Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 86/05
Rechtsgebiete: VwGO, GWB, VwZG


Vorschriften:

VwGO § 162 Abs. 3
GWB § 61
GWB § 114 Abs. 3 S. 3
GWB § 117 Abs. 1
VwZG § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 17. November 2005 (VK 21/05) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Beschwerdewert: 9.332 €

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb als Rahmenvertrag die Lieferung von ca. 400.000 Tonnen Tausalz in mehreren Losen aus. Sie erhielt insgesamt vier Angebote, wobei das Angebot der Antragstellerin sich auf sämtliche Lose und Loskombinationen bezog und das preislich günstigste war. Mit Schreiben vom 23.09.2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werde, weil es hinsichtlich der Preisangaben nicht eindeutig sei. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen den Einzelpreisen in den Preisblättern und den Preisen aus den Rekalkulationstabellen. Die jeweils zweitplatzierten Angebote der Beigeladenen zu 1) und 2) wurden deshalb für den Zuschlag vorgesehen. Den daraufhin erhobenen Rügen half die Antragsgegnerin nicht ab. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin blieb ohne Erfolg.

Im Rahmen der Nebenentscheidungen hat die Vergabekammer der Antragstellerin die Kosten des Vergabekammerverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beigeladenen auferlegt. Ferner hat sie die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Beigeladenen zu 1) und 2) für notwendig erklärt.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde begehrt die Antragstellerin, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses auszusprechen, dass die Beigeladenen die ihnen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen selbst tragen.

Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass die Überbürdung der Kosten der Beigeladenen nicht der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO analog entspreche, denn sie habe sich mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht in einen Interessengegensatz zu den Beigeladenen gestellt.

Die Beigeladenen treten dem Rechtsmittel entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist die sofortige Beschwerde innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 GWB eingelegt worden.

Gemäß § 117 Abs. 1 GWB beginnt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde mit der Zustellung der Entscheidung. Die vereinfachte Zustellung an einen Rechtsanwalt gemäß §§ 114 Abs. 3 S. 3, 61 GWB in Verbindung mit § 5 Abs. 2 VwZG erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsanwalt durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses den Willen äußert, das Schriftstück als zugestellt entgegen zu nehmen (BverfG, NJW 2001, 1563 f.; BverwGE 58, 107, 108; Hamburgisches OVG, NJW 1999, 965; Niedersächsisches OVG, NVwZ-RR 2005, 365,366).

Am 21.11.2005 unterzeichnete der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin das Empfangsbekenntnis für den ihm von der Vergabekammer auf dem Postwege übermittelten angefochtenen Beschluss. Der Fristbeginn fiel mithin auf diesen Tag, so dass die Einlegung der sofortigen Beschwerde unter dem 05.12.2005 rechtzeitig erfolgte.

Abweichend von der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2) war nicht darauf abzustellen, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin schon am 17.11.2005 per Telefax die zu diesem Zeitpunkt noch nicht unterzeichnete Entscheidung der Vergabekammer zur Kenntnis gebracht wurde. Hierbei handelt es sich nicht um die Zustellung eines elektronischen Verwaltungsaktes. In dem Begleitschreiben vom 17.11.2005 weist die Vorsitzende der Vergabekammer ausdrücklich darauf hin, dass das Original des Beschlusses auf dem Postwege gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werde. Danach liegt bereits kein elektronischer, sondern ein schriftlicher Verwaltungsakt vor. Da entsprechend der in dem Schreiben geäußerten Absicht eine spätere Zustellung des angefochtenen Beschlusses gegen Empfangsbekenntnis erfolgte, diente die Übermittlung per Telefax lediglich der faktischen Vorabinformation der Antragstellerin. Sie sollte und konnte die förmliche Zustellung nicht ersetzen, da § 5 Abs. 2 VwZG die Möglichkeit einer formlosen Zustellung an einen Rechtsanwalt ohne Unterzeichnung eines Empfangbekenntnisses nicht vorsieht.

2. Der Rechtsbehelf der Antragstellerin bleibt in der Sache erfolglos. Die angegriffene Auslagenentscheidung stimmt mit der Kostenrechtsprechung des Senats überein (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2001, 165, 166 m.w.N.; Beschluss vom 20.03.2003, Verg 26/02, Umdruck S. 3; Beschluss vom 29.04.2003, Verg 47/02, Umdruck S. 4; Beschluss vom 05.085.2005, Verg 31/05, Umdruck S. 3; Beschluss vom 22.07.2005, Verg 28/05, Umdruck S. 4). Danach hat der unterliegende Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO aus Gründen der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen, wenn sich der Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt und der Beigeladene sich darüber hinaus aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Antragstellerin hat sich mit dem Nachprüfungsantrag in einen ausdrücklichen Interessengegensatz zu den Beigeladenen begeben, die in erster Instanz Sachanträge gestellt und sich ferner durch Sachvortrag wesentlich am Verfahren beteiligt haben.

Sie hat in dem Nachprüfungsverfahren den Rechtsstandpunkt vertreten, dass ihr an erster Rangstelle liegendes Angebot nicht nur in der Wertung zu verbleiben habe, sondern anstatt des für den Zuschlag vorgesehenen Angebotes der Beigeladenen ihrem als dem preisgünstigsten Angebot der Zuschlag zu erteilen sei. Anders als in den den Entscheidungen des Senates vom 22.07.2005 - Verg 28/05 - und vom 05.08.2005 - Verg 31/05 - zugrundeliegenden Sachverhalten wollte die Antragstellerin somit nicht lediglich den Ausschluss ihres Angebots von der Wertung rückgängig gemacht und eine erneute Angebotswertung durchgeführt sehen, sondern eine abschließende Entscheidung der Vergabekammer über die Zuschlagserteilung zu ihren Gunsten erreichen. Diesem Rechtschutzbegehren entsprechend hat die Antragstellerin in erster Line die Bezuschlagung an sich und nur hilfsweise die bloße Wiederholung der Angebotswertung und die Aufhebung der Ausschreibung beantragt. Hätte sich die Antragstellerin mit dem von ihr vertretenen Rechtsstandpunkt durchgesetzt, wäre demnach nicht lediglich ein Nachprüfungsbegehren, das als solches noch keinen Interessengegensatz zu den Beigeladenen begründet hätte, zum Tragen gekommen, sondern die Bezuschlagung ihres Angebotes erfolgt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO (analog).

Ende der Entscheidung

Zurück