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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 30/06
Rechtsgebiete: GWB, UmwG, VOL/A, VgV


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 1
GWB § 97 Abs. 2
GWB § 97 Abs. 6
GWB § 97 Abs. 7
GWB § 98
GWB § 98 Nr. 1
GWB § 98 Nr. 3
UmwG §§ 4 ff.
UmwG § 20 Abs. 1
VOL/A § 24
VOL/A § 24 Nr. 2 Abs. 1
VOL/A § 25
VgV § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 26. Mai 2006 (VK-22/2006-L) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Antragstellerin in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden zu einem Viertel der Antragsgegnerin und zu drei Vierteln der Beigeladenen auferlegt. Der Antragsgegnerin und der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 230.000 Euro

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin, ein Zusammenschluss von Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, schrieb im Oktober 2005 die Neuentwicklung sowie Wartung und Pflege von Software für die Unfallversicherung im offenen Verfahren aus. Das Angebot der Beigeladenen sollte vor dem der Antragstellerin den Zuschlag erhalten. Dies wurde von der Antragstellerin erfolglos gerügt. Mit ihrem Nachprüfungsantrag erreichte die Antragstellerin, dass der Antragsgegnerin untersagt wurde, das Angebot der Beigeladenen zu bezuschlagen. Das Angebot der Beigeladenen sollte ausgeschlossen werden, weil bestimmte Eignungsnachweise nicht mit dem Angebot beigebracht worden waren.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt. Sie bekämpfen den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Die Beigeladene strebt darüber hinaus einen Ausschluss des Angebots der Antragstellerin an.

Während die Antragsgegnerin das Rechtsmittel im Verhandlungstermin vor dem Senat zurückgenommen hat, beantragt die Beigeladene,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 11.10.2006 verwiesen.

II. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Das Angebot der Beigeladenen ist - wenn auch aus anderen Gründen als von der Vergabekammer angenommen worden ist - von der Wertung auszuschließen.

1. Das Nachprüfungsverfahren ist statthaft, da die Auftragsvergabe dem Vergaberechtsregime des Vierten Teils des GWB untersteht. Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 3 GWB in Verbindung mit Nr. 2 von § 98 GWB. Die Mitglieder der Antragsgegnerin - Träger der gesetzlichen Unfallversicherung - unterliegen auf den Gebieten der Prävention in der gesetzlichen Unfallversicherung einer staatlichen Fachaufsicht (vgl. § 80 Abs. 2, § 90 Abs. 1, 2 SGB IV). Infolgedessen üben Stellen, die § 98 Nr. 1 GWB unterfallen, die Aufsicht über ihre Leitung aus und ist die Antragsgegnerin als Verband von Unfallversicherungsträgern selbst öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 3 GWB. Dies hat der Senat in Bezug auf die Antragsgegnerin mit dem den Verfahrensbeteiligten ersichtlich bekannten Beschluss vom 6.7.2005 (VII-Verg 22/05) entschieden. Die Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin ist im Beschwerdeverfahren ebensowenig angezweifelt worden.

Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin scheitert weder an der Antragsbefugnis noch an der Einhaltung der Rügeobliegenheit. Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). Sie hat durch Einreichung eines Angebots Interesse am Auftrag bekundet und hat sich auf eine Verletzung der bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Angebote (§ 25 Nr. 3 VOL/A) zu beachtenden Wertungsgrundsätze durch die Antragsgegnerin berufen. Ihr droht durch den behaupteten Verstoß gegen Vergabevorschriften Schaden zu entstehen. Ihr Angebot nimmt nach dem der Beigeladenen, welches auszuschließen sein soll, die nächste Rangstelle ein. Demgegenüber ist die Antragsbefugnis nicht mit der von der Beigeladenen vorgetragenen Rechtsbehauptung zu verneinen, die Antragstellerin habe gegen den Wettbewerbsgrundsatz verstoßen, weil sie sich auf einer Internetplattform über den ihr, der Beigeladenen, bei einer Auftragsausführung zur Verfügung stehenden Personalbestand unterrichtet habe. Abgesehen davon, dass - wie die Vergabekammer mit Recht ausgeführt hat - ein Tatsachenvortrag der Antragstellerin, der mittels allgemein zugänglicher Quellen in Erfahrung gebracht worden ist, nicht verdient, in einem Vergabenachprüfungsverfahren mit dem Verdikt eines Wettbewerbsverstoßes belegt zu werden, handelt es sich dabei um keinen Umstand, welcher der Antragsbefugnis des Antragstellers schadet. Die Frage, ob das Angebot des Antragstellers wegen eines Wettbewerbsverstoßes aus der Wertung nehmen ist, ist eine solche der Begründetheit des Nachprüfungsantrags. Allein dorthin gehörte auch die Prüfung des weiteren Angriffs der Beigeladenen, die Antragstellerin habe sich zum Nachweis einer personenbezogenen Eignung im Angebot auf Personal berufen, welches zu diesem Zeitpunkt bei ihr nicht beschäftigt gewesen sei.

Die Antragstellerin hat den von ihr geltend gemachten Rechtsverstoß bei der Angebotswertung auch unverzüglich gerügt (§ 107 Abs. 3 S. 1 GWB). Die ihr zuteil gewordene Bieterinformation gab über die behauptete Rechtsverletzung keinen zureichenden Aufschluss. Dazu bedurfte es des erläuternden Gesprächs vom 6.4.2006 mit einem Vertreter der Antragsgegnerin. Erst dadurch konnten sich Vermutungen zu einer die Rügeobliegenheit erst auslösenden Tatsachen- und Rechtskenntnis verdichten. Die Rüge einer Rechtsverletzung bei der Angebotswertung ist alsdann durch Anwaltsschreiben vom 7.4.2006 unverzüglich ausgesprochen worden. Die darin liegende Beanstandung war auch Gegenstand des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin, wie sich daran erweist, dass sie die Bewertung ihres Angebots im Nachprüfungsantrag ausdrücklich als vergaberechtswidrig bemängelt hat.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Das Angebot der Beigeladenen ist wegen eines vergaberechtlich unzulässigen Wechsels in der Person des Bieters von der Wertung auszuschließen. Der zugrundezulegende Sachverhalt ist, wie nachfolgend dargestellt, von der Antragsgegnerin ausdrücklich vorgetragen, im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer festgehalten worden und unstreitig:

Nachdem unter dem 20.10.2005 die Vergabebekanntmachung erfolgt war, reichte die U... GmbH unter dem 12.12.2005 das Angebot ein. Die U... GmbH ist mit Wirkung unter den Beteiligten vom 1.2.2006 - und zwar in der zeitlichen Phase zwischen Ablauf der Angebotsabgabefrist und Vergabeentscheidung - auf die U... A... GmbH, die jetzige Beigeladene, im Wege einer Umwandlung gemäß §§ 4 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) verschmolzen worden.

a) 1. Aufgrund der - wie außer Streit steht - erfolgten Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung ist diese wirksam geworden (§ 19 Abs. 1 S. 2 UmwG). Infolge der Verschmelzung trat bei der jetzigen Beigeladenen Rechtsnachfolge ein, wohingegen die U... GmbH erlosch (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG). Zwar war dieser Vorgang - bürgerlich-rechtlich gesehen - für den Bestand des Angebots unschädlich. Das von der U... GmbH eingereichte Angebot blieb zivilrechtlich wirksam und annahmefähig (vgl. § 130 Abs. 2, § 153 BGB). Vergaberechtlich kam es durch einen Identitätswechsel beim Bieter jedoch zu einer inhaltlichen Änderung des Angebots, der verhindert, dass das vormalige Angebot der U... GmbH gewertet werden kann, und zwar ungeachtet dessen, dass die Beigeladene zu erkennen gegeben hat, sich daran gebunden zu halten. Infolgedessen ist das Angebot der Beigeladenen zwingend von der Wertung auszuschließen. Der Vorgang der Umwandlung der U... GmbH und die Rechtsfolgen waren - nachdem dies den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen am 9.10.2006 fernmündlich angekündigt worden ist - Gegenstand der Erörterung im Senatstermin. Außerdem hat sich die Beigeladene dazu im nachgereichten Schriftsatz vom 16.10.2006, den der Senat bei der Entscheidung berücksichtigt hat, ausführlich geäußert.

In der Phase zwischen Angebotsabgabefrist und Zuschlag dürfen inhaltliche Änderungen am Angebot nicht vorgenommen werden. Das ergibt sich aus dem Nachverhandlungsverbot in § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A. Verhandlungen, besonders über Änderungen der Angebote oder Preise, sind unstatthaft. Vom Nachverhandlungsverbot sind namentlich die wesentlichen Elemente des Angebots - die künftigen Vertragsparteien, der Vertragsgegenstand und der Preis (bei Dauerschuldverhältnissen in der Regel auch die Vertragsdauer) - umfasst. Änderungen am Angebot, die Bieter und Auftraggeber im Zusammenwirken nicht verabreden dürfen, darf der Bieter auch nicht allein vornehmen. Im Fall einer Umwandlung durch Verschmelzung des Bieterunternehmens (hier U... GmbH) auf ein anderes Unternehmen (U... A... GmbH) wird die Person des Bieters und künftigen Auftragnehmers geändert. Darüber kann nicht hinweggegangen werden, auch wenn im Streitfall die übrigen Angebotselemente unberührt blieben. Als Rechtsfolge einer unstatthaften Nachverhandlung hat im Grundsatz die am Angebot angebrachte Änderung bei der Wertung außer Betracht zu bleiben. Ist hingegen die Person des Bieters ausgewechselt worden, scheidet eine solche, auf die Nichtberücksichtigung der Änderung beschränkte Sanktion aus. In einem derartigen Fall gebieten vielmehr die vergaberechtlichen Prinzipien des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und der Transparenz, das geänderte Angebot insgesamt von der Wertung auszunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.5.2005 - VII-Verg 8/05, BA 10 f.; Beschl. v. 11.10.2006 - VII-Verg 34/06). Denn der Bieteraustausch führt, da sein Wirksamwerden, der Zeitpunkt und die genauen Umstände bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht offenbar werden, sowohl für den Auftraggeber als auch für die Wettbewerber in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht - mit nachteiligen Folgen für den Wettbewerb - zu einem Zustand völliger Intransparenz. Infolge eines derartigen Wechsels steht insbesondere die Eignung des Bieters in Frage. Sie muss im Rahmen der Angebotswertung unter ganz anderen Vorzeichen als aus dem Angebot zu erkennen ist, nämlich im Hinblick auf das als Bieter neu eintretende Unternehmen, geprüft und ermittelt werden. Zu diesem Zweck müssen die Eignungsvoraussetzungen in Bezug auf dieses Unternehmen untersucht und beurteilt werden, ohne dass dazu für den Auftraggeber eine nach außen erkennbare Veranlassung besteht und ohne dass er die einer solchen Prüfung zugrundezulegenden Tatsachen kennt. Konkurrierende Bieter sind ebensowenig imstande, das Ergebnis einer eventuellen Eignungsprüfung nachzuvollziehen und es gegebenenfalls zu bemängeln. Dies stört empfindlich die Transparenz des Vergabeverfahrens und ebenso den fairen und chancengleichen Bieterwettbewerb, zumal bei einer Zulassung Manipulationsmöglichkeiten eröffnet sind. Im hier vorliegenden Fall einer Unternehmensumwandlung durch Verschmelzung auf ein anderes Unternehmen ist eine vom Angebotsausschluss abweichende, und zwar auf eine bloße Unbeachtlichkeit der Änderung hinauslaufende, Rechtsfolge zudem deswegen ausgeschlossen, weil das Unternehmen, welches das Angebot abgegeben hat, als Rechtsträger infolge der Verschmelzung kraft Gesetzes erloschen ist (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Es kann deswegen im Rechtssinn nicht weiter als Bieter angesehen werden. Das dem erloschenen Angebotsträger nachfolgende Unternehmen ist demgegenüber als Bieter nicht zuzulassen. Dadurch würde die Änderung des Angebots gutgeheißen.

b) Der dargestellten rechtlichen Behandlung kann entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, im Fall einer Umwandlung durch Verschmelzung sei die Rechtsnachfolge vom Gesetz angeordnet (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Die rechtlich erst durch Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung eintretende Rechtswirkung beruht nämlich immer auch auf einem zuvor abgeschlossenen Umwandlungsvertrag, mithin auf einem willensabhängigen Rechtsakt unter den beteiligten Unternehmen. Der Wechsel in der Person des Bieters ist darum nicht ausschließlich auf die bei einer Verschmelzung gesetzlich angeordnete Rechtsfolge zurückzuführen. Der von der Beigeladenen weiter angeführte Umstand, dass sie die bevorstehende Verschmelzung der U... GmbH der Antragsgegnerin gegenüber schon frühzeitig angekündigt und erläutert habe, veranlasst keine andere rechtliche Beurteilung. Denn ungeachtet dessen, dass die Antragsgegnerin über die Entwicklung und die Auswirkungen der Verschmelzung unterrichtet worden sein soll, findet sich davon nichts in der im Vergabevermerk dokumentierten Eignungsbewertung. Die Eignung ist ausweislich des von der Antragsgegnerin als Anlage Bf 6 in Ablichtung vorgelegten Auszugs aus dem Vergabevermerk allein mit Blick auf die verschmolzene U... GmbH geprüft und beantwortet worden, die auch das Angebot eingereicht hatte. Nach ihrem mit dem Inhalt des Vergabevermerks übereinstimmenden Vortrag hat die Beigeladene ebensowenig schriftlich auf die gesellschaftsrechtliche Veränderung hingewiesen. Der Vorgang der Unternehmensumwandlung blieb infolgedessen intransparent. Die Unklarheit betraf insbesondere die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen die Eignung der jetzigen Beigeladenen für eine vertragsgemäße Aufgabenerfüllung anzunehmen war. Dies konnte ebensowenig von den um den Auftrag konkurrierenden Wettbewerbern nachvollzogen werden. Ihnen blieb die Verschmelzungsabsicht verborgen. Die daraus folgende Intransparenz störte den unter gleichen Bedingungen zu sichernden Bieterwettbewerb. Mit Rücksicht darauf ist entgegen der von der Beigeladenen eingenommenen Auffassung eine wettbewerbliche Relevanz der Umwandlung nicht zu verneinen. Unabhängig davon liegt § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A infolge der Verweisung in § 4 Abs. 1 Vergabeverordnung (VgV) auf den zweiten Abschnitt der VOL/A aufgrund materieller Gesetzeskraft die Wertung zugrunde, dass jede inhaltliche Änderung am Angebot, und zwar wegen ihrer Eignung, den Bieterwettbewerb zu beeinträchtigen, nach Ablauf der Angebotseinreichungsfrist bis zur Vergabeentscheidung unstatthaft ist. Wie vorstehend nachgewiesen worden ist, ist eine wettbewerbliche Relevanz auch mit Rücksicht auf die tatsächlichen Umstände des Streitfalls nicht zu verneinen.

Die Beigeladene ist zu Unrecht der Meinung, die gemäß § 20 Abs. 1 UmwG hinzunehmenden Rechtsfolgen einer Umwandlung durch Verschmelzung träten vorrangig vor der lediglich im Verordnungsrang stehenden Vorschrift des § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ein. Diese Auslegung übersieht, dass § 24 VOL/A infolge der auf der Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB beruhenden Verweisung in § 4 Abs. 1 VgV den Rang einer materiellen Gesetzesvorschrift hat und den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes daher gleichrangig ist. Dem im Senatstermin von der Beigeladenen weiter vorgebrachten Einwand, die rechtliche Behandlung der Verschmelzung durch den Senat verkompliziere das ohnedies unübersichtliche Vergaberecht, ist entgegenzutreten. Der Bieterwettbewerb bedarf zur Sicherung der vergaberechtlichen Prinzipien von Wettbewerb, Gleichbehandlung und Transparenz klarer rechtlicher Strukturen. Je klarer und eindeutiger die bei der Angebotswertung zu beachtenden rechtlichen Vorgaben sind, desto höher ist überdies die für die am Vergabeverfahren Beteiligten unerlässliche Rechtssicherheit.

Der Hinweis der Beigeladenen auf eine angeblich beanstandungsfreie Vertragsübernahme nach Zuschlagserteilung betrifft im Übrigen nicht die im Streitfall zu entscheidende Problemstellung. Eine Vertragsübernahme nach erteiltem Zuschlag weist allenfalls insoweit eine wettbewerbliche Relevanz auf, als sie Beschaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hand unzulässig dem Wettbewerb entziehen kann. Sie ist aber nicht geeignet, den Bieterwettbewerb in einem laufenden Vergabeverfahren zu beeinflussen, so dass die von der Beigeladenen angestrebte Schlussfolgerung von einer im Einzelfall möglicherweise zugelassenen Vertragsübernahme auf die Zulässigkeit eines Bieterwechsels in der Phase zwischen Angebotseinreichung und Vergabeentscheidung unstatthaft ist.

Die Entscheidung des Streitfalls ist im Ergebnis ebensowenig als ein faktisches Verbot einer Unternehmensveräußerung oder eines Unternehmenszusammenschlusses in der Phase zwischen Ablauf der Angebotsfrist und Zuschlag, mithin während eines laufenden Vergabeverfahrens, zu verstehen. Unternehmensveräußerungen und -zusammenschlüsse pflegen unter den beteiligten Unternehmen - nicht selten von langer Hand - vorbereitet zu werden. Infolgedessen sind die Beteiligten in der Lage, die anstehende Transaktion auf ein laufendes Vergabeverfahren abzustimmen. Dies war auch im Streitfall nicht ausgeschlossen. So hätte, zumal im vorliegenden Fall eine Verschmelzung der Bieterin U... GmbH auf die jetzige Beigeladene - so der Vortrag der Beigeladenen - schon im Zeitpunkt der Angebotseinreichung angestrebt war, von vorneherein die jetzige Beigeladene das Angebot abgeben können. Dazu hatte sie mit dem Angebot nur eine verbindliche Erklärung der U... GmbH beizubringen, ihr, der Beigeladenen, würden im Fall eines Zuschlags deren personelle und sachliche Mittel für die Auftragsausführung zur Verfügung gestellt.

Die rechtliche Behandlung durch den Senat greift nicht in das Grundrecht der Beigeladenen nach Art. 14 Abs. 1 GG ein. Zwar umfasst die Eigentumsgarantie nicht nur dingliche, gegenüber jedermann wirkende dingliche Rechte, sondern auch schuldrechtlich begründete Rechtspositionen (BVerfGE 112, 93, 107; 92, 262, 271; 83, 201, 208). Die faktische Beteiligung der Beigeladenen am Vergabeverfahren hat sich jedoch zu keiner nach Art. 14 Abs. 1 GG schutzwürdigen Rechtsposition verdichtet. Die Beigeladene ist als Rechtsnachfolgerin lediglich in das als Willenserklärung zu verstehende und zivilrechtlich weiterhin gültige Angebot der erloschenen U... GmbH eingetreten. Das Angebot vermittelt indes keine dem Eigentumsschutz unterliegende Rechtsstellung, sondern nur eine - zudem ungesicherte - Expektanz auf einen Vertragsschluss. Unabhängig davon schützt Art. 14 Abs. 1 GG nur solche Rechtspositionen vor ungerechtfertigten Eingriffen, die im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung erworben worden sind (vgl. BVerfGE 84, 290, 300; BVerwGE 92, 196, 205). Davon kann im Streitfall nicht gesprochen werden, da das unter Verstoß gegen die in § 97 Abs. 1 und 2 GWB normierten Prinzipien der öffentlichen Auftragsvergabe aufrechterhaltene Angebot vergaberechtlich vom Wettbewerb auszuschließen ist.

c) Durch seine Sachbehandlung setzt sich der Senat in keinen Widerspruch zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte. So lag dem Beschluss des BayObLG vom 13.3.2001 (Verg 1/01, VergabeR 2001, 222) zugrunde, dass - vergaberechtlich unschädlich - von vorneherein das übernehmende Unternehmen Bieter war. In einer anderen Entscheidung des BayObLG (Beschluss vom 9.3.2004 - Verg 20/03) ging es nicht um eine Verschmelzung des Bieterunternehmens, sondern - auch das wirkt sich nicht nachteilig aus - um einen 100 %-igen Anteilserwerb an jenem Unternehmen. Beide Entscheidungen betrafen also andere Sachverhalte. Auch die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen OLG vom 13.4.2006 (1 (6) Verg 10/05, WuW/E Verg 1233) erfordert keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof (§ 124 Abs. 2 GWB). Im entschiedenen Fall hatte sich zwar die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft in der Phase zwischen Angebotsabgabe und Zuschlag dadurch geändert, dass ein Mitglied der Bietergemeinschaft auf ein anderes Unternehmen verschmolzen worden war und dieses Unternehmen den Platz in der Bietergemeinschaft eingenommen hatte. Das Schleswig-Holsteinische OLG hat diesen Vorgang jedoch nur im Rahmen der Antragsbefugnis geprüft. Es hat diese bejaht, da die Bietergemeinschaft trotz der Änderung rechtlich als fortbestehend zu gelten habe. Die im Streitfall zu beantwortende Rechtsfrage, ob wegen der Änderung an der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft das Angebot vergaberechtlich auszuschließen war, stellte sich zwar auch im Fall des Schleswig-Holsteinischen OLG. Diese Frage hat das Oberlandesgericht jedoch nicht untersucht, sondern ausdrücklich offengelassen, weil es nach seiner Auffassung für die Entscheidung der Sache darauf nicht ankam (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG a.a.O., S. 1236).

Der Senat weicht auch von der Entscheidung des OLG Rostock vom 8.3.2006 (17 Verg 16/05, VergabeR 2006, 374, 376) nicht ab, wonach die Vergabekammer den Ausschluss eines Angebots zulasten des Antragstellers nicht auf neue, vom Auftraggeber nicht entdeckte Gründe stützen darf. Bei konsequenter Umsetzung kann dieser Rechtssatz auch vom Beschwerdegericht zu beachten und zudem auf das Angebot eines Beigeladenen anzuwenden sein. Dann dürfte das Angebot der Beigeladenen wegen der erst im Beschwerdeverfahren vom Senat thematisierten inhaltlichen Änderung nicht ausgeschlossen werden. Indes ist dem vom OLG Rostock aufgestellten Rechtssatz nicht zuzustimmen, mit der Folge, dass seine Entscheidung dem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen nicht entgegensteht. Mit der genannten Entscheidung ist das OLG Rostock - sofern es diese im dargestellten Sinn verstanden wissen wollte - seinerseits nämlich von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach zwingende Ausschlussgründe vom öffentlichen Auftraggeber in jeder Phase des Vergabeverfahrens und auch von den Vergabenachprüfungsinstanzen im Vergabenachprüfungsverfahren stets zu beachten sind (so BGH, Beschluss vom 18.2.2003 - X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313 und Beschluss vom 18.5.2004 - X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473).

d) Da das Angebot der Beigeladenen aus der Wertung zu nehmen und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin deswegen begründet ist, kann dahingestellt bleiben, ob - wie sie, die Antragstellerin, beanstandet - ihr Angebot rechtsfehlerhaft gewertet worden ist. Genauso kann offenbleiben, ob wegen der von der Beigeladenen erhobenen Beanstandungen an der Eignung und den dazu vorgelegten Nachweisen auch das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen ist. Da das Angebot der Beigeladenen wegen einer unzulässigen Auswechslung des Bieters nicht gewertet werden darf, berührt der weitere Fortgang des Vergabeverfahrens weder ihr Interesse am Auftrag, noch kann sie durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in Bezug auf andere Bieter, wie die Antragstellerin, in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein (so BGH, Beschluss vom 18.2.2003 - X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313, 318). Überträgt man diesen Rechtssatz auf den Streitfall, sind mögliche, das Angebot der Antragstellerin betreffende Ausschlussgründe für die Entscheidung demnach allesamt unerheblich (so OLG Naumburg IBR 2005, 707; Thüringisches OLG VergabeR 2005, 492). Nach Auffassung des Senats ist unter dem Gebot der Gleichbehandlung ein dem Angebot des Antragstellers geltender Ausschlussgrund hingegen (nur) relevant, wenn es in demselben oder in einem gleichartigen Punkt wie das Angebot des Beigeladenen mangelhaft ist, und es nicht wenigstens e i n fehlerfreies, d.h. zuschlagsfähiges anderes Angebot gibt (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 195; 483). Unter Zugrundelegung dieser Auffassung kann die Beigeladene sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass auch das Angebot der Antragstellerin aus der Wertung zu nehmen sei. Der dem Angebot der Beigeladenen anhaftende Mangel ist den am Angebot der Antragstellerin behaupteten Mängeln nicht gleichartig. Das Angebot der Beigeladenen ist inhaltlich abgeändert worden. Auf das Angebot der Antragstellerin soll - so die Beigeladene - deren Eignung zu verneinen sein. Allerdings vertritt das OLG Frankfurt am Main demgegenüber den Standpunkt, jedweder im Angebot des Antragstellers und des Beigeladenen liegender Ausschlussgrund müsse dazu führen, dass - sofern ansonsten kein fehlerloses Angebot eingegangen ist - auch das Angebot des Antragstellers von der Wertung auszuschließen sei (siehe den Vorlagebeschluss des OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.6.2006 - 11 Verg 11 und 12/05, BA 15 ff.). Der Beschluss des OLG Frankfurt am Main bezieht sich, soweit darin die rechtliche Behandlung durch den Senat (und genauso durch das OLG Naumburg und das Thüringische OLG) erweitert wird, jedoch nur auf solche Fallgestaltungen, in denen Angebote unvollständig sind und deswegen in der ersten Wertungsphase zu prüfende Ausschlussgründe nach § 25 VOL/A (oder § 25 VOB/A) vorliegen. Davon unterscheidet sich der Streitfall dadurch, dass das Angebot der Beigeladenen wegen einer daran vorgenommenen und durch § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A (entsprechend § 24 Nr. 3 VOB/A) untersagten inhaltlichen Änderung von der Wertung auszuschließen ist. Dieser Ausschlussgrund ist den in der ersten Wertungsphase zu prüfenden Ausschlussgründen nach § 25 VOL/A - Mängel am Angebot - nicht gleichzuerachten. Er ist einer vorgelagerten Prüfungsebene zuzuordnen und verhindert, dass das betroffene Angebot überhaupt in die Wertung, und zwar schon in die erste Wertungsphase einer formalen Angebotsprüfung, gelangen kann. Angebote, an denen gemäß § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A (genauso: § 24 Nr. 3 VOB/A) unstatthafte Änderungen vorgenommen worden sind, hat der Auftraggeber schon auszuschließen, bevor er mit der formalen Angebotsprüfung beginnt. Die von einer nur die eigentliche Wertung der Angebote betreffenden Auffassung des Senats abweichende Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 13.6.2006 wirkt sich mithin auf die Entscheidung des Streitfalls nicht aus. Sie nötigt zu keiner Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof.

Nach alledem gibt der nachgereichte Schriftsatz der Beigeladenen vom 16.10.2006 dem Senat keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (entsprechend § 156 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens ist aufgrund von § 50 Abs. 2 GKG nach Maßgabe der Bruttoauftragssumme des Angebots der Beigeladenen ermittelt worden. Denn das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse ist dahin gegangen, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen ergehen kann.

Ende der Entscheidung

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