dieser Durchschnittspreis sowohl aus dem Verkauf von Papierbeuteln als auch aus dem Vertrieb der höherpreisigen Vliesbeutel berechnet, und stellt man ferner in Rechnung, dass "K. K. v. T. U." ausschließlich die Papierbeutel vertreibt, wirken sich verbleibende Unsicherheiten jedenfalls nicht zum Nachteil der Zusammenschlussbeteiligten aus. Der italienische Importeur "C. S. S.r.l." hat seinen Jahresumsatz 2003 sowie den prozentualen Anteil dieses Unternehmensumsatzes, der auf den Verkauf von Staubsaugerbeuteln entfällt, angegeben. Daraus konnte der Staubsaugerbeutelumsatz für 2003 errechnet sowie anhand des Durchschnittsverkaufspreises die dahinter stehende Absatzmenge abgeleitet werden. In gleicher Weise konnte das Bundeskartellamt für das Jahr 2004 verfahren, nachdem ihm die italienische Kartellbehörde den betreffenden Unternehmensumsatz mitgeteilt hatte. Der britische Hersteller "I." hat dem Amt seinen Staubsaugerbeutelumsatz lediglich in einer Bandbreite zwischen 1,5 Mio. und 3 Mio. GBP angegeben. Zu Gunsten der Beteiligten ist der obere Wert angesetzt worden. Die diesem (Maximal-)Umsatz zugrunde liegenden Absatzmenge ist mit Hilfe des britischen Durchschnittspreises berechnet worden. Von dem türkischen Hersteller "O. D. T." sind lediglich die Umsätze für 2003 und 2004 gemeldet worden. Aus den Angaben eines befragten Händlers konnte der Durchschnittspreis von "O. D. T." für das Jahr 2004 berechnet und auf dieser Basis sodann die Absatzmenge veranschlagt werden. Der polnische Produzent "A." schließlich hat seine jährliche Absatzmenge mitgeteilt. Der daraus generierte Umsatz konnte anhand des europäischen Durchschnittspreises ermittelt werden.

(b) Für die Aussagekraft der Befragungsergebnisse ohne Belang ist ebenso, dass der türkische Hersteller "Ü. S. Ltd." jedwede Angaben zu seinen Betriebsergebnissen abgelehnt hat. Nach Auskunft des türkischen Wettbewerbers "O. D. T." ist "Ü. S. Ltd." ein mittelständisches Unternehmen, das nur geringe SSB-Mengen nach Europa liefert. Auf jenes Unternehmen entfällt folglich ein nur kleiner Marktanteil, der auf die fusionskontrollrechtliche Beurteilung des Streitfalles keine Auswirkungen hat und deshalb bei der Entscheidungsfindung außer Betracht bleiben kann. Dass - wie die Beteiligten unter Bezugnahme auf eine nicht näher zuzuordnende Angebotsunterlage (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 1. Juni 2006, GA 997 f.) - behaupten, "Ü. S. Ltd." nach eigener Darstellung über eine jährliche Produktionskapazität von 72 Mio. SSB verfüge, steht dem nicht entgegen. Hierdurch wird nämlich der nur geringe Marktanteil dieses Anbieters auf dem gesamteuropäischen SSB-Markt nicht in Frage gestellt.

(c) Ohne relevante Auswirkungen auf das Befragungsergebnis des Amtes bleiben auch die von den Beteiligten nachträglich ermittelten SSB-Hersteller und Importeure. Die "M. GmbH" hat zwischen 2002 und 2004 im Europäischen Wirtschaftsraum deutlich weniger als 100.000 SSB pro Jahr mit einem Jahresumsatz von deutlich unter 100.000 € abgesetzt. Dies entspricht einem mengenmäßigen Marktanteil von lediglich 0,016 %, der für die fusionskontrollrechtliche Beurteilung des Streitfalles bedeutungslos ist. Über einen gleichfalls zu vernachlässigenden Marktanteil von weniger als 0,1 % verfügt die "T. I. Ltd." mit einem Jahresumsatz von knapp 200.000 €. Bei der kartellrechtlichen Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens kann gleichermaßen auch der finnische Anbieter "O. S. D. AB" außer Betracht bleiben. Nach den Ermittlungen des Amtes liegt der Marktanteil dieses SSB-Herstellers unter 1 %. Weitere in Finnland ansässige SSB-Hersteller oder Importeure konnte das Unternehmen auf Nachfrage des Amtes nicht benennen. Bei dem slowenischen Unternehmen "L." handelt es sich um ein Elektronikunternehmen, das unter anderem Staubsauger herstellt und in diesem Zusammenhang auch Staubsaugerbeutel vertreibt. Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamtes produziert "L." allerdings selbst keine Staubsaugerbeutel, sondern bezieht sie aus der Bundesrepublik. Die von "L." vertriebenen SSB-Mengen sind folglich bereits in dem vom Amt durch Befragung der deutschen SSB-Hersteller und Importeure ermittelten Marktvolumen erfasst und nicht mehr gesondert in Ansatz zu bringen. Auf Nachfrage hat "L." dem Bundeskartellamt mitgeteilt, dass ihm keine in Slowenien ansässigen SSB-Hersteller oder Importeure bekannt sind. Als Anbieter von SSB können ebenso die Unternehmen "B." und "G. G." vernachlässigt werden. "B." ist ein Kartonhersteller, der neben einem umfangreichen Verpackungssortiment und Versandtätigkeiten auch Staubsaugerbeutel produziert. Es fehlt jedweder Anhaltspunkt, dass das Unternehmen auf dem europäischen SSB-Markt einen ins Gewicht fallenden Marktanteil besitzt. Auch die Beteiligten behaupten dies nicht. Aus den gleichen Gründen kann der Anbieter "G. G." unberücksichtigt bleiben. Ausweislich des von den Beteiligten vorgelegten Internetausdrucks (Anlage 2 des Schriftsatzes vom 18. Mai 2006, GA 970-972) handelt es sich um ein mittelständisches Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern, das mit insgesamt acht Konfektionierungsmaschinen Papierverpackungen (Papiertüten für Mühlen, Viehfutter und Grillkohle, Packpapier sowie Papiertüten für den Einzelhandel) herstellt und daneben in seinem Sortiment auch Staubsaugerbeutel führt. Schon angesichts der geringen Unternehmensgröße kann ausgeschlossen werden, dass "G. G." auf dem gesamteuropäischen SSB-Markt über einen relevanten Marktanteil verfügt. Das vom Amt ermittelte Marktvolumen wird ferner nicht durch die SSB-Anbieter "J. m. C. E. A. Co Ltd.", "D. L. I. (China) Ltd." und "J. L. Group" in Frage gestellt. "J. m. C. E. A. Co Ltd.", die nach dem von der Beschwerde vorgelegten Internetausdruck (Anlage 2 des Schriftsatzes vom 10. Mai 2006) lediglich eine Vlies-, Stoff- und Papierbeutelsorte in ihrem SSB-Angebot führt, kann schon wegen der extrem geringen Sortimentsbreite außer Betracht bleiben. Es liegt fern und wird auch von den Beteiligten nicht geltend gemacht, dass das Unternehmen mit nur einem Vlies-, Stoff- und Papierbeutel im Sortiment über einen nennenswerten Marktanteil auf dem europäischen SSB-Markt verfügen kann. "D. L. I. (China) Ltd." und "J. L. Group" unterhalten zwar eine deutlich breitere SSB-Palette (vgl. Anlagen 3 und 5 des Schriftsatzes vom 10. Mai 2006). Es fehlt indes jedweder Anhaltspunkt und wird auch von den Beteiligten nicht behauptet, dass die Unternehmen einen entscheidungsrelevanten Marktanteil besitzen. Berücksichtigt man, dass beide Anbieter sowohl dem Amt als auch den marktkundigen Zusammenschlussbeteiligten bislang unbekannt gewesen sind, lässt dies mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass "D. L. I. (China) Ltd." und "J. L. Group" auf dem europäischen SSB-Markt keine Rolle spielen. Die Versuche des Amtes, die Absatzmengen der beiden Unternehmen auf dem europäischen Markt zu ermitteln, sind erfolglos verlaufen.

(2.2) Das Ergebnis der Verbraucherbefragung, die die G. im Auftrag der Zusammenschlussbeteiligten durchgeführt hat, zieht die Marktanteilsberechnung des Amtes ebenfalls nicht in Zweifel. Der Erhebung der G. liegt eine Befragung von insgesamt 15.000 haushaltsführenden Personen in 16 der insgesamt 25 Länder der Europäischen Gemeinschaft sowie in Norwegen zugrunde. Auf der Basis der dabei gewonnenen Befragungsergebnisse soll bereits für diese 17 in die Umfrage einbezogenen Staaten die Gesamtabsatzmenge an SSB mit einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 95 % auf rund 930 Mio. Beutel zu veranschlagen sein. Nach den Ermittlungen des Amtes beläuft sich das Marktvolumen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (ohne Zypern, Slowenien, Luxemburg, Malta und die baltischen Staaten) demgegenüber auf lediglich rund 600 Mio. SSB.

(a) Wie das Bundeskartellamt unter Hinweis auf die von ihm eingeholte gutachtliche Stellungnahme der "I. - I. f. S. u. G. GmbH" vom 20. Oktober 2005 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 6. Dezember 2005) mit Recht geltend macht, ist die Verbraucherbefragung mit gravierenden Unwägbarkeiten behaftet, weshalb das von G. hochgerechnete Gesamtmarktvolumen durchgreifenden Bedenken begegnet. Ohne dass es in diesem Zusammenhang auf sämtliche Beanstandungen der I. ankommt, wird die Zuverlässigkeit des aus der Verbraucherbefragung abgeleiteten Marktvolumens jedenfalls durch zwei Umstände nachhaltig in Frage gestellt.

(aa) Bedenken gegen die Verlässlichkeit und Aussagekraft der Befragungsergebnisse ergeben sich bereits aus den Kriterien, nach denen die Umfrageergebnisse auf den SSB-Gesamtverbrauch hochgerechnet worden sind. Wie die G. in ihrer Stellungnahme vom 30. Januar 2006 (dort Seite 8, Anlage 1 des Schriftsatzes vom 6. Februar 2006) zur Erwiderung auf die Beanstandungen der I. ausgeführt hat, sind die Befragten ganz überwiegend mit Hilfe einer Zufallsauswahl gewonnen und die Befragungsergebnisse anschließend unter Berücksichtigung der Merkmale "Haushaltsgröße", "Alter", "Geschlecht" und "Religion" hochgerechnet worden. Diese Unterscheidungsmerkmale bieten indes keine hinreichende Gewähr für eine repräsentative Berücksichtigung der verschiedenen Verbrauchergruppen. Der Bedarf an Staubsaugerbeuteln hängt maßgeblich von der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen und von der Wohnungsgröße ab. Aus diesem Grund kann eine Verbraucherbefragung nur dann Aufschluss über den Staubsaugerbeutelbedarf liefern, wenn diese Faktoren in die Erhebung einfließen, d.h. sich der Anteil an kleinen, mittleren und großen Wohnungen sowie die unterschiedlichen Haushaltsgrößen in dem Hochrechnungsergebnis widerspiegeln. Der Verbrauch an SSB hängt überdies von der Größe der verwendeten Staubsaugerbeutel ab, wobei in diesem Zusammenhang vor allem von Interesse ist, ob im Haushalt ein Handstaubsauger benutzt wird. So erklärt G. in seiner Stellungnahme vom 30. Januar 2006 (dort Seite 10) selbst den höheren Durchschnittsverbrauch an Staubsaugerbeuteln in den osteuropäischen Ländern mit dem Phänomen, dass in jenen Staaten Handsauger mit kleineren Beuteln weit verbreitet seien.

Die G.-Verbraucherbefragung genügt den dargestellten Anforderungen an eine repräsentative Erhebung nicht. Ausschließlich das Merkmal der Haushaltsgröße ist in die Hochrechnung der Befragungsergebnisse eingeflossen. Alle anderen verbrauchsrelevanten Umstände (Wohnungsgröße, SSB-Größe, Verwendung eines Handsaugers) sind demgegenüber unberücksichtigt geblieben. Stattdessen hat G. in ihre Hochrechnung die Kriterien Alter, Geschlecht und Religion einbezogen. Es ist indes nicht zu erkennen, welche Bedeutung diese Merkmale für den durchschnittlichen SSB-Verbrauch eines Haushalts haben sollen. Alter und Geschlecht mögen für das Reinigungsverhalten - also beispielsweise für die Frage, in welchen zeitlichen Abständen gesaugt wird - von Bedeutung sein. Sie haben aber keine Auswirkungen auf den SSB-Jahres-verbrauch eines Haushalts.

(bb) Eine gravierende Schwäche weist darüber hinaus (und vor allem) die Fragestellung der G. auf. G. leitet das Marktvolumen ausschließlich aus den Antworten auf die Frage ab, wie viele Staubsaugerbeutel die befragten Personen in den letzten sechs Monaten verbraucht haben. Es bestehen durchgreifende Bedenken, dass die Zahl der verbrauchten Staubsaugerbeutel rückblickend für einen Halbjahreszeitraum zuverlässig erinnert werden kann. Beim Wechsel des Staubsaugerbeutels handelt es sich um einen alltäglichen Vorgang, der mit wenigen Handgriffen erledigt ist. Vor diesem Hintergrund sind die aus der bloßen Erinnerung gegebenen Antworten zum Halbjahresverbrauch von SSB naturgemäß mit ganz erheblichen Unsicherheiten und dementsprechend auch mit dem Risiko einer hohen Fehlerquote belastet. Das kann der Senat, dessen Mitglieder zu dem durch die Verbraucherbefragung angesprochenen Verkehrskreis gehören, aus eigener Anschauung beurteilen. Im Übrigen werden die aufgezeigten Bedenken von I. geteilt. Das Institut hält es in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 2005 (dort Seite 9/10, Anlage 1 zum Schriftsatz vom 6. Dezember 2005) demgemäß für erforderlich, die Zuverlässigkeit der erhaltenen Antworten in einem Experiment zu überprüfen, indem mehrere repräsentative Stichproben anhand verschiedener Frageversionen mit unterschiedlichen Stützzeiträumen getestet werden. In jedem Fall ist es nach Ansicht der I. aber notwendig, die ermittelten Verbrauchswerte anhand von Variablen (z.B. Haushaltsgröße, Wohnungsgröße) einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Beides ist im Rahmen der G.-Erhebung unterblieben. Soweit G. in diesem Kontext auf Frage 3 ihrer Umfrage ("Wie häufig wird/werden Ihr/e Staubsauger in Ihrem Haushalt eingesetzt?") verweist, ist diese Fragestellung für eine Plausibilitätsprüfung ungeeignet. Denn die Nutzungshäufigkeit des Staubsaugers pro Tag, Woche oder Monat gibt lediglich Aufschluss über das Reinigungsverhalten des Befragten und besagt nichts über den halbjährlichen SSB-Bedarf des betreffenden Haushalts.

Das mit der Fragestellung verbundene hohe Risiko unzuverlässiger Antworten beeinträchtigt die Verlässlichkeit der von G. veranschlagten Gesamtabsatzmenge in erheblichem Maße. Denn objektiv unzutreffende Angaben der Befragten zu ihrem halbjährlichen SSB-Verbrauch schlagen sich verhältnismäßig stark im hochgerechneten Marktvolumen nieder. Da Staubsaugerbeutel in größeren zeitlichen Abständen ausgetauscht werden müssen, so dass pro Halbjahr nur wenige Beutel verbraucht werden, führt schon die Angabe eines einzigen Staubsaugerbeutels zuviel oder zu wenig zu einer hohen Fehlerrate. Hat der Befragte beispielsweise im letzten halben Jahr statt der angegebenen drei Staubsaugerbeutel tatsächlich nur zwei Beutel verbraucht, ist seine Antwort um 1/3 überhöht. Die fehlerhafte Antwort schlägt sich anschließend vervielfacht im Endergebnis aus, wenn auf der Grundlage einer Befragung von 15.000 Haushalten auf den Gesamtverbrauch in insgesamt 17 europäischen Ländern hochgerechnet wird.

(b) Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des von G. hochgerechneten Marktvolumens ergeben sich überdies aus der Tatsache, dass die Herkunft der Differenzmenge zwischen dem vom Bundeskartellamt und der G. veranschlagten Marktvolumen in Höhe von rund 330 Mio. SSB völlig ungeklärt ist. Trotz ihrer großen Marktkenntnis und der durchgeführten Herstellerbefragung vermögen weder das Bundeskartellamt noch die Zusammenschlussbeteiligten diese enorme Menge - die etwa dem 2,5-fachen der SSB-Menge entspricht, die M. nach den Erhebungen des Amtes als Marktführer auf dem gesamteuropäischen Markt absetzt - einem Anbieter zuzuordnen. Auch die hierzu angestellten Recherchen der Beteiligten sind ergebnislos geblieben. Eine in fünf Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Ungarisch) durchgeführte Internetrecherche der "N. E. C." hat lediglich die beiden Kleinstanbieter "M. GmbH" und "T. I. Ltd." zutage gefördert (Anlage 6 des Schriftsatzes vom 6. Februar 2006, dort Seite 55). Durch die anschließenden weiteren Nachforschungen der Beteiligten sind - wie vorstehend dargelegt - ebenfalls nur unbedeutende SSB-Anbieter entdeckt worden. Es ist bei verständiger Würdigung praktisch ausgeschlossen, dass trotz der umfangreichen und intensiven Ermittlungen des Amtes sowie der ergänzenden Recherchen der Beteiligten SSB-Anbieter unentdeckt geblieben sind, auf die nach ihrer Anzahl und/oder Liefermenge das in Rede stehende gewaltige Liefervolumen von 330 Mio. SSB entfallen kann. Dies wiederum deutet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass G. das Absatzvolumen zu hoch veranschlagt hat und die in Rede stehende Mengendifferenz tatsächlich nicht existiert.

(c) Dem steht nicht entgegen, dass die Ermittlungsergebnisse des Amtes - das für die Bundesrepublik Deutschland einen SSB-Absatz von 214,8 Mio. ermittelt hat - und die Hochrechnung der G. - die für den inländischen Markt von 220,3 Mio. abgesetzten SSB ausgeht - für das Inland weitgehend übereinstimmen. Abgesehen davon, dass diese Übereinstimmung rein zufällig sein kann, hat das Amt den Aussagewert der Kongruenz im Verhandlungstermin des Senats widerlegt. Das Bundeskartellamt hat vorgetragen, dass in der Bundesrepublik Deutschland eine im europäischen Vergleich überproportional große Zahl von Staubsaugerherstellern ansässig sei, weshalb sich die Nachfrage der Staubsauger-hersteller für ihr europäisches Geschäft - die rund 1/3 des gesamteuropäischen SSB-Absatzes ausmacht (vgl. Tabelle 17 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 619) - mehr oder weniger auf das Inland konzentriere. Dies wiederum habe - so hat das Amt weiter plausibel ausgeführt - zur Folge, dass durch die Staubsaugerhersteller im Inland weit mehr SSB nachgefragt werden, als der inländische Verbraucher benötige, weshalb die Verbraucherbefragung im Vergleich zur Herstellerbefragung richtigerweise zu niedrigeren - und nicht zu gleich hohen - Absatzmengen habe führen müssen. Dieser Argumentation, die zusätzlich gegen die Richtigkeit der von G. hochgerechneten Absatzmengen streitet, sind die Beteiligten nicht entgegen getreten.

bb) Hinsichtlich ihrer Finanzkraft würde die M.-Gruppe nach dem Zusammenschluss ebenfalls über eine herausragende Position verfügen. Nach der beabsichtigten Zusammenlegung der Staubsaugerbeutelaktivitäten könnte das Gemeinschaftsunternehmen auf die Ressourcen beider Muttergesellschaften zurückgreifen. Diese haben im Jahr 2004 einen addierten Gesamtumsatz von rund ... Mrd. Euro erwirtschaftet. Die mit dieser Unternehmensgröße verbundene Finanzkraft überragt diejenige der allermeisten Wettbewerber um ein Vielfaches. Stellt man den Marktanteil (Tabelle 7 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 613) und die Unternehmensgröße (Tabelle 24 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 622) der wichtigsten Konkurrenten gegenüber, ergibt sich das folgende Bild:

 HerstellerUmsatzanteileAbsatzanteileUmsatz in Mio. €
M.-Gruppe.... %.... %....
A..... %.... %....
Beteiligte insgesamt.... %.... %....
A. L. .... %.... %....
A./E..... %.... %....
B..... %.... %....
L..... %.... %....
A. F..... %.... %....
F..... %.... %....
U..... %.... %....
W..... %.... %....
P. G..... %.... %....
G. V..... %.... %....
R..... %.... %....
3M D..... %.... %....

Die ganz überwiegende Zahl der Wettbewerber von M. verfügt demnach über eine weitaus geringere Finanzkraft als das zusammenschlussbedingt entstehende Gemeinschaftsunternehmen. Das gilt insbesondere für die marktanteilsmäßig größten Konkurrenten "A. L.", "B." und "L.", deren Unternehmensumsatz unter 30 Mio. Euro liegt.

Lediglich "A./E.", "3M D." und "R." erzielen wie die Zusammenschlussbeteiligten einen Milliardenumsatz. Die Finanzkraft dieser Unternehmen vermag jedoch die überragende Marktstellung des geplanten Gemeinschaftsunternehmens nicht in Frage zu stellen. Mit Recht hat das Bundeskartellamt in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass Staubsaugerbeutel für "3M D." und "R." lediglich ein Randprodukt darstellen. "3M D." ist ein weltweit agierender Technologiekonzern. Als Staubsaugerbeutelproduzent beliefert das Unternehmen ausschließlich Gerätehersteller in Großbritannien und erzielt damit einen Marktanteil von unter .... %. Dementsprechend macht die Produktion von Staubsaugerbeuteln auch nur einen unbedeutenden Anteil am Gesamtumsatz des Unternehmens aus. Der Marktanteil von "R." ist mit unter .... % nur geringfügig höher. Zudem vertreibt das Unternehmen ein eng begrenztes Sortiment. Während das Gemeinschaftsunternehmen der Zusammenschlussbeteiligten 87 verschiedene Vliesbeutel und 450 unterschiedliche Papierbeutel im Angebot hätte, fertigt "R." weniger als fünf unterschiedliche Vliesbeutel und überhaupt keine Papierbeutel. Angesichts der dargestellten Umstände können beide Unternehmen trotz ihrer Größe und der damit verbundenen Finanzkraft nicht als relevante Wettbewerber der Fusionsbeteiligten angesehen werden.

Der wettbewerbliche Verhaltensspielraum des Gemeinschaftsunternehmens kann auch nicht wirksam durch den Konkurrenten "A./E." kontrolliert werden. Zwar erwirtschaftet das Unternehmen sogar einen höheren Umsatz als die Zusammenschlussbeteiligten, und die Herstellung von Staubsaugerbeuteln stellt mit einem Marktanteil von immerhin .... % auch keine bloße Randbetätigung der Firma dar. Gleichwohl hat das Unternehmen in der Vergangenheit trotz seiner Finanzkraft den eigenen Marktanteil nicht nennenswert vergrößern können. Stellt man auf das durch die inländischen Staubsaugerbeutelproduzenten repräsentierte Marktvolumen - auf das 87,5 % des wertmäßigen und 83 % des mengenmäßigen Marktvolumens in Gesamteuropa entfällt (vgl. Tabellen 1 und 4 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 610, 611) - ab, hat sich der Marktanteil der "A./E." folgendermaßen entwickelt:

 A./E.20002001200220032004
Umsatzanteil.... %.... %.... %.... %.... %
Absatzanteil.... %.... %.... %.... %.... %

Die Zahlen belegen, dass "A./E." in der Vergangenheit nicht imstande gewesen ist, die Marktstellung der Zusammenschlussbeteiligten in vorstoßendem Wettbewerb (vgl. dazu BGH, WuW/E DE-R 1301, 1303 - ANZAG) erfolgreich anzugreifen. Die starke Position der M.-Gruppe würde sich durch die Fusion noch verstärken, weil ihr Marktanteil signifikant um .... % beim Umsatz und .... % beim Absatz anstiege. Dieser vergrößere Marktansteilsvorsprung der M.-Gruppe ließe umso weniger erwarten, dass "A./E." vermöge seiner Finanzkraft den wettbewerblichen Verhaltensspielraum der fusionierten Unternehmen wirksam kontrollieren könnte. Dass es "A./E." in jüngster Zeit gelungen ist, der M.-Gruppe das Handelsunternehmen M. abzuwerben, widerlegt diese Einschätzung nicht.

cc) Die M.-Gruppe hat gegenüber ihren Wettbewerbern darüber hinaus einen besseren Zugang zu den Beschaffungsmärkten für das zukunftsweisende Vliesmaterial. A. hat als erstes Unternehmen ein Vliesmaterial zur Herstellung von Staubsaugerbeuteln entwickelt und besitzt dazu zwei - zwar angefochtene, aber noch in Kraft stehende - Patente. Soweit A. das Vliesmaterial nicht selbst für die eigene Staubsaugerbeutelproduktion benötigt, beliefert es exklusiv die M.-Gruppe. M. verfügt damit über einen gesicherten Zugang zum Beschaffungsmarkt für Vlies. Dieser Zugang würde durch die Fusion noch verbessert. Denn A. hätte aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen künftig ein eigenes wirtschaftliches Interesse am geschäftlichen Erfolg der M.-Produktion. Es ist zu erwarten, dass A. die bislang externen Lieferbeziehungen zur M.-Gruppe als unternehmensinterne Lieferungen fortführen und dabei in besonderer Weise auf die Belange des Gemeinschaftsunternehmens Rücksicht nehmen würde. Nahezu alle Wettbewerber der fusionierten Unternehmen sind demgegenüber auf eine Drittbeschaffung des Vliesmaterials angewiesen. Lediglich der Wettbewerber "3M D." stellt Vliesmaterial für die eigene Staubsaugerbeutelproduktion her. Mit einem europaweiten Marktanteil von nur .... % vermag er indes die überragende Marktstellung der Zusammenschlussbeteiligten auf dem Staubsaugerbeutelmarkt nicht zu gefährden.

dd) Fusionsbedingt würde sich schließlich auch der Zugang der M.-Gruppe zu den Absatzmärkten verbessern. Nach dem Zusammenschluss könnte M. über die mit Abstand breiteste Sortimentspalette am Markt verfügen. Während das Gemeinschaftsunternehmen seinen Abnehmern 450 verschiedene Papierbeutel und 87 unterschiedliche Vliesbeutel anbieten könnte, liegt die durchschnittliche Typenzahl aller Staubsaugerbeutelhersteller in Westeuropa bei 145 Papierbeuteln und 19 Vliesbeuteln sowie in Osteuropa bei 79 Papierbeuteln und 7 Vliesbeuteln (Tabelle 25 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 623). Keiner der Wettbewerber hält mehr als 50 verschiedene Vliesbeutel und 250 verschiedene Papierbeutel in seinem Sortiment. Die Fusion würde folglich zu einem einzigartigen Gesamtsortiment der M.-Gruppe führen. Das verschafft deutliche Wettbewerbsvorteile beim Absatz. Auch die Beschwerde geht davon aus, dass der Handel im Allgemeinen an der Belieferung mit einem möglichst umfassenden Vollsortiment interessiert ist. Das weitaus größte Beutelsortiment stünde dem Gemeinschaftsunternehmen der Zusammenschlussbeteiligten zur Verfügung. Flankiert würde dieser Absatzvorteil zudem durch die im deutschsprachigen Raum eingeführte Marke "S.", über die M. seit langem verfügt.

ee) Die nach alledem überragende Marktstellung der Zusammenschlussbeteiligten auf dem europäischen Staubsaugerbeutelmarkt wird durch eine Nachfragemacht des Handels nicht beeinträchtigt. Das gilt schon deshalb, weil die Macht der Nachfrager im Allgemeinen alle Anbieter gleichermaßen trifft und sie aus diesem Grund auch den Handlungsspielraum sämtlicher Wettbewerber in gleicher Weise begrenzt. Im Verhältnis der konkurrierenden Staubsaugerbeutelhersteller zueinander vermag folglich eine Nachfragemacht des Handels das wettbewerbliche Machtgefüge auf der Anbieterseite grundsätzlich nicht zu verändern (BGH, WuW/E BGH 1501, 1504 - Kfz-Kupplungen; KG, WuW/E OLG 1921, 1924 - Thyssen-Hüller; Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 36 Rdnr. 217; Schütz in Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., § 36 Rdnr. 94). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Struktur der Nachfrageseite das Ungleichgewicht auf der Anbieterseite ausräumt. In diesem Sinne kann beispielsweise die durch Zuwachs an Finanzkraft eintretende Verstärkung der Marktmacht auf der Anbieterseite dadurch neutralisiert werden, dass gleichzeitig ein marktstarker Nachfrager vorhanden ist, der durch die Ausgestaltung seiner Einkaufspolitik die Wahlmöglichkeiten zwischen den Anbietern langfristig gewährleistet (Mestmäcker/Veelken, a.a.O. Rdnr. 219 m.w.N.). Im Streitfall sind solche besonderen Umstände weder von der Beschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Ermittlungen des Bundeskartellamtes sprechen vielmehr für die Annahme, dass die Nachfrage des Handels stark zersplittert und ein marktstarker Nachfrager, der den wettbewerblichen Verhaltensspielraum der Zusammenschlussbeteiligten kontrollieren könnte, nicht vorhanden ist. Darauf weist nicht nur die hohe Zahl der am europäischen Markt nachfragenden Handelsunternehmen hin, sondern auch das verhältnismäßig niedrige Nachfragevolumen, das selbst auf große Handelskonzerne entfällt. Zu den 76 vom Amt befragten Handelsunternehmen zählen mit M. (Nr. 2), R. (Nr. 4), S. (Nr. 7), A. (Nr. 8) und E. (Nr. 9) fünf große Handelskonzerne. Obschon diese Handelsunternehmen zu den zehn größten Europas gehören, entfallen auf sie relativ niedrige Einkaufsanteile. Der wertmäßige Einkaufsanteil von R., S., A. und E. liegt jeweils unter .... %, derjenige von M. bei unter .... %, verteilt sich aber auf insgesamt fünf Staubsaugerbeutelhersteller. Verhältnismäßig niedrig ist überdies die anteilige Umsatzquote, die auf die einzelnen Abnehmer der Staubsaugerbeutelhersteller entfällt (Tabelle 26 des Schriftsatzes vom 7. November 2005, GA 623). M. und A. tätigen mit ihrem jeweils größten Abnehmer nur .... % bzw. .... % sowie mit ihren fünf größten Abnehmern lediglich insgesamt .... % bzw. .... % ihres Gesamtumsatzes. Im Durchschnitt aller Staubsaugerbeutelproduzenten liegen die entsprechenden Quoten bei 20,3 % und 56,2 %. Unter den geschilderten Umständen geht das Bundeskartellamt mit Recht davon aus, dass die fusionsbedingt entstehende überragende Marktstellung der M.-Gruppe durch die Nachfrage des Handelns nicht kontrolliert werden kann. Das Zusammenschlussvorhaben ist deshalb zu Recht untersagt worden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Satz 1 GWB. Die Beteiligten haben als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tragen. Sie haben darüber hinaus aus Gründen der Billigkeit dem obsiegenden Bundeskartellamt die im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 74 Abs. 2 GWB) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück