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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.02.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 79/05
Rechtsgebiete: SGB III, GWB, VwKostG, VwGO


Vorschriften:

SGB III § 102
GWB § 103 Abs. 2
GWB § 103 Abs. 3 Satz 2
GWB § 107 Abs. 1
GWB § 114 Abs. 2
GWB § 128
GWB § 128 Abs. 1
GWB § 128 Abs. 1 Satz 1
GWB § 128 Abs. 1 Satz 2
GWB § 128 Abs. 3 Satz 1
GWB § 128 Abs. 4 Satz 1
GWB § 129 Satz 2
VwKostG § 13 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 92 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - wird der Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 14. Oktober 2005, VK 1-107/05, aufgehoben.

Das Nachprüfungsverfahren wird eingestellt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer zu tragen. Die Antragsgegnerin trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Antragstellers und die ihr selbst entstandenen Auslagen.

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den Antragsteller war notwendig.

Die Gebühr wird auf 950 € festgesetzt. Nach Abzug des von dem Antragsteller geleisteten Vorschusses in Höhe von 2.500 € sind ihm 1.550 € zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin in Höhe von 55 % zu tragen, der Antragsteller in Höhe von 45 %. Die Antragsgegnerin hat 55 % der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen; der Antragsteller trägt 45 % der Kosten der Antragsgegnerin; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 2.500 €.

Gründe:

I.

Auf den Antrag des Antragstellers vom 3. August 2005 leitete die 1. Vergabekammer des Bundes ein Nachprüfungsverfahren wegen der Vergabe behindertenspezifischer Ausbildungsdienstleistungen nach § 102 SGB III/2005, Vergabe-Nr.: 151-05-200503, Los 7 des Regionalen Einkaufszentrums B., ein. Die Vergabekammer veranlasste die Zustellung des Nachprüfungsantrags an die Antragsgegnerin am selben Tag. Mit Schreiben vom 27. Juli 2005 rief der Antragsteller die Vergabeprüfstelle der Antragsgegnerin an. Mit Schriftsatz vom 16. August 2005 erklärte der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag für erledigt, nachdem die Vergabeprüfstelle dem Antrag stattgegeben hatte. Die Antragsgegnerin schloss sich der Erledigungserklärung an.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2005, VK 1-107/05, hat die Vergabekammer des Bundes das Nachprüfungsverfahren wegen Erledigung eingestellt und angeordnet, dass der Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu tragen habe. Ferner hat sie angeordnet, dass die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen Auslagen selbst zu tragen haben. Die Höhe der Gebühr für das Verfahren hat sie auf 950 € festgesetzt und die Erstattung der Differenz zwischen geleistetem Vorschuss in Höhe von 2.500 € und der Gebühr in Höhe von 950 € angeordnet.

Gegen die ihn betreffende Entscheidung über die außergerichtlichen Auslagen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er vertritt den Standpunkt, dass ihm auf Grund von § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB ein Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen zustehe, weil die Vergabeprüfstelle seinem Nachprüfungsantrag abgeholfen habe.

Er beantragt,

den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 14. Oktober 2005, VK 1 -107/05, aufzuheben,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, seine, des Antragstellers, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten,

und die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch ihn festzustellen.

Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

Sie ist dem Vortrag des Antragstellers nicht entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

1. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet, soweit sie sich gegen die von der Vergabekammer erlassene Anordnung, dass der Antragsteller die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Auslagen selbst zu tragen habe, richtet.

Soweit der Antragsteller beantragt hat, den Beschluss der Vergabekammer insgesamt, und zwar auch soweit ihm die Kosten des Verfahrens der Vergabekammer auferlegt worden sind, aufzuheben, ist seine sofortige Beschwerde unbegründet. Die Entscheidung der Vergabekammer über die Kosten des erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens beruht auf § 128 Abs. 1 GWB. Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 GWB hat der Antragsteller die für die Tätigkeit der Vergabekammer anfallenden Kosten (Gebühren und Auslagen) allein zu tragen. Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2003, XZB 14/03= NZBau 2004, 285). Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. § 128 Abs. 3 Satz 1 ordnet in Abweichung von § 128 Abs. 1 Satz 2 an, dass die Kosten nicht dem Antragsteller, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen sind, soweit dieser im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist. Dies trifft im Streitfall nicht zu, weil das Verfahren nicht durch eine sachliche Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag, sondern durch Einstellung auf Grund eines erledigenden Ereignisse seinen Abschluss gefunden hat.

Dem Antragsteller steht aus § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB jedoch ein Anspruch auf Erstattung seiner im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen gegen die Antragsgegnerin zu. Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 findet eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen statt, soweit die Anrufung der Vergabekammer erfolgreich ist oder dem Antrag durch die Vergabeprüfstelle abgeholfen wird. Eine abhelfende Entscheidung der Vergabeprüfstelle liegt vor. Die Vergabeprüfstelle der Antragsgegnerin hat - wie außer Streit steht - dem auf die Einhaltung der Vergabevorschriften gerichteten Prüfungsantrag des Antragstellers vom 27. Juli 2005 nach § 103 Abs. 2 GWB stattgegeben. Dadurch ist nach Rechtshängigkeit (= Einreichung) des Nachprüfungsantrags die tatsächliche Erledigung des vom Antragsteller eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens eingetreten. Die Parteien haben deshalb das erstinstanzliche Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Vergabekammer hatte mithin nur noch über die Kosten des erstinstanzlichen Vergabenachprüfungsverfahrens und über die Auslagen der Verfahrenbeteiligten zu entscheiden.

Die Vergabekammer ist nach § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB befugt, die im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren entstandenen Auslagen des Antragstellers dem Antragsgegner aufzuerlegen, wenn der Antragsteller parallel zur Einreichung des Nachprüfungsantrags nach § 107 Abs. 1 GWB einen Antrag nach § 103 Abs. 2 GWB bei der Vergabeprüfstelle eingereicht und diese dem Antrag nach § 103 Abs. 2 GWB abgeholfen hat. Antrag im Sinne des § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 1 GWB, denn für die Anordnung der Erstattung von Auslagen des erfolgreichen Antragstellers im Verfahren vor der Vergabeprüfstelle sieht § 129 Satz 2 GWB eine entsprechende Anwendung von § 128 (d.h. auch von Abs. 4 Satz 1) GWB durch die Vergabeprüfstelle vor. Die erfolgreiche Anrufung der Vergabeprüfstelle führt dazu, dass das parallel mit dem Nachprüfungsantrag verfolgte Begehren des Antragstellers gegenstandslos wird und mithin der Nachprüfungsantrag des Antragstellers sich in sonstiger Weise erledigt (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB). Erklären die Parteien daraufhin übereinstimmend das Nachprüfungsverfahren für erledigt und wird ein Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 GWB nicht gestellt, so kann die Vergabekammer in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO das Nachprüfungsverfahren einstellen. Gleichzeitig trifft sie eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens nach § 128 Abs. 1 GWB und eine Entscheidung über die Auslagen der Verfahrensbeteiligten. War der Antragsteller mit seinem Begehren vor der Vergabeprüfstelle erfolgreich und hätte mithin voraussichtlich auch sein Nachprüfungsantrag Erfolg gehabt, sieht § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB eine Erstattung seiner im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Auslagen durch den unterlegenen Antragsgegner vor (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2003, X ZB 14/03 = NZBau 2004, S. 285, unter II. b)). Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass § 103 Abs. 3 Satz 2 GWB die Prüfung durch die Vergabeprüfstelle nicht zur Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anrufung der Vergabekammer erhoben hat, sondern diese eine fakultative Überprüfungsinstanz bildet. Um dem Antragsteller für das durch eine Abhilfeentscheidung der Vergabeprüfstelle in der Hauptsache tatsächlich erledigte erstinstanzliche Nachprüfungsverfahren nicht unbillig Kosten aufzubürden, hat die Vergabekammer nach § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB bei einer erfolgreichen Anrufung der Vergabeprüfstelle die zweckentsprechenden Aufwendungen des Antragstellers im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren dem Antragsgegner aufzuerlegen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO analog.

Ende der Entscheidung

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