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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 22/07
Rechtsgebiete: ZPO, GWB


Vorschriften:

ZPO § 60
ZPO § 936
ZPO § 920
GWB § 19 Abs. 2
GWB § 19 Abs. 2 Ziff. 1
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. September 2007 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Verfügungsbeklagte zu 1) wird verurteilt, die Verfügungsklägerin nach Maßgabe der Teilnahmebedingungen der Verfügungsbeklagten zu 1) mit Ausnahme derjenigen, die auf der Messe geschriebenen und angebahnten Aufträge über die Dentaldepots der jeweiligen Veranstaltergemeinschaft zu verrechnen und abzuwickeln, zu der am 03.11.2007 in den Messehallen Berlin stattfindenden Messe B. 2007 zuzulassen und dieser einen Standplatz zuzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) wird verurteilt, die Verfügungsklägerin nach Maßgabe der Teilnahmebedingungen der Verfügungsbeklagten zu 2) mit Ausnahme derjenigen, die auf der Messe geschriebenen und angebahnten Aufträge über die Dentaldepots der jeweiligen Veranstaltergemeinschaft zu verrechnen und abzuwickeln, zu der am 10.11.2007 in den Messehallen Frankfurt stattfindenden Messe I. M. 2007 zuzulassen und dieser einen Standplatz zuzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte zu 3) wird verurteilt, die Verfügungsklägerin nach Maßgabe der Teilnahmebedingungen der Verfügungsbeklagten zu 3) mit Ausnahme derjenigen, die auf der Messe geschriebenen und angebahnten Aufträge über die Dentaldepots der jeweiligen Veranstaltergemeinschaft zu verrechnen und abzuwickeln, zu der am 13.10.2007 in den Messehallen München stattfindenden Messe F. B. 2007 zuzulassen und dieser einen Standplatz zuzuweisen.

Den Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angedroht.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsbeklagten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 120.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin begehrt die Zulassung zu von den Verfügungsbeklagten veranstalteten Messen auf dem Gebiet der Dentalprodukte.

Die Verfügungsklägerin ist - wie sie behauptet - die deutsche Vertriebsgesellschaft der italienischen Firma M. S.p.A., die insbesondere dentalchirurgische Instrumente und Produkte für die Kariesprophylaxe herstellt. Die Verfügungsbeklagten sind zum Zwecke der Veranstaltung von Fachmessen gegründete Arbeitsgemeinschaften von Dental-Depots, die ihrerseits als Großhändler Produkte und Dienstleistungen im Dentalbereich vertreiben.

Die Verfügungsbeklagte zu 1. veranstaltet die Dentalmesse "B. 2007" in Berlin, die Verfügungsbeklagte zu 2. die Dentalmesse "I. M. 2007" in Frankfurt und die Verfügungsbeklagte zu 3. die Dentalmesse "F. B. 2007" in München.

Die Verfügungsbeklagten haben die der Verfügungsklägerin bereits erteilten Zulassungen zu den Messen mit der Begründung widerrufen, die Verfügungsklägerin vertreibe - was unstreitig ist - ihre Produkte nicht mehr über die Dental-Depots und erfülle damit eine wesentliche Zulassungsvoraussetzung nicht.

Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, das Differenzierungskriterium des Vertriebsweges sei kartellrechtlich unzulässig. Im Übrigen benachteiligten die Verfügungsbeklagten sie unzulässig, da sie - was ebenfalls unstreitig ist - andere, ihre Produkte (nur) direkt vertreibenden Aussteller gleichwohl zuließen.

Den Antrag der Verfügungsklägerin, den Verfügungsbeklagten im Wege einstweiliger Verfügung aufzugeben, sie zu den drei vorstehend genannten Messen zuzulassen und ihr einen Standplatz zuzuweisen, hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 21. September 2007 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Verfügungsklägerin ist zu den streitgegenständlichen Dentalmessen in Berlin, Frankfurt und München nach Maßgabe der Teilnahmebedingungen der Verfügungsbeklagten mit Ausnahme des Erfordernisses, die auf der jeweiligen Messe geschriebenen oder angebahnten Aufträge über die veranstaltenden Dentaldepots abzuwickeln, zuzulassen und ihr jeweils einen Messestand zuzuweisen.

A. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

1.

Die (objektive) Klagehäufung ist gem. § 60 ZPO zulässig, da die Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagten gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche geltend macht. Bei einer Mehrheit von gleichartigen Lebenssachverhalten genügt für eine zulässige Klagehäufung ein auf Beklagtenseite bestehender innerer Zusammenhang (Vollkommer in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 60 RdNr. 7). Auch wenn vorliegend das Begehren der Verfügungsklägerin, zu den Dentalmessen in Berlin, Frankfurt und München zugelassen zu werden, prozessual selbständige Streitgegenstände bildet, liegt ein derartiger innerer Zusammenhang in der einheitlichen Messeanmeldung und der durch die Fa. C. zeitgleich und mit der gleichen Begründung erlassenen Widerrufe aller drei Messezulassungen.

2.

Die Verfügungsklägerin macht auch ein eigenes Recht geltend. Sie hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie selbst als Vertriebsgesellschaft die Produkte des italienischen Unternehmens M. S.p.A. vertreibt. Nach den Glaubhaftmachungen der Verfügungsklägerin vertreibt diese seit Jahren einen Großteil der Produkte der M. S.p.A.. Die Firma R. + N. GmbH hat daneben im Direktvertrieb (nur) die piezotechnischen Instrumente der M. S.p.A. vertrieben. Mit dem Eintritt der Geschäftsführerin der Firma R. + N. GmbH, Frau U. R., als Geschäftsführerin in die Verfügungsklägerin Mitte 2007 und deren Sitzverlegung an den Firmensitz der R. + N. GmbH hat die Verfügungsklägerin auch den Vertrieb der piezotechnischen Instrumente übernommen und in diesem Zusammenhang ihren Vertriebsweg vollständig auf den - vorliegend den Widerruf der Messezulassung begründenden - Direktvertrieb hinsichtlich aller M.-Produkte umgestellt. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Verhandlungstermin überreichten eidesstattlichen Versicherungen von Frau R. und wird bestätigt durch den aktuellen Produktkatalog der Verfügungsklägerin vom August 2007, der diese als Vertreiberin aller M.-Produkte (einschließlich der piezotechnischen Instrumente) ausweist sowie aus dem von den Verfügungsbeklagten vorgelegten Prospekt der Firma R. + N. GmbH aus dem Jahre 2005, der sich auf die Präsentation der piezotechnischen Instrumente beschränkt. Bestätigt wird der Vortrag ebenfalls durch das vorgelegte Schreiben des Dental-Depots H. S. D. H. GmbH, in welchem diese die Sorge ausdrückt, dass mit der Übernahme der Geschäftsführung der Verfügungsklägerin durch Frau R. nunmehr alle M.-Produkte nur mittels Direktvertriebs vertrieben werden würden. Dieser Darstellung entspricht auch der durch den Mitarbeiter der Fa. "C." eidesstattlich versicherte Vortrag, dass die Verfügungsklägerin bislang immer auf den Messen der Verfügungsbeklagten als Vertriebsunternehmen der M.-Produkte aufgetreten sei und sich auch für die hier streitgegenständlichen Messen angemeldet habe.

Die vom Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vorgelegte Internetpräsentation der M.-Produkte auf der Internetseite der Firma R. + N. GmbH (Stand 03/05), in welcher die R. + N. GmbH als deutscher Vertriebspartner der M. S.p.A. ausgewiesen wird, widerspricht den vorstehend getroffenen Feststellungen nicht. Denn die Internetpräsentation bezieht sich ausschließlich auf piezotechnische Instrumente, und diese wurden auch nach der Darstellung der Verfügungsklägerin bis Mitte 2007 nicht von ihr selbst, sondern von der R. + N. GmbH in Deutschland vertrieben.

B. Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 936, 920 ZPO glaubhaft gemacht. Sie hat einen Anspruch auf Zulassung zu den Dentalmessen aus § 33 Abs. 1 GWB. Denn die Verfügungsbeklagten verstoßen mit ihrer Weigerung, die Verfügungsklägerin zu den streitgegenständlichen Messen zuzulassen, gegen das Kartellverbot des § 20 Abs. 1 GWB. Nach dieser Vorschrift dürfen marktbeherrschende Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.

1.

Die Verfügungsbeklagten sind Normadressaten der Verbote des § 20 Abs. 1 GWB. Sie sind marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB, wonach ein Unternehmen marktbeherrschend ist, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

a)

Zur Feststellung der Marktbeherrschung bedarf es zunächst einer Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes.

aa)

In sachlicher Hinsicht umfasst der relevante Markt vorliegend den Angebotsmarkt für die Überlassung von Messeflächen an ausstellende Unternehmen aus dem Dentalbereich. Auf diesem Markt stehen sich die Verfügungsklägerin als Nachfragerin und die Verfügungsbeklagten als Anbieter gegenüber. Der Markt ist nicht auf die von den Endkunden nachgefragten Produkte der Verfügungsklägerin beschränkt.

Nach der ständigen Rechts- und Verwaltungspraxis erfolgt die Abgrenzung von Angebotsmärkten entsprechend dem Bedarfsmarktkonzept nach der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht des Nachfragers (BGH, WuW/E DE-R 1355, 1359 - Staubsaugerbeutelmarkt, BGH WuW/E BGH 3058, 3062 Pay-TV-Durchleitung). Die Verfügungsklägerin fragt vorliegend bei den Verfügungsbeklagten die Zulassung zu den von ihnen veranstalteten Dentalmessen nach, wie schon aus den Verfügungsanträgen ersichtlich ist. Zu diesem Markt gehören nicht die sonstigen Möglichkeiten der Anbieter von Dentalprodukten zur Bewerbung ihrer Produkte, etwa Kataloge oder Vertreterbesuche, da diese kein gleichwertiges Substitut zu einer Messepräsentation darstellen und damit nicht funktional austauschbar sind (so schon BGHZ 52, 65, 67 - Sportartikelmesse).

Ebenfalls nicht gegen einen Ausstellungsplatz auf einer der streitgegenständlichen Messen funktional austauschbar ist die Möglichkeit, die eigenen Produkte auf der internationalen Fachmesse für Dentalprodukte I. in Köln zu präsentieren. Diese Messe findet nur alle zwei Jahre statt und erreicht das Fachpublikum damit nicht im selben Maße wie die jährlichen Regionalmessen. Dazu hat die I. eine ganz andere Zielrichtung als diese. Es handelt sich um eine internationale Messe, bei der ca. zwei Drittel der Aussteller aus dem Ausland kommen und insgesamt über 50 Länder vertreten sind. Auf der Ausstellung werden überwiegend Neuheiten der Dentalbranche präsentiert, ohne dass ein Verkauf der Produkte im Vordergrund steht. Sie dient vielmehr neben der Präsentation vor allem dem internationalen Networking der Branche. Im Ergebnis sind daher die Regionalmessen gegenüber der I. aus Nachfragersicht nicht austauschbar, sondern komplementär zueinander.

bb)

Der so festgestellte Angebotsmarkt für Messestände auf den regionalen Dentalmessen ist räumlich auf das Einzugsgebiet der jeweiligen einzelnen Fachmesse begrenzt.

Die Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept ist ein Hilfskriterium für die Feststellung, ob ein Anbieter (oder Nachfrager) von Waren oder gewerblichen Leistungen marktbeherrschend, d.h. keinem oder einem nur unwesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. Ziel der Bestimmung des (sachlich und räumlich) relevanten Marktes ist die Ermittlung der Wettbewerbskräfte, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben. Sie ermöglicht es, der Zielsetzung des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots entsprechend, die missbräuchliche Ausnutzung nicht hinreichend vom Wettbewerb kontrollierter Handlungsspielräume zu Lasten Dritter zu unterbinden (BGH, WuW/E DE-R 1681, 1687 m.w.N. - DB Regio/üstra). Dementsprechend darf das Bedarfsmarktkonzept nicht mechanisch, sondern muss zweckbezogen dahin angewendet werden, die im konkreten Fall relevanten Wettbewerbskräfte zu ermitteln. So kann eine vom Bedarfsmarktkonzept abweichende (räumliche) Marktabgrenzung dann geboten sein, wenn in einem regionalen Bereich zwar an sich überregionale Austauschmöglichkeiten bestehen, sie vom Abnehmer aber praktisch nicht wahrgenommen werden, so dass in der betreffenden Region tatsächlich kein nennenswerter Wettbewerb stattfindet (BGH, BGHZ 156, 379, 384 f. - Strom und Telefon I; Senat, Beschluss vom 14.03.2007 - Az. VI - Kart 5/06 (V) - SodaClub).

So liegt der Fall auch hier. Die in Rede stehenden acht Dentalmessen weisen einen gleichen Ausstellungsumfang und ein gleiches Ausstellungsprogramm auf und werden von den um einen Ausstellungsplatz nachfragenden Unternehmen der Dentalbranche komplementär und nicht alternativ nachgefragt. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Einzugsgebiete der Messen sich nicht oder kaum überschneiden, aber zusammen nahezu das gesamte Bundesgebiet abdecken, und ferner die Messen zeitlich in großer Nähe zueinander zwischen dem 07.09.2007 (Düsseldorf) und dem 10.11.2007 (Frankfurt) stattfinden. Auf ihnen wird ein nahezu gleiches Angebot der gleichen Aussteller und ein identisches Rahmenprogramm präsentiert. Da sich die ausstellenden Unternehmer bei ihrer unternehmerischen Entscheidung über Art und Umfang der eigenen Messepräsenz an den die Messen besuchenden potentiellen Kunden orientieren und diese wegen der Gleichartigkeit der acht Messen in aller Regel nur die jeweils ortsnahe Regionalmesse besuchen, müssen die Aussteller auf allen Messen vertreten sein, um den Endverbrauchern flächendeckend ihre Produkte anbieten zu können. Im Rahmen einer derart vom Endverbraucher abgeleiteten Nachfrage nach Zulassungen zu den Messen stellen diese aus Ausstellersicht somit keine alternativen, sondern komplementäre Leistungsangebote dar. Ein Ausstellungsplatz auf einer der Fachmessen ist demnach räumlich nicht durch einen Platz auf einer der anderen Messen substituierbar.

cc)

Die so bestimmten regionalen Märkte für die Produktpräsentation auf Dentalfachmessen werden von den Beklagten für die jeweils durch sie veranstalteten Ausstellungen beherrscht, denn sie sind auf jenen Märkten im Sinne von § 19 Abs. 2 Ziffer 1 GWB keinem Wettbewerb ausgesetzt.

2.

Die Verfügungsbeklagten unterhalten auf jenen Märkten der Produktpräsentation auf Dentalmessen einen Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist.

Es handelt sich bei diesem Kriterium um ein Grobraster, bei dem keine zu engen Anforderungen an die Gleichartigkeit der Nachfrager gestellt werden dürfen (Schulz in Langen/Bunte, a.a.O., § 20, RdNr. 96). Das Tatbestandsmerkmal dient lediglich einer ersten Sichtung, um Unternehmen, die gänzlich andersartige Funktionen ausüben, von den Verboten des § 20 GWB auszunehmen. Entscheidend sind die unternehmerische Tätigkeit und die wirtschaftliche Funktion der zu vergleichenden Unternehmen im Verhältnis zum marktbeherrschenden Unternehmen (st. Rspr., vgl. nur BGH, WuW/E BGH 1885, 1887 - Adidas; BGHZ 52, 67, 69, a.a.O. - Sportartikelmesse; Schulz, a.a.O., m.w.N.).

Vorliegend unterfallen alle Unternehmen, die Dentalprodukte herstellen und/oder an Endverbraucher vertreiben und einen Ausstellungsplatz auf den von den Verfügungsbeklagten veranstalteten Messen nachfragen, dem Gleichartigkeitskriterium. Sie alle begehren von den Verfügungsbeklagten Zugang zu den Ausstellungsplätzen, um ihre Dentalprodukte beim Endverbraucher abzusetzen. Ob die Zugang begehrenden Aussteller mit ihren Produkten zueinander im Wettbewerb stehen, ist für die Gleichartigkeit der Unternehmen auf dem betroffenen Angebotsmarkt für die Bereitstellung einer Ausstellungsfläche auf den betreffenden Dentalmessen ohne Belang.

Unerheblich ist ebenso, dass die überwiegende Mehrheit der zugelassenen Unternehmen auf den Messen ihre Produkte nicht - wie die Verfügungsklägerin - im Direktvertrieb, sondern über die in den Beklagten zusammengeschlossenen Dental-Depots umsetzen. Das Verhältnis der Aussteller zu den Verfügungsbeklagten ist bei beiden Gruppen durch die gleichen Interessen, nämlich die Möglichkeit einer umfassenden Information und einer Kontaktaufnahme zu potentiellen Käufern ihrer Produkte, gekennzeichnet (vgl. auch BGHZ 52, a.a.O.).

3.

Ob die Verfügungsbeklagten die Verfügungsklägerin bei ihrer Entscheidung, diese nicht zu den Messen zuzulassen, bereits dadurch unbillig behindern, dass sie die Zulassung eines Ausstellers an das Erfordernis des Vertriebs über den in den Verfügungsbeklagten zusammengeschlossenen Dental-Depots knüpfen, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls behandeln sie die Verfügungsklägerin ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber denjenigen Unternehmen unterschiedlich, die ebenfalls ihre Produkte im Direktvertrieb umsetzen und dennoch einen Ausstellungsplatz zugewiesen bekommen haben.

a)

Ob die von den Beklagten aufgestellte Zulassungsvoraussetzung eines Vertriebs der Produkte über Dental-Depots bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen der Verfügungsklägerin an einer Präsenz auf den streitgegenständlichen Messen und der Beklagten an einer Gewinnpartizipierung an den dort vorbereiteten Verkäufen zulässig ist, begegnet ganz erheblichen Bedenken.

Zwar ist den Verfügungsbeklagten zuzugeben, dass ihnen als Veranstalter von Messe bei ihren Entscheidung, wem sie Zugang gewähren, ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Jeder Messeveranstalter ist im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit dahingehend ungebunden, welche Art von Messe er gestalten und welchen Charakter er ihr beimessen will. Die Entscheidung unterliegt nur dahingehender gerichtlicher Kontrolle, ob sie bei Zugrundelegung eines vollständig und zutreffend ermittelten Sachverhaltes sachlich vertretbar und nicht willkürlich getroffen wurde (Senat, Urteil vom 05.07.2002, WuW/E DE-R 994).

Auf der anderen Seite handelt es sich bei den in Rede stehenden Dentalmessen nicht um "Hausmessen" des Dentalgroßhandels. Das belegt die eigene Außendarstellung der Verfügungsbeklagten. So werden die Messen von der Marketinggesellschaft C., deren Verlautbarungen sich die Verfügungsbeklagten zurechnen lassen müssen, mit der Ankündigung beworben: "...alles, was Industrie und Fachhandel an neuen, verbesserten und weiterentwickelten Produkten (...) zu bieten hat". Die Besucher werden überdies "umfassend und fundiert" informiert. Dabei haben - so heißt es weiter - die Veranstalter bereits "die Spreu vom Weizen getrennt und präsentieren nur solche Angebote, die wirklichen Nutzen für Praxis und Labor versprechen." Ebenso sei das Vortrags- und Fortbildungsprogramm "praxisorientiert ausgerichtet". Aus dieser Selbstdarstellung ergibt sich, dass die Regionalmessen nicht nur die über Dental-Depots vertriebenen Produkte ausstellen, sondern dem Endverbraucher im Rahmen einer Fachmesse für den Dentalbereich einen umfassenden Gesamtüberblick über die für ihn maßgeblichen Produkte gewähren. Bei einer derartigen Ausrichtung der Messen dürfte der Gesichtspunkt des Großhandelsvertriebs kein kartellrechtstaugliches Differenzierungskriterium sein (vgl. BGHZ 52, 67 ff; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20, RdNr. 161). Alles spricht dafür, dass das Interesse der Verfügungsbeklagten, nur über sie vertreibende Hersteller zuzulassen, im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Verfügungsklägerin, ihren Vertriebsweg frei wählen zu können, zurücktritt, und dass unterschiedlichen Umsatzbeteiligungen gegebenenfalls über höhere Teilnahmegebühren Rechnung zu tragen ist, die allerdings ihrerseits keinem Zugangshemmnis gleich kommen dürfen. Letztlich kann die Frage einer unbilligen Behinderung der Verfügungsklägerin indes auf sich beruhen.

b)

Denn die Nichtzulassung der Verfügungsklägerin zu den von den Beklagten veranstalteten Dentalmessen stellt sich jedenfalls als eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, da die Verfügungsbeklagten bei anderen Ausstellern - unstreitig - auf die Einhaltung ihrer eigenen Zugangsvoraussetzungen verzichten und diese gleichwohl zu den Ausstellung zulassen. Dass die von der Verfügungsklägerin angeführten Unternehmen nicht auf allen Ausstellungen vertreten sind, ist unerheblich. Maßgeblich ist insoweit allein, dass zu jeder der Ausstellungen der Verfügungsbeklagten auch direktvertreibende Unternehmen zugelassen sind. Unstreitig sind die Firmen Q. V.-GmbH, T. M. V. GmbH, S. GmbH, und G. B. Vertriebsgesellschaft mbH auf allen drei streitbefangenen Messen der Verfügungsbeklagten, ferner die Firmen G. H. GmbH und S. GmbH auf den Messen in Berlin und Frankfurt und schließlich die Firma M. P. GmbH auf der Messe in Berlin zugelassen worden, obschon sämtliche Unternehmen ihre Produkte im Wege des Direktvertriebs absetzen. Eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung der Verfügungsklägerin diesen Firmen gegenüber besteht nicht. Das gilt bereits deshalb, weil die - insoweit darlegungs- und nachweisbelasteten - Verfügungsbeklagten nur in Bezug auf die Firmen S. GmbH und G. B. Vertriebsgesellschaft mbH überhaupt eine Rechtfertigung geltend machen. Hinsichtlich der vorerwähnten weiteren Direktvertriebsunternehmen, die zu den Messen zugelassen worden sind, liegt deshalb ohne weiteres eine kartellrechtswidrige Diskriminierung der Verfügungsklägerin vor. Darüber hinaus erweist sich aber auch die für die Messezulassung der S. GmbH und der G. B. Vertriebsgesellschaft mbH gegebene Begründung der Verfügungsbeklagten als nicht stichhaltig. Die Behauptung der Verfügungsbeklagten, beide Firmen würden Produkte vertreiben, die ihrer Art nach und branchenweit ausschließlich im Direktvertrieb erhältlich seien, ist durch die von der Verfügungsklägerin dazu vorgelegten Verkaufsunterlagen widerlegt. Danach bietet beispielsweise die Gesellschafterin aller dreier Verfügungsbeklagten, die Fa. H. S. D. D. GmbH, als Großhändlerin auch Implantologieprodukte an, wie sie von den Firmen S. und G. vertrieben werden.

Dass es sich bei den zugelassenen Unternehmen nicht um Wettbewerber der Verfügungsklägerin in Bezug auf ihre Produkte handelt, ist - wie bereits erörtert - dabei unerheblich (BGHZ, a.a.O., S. 71). Sie sind Wettbewerber bezüglich der Ausstellungsplätze der Verfügungsbeklagten und als solche von diesen diskriminierungsfrei zu behandeln.

C. Es liegen auch die im summarischen Verfahren für den Erlass einer auf Erfüllung gerichteten einstweiligen Verfügung erforderlichen engen Voraussetzungen vor.

1.

Die Darlegung der erforderlichen Dringlichkeit scheitert nicht bereits daran, dass die Verfügungsklägerin nach dem Widerruf der Zulassungen zu den Messen einen Monat bis zu der Einreichung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat verstreichen lassen. Sie hat damit die Frist, die der Senat regelmäßig als unschädlich betrachtet, eingehalten. Darüber hinaus steht das Ausschöpfen dieser Frist der Dringlichkeit angesichts des von ihr (der Verfügungsklägerin) zu betreibenden erheblichen Recherche- und Darlegungsaufwandes nicht entgegen.

2.

Die Verfügungsklägerin hat auch die nach der Rechtsprechung des Senats erforderlichen weiteren Voraussetzungen für eine auf Befriedigung gerichtete Leistungsverfügung glaubhaft gemacht.

Dass ohne die Verfügung die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), genügt für den Erlass einer Leistungsverfügung ebenso wenig wie das Anliegen, wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 940 ZPO). Erforderlich ist vielmehr eine bestehende oder drohende Notlage des Gläubigers. Jener muss so dringend auf die Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist (st. Rspr., vgl. nur Senat vom 15.11.2000, WuW/E DE-R 619 m. zahlr. w. Nachw.).

In die rechtliche Beurteilung einzubeziehen ist dabei auch, inwieweit die Ablehnung einer Befriedigungsverfügung zu einer Rechtsverweigerung führt, wobei sich der Erlass einer solchen Verfügung im allgemeinen nicht schon alleine aus dem Umstand, dass die geschuldete Leistung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzunehmen ist und die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist, rechtfertigt (Senat a.a.O.). Dem Interesse des Gläubigers an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes steht das schutzwürdige Interesse des Schuldners gegenüber, nicht in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten ausgestalteten summarischen Verfahren zu einer Erfüllung des reklamierten Anspruchs verpflichtet zu werden. Dieses Interesse des Schuldners gewinnt um so mehr dann an Gewicht, wenn sich die Erfüllung (und ihre Folgen) nicht oder nur schwer wieder rückgängig machen lassen. In diesen Fällen sind die Belange des Schuldners vielfach nicht weniger schutzwürdig als das Streben des Gläubigers nach Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs. Der Erlass einer auf endgültige Befriedigung des Erfüllungsanspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden außer Verhältnis und demjenigen Schaden steht, der dem Antragsgegner aus der sofortigen Erfüllung droht (Senat, a.a.O.).

In die Abwägung der beiderseitigen Belange der Parteien sind darüber hinaus die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen. Ist die Rechtslage eindeutig und lässt sich die Berechtigung des verfolgten Anspruchs zweifelsfrei feststellen, so ist der Schuldner weniger schutzwürdig und überwiegt im Zweifel das Interesse des Antragstellers daran, dass sein Anspruch bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erfüllt wird. Die vorgenannten Beurteilungskriterien stehen dabei insgesamt in einer Wechselbeziehung zueinander.

An diesen Rechtsgrundsätzen gemessen liegen vorliegend die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise der Erlass einer Befriedigungsverfügung in Betracht kommt, vor. Bei Abwägung aller Umstände des Falles und der materiellen Rechtslage ist es der Verfügungsklägerin nicht zuzumuten, den Widerruf der Messezulassungen hinzunehmen und die Verfügungsbeklagten später auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Nichtteilnahme an den Ausstellungen nicht hinnehmbare Nachteile entstünden. Die Verfügungsbeklagten sind marktbeherrschend auf den regionalen Märkten für die Präsentation von Dentalprodukten. Vergleichbare Werbe- oder Präsentationsmöglichkeiten, auf die die Verfügungsklägerin ausweichen könnte, sind nicht vorhanden. Sie kann auch nicht auf die übrigen Messen im Bundesgebiet verwiesen werden. Denn zum einen sind die ebenfalls über die Fa. C. organisierten Messen in Düsseldorf und Hamburg bereits erteilten Zulassungen ebenfalls widerrufen worden. Darüber hinaus ist die Verfügungsklägerin als deutschlandweit tätiges Unternehmen darauf angewiesen, flächendeckend auf den Regionalmessen vertreten zu sein, da das interessierte Publikum wegen der Gleichartigkeit der Ausstellungen in der Regel jeweils nur eine der Messen besuchen wird. Auch die I. in Köln ist wegen deren anderer Zielrichtung und des Zweijahresturnus' keine Alternative für die Verfügungsklägerin.

Die Nichtzulassung der Verfügungsklägerin zu den Regionalmessen würde - jedenfalls für die laufende Saison - einer endgültigen Rechtsverweigerung gleichkommen. Es wäre ihr unmöglich, den für sie wichtigen Messeumsatz zu generieren; die aus den Verkäufen anlässlich der Messen gezogenen Gewinne wären entgültig verloren, die Stellung der Verfügungsklägerin am Markt nachhaltig geschwächt.

Demgegenüber hat das wirtschaftliche Interesse der Verfügungsbeklagten zurückzutreten. Vor allem vor dem Hintergrund der oben beschriebenen eindeutigen Rechtslage, nach der bereits am sachlichen Differenzierungsgrund erhebliche Zweifel bestehen, die Verfügungsklägerin aber jedenfalls gegenüber anderen Ausstellern diskriminiert wird, bestehen keine Gründe dafür, dass die Verfügungsbeklagten zu der von ihnen geschuldeten Leistung nicht bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verurteilt werden.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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