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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 17/08
Rechtsgebiete: PostG, GWB, ZPO, BGB, EG, TKG


Vorschriften:

PostG § 28
PostG § 28 Abs. 1
PostG § 48 Satz 3
PostG § 49 Abs. 1 Nr. 1
PostG § 51 Abs. 1 Satz 1
PostG § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33 a.F.
GWB § 33 S. 1
GWB § 33 Abs. 4 n.F.
GWB § 131
ZPO § 527 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
BGB § 823 Abs. 2
EG Art. 82
TKG § 82 Satz 5 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Oktober 2008 verkündete Grundurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Wert des Berufungsverfahrens und die Beschwer der Beklagten werden auf jeweils 4.697.570,77 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beklagte bietet seit jeher eine Universalbeförderungsleistung vom Briefkasten bzw. von ihrer annehmenden Filiale bis zum Empfänger gegen Standardporto an. Entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 28 PostG gewährt sie hierbei nach wie vor Massenversendern die Möglichkeit, unter Preisnachlass nur Teile ihrer Beförderungskette (sogenannte Teilleistungen) in Anspruch zu nehmen, indem diese gesammelte und nach Postleitzahlen vorsortierte Briefsendungen bei einem der Briefzentren der Beklagten einliefern können. Im Rahmen ihres Monopols, welches ihr bis zum 31.12.2007 für die Beförderung von Briefsendungen unterhalb bestimmter durch § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG in seinen verschiedenen Fassungen jeweils festgelegten Einzelgewichtsgrenzen zukam (sogenannte gesetzliche Exklusivlizenz), bot sie einen solchen Teilleistungszugang unter Rabattgewährung bis zum Jahr 2005 nur selbst einliefernden Massenabsendern oder in deren Namen und Auftrag handelnden gewerblichen Postbeförderern an.

Die Beklagte verfügte jedenfalls im Zeitraum der Jahre 2003 bis 2005 auf dem Markt für lizenzpflichtige Postdienstleistungen über einen 90 % übersteigenden Marktanteil.

Der Kläger ist seit dem 13.06.2001 Inhaber einer sogenannten "E-Lizenz", die ihn berechtigt, gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG gewerbsmäßig Post bei einem Absender abzuholen und sie in dessen Auftrag bei einer Annahmestelle der Beklagten einzuliefern. Im Mai 2003 bat er die Beklagte um Unterbreitung eines Teilleistungsangebotes für gewerbsmäßig von ihm bei verschiedenen Absendern in den Postleitzahlgebieten 27 und 28 einzusammelnde (zu konsolidierende), nach Postleitzahlen vorzusortierende und in ein Briefzentrum der Beklagten einzuliefernde Briefe mit einem Gewicht unterhalb der in § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG festgelegten Gewichtsgrenze. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, sie dürfe im Rahmen ihrer gesetzlichen Exklusivlizenz Teilleistungen nur Kunden, nicht aber Wettbewerbern gewähren.

Unter anderem auf eine Beschwerde des Klägers untersagte das Bundeskartellamt der Beklagten durch Beschluss vom 11.02.2005, Wettbewerber in Zukunft anders als sogenannte Kunden zu behandeln, weil es im Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen § 20 GWB sowie gegen Art. 82 EG sah. Der Senat bestätigte die Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes und wies durch Beschluss vom 13.04.2005 einen gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes gerichteten Eilrechtsschutzantrag der Beklagten zurück. Die gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 in der Hauptsache eingelegte Beschwerde nahm die Beklagte mit einem am 28. April 2008 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz zurück. Wegen der Einzelheiten zum Inhalt der kartellbehördlichen Entscheidung und der Entscheidung des Senats wird im Einzelnen auf den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005, Az.: B 9 - 55/03, und den Beschluss des Senats vom 13.04.2005, Az.: VI - Kart 3/05 (V), verwiesen.

Hiernach unterbreitete die Beklagte dem Kläger zunächst im August und sodann im Oktober 2005 ein vorläufiges Teilleistungsangebot, welches der Kläger jedoch nicht annahm.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz.

Er hat behauptet, er sei willens und in persönlicher wie auch wirtschaftlicher Hinsicht in der Lage gewesen, ab dem 01.07.2003 eine unternehmerische Tätigkeit als sogenannter Konsolidierer in Bremen aufzunehmen, wenn die Beklagte seiner Bitte aus Mai 2003 entsprechend ein Teilleistungsangebot unterbreitet und einen entsprechenden Teilleistungsvertrag mit ihm geschlossen hätte. Hierzu hat er im Einzelnen vorgetragen. Des Weiteren hat er behauptet, im Oktober 2005 finanziell nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, den angestrebten Geschäftsbetrieb aufzunehmen. Indem die Beklagte schuldhaft seine im Mai 2003 gestellte Bitte zu Unrecht abgelehnt und sich bis Herbst 2005 geweigert habe, diesbezüglich ein annehmbares Teilleistungsangebot zu unterbreiten, sei ihm für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 31.12.2005 ein Schaden in Gestalt entgangenen Gewinns entstanden, zu dem er im Einzelnen vorgetragen hat.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.697.570,77 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 278.528,16 € und weiterer Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 4.697.570,77 € seit dem 15. Januar 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist dem klägerischen Vorbringen entgegengetreten. Sie hat ein ihr zur Last fallendes Verschulden bestritten und hierzu vorgetragen, infolge der eindeutigen Beschlusslage der Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post (RegTP) - heute: Bundesnetzagentur -, der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichts Köln und des erkennbaren Willens des Gesetzgebers dahingehend gebunden gewesen zu sein, im Bereich ihrer gesetzlichen Exklusivlizenz Wettbewerbern einen Teilleistungszugang nicht gewähren zu dürfen; andernfalls hätte sie sich dem Risiko eines Bußgeldes ausgesetzt. Darüber hinaus ist sie der klägerischen Behauptung eines Schadens entgegengetreten und hat die vom Kläger im Einzelnen behaupteten persönlichen, finanziellen und tatsächlichen Voraussetzungen und Grundlagen für die Aufnahme des angeblich angestrebten Geschäftsbetriebes mit Nichtwissen bestritten.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Grundurteil der Klage dem Grunde nach stattgegeben. ...............

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zur Verschuldens- und Schadensfrage und trägt darüber hinaus vor:

Sie rügt, dass das Landgericht weder eine Anspruchsgrundlage noch einen Kartellrechtsverstoß festgestellt habe. Ihrer Meinung nach finde hier § 33 GWB a.F. Anwendung, der mangels einer § 33 Abs. 4 GWB n.F. entsprechende Regelung die ausdrückliche Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes erfordere. Ein solcher sei jedenfalls für den fraglichen Zeitraum zu verneinen, weil ihr aufgrund der damaligen Gesetzeslage unter Berücksichtigung des erkennbaren Willen des Gesetzgebers und der Anwendungspraxis der RegTP und des Verwaltungsgerichts Köln kein Verhaltensspielraum zugekommen sei, Wettbewerb im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz zu ermöglichen. Erst durch die Entscheidung des Bundeskartellamtes und des bestätigenden Beschlusses des Senats vom 13.04.2005 im benannten Eilrechtsschutzverfahren seien ihr postrechtlich normierter Verhaltensspielraum gemeinschaftsrechtskonform weiter zu verstehen gewesen. Hierbei werde - wie die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Consorzio Industrie Fiammiferi (CIF) vom 9. September 2003, Az.: C-198/01, meint - ihr in der Vergangenheit liegendes Verhalten aber durch die zuvor geltende Rechtslage und Entscheidungspraxis der RegTP und des Verwaltungsgerichts Köln gerechtfertigt.

Schließlich meint die Beklagte, nicht passivlegitimiert zu sein. Ursächlich für den vom Kläger behaupteten Schaden sei vor dem tatsächlichen wie auch rechtlichen Hintergrund allenfalls die Entscheidungspraxis der RegTP.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise

den Streit über den Betrag des klägerischen Anspruchs gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO an das Gericht es ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Über sein wiederholtes erstinstanzliches Vorbringen hinaus ist er der Auffassung, dass nach der bestandskräftigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.10.2004 die den gewerblichen Postdienstleistern nachteilige Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG durch die RegTP gegen Art. 82 EG verstoße. Weiter meint der Kläger zur Frage des Verschuldens, dass die Beklagte angesichts - unstreitig - bereits vor Mai 2003 ersichtlich abweichender Rechtsstandpunkte verschiedener Konsolidierer zur Frage eines Teilleistungszugangs im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz, die damals durch das Verwaltungsgericht Köln nicht rechtskräftig beschieden gewesen seien, und einer bereits im September 2001 der RegTP unterbreiteten abweichenden Meinung des Bundeskartellamtes hierzu nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass sich ihr Rechtsstandpunkt durchsetzen werde. Die Beklagte treffe daher das Risiko ihrer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung. Schließlich ist der Kläger der Auffassung, die Beklagte sei als Adressantin des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots aus § 20 Abs. 1 GWB passiv legitimiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 17.06.2009 Beweis erhoben über die Frage der Branchen- und Sachkundigkeit des Klägers und die Frage seines finanziellen Leistungsvermögens in der Zeit vom 01.07.2003 bis 31.12.2005 durch Vernehmung der Zeugen S., B., H., K. und M. - insoweit gemäß § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter - und im Wege des Urkundenbeweises. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Beweistermins vom 12.08.2009 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat das Grundurteil im Ergebnis zu Recht erlassen. Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme besteht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte sowohl aus §§ 33 S. 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 82 EG.

A.

Der Klageantrag ist dem Grunde nach aus §§ 33 Satz 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. gerechtfertigt.

1.

Für die Beurteilung des Streitfalls ist auf die Bestimmungen des Kartellgesetzes in der Fassung vom 26.08.1998 - und nicht auf die aktuelle Gesetzesfassung - abzustellen. Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts - auf die mangels einer entsprechenden Übergangsregelung in § 131 GWB in der derzeit geltenden Fassung zurückzugreifen ist - sind rechtsgeschäftlich wie auch gesetzlich begründete Schuldverhältnisse nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses galt (Fuchs in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 131 Rn. 15 m.w.N.). Dementsprechend richtet sich auch der kartellrechtliche Schadensersatzanspruch aus § 33 GWB als ein deliktischer Haftungstatbestand nach dem im Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Kartellrecht (vgl. Fuchs, a.a.O.). Auf Kartellrechtsverstöße, die - wie hier - vor Inkraft-Treten der 7. GWB-Novelle am 01.07.2005 begangen worden sind, findet demzufolge grundsätzlich § 33 GWB a.F. Anwendung (vgl. Fuchs, a.a.O. § 131 Rn. 16 m.w.N.).

2.

Gemäß § 33 Satz 1 GWB a.F. ist derjenige, der gegen eine (drittschützende) Vorschrift des GWB verstößt, zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Diese Haftungsvoraussetzungen liegen im hier zu entscheidenden Fall vor.

a) Indem die auf dem inländischen Markt für Briefbeförderung und den Teilmärkten innerhalb der Briefbeförderungskette unstreitig marktbeherrschende Beklagte sich weigerte, für Sendungen unterhalb der Gewichts- und Preisgrenzen der gesetzlichen Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG dem Kläger Zugang zu Teilleistungen und Rabatte für die von ihm erbrachten teilleistungsrelevanten Eigenleistungen nach § 28 Abs. 1 PostG zu gewähren, verstieß sie gegen das kartellrechtliche Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB a.F..

aa) Dies hat der Senat bereits in dem von der Beklagten geführten Beschwerdeverfahren gegen die diesbezügliche Untersagungsverfügung vom 11.02.2005 mit Beschluss vom 13.04.2005 - VI-Kart 3/05 (V) - im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

bb) Überdies steht aufgrund der bestandskräftig gewordenen Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 für den vorliegenden Schadensersatzprozess bindend fest, dass die Beklagte durch ihre Weigerung, dem Kläger einen Teilleistungszugang unter Einräumung von Teilleistungsrabatten zu gewähren, gegen § 20 Abs. 1 GWB a.F. verstoßen hat. Die Bindungswirkung dieser kartellbehördlichen Verfügung folgt aus § 33 Abs. 4 GWB in dessen derzeit geltender Fassung. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht, das über einen Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen eine Vorschrift des GWB zu entscheiden hat, an die Feststellung dieses Verstoßes durch eine bestandskräftige kartellbehördliche oder rechtskräftige kartellgerichtliche Entscheidung gebunden.

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 33 Abs. 4 GWB auf den Streitfall Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift im Zeitpunkt des Kartellverstoßes im Jahre 2003 noch nicht existierte, sondern erst im Zuge der 7. GWB-Novelle mit Wirkung zum 01.07.2005 in das Kartellgesetz eingefügt worden ist.

Die Grundsätze des intertemporalen Rechts dienen dem Schutz des Vertrauens darin, dass das rechtserhebliche Handeln eines Rechtssubjektes auch in Zukunft nur nach dem zu seiner Vornahme (oder Unterlassung) geltenden Recht beurteilt wird. Dieses schutzwürdige Vertrauen gebietet ein Verbot der Rückwirkung ungünstigeren neuen Rechts bzw. ein Gebot zur Anwendung günstigeren alten Rechts jedoch nur in Bezug auf das materielle Recht. Dementsprechend findet § 33 GWB a.F. auf vor dem 01.07.2005 begangene Kartellverstöße Anwendung, soweit die 7. GWB-Novelle zu einer materiellen Rechtsänderung geführt hat, wobei die Frage, ob es sich um eine materielle Rechtsänderung handelt, für die einzelnen Regelungen des § 33 GWB n.F. jeweils gesondert zu untersuchen ist (vgl. Fuchs in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 131 Rn. 16).

Die Regelung des § 33 Abs. 4 GWB stellt zwar eine gegenüber der alten Rechtslage wesentliche Neuerung dar, hat aber lediglich eine Beweiserleichterung für potentielle Privatkläger zur Ermöglichung von Anschlussklagen ("Follow-on"-Verfahren) und damit eine prozessuale Frage zum Gegenstand. Dies führt dazu, dass für die Anwendbarkeit dieser prozessualen Vorschrift nicht auf die Entstehung des Rechtsverhältnisses oder die Eröffnung des kartellbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens, sondern auf den Zeitpunkt dessen bestands- oder rechtskräftigen Abschlusses abzustellen ist (vgl. Fuchs, a.a.O., § 131 Rn. 21). Denn erst der mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung einhergehende Abschluss des Verfahrens führt zu einem nunmehr unabänderbaren prozessual erheblichen Sachverhalt. Erlangt die Entscheidung daher erst nach dem 01.07.2005 Bestands- bzw. Rechtskraft, liegt weder eine unzulässige Rückwirkung noch eine sonstige Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens vor, so dass § 33 Abs. 4 GWB n.F. ohne weiteres eingreift (Fuchs a.a.O.; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 33 Rn. 76; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 33 Rn. 35).

Die Verfügung des Bundeskartellamtes vom 11. Februar 2005 hat erst nach dem 01.07.2005, nämlich durch die am 28. April 2008 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangene Rücknahme der gegen sie erhobenen Beschwerde, Bestandskraft erlangt.

(2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bindungswirkung nach § 33 Abs. 4 GWB sind erfüllt.

Unter anderem auf die Beschwerde des Klägers vom 17.06.2003 hat das Bundeskartellamt die Weigerungshaltung der Beklagten kartellrechtlich gewürdigt und mit Verfügung vom 11.02.2005 eine Zuwiderhandlung gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB a.F. festgestellt. Nachdem die daraufhin gegen die Beklagte ergangene Untersagungsverfügung bestandskräftig geworden ist, steht auch im vorliegenden Schadensersatzprozess fest, dass bei richtlinienkonformer Auslegung der postrechtlichen Vorschriften anhand der Postdienste-Richtlinie 97/67/EG

- eine Konsolidierungstätigkeit nicht in den Exklusivbereich der Beklagten im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG eingreift,

- die - im Fall des Klägers unstreitig vorliegende - Lizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG auch die Einlieferung konsolidierter Briefsendungen umfasst

- und ein umfassender Anspruch des Konsolidierers auf Teilleistungszugang aus § 28 Abs. 1 PostG besteht,

- so dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines Teilleistungsvertrages unter Einräumung der Teilleistungsrabatte, die sie im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz selbst einliefernden Massenversendern gewährte, kartellrechtswidrig verweigert hat.

b) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Consorzio Industrie fiammiferi (CIF), C-198/01 berufen.

Nach jener Entscheidung des EuGH gebietet es der allgemeine gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit, dass ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten privater Unternehmen, das zwar gegen europäisches Kartellrecht verstößt, aber durch (gemeinschaftsrechtswidriges) zwingendes nationales Recht bestimmt wurde, im Verhältnis sowohl zu den Behörden als auch zu anderen Wirtschaftsteilnehmern nicht sanktioniert werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2003, Rs. Consorzio Industrie Fiammiferi (CIF), C-198/01, Ziffer 53 - 55). Nach Art. 10 EG müsse, so führt der EuGH aus, das europarechtswidrige nationale Recht von den staatlichen Stellen unangewendet bleiben. Bis zu einer entsprechenden Erklärung der nationalen Kartellbehörde habe dieses gemeinschaftsrechtswidrige nationale Recht als zwingendes Recht jedoch das Verhalten der Unternehmen bestimmt und beeinflusst. Jenen Unternehmen falle ein eigener Verstoß gegen das europäische Kartellrecht nicht zur Last, weil Art. 10 EG nur die Mitgliedstaaten sowie ihre Organe und Ge-richte binde. Im Ergebnis dürfe daher gegen die Unternehmen für nach nationalem Recht zwingend vorgeschriebene und bis zur behördlichen Entscheidung der Nichtanwendung des europarechtswidrigen nationalen Gesetzes vorgenommene Verhaltensweisen keine nachteiligen Rechtsfolgen gezogen werden.

Ein solcher (oder dem auch nur vergleichbarer) Normenkonflikt zwischen zwingendem nationalem Recht und höherrangigem Gemeinschaftsrecht liegt nicht vor. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der in der Entscheidung des EuGH zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ebenfalls anzuwenden ist, wenn - wie hier - die das Verhalten der Unternehmen bestimmende behördliche Gesetzesanwendungspraxis im Widerspruch zu europäischem Kartellrecht steht. Für die Frage des objektiven Kartellrechtsverstoßes allein entscheidend und den vorliegenden Streitfall kennzeichnend ist vielmehr, dass das deutsche Postgesetz von vornherein europarechtskonform dahin ausgelegt werden konnte und auszulegen gewesen ist, dass eine Konsolidierungstätigkeit nicht in den Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz eingreift und Konsolidierer aus § 28 Abs. 1 PostG einen Anspruch auf Teilleistungszugang unter Einräumung von Teilleistungsrabatten haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auch insoweit Bezug auf seinen Beschluss vom 13.04.2005.

c) Hinsichtlich des Kartellrechtsverstoßes fällt der Beklagten zumindest Fahrlässigkeit zur Last, auch wenn sie auf die ständige Beschlusspraxis der RegTP und eine insoweit bestätigende Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vertraut hat. Der darin liegende Rechtsirrtum, nach den damaligen gesetzlichen Regelungen im PostG und der Entscheidungspraxis der RegTP nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet zu sein, dem Kläger einen Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz zu verwehren, schließt das Verschulden der Beklagten nicht aus.

Auch im Bereich des gewerblichen sowie wettbewerbsrechtlichen Rechtsschutzes vermag ein Rechtsirrtum das Verschulden nur auszuschließen, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, von seiner Rechtsauffassung abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Bei zweifelhaften Rechtsfragen, in denen sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat und die insbesondere nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt sind, braucht dies nicht zu bedeuten, dass für den rechtsirrig Handelnden die Möglichkeit einer ihm ungünstigen gerichtlichen Entscheidung undenkbar gewesen sein müsste. Jedoch muss durch strenge Anforderungen an seine Sorgfalt verhindert werden, dass er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt (BGH WuW/E BGH 2341 ff. - Taxizentrale Essen, zitiert nach juris Tz. 19). Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH NJW 1999, 139, 141 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.

aa) Als der Kläger im Mai 2003 einen Teilleistungszugang unter Preisnachlass im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz begehrte, war die hierfür maßgebliche Rechtslage zweifelhaft.

Zwar konnte die Beklagte ihre Rechtsauffassung auf die gleichlautende ständige Regulierungspraxis der RegTP stützen. Der Standpunkt der RegTP war indes in erster Instanz noch in keinem Hauptsacheverfahren - und erst recht nicht ober- oder gar höchstgerichtlich - bestätigt worden. Es lag lediglich eine Eilrechtsschutzentscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 29.05.2002 (Az.: 22 L 725/01) vor, welche die Rechtsauffassung der RegTP und der Beklagten billigte. Zugleich war bereits damals der Standpunkt der RegTP auf verschiedenen Ebenen bekämpft und zur Überprüfung gestellt:

* Unstreitig hatten bereits zuvor verschiedene gewerbliche Postdienstleister, die über eine Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG verfügten, im eigenen Namen, also nicht für einen einzelnen Massenversender, Teilleistungszugang bei der Beklagten (erfolglos) beantragt und somit einen abweichenden rechtlichen Standpunkt zur Reichweite der gesetzlichen Exklusivlizenz sowie der Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG und zu einem Anspruch auf Teilleistungszugang geltend gemacht.

- Seit dem 04.10.2001 war eine verwaltungsgerichtliche Klage der mdm Versandservice GmbH gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 22 K 7266/01) anhängig, in dem es gerade um die Rechtmäßigkeit der rechtlichen Beurteilung des Teilleistungszugangs für Konsolidierer und der Reichweite der Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG durch die RegTP ging. Auch der Kläger hatte am 10.10.2001 mit gleichem Gegenstand Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Der Ausgang beider Verfahren war im Zeitraum, in welchem die Beklagte dem Kläger einen Teilleistungszugang verweigerte, völlig offen.

- Das Bundeskartellamt hatte sich gegenüber der RegTP bereits mit Stellungnahmen aus September 2001 aus kartellrechtlichen Gründen für eine weite Auslegung der Anspruchsgrundlagen für einen Teilleistungszugang ausgesprochen.

- Des weiteren leitete die Europäische Kommission Mitte 2003 aufgrund einer Beschwerde des Bundesverbandes der Kurier-Express-Post Dienste e.V. vom 06.05.2003 gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Gesetzeslage und der behördlichen Handhabung des Teilleistungszugangs im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz ein Verfahren gemäß Art. 86 in Verbindung mit Art. 82 EG ein.

Diese Umstände mussten der Beklagten auch bekannt sein, zumal sie sowohl in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren als auch in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren der RegTP beigeladen war und im Verfahren der Europäischen Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2003 angehört wurde. Jedenfalls macht die Beklagte insoweit keine Unkenntnis geltend.

Bei dieser Sachlage durfte die Beklagte nicht auf die Richtigkeit ihrer Rechtsansicht vertrauen. Es lag für sie erkennbar im Bereich des Möglichen, dass - wie später auch geschehen - die Frage des Teilleistungszugangs für gewerbliche Konsolidierer im Bereich der Exklusivlizenz in gerichtlichen Hauptsacheverfahren abweichend beurteilt werden könnte. Dass ihre Rechtsansicht juristisch vertretbar gewesen sein mochte, hindert den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. Bei zweifelhafter Rechtslage darf der Handelnde sich nicht einfach auf die ihm günstige Auffassung stützen (Bechtold, a.a.O. § 33 Rn. 20 m.w.N.).

bb) Ein Rechtsirrtum kann allerdings entschuldigt sein, wenn dem Irrenden nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des anderen Teils nicht zugemutet werden kann, eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen oder abzuwarten (BGH WuW/E BGH 2341 ff. - Taxizentrale Essen, zitiert nach juris Tz. 24). Dies ist hier indes nicht der Fall.

(1) Dass der Beklagten ab März 2004 ein ihren Standpunkt bestätigendes Privatgutachten vorlag, beseitigt oder unterbricht den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. Das Ergebnis des Privatgutachtens vermochte die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage nicht zu beseitigen. Dies gilt nicht zuletzt schon deshalb, weil seinerzeit bereits das Verfahren der EU-Kommission anhängig war, in dem der gegenteilige Rechtsstandpunkt vertreten wurde.

(2) Die Beklagte kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, dass ihr eine vorläufige Gewährung eines Teilleistungszugangs für Briefsendungen, die der gesetzlichen Exklusivlizenz unterfallen, als Alternativverhalten bis zur (gerichtlichen) Klärung der Rechtslage nicht zumutbar gewesen sei.

(2.1) Dies gilt zunächst soweit die Beklagte darauf verweist, eine solche von der damaligen Rechtsauffassung der RegTP abweichende Maßnahme wäre als Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 1 PostG angesehen worden, so dass sie sich dem Risiko eines Bußgeldes ausgesetzt hätte.

Die Beklagte hätte bei richtiger - im Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 und im Senatsbeschluss vom 13.04.2005 im Einzelnen dargelegter - Rechtsanwendung keine (postrechtliche) Ordnungswidrigkeit begangen, wenn sie dem Kläger den begehrten Teilleistungszugang unter entsprechenden Preisnachlässen (vorläufig) gewährt hätte. Für sie konnte daher von vornherein nur das Risiko bestehen, dass die RegTP aufgrund ihrer damaligen - unzutreffenden - Rechtsauffassung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleitet und - zu Unrecht - ein Bußgeld verhängt. Dass dies tatsächlich und ernstlich zu erwarten war, ist weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst ersichtlich:

Die RegTP und das Bundeskartellamt traf nach § 48 Satz 3 PostG i.V.m. § 82 Satz 5 TKG a.F. die Pflicht, auf eine einheitliche und den Zusammenhang mit dem GWB wahrende Auslegung des Postgesetzes hinzuwirken. Der Begriff "hinwirken" intendiert, dass beide Behörden vom ernsthaften Willen getragen sein sollen, gemeinsame Auffassungen in Auslegungsfragen zu finden und beide Seiten im Zweifel der Kompromissbereitschaft den Vorrang gegenüber ausgedehnten Kontroversen um die zutreffende Interpretation einzuräumen (Senat, Beschluss vom 13.04.2005, VI-Kart 3/05). Ziel der Vorschrift ist es, dem sich aus der Parallelzuständigkeit beider Behörden ergebenden Risiko uneinheitlicher Rechtsanwendung wirksam zu begegnen.

Diesen Grundsatz hätte die RegTP grob missachtet, wenn sie ihren - auf breiter Front bekämpften und vom Bundeskartellamt seit September 2001 bekanntermaßen nicht geteilten - Rechtsstandpunkt nicht nur aufrechterhalten, sondern versucht hätte, ihn mit Hilfe eines Bußgeldverfahrens bei der Beklagten durchzusetzen.

Darüber hinaus hätte die RegTP vor diesem Hintergrund damit rechnen müssen, dass sie sich ihrerseits mit einer solchen ordnungsrechtlichen Maßnahme dem Risiko von Amtshaftungsansprüchen aussetzen könnte.

Bei dieser Sachlage spricht Alles für die Annahme, dass die RegTP die im Mai 2003 auf nationaler und europäischer Ebene bereits eingeleitete Klärung der Rechtslage abgewartet und von einem Bußgeldverfahren abgesehen hätte. Gegenteiliges hat die Beklagte, die für die Unzumutbarkeit darlegungs- und beweisbelastet ist, selbst nicht behauptet. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.

(2.2) Die Berufung dringt auch nicht mit dem Einwand durch, die Gewährung eines Teilleistungszugangs für den Kläger hätte im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes und § 28 PostG dazu gezwungen, allen potentiellen Wettbewerbern (vorläufigen) Teilleistungszugang zu gewähren, wodurch die Beklagte in unzumutbarer Weise dem Insolvenzrisiko zahlreicher Wettbewerber ausgesetzt werde.

Der Einwand ist schon deshalb unerheblich, weil die für die Frage der Unzumutbarkeit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch nicht im Ansatz dargelegt hat, dass und für welche Unternehmen ab Mai 2003 ein unzumutbares Insolvenzrisiko bestanden hätte.

Unabhängig davon wäre die Beklagte in der Lage gewesen, sich durch vertragliche Regelungen und Vorkehrungen hinreichend gegen Insolvenzrisiken bei vorläufiger Gewährung eines Teilleistungszugangs abzusichern. Insbesondere wäre das Verlangen nach einer (Bank-)Bürgschaft oder die Vereinbarung eines Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug naheliegend gewesen.

3.

Der Erlass eines Grundurteils setzt über die Bejahung aller Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, hinaus die Wahrscheinlichkeit voraus, dass der Anspruch auch unter Berücksichtigung der gegen ihn erhobenen Einwendungen in irgendeiner Höhe besteht (BGH NJW-RR 2005, 1008, zitiert nach juris Tz. 15). Bei Schadensersatzklagen muss daher die hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass irgendein Schaden entstanden ist (BGH NJW 1994, 2286 - hier zitiert nach juris Tz. 8; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 304 Rn. 6). Auch dies ist hier der Fall (wird ausgeführt).

B.

Der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich überdies aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 82 EG. Dass die Beklagte durch ihre Weigerung, dem Kläger den nachgesuchten Teilleistungszugang zu gewähren, gegen das kartellrechtliche Verbot des Art 82 EG verstoßen hat, steht aufgrund der bestandskräftigen Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 fest (§ 33 Abs. 4 GWB). Für die weiteren haftungsbegründenden Voraussetzungen, namentlich das Verschulden der Beklagten und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, gelten die vorstehenden Ausführungen gleichermaßen.

C.

Nach alledem hat die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Grundurteil keinen Erfolg und ist zurückzuweisen. Nach Zurückweisung der Berufung steht nun unmittelbar - worauf der Hilfsantrag der Beklagten ausdrücklich gerichtet ist - die Durchführung des Betragsverfahrens in erster Instanz an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Der Frage der Auslegung der postrechtlichen Vorschriften im Lichte der Postdienste-Richtlinie 97/67/EG kommt nach Erlass der bestandskräftigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.10.2004 und des Urteils des EuGH vom 06.03.2008 (C-287/06 bis C-292/06) keine Klärungsbedürftigkeit und somit keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die Rechtsfrage, ob das Verschulden durch die irrige Annahme, aufgrund der sektorspezifischen Vorschriften und deren Auslegung durch die RegTP Wettbewerbern keinen Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz gewähren zu dürfen, ausgeschlossen wird, hat der Senat ebenso wie die Frage der Schadenswahrscheinlichkeit im zugrundegelegten Maßstab ohne Abweichung zur höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden. Die Subsumtion der im Einzelfall festgestellten Tatsachen hierunter berührt nicht das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Dass der Beklagten - wie sie es anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16.09.2009 zum Ausdruck gebracht hat - aufgrund einer Vorbildwirkung der vorliegenden Einzelfallentscheidung eine Vielzahl von Schadensersatzklagen von Wettbewerbern drohen könnte, vermag allein keine grundsätzliche Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu begründen.

Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Ende der Entscheidung

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