Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 13/08
Rechtsgebiete: BGB, GWB, ZPO, ReiseO


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 311
BGB § 311 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 826
GWB § 19 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 1
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33
GWB § 33 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531
ReiseO § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11. Juli 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Zulassung der von der Klägerin vertriebenen Geräte mit den Bezeichnungen ESA 4000 und MC 2100 zur Ermittlung von Flugzeiten und Zeiterfassung bei Wettkämpfen im Brieftaubensport davon abhängig zu machen, dass zuvor die von der Klägerin ebenfalls vertriebenen Geräte mit den Bezeichnungen TEE 400 und MC 2100 auf Kosten der Klägerin für die Ringe TIPES 600 und TIPES 600+ der "A. I. GmbH" mit der Custom ID 79 freigeschaltet werden. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 3/5 und dem Beklagten zu 2/5 auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin und die Klägerin die Vollstreckung durch den Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Wert des Berufungsverfahrens: 20.000,00 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Zulassung elektronischer Zeiterfassungsgeräte im Taubensport.

Die Klägerin produziert und vertreibt seit 1994 elektronische Konstatiersysteme (Ringe, Antennen, Datenerfassungsgeräte) für den Brieftaubensport. Diese elektronischen Geräte dienen dazu, die Zeitdauer der Rückkehr der an anderem Ort aufgelassenen Tauben in den heimatlichen Taubenschlag (sogenannte Flüge) festzustellen. Hierbei wird den Tauben vor Auflassen ein mittels sogenannter Einsatzstellenantennen codierter elektronischer Fußring angelegt; die dort codierten Daten werden zugleich durch die Einsatzstellenantenne auf ein Züchterbediengerät übertragen; dieses Züchterbediengerät wiederum erkennt die auf dem Taubenring codierten Daten bei Rückkehr der Taube in den heimatlichen Taubenschlag und erfasst den Zeitpunkt der Rückkehr.

Neben der Klägerin produzieren und vertreiben noch andere Unternehmen entsprechende Konstatiersysteme oder ausschließlich Ringe bzw. Antennen und Datenerfassungsgeräte.

Der Beklagte ist die - einzige - bundesweite körperschaftliche Organisation der deutschen Taubenzüchter. Seiner Satzung gemäß obliegt ihm neben der Veranstaltung von Flügen und der Interessenvertretung für seine Mitglieder unter anderem gegenüber Einzelpersonen insbesondere die Festlegung einheitlicher Bedingungen für Flüge. Hierzu hat er eine sogenannte Reiseordnung unter anderem mit folgenden Regelungen erlassen:

§ 13 Abs. 1

"Uhren dürfen zum Konstatieren nur benutzt werden, wenn das Modell allgemein vom Präsidium zugelassen ist und in jeder Hinsicht einwandfrei funktioniert. ..."

§ 19 Abs. 1

"Elektronische Konstatiersysteme können vom Präsidium zugelassen werden. Über die Zulassung ist ein Protokoll zu fertigen, das die Einzelheiten der Verwendung des Systems verbindlich regelt. ... Die Zulassung kann widerrufen werden."

Die Klägerin produzierte und vertrieb in der Vergangenheit zunächst das Einsatzstellengerät mit der Bezeichnung TEE 400 sowie das hierzu notwendige Züchterbediengerät mit der Bezeichnung MC 2100. Beide Geräte wurden vom Präsidium des Beklagten für den Taubenwettkampfsport zugelassen. Das Einsatzstellengerät TEE 400 vermochte und vermag neben von der Klägerin produzierten Ringen auch solche des Mitbewerbers "A. I. GmbH" (nachfolgend: A.) mit den Bezeichnungen TIPES 600 und TIPES 600+, soweit diese mit der Custom ID 7 A codiert sind, zu lesen. Bei einer Custom ID handelt es sich um einen Teil der auf den Ringen elektronisch codierten Seriennummern; diese Custom ID wird auf dem deutschen Markt vom Beklagten an bestimmte Hersteller vergeben; pro Custom ID können etwa 16,5 Millionen Ringe produziert werden.

Nachdem die Klägerin, die inzwischen auch die Ringproduktion aufgenommen hatte, bereits im Jahr 2000 eine vom Beklagten als Version 2.0 zugelassene Veränderung in der Software des Gerätes TEE 400 vorgenommen hatte, modifizierte sie das Gerät erneut, indem es um eine Speicherfunktion zum Schutz gegen Datenverlust erweitert wurde. Für diesen nunmehr unter der Bezeichnung ESA 4000 vertriebenen Gerätetyp sowie das dazu kompatible und in der Software an diese Backup-Funktion angepasste Züchterbediengerät MC 2100 beantragte die Klägerin beim Beklagten im Januar 2005 die Zulassung. Die für die Zulassung vom Beklagten verlangten praktischen Tests absolvierte das System erfolgreich.

Zwischenzeitlich stellte die Firma A., die ausschließlich Ringe herstellt und vertreibt, die Produktion ihrer unter den Bezeichnungen TIPES 600 und TIPES 600+ vertriebenen Taubenringe von der Custom ID 7 A mit Zustimmung des Beklagten zunächst auf die Custom ID 7B um. Der Beklagte forderte daher mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 die Klägerin sowie die weiteren Systemhersteller G., R., D., B. und W. auf, die Einsatzfähigkeit des Ringes TIPES 600+ mit der Custom ID 7B auf den jeweiligen Systemen sicherzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das als Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 08. Oktober 2007 zu den Akten gereichte Schreiben vom 11. Dezember 2006 (GA 31) Bezug genommen.

In der Folgezeit stellte die Firma A. die Produktion ihrer Ringe letztlich mit Zustimmung des Beklagten nochmals, nunmehr auf die Custom ID 79 um. Hierauf wies die Firma A. mit einer allgemeinen schriftlichen Information hin und führte hierin aus, dass "ohne zusätzliches Software-Update von den Systemlieferanten D., G., R. und M. die Custom ID 79 ... nicht verarbeitet werden kann." Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Information wird auf die als Anlage K 16 zu den Akten gereichte Kopie der Unterlage (GA 207) Bezug genommen.

Ob das frühere System der Klägerin TEE 400/MC 2100 die Ringe TIPES 600 und TIPES 600+ mit den ID-Kennziffern 7B und 79 zunächst lesen und verarbeiten konnte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls vermag dieses wie auch das System ESA 4000/MC 2100, dessen Zulassung die Klägerin derzeit betreibt, dies derzeit nicht.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 machte der Beklagte die noch ausstehende Zulassung des neuen klägerischen Systems davon abhängig, dass die Lesbarkeit und Verarbeitung elektronischer Ringe mit der Bezeichnung TIPES 600 und TIPES 600+ des Mitbewerbers A., auch soweit diese die Custom ID 79 enthalten, generell und speziell auf der ESA 4000 gewährleistet wird. Wegen der Einzelheiten wird auf das als Anlage zur Klageschrift zur Akte gereichte Schreiben des Beklagten vom 21. Juni 2007 (GA 8) Bezug genommen. Der Beklagte stützte diese Entscheidung im Verlauf des Rechtsstreits auf einen Präsidiumsbeschluss vom 01. Oktober 2005, wonach zukünftige Zulassungen (u.a.) von der Kompatibilität mit allen Ringen aller Hersteller abhängig sein sollen.

Die im vorgenannten Schreiben enthaltene Kompatibilitätsanforderung wurde allerdings (zunächst) nicht gegenüber anderen Herstellern erhoben.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte verlange auch neuerdings nicht allgemein die umfassende Kompatibilität, sondern nur die Lesbarkeit der Ringe der Fa. A.. Eine allgemeine Kompatibilität der Produkte untereinander sei weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart zwingend gewesen. Letztlich wolle der Beklagte einseitig die Absatzinteressen der Fa. A. fördern.

Des weiteren ist die Klägerin der Ansicht gewesen, dass eine Kompatibilität mit Produkten anderer Hersteller vom Beklagten nicht zur Zulassungsvoraussetzung gemacht werden könne. Der Beklagte verstoße unter Ausnutzung seiner den Nachfragemarkt beherrschenden Stellung mit seiner Weigerung gegen Kartellrecht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die von ihr unter den Namen ESA 4000 und MC 2100 vertriebenen Zeiterfassungssysteme zu Flugzeiten und Wettkämpfen zuzulassen,

hilfsweise,

die Zulassung der von ihr angebotenen Geräte ESA 4000 und MC 2100 zur Ermittlung von Flugzeiten und Zeiterfassung bei Wettkämpfen nicht mit der Begründung abzulehnen, die Zulassung stehe unter dem Vorbehalt der Kompatibilität mit den Taubenringen der Fa. A. "TIPES 600" und "TIPES 600+", sowie

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der durch die Nichtzulassung der Geräte ESA 4000 und MC 2100 in der Saison 2007 zur Ermittlung von Reisezeiten und Teilnahme an Wettkämpfen entstanden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, dass die früher genehmigten Gerätetypen der Klägerin TEE 400 und MC 2100 zunächst mit den Ringen TIPES 600 und TIPES 600+ des Herstellers A. kompatibel gewesen seien. Diese Kompatibilität habe die Klägerin aber eigenmächtig im Zuge von Wartungsarbeiten durch Software-Manipulationen der einzelnen Geräte wieder unterbunden, so dass gewartete Altgeräte fortan die benannten Ringe des Herstellers A. jedenfalls dann nicht mehr hätten lesen und verarbeiten können, soweit diese mit der Custom ID 7B oder 79 codiert seien. Der Beklagte hat die Ansicht vorgetragen, ihm obliege im Sinne einer Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitgliedern die Aufgabe, die Wettbewerbssituation auf dem elektronischen Markt mit der Gestaltung von Zulassungsvoraussetzungen aufrecht zu erhalten und zu beeinflussen. Dies sei hier geboten, weil die Klägerin unter Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung selbst gegen Kartellrecht verstoße, indem sie die Kompatibilität ihrer Antennen mit Ringen des Herstellers A. ausschließe. Daher sei auch die Kopplung der Zulassung der streitgegenständlichen Geräte an die Kompatibilität der klägerischen Altgeräte mit den benannten Ringen der Fa. A. keine Willkürmaßnahme, zumal durch die Kopplung der status quo ante wieder herbeigeführt werden solle.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 hat das Landgericht den Geschäftsführer der Klägerin und die Vorstandsmitglieder des Beklagten M. und B. persönlich angehört. Herr M. hat hierbei u.a. erklärt, es sei richtig, dass A. mit der ID 79 produziert habe, ohne den Beklagten zu fragen; der Beklagte habe der A. dann zunächst die ID 7B zugeteilt, dies sei aber auf sämtlichen Geräten sämtlicher Hersteller nicht gelaufen; deshalb habe man aus der Not heraus der A. doch die ID 79 vergeben. Des weiteren hat er erklärt, der Beklagte wolle mit der Ablehnung des ESA 4000 nur den status quo ante wiederherstellen; eine Zeit lang hätten die Ringe ID 79 mit den Antennen der Klägerin funktioniert, nur nach Rückkehr aus der Wartung hätten die Antennen die ID 79 nicht mehr lesen können. Herr B. hat erklärt, eine Einigung wäre möglich, wenn die Klägerin die ID 79 freischalte. Wegen der weiteren Einzelheiten zur persönlichen Anhörung der Herren M. und M. wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 (GA 107 - 112) verwiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht unter Klageabweisung des Feststellungsantrages den Beklagten verurteilt, die von der Klägerin unter dem Namen ESA 4000 und MC 2100 vertriebenen Zeiterfassungssysteme zur Ermittlung von Flugzeiten und zur Teilnahme an Wettkämpfen zuzulassen. Nach Auffassung des Landgerichts ergibt sich ein Zulassungsanspruch der Klägerin aus §§ 311, 280 BGB. Aufgrund der früheren Zulassung klägerischer Geräte bestehe zwischen den Parteien ein vertragsähnliches Schuldverhältnis mit der nachwirkenden Treuepflicht, über die Zulassung von Produktaktualisierungen bereits zugelassener Geräte nur nach sachlichen Erwägungen zu entscheiden. Hiergegen habe der Beklagte schuldhaft verstoßen. Hierbei hat das Landgericht ausdrücklich offen gelassen, ob die Zulassungsvoraussetzung einer allgemeinen Kompatibilität gemäß Präsidiumsbeschluss des Beklagten vom 01. Oktober 2005 eine sachliche Zulassungserwägung darstellt; denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung sei davon auszugehen, dass die Verweigerung einer Zulassung der streitgegenständlichen Geräte gerade nicht der Umsetzung dieses Präsidiumsbeschlusses, sondern dazu gedient habe, die Klägerin zu veranlassen, ihre Altgeräte (wieder) für die Ringe TIPES 600 und TIPES 600+ freizuschalten. Dies sei sowohl für sich genommen als auch gerade in der Kopplung an die Zulassung neuer Geräte unsachlich. Denn die Altgeräte entsprächen dem zum Zeitpunkt ihrer damaligen Zulassung geltenden Zulassungsvoraussetzungen, selbst wenn man die vom Beklagten behauptete Manipulation als wahr unterstelle. Zum damaligen Zulassungszeitpunkt sei eine Kompatibilität mit Produkten anderer Hersteller nicht gefordert worden; eine eventuelle Rechtswidrigkeit einer unterstellten Manipulation im Verhältnis zwischen Klägerin und jeweiligem Eigentümer berühre nicht das Verhältnis zwischen den Parteien. Da unstreitig alle übrigen Zulassungsvoraussetzungen vorlägen, sei der Schadensersatzanspruch der Klägerin auf Erteilung der Zulassung gegeben ("Kontrahierungszwang"). Dieselbe Rechtsfolge ergebe sich auch aus § 826 BGB.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Der Beklagte meint, das angefochtene Urteil sei bereits fehlerhaft, soweit das Landgericht ihn in Bezug auf das Gerät mit der Bezeichnung MC 2100 verurteilt habe. Insoweit mangele es sowohl an substantiiertem Vortrag der Klägerin als auch an Feststellungen des Landgerichts, die den erkannten Anspruch hinreichend stützen würden.

Des weiteren ist der Beklagte der Ansicht, dass in der Vergangenheit erfolgte Zulassungen der damaligen Geräte der Klägerin kein vertragsähnliches Schuldverhältnis mit Pflichten in Bezug auf spätere Produkte zu begründen vermögen.

Selbst wenn ein solches vorliege, könne es wegen des ihm (dem Beklagten) zukommenden Ermessensspielraumes allenfalls einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Zulassungsentscheidung begründen. Ein solcher Anspruch sei hier nicht verletzt, weil die von ihm - dem Beklagten - vorgebrachten Gründe, die einer Zulassung der streitgegenständlichen Geräte noch entgegenstünden, sachlich begründet seien. Hierzu behauptet der Beklagte nunmehr unwidersprochen, nach Erlass des landgerichtlichen Urteils seine Zulassungspraxis umgestellt zu haben und inzwischen allen Herstellern, die um Zulassung nachsuchen, die Forderung nach einer allgemeinen Kompatibilität mit allen Ringen aller Hersteller gemäß dem Präsidiumsbeschluss vom 01. Oktober 2005 entgegenzuhalten. Des weiteren meint er, dass die Kopplung der Zulassung an das Verlangen auf Wiederherstellung der Lesbarkeit der benannten Ringe der Fa. A. mit der Custom ID 79 durch die Altgeräte der Klägerin sachlich gerechtfertigt sei. Gegenstand der Zulassungsprüfung sei neben der Prüfung technischer Anforderungen an das zu prüfende Gerät auch die Zuverlässigkeit des Geräteherstellers. Sie fehle, wenn - wie hier - ein wettbewerbswidriges Verhalten des Geräteherstellers vorliege. In diesem Zusammenhang behauptet der Beklagte weiterhin, dass die Geräte der Klägerin des bereits zugelassenen Typs TEE 400 in der Vergangenheit die benannten Ringe der Fa. A. - auch soweit sie die Custom ID 79 ausgewiesen hätten - unproblematisch hätten lesen und verarbeiten können. Vor diesem Hintergrund wiederholt der Beklagte die Manipulationsvorwürfe gegen die Klägerin und behauptet, die Klägerin habe zunächst nach Änderung der ID-Kennung auf 7B und sodann erneut nach Änderung der ID-Kennung auf 79 die Lesbarkeit heimlich im Zuge von Wartungsarbeiten beseitigt, um die Firma A. als konkurrierenden Ringhersteller auszuschalten. Es sei es daher, so meint der Beklagte, sachlich gerechtfertigt, die Zulassung von Produktaktualisierungen an die Wiederherstellung des status quo ante in Bezug auf die Altgeräte zu knüpfen, weil die Klägerin durch diese Maßnahme ihr eigenes wettbewerbswidriges Verhalten revidieren und so ihre Zuverlässigkeit unter Beweis stellen könne.

Schließlich meint der Beklagte, dass aus dem vom Landgericht angenommenen vertragsähnlichen Schuldverhältnis niemals ein Zulassungsanspruch hergeleitet werden könne. Zum einen sei im Rahmen des Schadensersatzes lediglich das negative Interesse zu erstatten. Zum anderen sei der Rechtsgedanke des Kontrahierungszwanges mangels Vorliegens einer der hierzu in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen nicht anwendbar. Die somit auf der Grundlage der Auffassung des Landgerichts allein vertretbare Konsequenz, dass die Zulassungsentscheidung nicht von der Kompatibilität der Altgeräte mit den konkret benannten Ringen der Fa. A. abhängig gemacht werden dürfe, entspreche wiederum nicht den Klageanträgen der Klägerin.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

wobei sie den Hilfsantrag aus der Klageschrift nunmehr dahin stellt,

dem Beklagten zu verbieten, die Zulassung des Systems ESA 4000/MC 2100 davon abhängig zu machen, dass zuvor das System TEE 400/MC 2100 auf ihre Kosten für die Ringe TIPES 600 und TIPES 600+ mit der ID-Kennung 79 freigeschaltet wird.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Ihrer Ansicht nach liege eine Verletzung nachwirkender Treuepflichten einerseits darin, dass eine mit dem Beklagten abgesprochene technische Aufwertung des TEE 400 (nunmehr ESA 4000) davon abhängig gemacht werde, einem Mitbewerber besondere Rechte einzuräumen. Hierzu behauptet sie, im Jahr 2000 die Software des Gerätetyps TEE 400 in Absprache mit dem und nach Prüfung durch den Beklagten in zwei Punkten geändert zu haben: Zum einen sei eine vom Beklagten gewünschte Züchterkennung ermöglicht worden; zum anderen sei die Software auf die Erkennbarkeit der Custom ID 70 bis 79 unter gleichzeitiger Zuordnung dieser ID-Nummern zu ihrem Geschäftsbetrieb umgestellt worden. Letzterem habe zugrunde gelegen, dass diese Seriennummern ihr vom Beklagten für die Zukunft reserviert worden seien. Die so veränderte Software sei als Version 2.0 vom Beklagten zugelassen worden, womit - wie die Klägerin meint - sämtliche Vorgängerversionen erloschen seien. Weiter behauptet die Klägerin, im Rahmen von Wartungsarbeiten in Absprache mit den jeweiligen Auftraggebern nur diese zugelassene Version 2.0 aufgespielt, aber ansonsten keine Änderungen, erst recht keine heimlichen Manipulationen, vorgenommen zu haben. Die in der Version 2.0 enthaltene Programmierung habe erstmals die Lesbarkeit der Custom ID 70 bis 79 ermöglicht, aber nur eine Zuordnung zu ihr als Hersteller eines Ring-Chips mit diesen ID-Kennziffern erlaubt. Daher sei der Chip eines anderen Herstellers mit der Custom ID 79 mit dieser Software nie kompatibel gewesen. Demgegenüber habe der Gerätetyp TEE 400 nach wie vor nur Ringe der Fa. A. mit der Custom ID 7A lesen können.

Die Klägerin meint, eine Treupflichtverletzung liege andererseits im Verlangen nach allgemeiner Kompatibilität. Sie behauptet in diesem Zusammenhang, dass eine solche weder bei den übrigen Anbietern des deutschen Markts noch im Ausland zur Zeit bestehe.

Der Beklagte behauptet replizierend, die von ihm behauptete heimliche Manipulation durch die Klägerin sei zeitlich deutlich nach der Zulassung und Vermarktung der Softwareversion 2.0 im Jahr 2000, nämlich im Jahr 2007, erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt seien Ringe der Fa. A. zunächst mit der zusätzlich vergebenen Custom ID 7 B und später auch mit der Custom ID 79 durch die Altgeräte der Klägerin lesbar gewesen. Im Ausland besäßen dort vertriebene Geräte der Klägerin des fraglichen Typs nach wie vor diese technische Fähigkeit. Im Übrigen seien die Custom ID 75 - 79 nie verbindlich der Klägerin reserviert oder zugewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils und die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet.

Die Klage ist - soweit in der Berufungsinstanz über sie noch zu entscheiden ist - mit ihrem Hauptantrag unbegründet, hat aber mit ihrem Hilfsantrag in der nunmehr gestellten eingeschränkten Fassung Erfolg. Der Beklagte ist derzeit nicht zur Zulassung der Gerätetypen ESA 4000 und MC 2100, aber dazu verpflichtet, die Zulassung dieser Gerätetypen nicht von einer vorherigen, auf Kosten der Klägerin vorzunehmenden Freischaltung der bereits früher zugelassenen Geräte TEE 400 und MC 2100 für Ringe ihres Mitbewerbers A. mit der Custom ID 79 abhängig zu machen.

1.

Der dahin gehende Anspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 33 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB. Nach den genannten Vorschriften ist ein Unternehmen, das als Nachfrager einer bestimmten Art von Waren auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt keinem (wesentlichen) Wettbewerb ausgesetzt ist und die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf jenem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt, dem Betroffenen zur Beseitigung und Unterlassung verpflichtet.

a.

Der Beklagte ist, soweit es die Zulassung elektronischer Konstatiersysteme im Brieftaubensport betrifft, Normadressat des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots nach §§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB. Er ist auf dem bundesweiten Absatzmarkt für elektronische Konstatiersysteme zur Ermittlung von Flugzeiten im Brieftaubensport marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, da er mit Hilfe des bei ihm zu durchlaufenden Zulassungsverfahrens darüber entscheidet, welche elektronischen Konstatiersysteme für den bundesdeutschen Brieftaubensport abgesetzt werden können und welche Systeme mangels Zulassung faktisch unverkäuflich sind.

aa.

Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, kein Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne zu sein.

Der maßgebliche funktionale Unternehmensbegriff (vgl. nur: Zimmer in Immenga/ Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 1 Rn. 27) erfasst unabhängig von der Rechtsform des tätig Werdenden (BGH, WuW/E BGH 2603, 2605 - Neugeborenentransporte) jedwede selbständige und nicht lediglich dem privaten Verbrauch dienende Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr (Zimmer, a.a.O. § 1 Rn. 38, 56). Dieser weite Unternehmensbegriff des GWB umfasst auch die Tätigkeit eines Idealvereins, soweit er selbst wirtschaftlich tätig wird bzw. wirtschaftliche Interessen seiner Mitglieder verfolgt (vgl. Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 1 Rn. 7). Dies trifft für den Beklagten jedenfalls im Verhältnis zu Anbietern von elektronischen Konstatiersystemen zu, da er durch das Zulassungserfordernis, welches auf satzungsmäßiger Grundlage für seine Mitglieder verbindlich ist, ähnlich einem Nachfragedisponenten die den Nachfragern obliegende Auswahl unter den am Markt angebotenen Waren (eingrenzend) steuert und damit in den Wettbewerb eingreift. Unerheblich ist hierbei, dass das in der satzungsgemäß beschlossenen Reiseordnung des Beklagten verankerte Zulassungserfordernis sich als innerverbandliche (sportliche) Reglementierung der Wettkampfbedingungen bei von ihm oder seinen Organisationsteilen veranstalteten Preisflügen mit Verbindlichkeit nur für seine Mitglieder darstellt. Diese innerverbandliche Regelung wirkt sich nämlich nicht bloß reflexartig auf den Wettbewerb zwischen den Herstellern elektronischer Konstatiersysteme aus, da reelle Absatzaussichten nur die vom Beklagten zugelassenen Gerätetypen haben. Vielmehr dient das Zulassungserfordernis nach eigenem Bekunden des Beklagten auch den wirtschaftlichen Belangen der Verbandsmitglieder, indem durch den Inhalt der Zulassungsanforderungen und die Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens unmittelbar Einfluss auf die technische Geräteausstattung und die Wettbewerbsbedingungen auf Seiten der Geräteanbieter genommen wird. So kann der Beklagte vermögen seiner Zulassungspraxis technische Qualitätsstandards auf dem Markt gewährleisten sowie den Umfang oder die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Geräteanbietern steuern und sichern, womit letztlich sachgerechte Preise für die benötigten Waren aus Sicht der Nachfrager gewährleistet werden sollen. Hierzu wird der Beklagte selbständig marktbezogen tätig, beispielsweise indem er mit den Anbietern Produktanforderungen erörtert und Produkteigenschaften - wie das Beispiel der Freigabe der Custom ID 7 B im Jahre 2006 und die direkte Aufforderung an die Geräteanbieter, die Einsatzfähigkeit von Ringen mit dieser Custom ID auf ihren Systemen sicherzustellen, deutlich macht - beeinflusst; das Zulassungsverfahren selbst ist ebenfalls Ausdruck wirtschaftlichen Handelns, da es - wovon nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen auszugehen ist - nicht aus der internen Verbandsorganisation heraus, sondern durch einen Zulassungsantrag des jeweiligen Anbieters initiiert wird und als Verfahren vor dem Präsidium des Beklagten unter Beteiligung des Anbieters mit diesem obliegenden Tauglichkeitsnachweisen praktiziert wird.

bb.

Die marktbeherrschende Stellung des Beklagten auf dem bundesweiten Absatzmarkt für elektronische Konstatiersysteme im Brieftaubensport ergibt sich aus der Tatsache, dass er als eine Art Dachorganisation der deutschen Brieftaubenzüchter exklusiv über die Zulassung von Zeiterfassungssystemen für den deutschen Brieftaubensport entscheidet und hierdurch den deutschen Nachfragemarkt für elektronische Konstatiersysteme im Brieftaubensport lenkt. Dass die Zeiterfassungssysteme nicht vom Beklagten selbst, sondern von den ihm angeschlossenen Brieftaubenzüchtern nachgefragt werden, ist für die kartellrechtliche Beurteilung ohne Belang. Ähnlich einem Arzt, der seinen Patienten die erforderlichen Medikamente verordnet, wird der Beklagte bei der Prüfung und Zulassung von Zeiterfassungssystemen als "Nachfragedisponent" der ihm angeschlossenen Brieftaubenzüchter tätig, weshalb bei der kartellrechtlichen Prüfung auf ihn selbst abzustellen ist (vgl. BGH, WuW/E BGH 1445, 1447 - Valium).

b.

Seine überragende Marktstellung missbraucht der Beklagte im Sinne des § 19 Abs. 1 und 4 Nr. 1 GWB, indem er die Zulassung der streitgegenständlichen Gerätetypen der Klägerin von einer kostenlosen technischen Umrüstung der bereits in der Vergangenheit von ihm zugelassenen und verkauften Geräte der Typen TEE 400 und MC 2100 abhängig macht.

aa.

Das Verbot des Behinderungsmissbrauchs verpflichtet den Beklagten, über Zulassungsanträge in einem transparenten Verfahren nach ausschließlich sachbezogenen Kriterien diskriminierungsfrei zu entscheiden. Bei der Festlegung der Zulassungskriterien kommt dem Beklagten ein weiter Beurteilungsspielraum zu, weil es im Ausgangspunkt seiner freien Entscheidung unterliegt, welche technischen und sonstigen Anforderungen die für den Brieftaubensport benötigten Zeiterfassungssysteme aufweisen sollen. Seine Zulassungsentscheidung ist lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle dahingehend unterworfen, ob der Beklagte von einem vollständigen und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und die Entscheidung auf der Grundlage der geltenden Zulassungsbedingungen eine widerspruchsfreie, in sich nachvollziehbare und auf sachgerechte Gesichtspunkte gestützte Begründung gefunden hat ( vgl. Senat, WuW/E DE-R 2379, 2382 f. - Dentalmesse; WuW/E DE-R 994, 995 - Stefanelli; WuW/E DE-R 619, 622 - Fetting). Eine ablehnende Entscheidung muss die tragenden Erwägungen der Ablehnung nachprüfbar, verständlich und widerspruchsfrei enthalten (vgl. Senat, WuW/E DE-R 994, 995 - Stefanelli).

bb.

Die Zulassungspraxis des Beklagten wird in weiten Teilen diesen Anforderungen nicht gerecht.

Ein transparentes Zulassungsverfahren findet derzeit nicht statt. § 19 Abs. 1 der Reiseordnung bestimmt lediglich pauschal, dass elektronische Konstatiersysteme "vom Präsidium zugelassen werden ... können". Die Vorschrift legt nicht im Ansatz die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen und Bedingungen des Zulassungsverfahrens fest. Sie gibt ebenso wenig irgendeinen Aufschluss über die Zulassungskriterien. Diesbezüglich Vorgaben enthält lediglich der Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005. Er ist indes nach dem Sach- und Streitstand weder zeitnah bekannt gegeben worden noch den antragstellenden Unternehmen frei zugänglich, so dass auch insoweit die - mit dem Transparenzgebot beabsichtigte - wirksame Kontrolle der Zulassungspraxis des Beklagten nicht stattfinden kann.

Auch in der Sache widersprach die Zulassungspraxis des Beklagten den kartellrechtlichen Erfordernissen. Das gilt in Bezug auf den Zulassungsantrag der Klägerin jedenfalls bis zum Abschluss der ersten Instanz. Die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin die nachgesuchte Gerätezulassung mit der Begründung zu versagen, dass das angemeldete System ESA 4000/MC 2100 die von A. vertriebenen Taubenringe TIPES 600 und TIPES 600+ mit der ID-Kennung 7 B und 79 nicht erfassen und verarbeiten könne, war bereits auf erste Sicht rechtswidrig. Sie ist schon nicht von dem Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005 gedeckt, weil dieser eine Kompatibilität mit allen Ringen aller Hersteller - und nicht bloß eine Kompatibilität mit den A.-Ringen TIPES 600 und TIPES 600+ mit den ID-Kennungen 7B und 79 - verlangt. Es kommt hinzu, dass der Beklagte das Kompatibilitätserfordernis nach dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand nicht diskriminierungsfrei praktiziert hat. Zwischen den Prozessparteien ist außer Streit, dass der Beklagte die entsprechende Zulassungsbedingung bis zum Abschluss des landgerichtlichen Verfahrens ausschließlich der Klägerin und nicht auch den anderen Herstellern von Zeiterfassungssystemen entgegengehalten hat. Erst mit dem zweitinstanzlichen Verfahren hat der Beklagte seine Zulassungspraxis auf eine in diesem Punkt diskriminierungsfreie Handhabung umgestellt. Dabei mag zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass das Zulassungsverfahren in einem bloßen Präsidiumsbeschluss geregelt werden darf.

cc.

Für den Zulassungsantrag der Klägerin ergeben sich daraus die nachfolgend dargestellten Konsequenzen:

Neben der erprobten technischen Funktionstüchtigkeit der streitgegenständlichen Geräte, von der aufgrund des insoweit unwidersprochenen tatsächlichen Vorbringens der Klägerin auszugehen ist, sieht der Beklagte - jedenfalls nach seinem in der Berufungsinstanz nunmehr zugrunde zu legenden Sachvortrag - Zulassungshindernisse zum einen in der - unstreitig - fehlenden Kompatibilität des streitgegenständlichen Systems ESA 4000/MC 2100 mit allen Ringen aller Hersteller und zum anderen in der Weigerung der Klägerin, ihre bereits zugelassenen (und insbesondere auch verkauften) Altgeräte mit den Bezeichnungen TEE 400 und MC 2100 auf Lesbarkeit der Ringe des Mitbewerbers A. mit den Bezeichnungen TIPES 600 und TIPES 600+ und der Custom ID 79 auf eigene Kosten umzustellen. Während ersteres Zulassungskriterium sachlich gerechtfertigt ist, stellt die Kopplung der Zulassung an die kostenlose technische Umrüstung der Altgeräte eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin dar. Im Einzelnen:

(1)

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf seinen Präsidiumsbeschluss vom 01. Oktober 2005 die Zulassung von einer allgemeinen Kompatibilität des Gerätesystems ESA 4000/MC 2100 mit allen Ringen aller Hersteller abhängig macht, stellt dies ein in der Berufungsinstanz zulässiges neues tatsächliches Vorbringen dar, welches dem Zulassungsbegehren der Klägerin entgegengehalten werden kann.

Im landgerichtlichen Verfahren hat der Beklagte sich auf seine mit Schreiben vom 21. Juni 2007 an die Klägerin mitgeteilte Entscheidung berufen, die Zulassung sei von einer Kompatibilität mit bestimmten Ringen des Mitbewerbers A. abhängig. Das so gefasste Zulassungskriterium ist sachlich schon deshalb nicht gerechtfertigt gewesen, weil es von dem zur Begründung herangezogenen Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005 nicht gedeckt war. Denn dieser fordert - wie bereits ausgeführt - die Kompatibilität nicht nur mit den Produkten des Mitbewerbers A., sondern mit allen Ringen aller Hersteller. Diesen nicht tragfähigen Ablehnungsgrund hat der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz aufrechterhalten, wie insbesondere in der Erklärung des durch das Landgericht persönlich angehörten Vorstandsmitgliedes Herr M. deutlich wird, man wolle mit der Ablehnung der ESA 4000 nur den status quo ante wiederherstellen, da die Ringe der Firma A. auch mit der Custom ID 79 zuvor durch Antennen der Klägerin lesbar gewesen seien.

In zweiter Instanz stützt der Beklagte seine Ablehnungsentscheidung nunmehr auf die umfassende Kompatibilitätsforderung des Präsidiumsbeschlusses vom 1. Oktober 2005 und behauptet hierzu unwidersprochen, nach dem Erlass des landgerichtlichen Urteils seine gesamte Zulassungspraxis an diesem Zulassungskriterium auszurichten und dieses Zulassungskriterium in derzeit laufenden Zulassungsverfahren anderer konkret bezeichneter Hersteller anzuwenden.

Dieses neue Vorbringen ist nach Maßgabe der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO als entscheidungsrelevant zu beachten. Das Klagebegehren hat ein in die Zukunft gerichtetes Zulassungsverlangen zum Gegenstand, dessen Berechtigung sich nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung richtet. Der Beklagte ist mit diesem neuen Vorbringen nicht präkludiert. Die behaupteten Tatsachen zur geänderten Zulassungspraxis sind erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstanden und konnten daher nicht früher vorgetragen werden. Darüber hinaus handelt es sich um unstreitiges Vorbringen, welches in der Berufungsinstanz stets zu berücksichtigen ist (hierzu: Herget in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 531 Rn. 21 m.w.N.).

(2)

Das Zulassungskriterium der allgemeinen Kompatibilität mit allen Ringen aller Hersteller stellt keinen Behinderungsmissbrauch im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB dar, weil es nach der vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen sachlich gerechtfertigt ist. Die insoweit berechtigten Interessen des Beklagten und seiner Mitglieder an der Schaffung allgemeiner Wettkampfbedingungen und der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs auf dem Markt für elektronische Konstatiersysteme im Brieftaubensport überwiegen die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und aller System- sowie Ringhersteller, durch - insbesondere auf Systemkomponenten eigener Produktion - beschränkte Kompatibilitäten Absatzchancen und Marktanteile zu sichern oder auszubauen. Zum einen kommt schon dem vom Beklagten für seine Mitglieder verfolgten Interesse hohes Gewicht zu, zukünftig allen interessierten Mitgliedern die Teilnahme an jedem Wettflug unabhängig von ihrer jeweiligen technischen Ausrüstung (Ringe, Zeiterfassungssysteme) zu ermöglichen; zugleich gewährleistet die allgemeine Kompatibilität die satzungsgemäße Freiheit der Konstatiermethode nach § 7 Reiseordnung. Zum anderen kann sich der Beklagte auf das weitergehende Interesse berufen, zugunsten der ihm angeschlossenen Brieftaubenzüchter den Wettbewerb sowohl auf dem Absatzmarkt für Ringe als auch auf demjenigen für Zeiterfassungsgeräte zu sichern. Zur Erreichung dieser Zwecke ist das Zulassungskriterium einer allgemeinen (umfassenden) Kompatibilität auch verhältnismäßig, zumal selbst nach dem Vorbringen der Klägerin eine entsprechende Programmierung technisch ohne weiteres möglich ist. Dass die Forderung nach umfassender Kompatibilität der Zeiterfassungsgeräte die Klägerin unangemessen belastet und ihr ein Geräteabsatz unter zumutbaren Bedingungen nicht mehr möglich sei, ist weder vorgetragen noch sonst zu erkennen. Den Belangen der Hersteller von Zeiterfassungssystemen wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass über die Zulassung in einem transparenten Verfahren ausschließlich nach sachlichen Kriterien diskriminierungsfrei entschieden werden muss.

(3)

Soweit der Beklagte die Zulassung der streitgegenständlichen Gerätetypen des weiteren von einer Umstellung der Vorgängergeräte TEE 400 und MC 2100 auf eine Kompatibilität mit den Ringen TIPES 600 und TIPES 600+ der Firma A. abhängig macht, ist dieses Zulassungskriterium sachlich nicht gerechtfertigt. Denn es entspricht schon nicht den eigenen Zulassungskriterien, wie sie vom Beklagten im Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005 niedergelegt worden sind. Soweit vorliegend von Interesse, ist dort als Zulassungskriterium lediglich die Kompatibilität des angemeldeten Gerätesystems mit den Ringen aller anderen Hersteller gefordert. An keiner Stelle fordert der Präsidiumsbeschluss des Beklagten darüber hinaus, dass auch die in der Vergangenheit bereits zugelassenen Vorgängermodelle - hier also das System TEE 400/MC 2100 - mit den am Markt gehandelten Taubenringen kompatibel sein müssen. Dementsprechend ist der Beklagte auch nicht berechtigt, der Klägerin diese Anforderung unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit des Geräteherstellers als ein Zulassungskriterium entgegen zu halten. Denn der Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005 sieht weder eine Zuverlässigkeitsprüfung vor noch regelt er, dass die (Wieder-)Herstellung der Kompatibilität von Altgeräten bei einer solchen Zuverlässigkeitsprüfung Bedeutung haben soll.

Bei dieser Rechtslage kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits von vornherein nicht auf die Frage an, ob die Klägerin die Geräte TEE 400/MC 2100 im Zuge von Wartungsmaßnahmen manipuliert und ihre Kompatibilität mit den Ringen TIPES 600 und TIPES 600 + der Kennung ID 7 B und ID 79 nachträglich beseitigt hat. Selbst wenn der diesbezügliche Vorwurf des Beklagten zutreffen und die Klägerin demgemäß den Auftraggebern der Wartungsarbeiten zur Wiederherstellung der Kompatibilität verpflichtet sein sollte, kann der Beklagte aus diesem Sachverhalt keine eigenen Rechte herleiten. Er ist überdies (und vor allem) nicht berechtigt, diesen Gesichtspunkt in das Zulassungsverfahren einzubeziehen und aus ihm gegen die Klägerin eine Zulassungsvoraussetzung abzuleiten, die der Präsidiumsbeschluss vom 1. Oktober 2005 nicht vorsieht.

Der - im Senatstermin näher erörterten - Frage, wie der erhobene Manipulationsvorwurf mit der Tatsache in Einklang zu bringen ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 sowohl die Klägerin als auch deren Mitbewerber G., R., D., D. B. und W. aufgefordert hat, die Einsatzfähigkeit der Custom ID 7B auf ihren jeweiligen Systemen sicherzustellen, und ferner die Fa. A. in ihre undatierten Informationsveröffentlichung darauf hinweist, dass die Custom ID 79 "ohne zusätzliches Software-Update von den Systemlieferanten D., G., R. und M." nicht verarbeitet werden könne, kann nach alledem auf sich beruhen.

c.

Aufgrund des Verstoßes gegen das kartellrechtliche Behinderungsverbot ist der Beklagte aus § 33 Abs. 1 GWB zur Beseitigung dieses Kartellverstoßes verpflichtet.

Diese Beseitigungspflicht umfasst allerdings nicht die - mit dem Hauptantrag verfolgte - Verpflichtung des Beklagten zur Zulassung des klägerischen Systems ESA 4000/MC 2100, weil das streitgegenständliche System die vom Beklagten dem Zulassungsbegehren zulässigerweise entgegengehaltene Zulassungsanforderung einer umfassenden Kompatibilität unstreitig nicht erfüllt. Vielmehr ist der Beseitigungsanspruch der Klägerin zur Zeit nur auf das gerichtliche Verbot gegen den Beklagten gerichtet, die Zulassung des Konstatiersystems ESA 4000/MC 2100 von einer auf Kosten der Klägerin vorzunehmenden vorherigen Freischaltung der Geräte des Vorgängersystems TEE 400/MC 2100 für die Ringe TIPES 600 und TIPES 600+ mit der Custom ID 79 abhängig zu machen. Dementsprechend war dem Hilfsantrag in der zweitinstanzlich eingeschränkten Fassung stattzugeben.

Der Feststellung einer Wiederholungsgefahr bedarf es nicht. Denn das Begehren der Klägerin ist nicht mittels eines Unterlassungsanspruchs, sondern mit dem Beseitigungsanspruch zu verfolgen. Rechtsschutzziel der Klägerin ist es, dass ihrem bereits gestellten Zulassungsantrag nicht länger das rechtswidrige Verlangen nach einer vorherigen und kostenlosen Umrüstung der Vorgängergeräte entgegengehalten wird. Dies hat eine bereits eingetretene, in die Zukunft lediglich fortwirkende Störung (vergleichbar den Fällen der Liefersperre; hierzu Emmerich in Immenga/Mestmäcker, a.a.O. § 33 Rn. 102), nicht hingegen die mit dem Unterlassungsanspruch zu verfolgende Besorgung ausschließlich in der Zukunft liegender (vgl. hierzu: Bechtold, GWB, a.a.O. § 33 Rn. 13) Wiederholungen neuer, mit dem begangenen Kartellverstoß im wesentlichen übereinstimmender Verstöße (vgl. hierzu: Emmerich in Immenga/Mestmäcker, a.a.O. § 33 Rn. 94) zum Gegenstand.

Der Inhalt des Beseitigungsanspruchs richtet sich nach der Art der Störung; sein Ziel muss die Wiederherstellung der rechtmäßigen Lage sein (Emmerich in Immenga/Mestmäcker, a.a.O. § 33 Rn. 101). Die rechtmäßige Lage besteht hier darin, die rechtswidrige Kopplung der Zulassung an die vorherige und kostenlose Freischaltung der Vorgängergeräte nicht länger aufrecht zu erhalten, was durch Unterlassen dieser rechtswidrigen Zulassungsanforderung im laufenden Zulassungsverfahren der Klägerin zu erreichen ist.

2.

Ob der mit dem Hilfsantrag verfolgte Unterlassungsanspruch daneben auch auf §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB gestützt werden kann, kann in Anbetracht des begründeten kartellrechtlichen Beseitigungsanspruchs ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob § 33 GWB eine zivilrechtliche Ansprüche verdrängende Anspruchsnorm darstellt. In jedem Fall ergäbe sich aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB kein darüber hinaus gehender Zulassungsanspruch der Klägerin. Denn aus einem rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis zu einem Gerätehersteller, der um die Zulassung seiner Geräte ersucht, können dem Beklagten keine weitergehenden Verhaltens- und Rücksichtnamepflichten erwachsen, wie sie vorstehend unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten erörtert worden sind.

3.

Einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung ihres Systems ESA 4000/MC 2100 kann die Klägerin auch nicht auf § 826 BGB stützen. Insoweit fehlt es bereits an einer Schadenszufügung. Um gerade die begehrte Zulassung zu erreichen, müsste der Schaden der Klägerin in deren Nichterteilung liegen. Dies wäre nur denkbar, wenn der bisherigen Nichterteilung keine rechtlich billigenswerten Gründe zugrunde lägen, was hier - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall ist, oder die berechtigte Vorenthaltung der Zulassung vom Beklagten bewusst zur weitergehenden Schädigung der Klägerin missbraucht würde, wofür sich hier weder aus dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin noch sonst hinreichende Anhaltspunkte ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens aus § 97 Abs. 2 und im übrigen aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Die Rechtsfrage, ob die im Streit stehenden Zulassungsanforderungen des Beklagten sachlich gerechtfertigt bzw. nicht gerechtfertigt sind, berührt nicht das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück