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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 1 U 190/02
Rechtsgebiete: UklaG, VVG


Vorschriften:

UklaG § 1
UklaG § 3
VVG § 172
1. An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr für die Verwendung unzulässiger Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind strenge Anforderungen zu stellen.

2. Nimmt ein Klauselverwender nach Abmahnung eine sog. Drittunterwerfung vor, ist eine Beseitigung der Wiederholungsgefahr jedenfalls dann zu verneinen, wenn ein sachlicher Grund für eine solche Drittunterwerfung nicht erkennbar ist und mit der Drittunterwerfung eine Intensitätsabschwächung in der Verfolgung etwaiger Verstöße gegen die Unterwerfungserklärung verbunden ist.

3. Aufbrauchfristen für wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich rechtlich nicht zulässig.

4. Die Durchführung des Treuhändervertrages gem. § 172 Abs. 2 VVG beseitigt als solche noch nicht die Wiederholungsgefahr.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 190/02

Verkündet am 17. Juli 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ..... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.06.2002 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens in 1. Instanz wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.06.2002 verwiesen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte nicht gegen die festgestellte rechtliche Unzulässigkeit der beanstandeten Klauseln - deren Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß der Rechtsprechung des BGH in den Urteilen vom 09.05.2001 (NJW 2001, 2012 ff und 2014 ff) ist nicht im Streit - sondern ausschließlich gegen die Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei durch die von der Beklagten gegenüber der "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V." in Bad Homburg abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt worden.

Dazu trägt sie im Wesentlichen vor:

Es habe ihr frei gestanden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung statt gegenüber dem sie abmahnenden Kläger gegenüber der "Zentrale" abzugeben.

Sie habe diesen Weg gewählt, um nicht nach den genannten Urteilen des BGH einer Abmahnung durch eine Vielzahl von Verbänden und Mitbewerbern ausgesetzt zu sein. Die "Zentrale", die über jeden Kollusionsverdacht erhaben sei, sei auch in der Lage, die strafbewehrte Unterlassungserklärung ihr gegenüber gegebenenfalls durchzusetzen. Sie verfolge seit Jahrzehnten AGB-rechtlich unzulässige Versicherungsbedingungen mit Anträgen auf Klausel- und Verwendungsverbote (Zeugnis S.).

Auch die zeitliche Einschränkung schade nicht, da im Wettbewerbs- und AGB-Recht die Einräumung von Aufbrauchfristen üblich und angemessen sei; es sei keineswegs ohne Weiteres ausgeschlossen, dass der Verletzte und Unterlassungsschuldner für das Wirksamwerden der Unterwerfungserklärung einen Anfangstermin angebe.

Sie behauptet, sie habe ein Aufklärungsschreiben über die Änderung der Versicherungsbedingungen im August an alle Versicherungsnehmer versandt (Zeugnis St.). Die Klage sei teilweise- nämlich bezüglich des Neugeschäfts - bereits bei Anhängigwerden am 01.08.2001 und im übrigen - bezüglich des Bestands an Versicherungsverträgen - bereits kurze Zeit nach Rechtshängigkeit (30.08.2001) erledigt gewesen. Sie habe das Treuhänderverfahren gemäß § 172 Abs. 2 VVG zur Ersetzung der vom BGH als intransparent angesehenen Klauseln gewählt, um möglichst schnell eine Änderung der AVB herbeizuführen. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, sie hätte eine Unterlassungserklärung gegenüber der "Zentrale" überhaupt nicht abzugeben brauchen, da schon nach ihrem eigenen Verhalten dokumentiert sei, dass die Wiederholungsgefahr entfallen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.06.2002 - 2/02 O 117/01 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält der Beklagten entgegen, diese habe der "Zentrale" die strafbewehrte Unterlassungserklärung "aufgedrängt". Die "Zentrale" habe sie nicht abgemahnt, und es seien auch keine Abmahnungen Dritter zu befürchten gewesen. Die "Zentrale" sei nach ihrer Satzung ein Wettbewerbsverband i.S.d. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AGBG (= § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG) und nicht - wie er - ein Verbraucherschutzverein i.S.d § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AGBG (= § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG). Die Verfolgung von AGB-Verstößen gehöre nicht zu den Tätigkeitsgebieten der "Zentrale", und insoweit habe sie weder ausreichende Fachkunde noch ausreichende Kontrollmöglichkeiten; sie erhalte keine Kenntnis von den Verstößen.

Eine Aufbrauchfrist sei dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fremd; soweit die Rechtsprechung solche akzeptiert habe, habe es sich um Ausnahmefälle gehandelt. Die Unterwerfung unter Beifügung von Bedingungen oder Befristungen lasse die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Die insoweit unzulängliche Unterlassungserklärung werde auch nicht durch Zeitablauf "geheilt", denn sonst sei wegen der erst nach Ablauf der in Anspruch genommenen Aufbrauchfrist ergehenden gerichtlichen Entscheidung ein effektiver Verbraucherschutz nicht möglich.

Das Treuhänderverfahren finde nur Anwendung für bestimmte Hochrisikoversicherungen, nicht aber für die traditionellen Kapital-Lebensversicherungen; jedenfalls sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob das Treuhandverfahren zur Anwendung kommen könne. Jedenfalls helfe das Treuhandverfahren nicht bei Klauseln, die wegen Intransparenz unwirksam seien, so dass der Versicherungsnehmer ihren Inhalt bei der Entscheidung für oder gegen den Vertragsschluss nicht habe berücksichtigen können. Auch finde das Treuhandverfahren keine Anwendung auf beendete Versicherungsverträge, bei denen die in § 172 Abs. 2 VVG tatbestandlich geforderte Notwendigkeit einer Fortsetzung der Verträge denknotwendig nicht mehr bestehe; auch gegenüber den Versicherungsnehmern beendeter Verträge dürfe sich die Beklagte nicht mehr auf die alten Klauseln berufen.

1.

Der Kläger ist klagebefugt, weil er in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen ist. Dies ergibt sich nicht mehr aus § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§22aAGBG, sondern aus den inhaltsgleichen Vorschriften § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 UKlaG. Diese sind an die Stelle der genannten bisherigen Vorschriften des AGBG getreten, da gemäß § 16 Abs. 1 UKlaG am 01.01.2002 anhängige Verfahren nach dem AGBG nach den Vorschriften des UKlaG abzuschließen sind (vgl. BGH NJW 2002, 2386).

2.

Die vom Kläger zur Grundlage seiner Abmahnung gemachten Klauseln verstoßen gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen. Prüfungsmaßstab bleiben nach der allgemeinen Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB für Klauseln, die wie hier nur vor dem 01.01.2002 verwendet worden sind, die materiellen Vorschriften des AGBG (Palandt-Bassenge, BGB, 62. Aufl. 2003, § 16 UKlaG Rn. 2). Ob die "neuen", geänderten Klauseln, welche die Beklagte nunmehr verwendet, ebenfalls gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG bzw. des § 307 n.F. BGB verstoßen, ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

3.

Die für einen Unterlassungsanspruch nach § 13 Abs. 1 AGBG und § 1 UKlaG erforderliche Widerholungsgefahr ist nicht entfallen. Die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unzulässige Klauseln enthalten, begründet eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (st. Rspr., zuletzt etwa BGH NJW 2002, 2386 unter I.2. der Gründe). An die Beseitigung dieser Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr., s. BGH a.a.O.). Der Verwender trägt die Darlegungs- und ggf. Beweislast, dass die Wiederholungsgefahr entfallen ist (BGH GRUR 1987, 640; Lindacher in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl. 1999, § 13 Rn. 55).

a) Die Wiederholungsgefahr ist unter den obwaltenden besonderen Umständen nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber der "Zentrale" als einem Dritten, der die Beklagte nicht abgemahnt hat, entfallen.

Es ist anerkannt, dass jedenfalls grundsätzlich einem Verletzer die Möglichkeit einer Drittunterwerfung nicht abgesprochen werden kann, sofern es sich bei dem Adressaten der Unterwerfungserklärung um einen Dritten handelt, bei dem ein Kollusionsverdacht nicht aufkommen kann und außerdem sicher ist, dass er im Falle der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtungen die vertraglichen Sanktionen geltend macht (Teplizky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl. 2002, Kap. 8 Rn. 41; OLG Frankfurt am Main, WRP 1998, 895, 896). Einer solchen Drittunterwerfungserklärung kann die Eignung, die Wiederholungsgefahr auszuschließen, nicht generell abgesprochen werden (OLG Frankfurt, a.a.O.).

Allerdings sind bei der Frage, ob durch die Drittunterwerfung die Wiederholungsgefahr beseitigt wird, strenge Anforderungen zu stellen; denn dem zunächst abmahnenden Unterlassungsgläubiger werden durch die Drittunterwerfung die eigenen Verfolgungs- und Sanktionsmöglichkeiten genommen (OLG München, WRP 1998, 912, 915). Deshalb wird darauf abgestellt, ob für die Drittunterwerfung ein berechtigtes Interesse besteht (OLG Frankfurt, a.a.O.) Daran oder jedenfalls an einem sachlich vertretbaren Grund für die von der Beklagten vorgenommene Drittunterwerfung gegenüber der "Zentrale" fehlt es hier. Zwar ist anerkannt, dass ein solches berechtigtes Interesse zu bejahen ist, wenn der Unterwerfungsschuldner wegen desselben Vorwurfs eines Wettbewerbsverstoßes mit zahlreichen Abmahnungen und/oder Eilverfahren überzogen wird und er mit der Drittunterwerfung gegenüber einem seriösen Verband seiner Verpflichtung zu rechtlich einwandfreiem Verhalten nachkommt (OLG Frankfurt, a.a.O.). Eine solche Situation stellte sich für die Beklagte aber gerade nicht. Sie war ausschließlich vom Kläger abgemahnt worden, und nähere Anhaltspunkte dafür, von wem und inwiefern die von ihr behaupteten drohenden weiteren Abmahnungen realistischerweise zu gewärtigen waren, hat sie nicht zu geben vermocht; überdies hätte sie sich nachfolgender Abmahnungen Dritter auch ohne Weiteres dadurch erwehren können, dass sie gegenüber dem sie abmahnenden Kläger die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab und sich gegenüber später Abmahnenden auf diese berief.

Ist damit ein sachlich vertretbarer Grund, sich nicht dem Kläger zu unterwerfen, nicht dargetan, ergeben sich im Gegenteil Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens, weil die Beklagte für sich hiermit einen Weg gewählt hat, der im hier interessierenden Zusammenhang einer Abmahnung wegen Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen mit einer Intensitätsabschwächung bei der Überwachung der Einhaltung der Unterlassungserklärung verbunden ist (vgl. OLG München, a.a.O.). Zwar ist angesichts der anerkannten Seriosität der "Zentrale" nicht an deren Willen zu zweifeln, einmal erkannte Verstöße konsequent zu verfolgen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass die Zielrichtung der "Zentrale" und damit auch die Ausrichtung ihrer Marktbeobachtung für das Erkennen von Rechtsverstößen eine andere ist als die des Klägers. Ausweislich der Bestimmung in § 2 Abs. 1 der Satzung der "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" dient diese der Förderung gewerblicher Interessen i.S.d. § 13 AGBG und hat den Zweck, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen; § 2 Abs. 2 der Satzung hebt dazu gerade, aber auch ausschließlich die möglichen Aktivitäten in Wettbewerbsstreitfällen hervor. Demgemäß ist die "Zentrale" zu den Wettbewerbsverbänden i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBG/§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG zu rechnen. In ihrem Internet-Auftritt bezeichnet sie sich selbst als zuständig für alle Fragen des Wettbewerbs rechts. Ihr Ansatzpunkt und damit ihre Marktbeobachtung ist also - anders als beim Kläger - nicht derjenige des Verbraucherschutzes. Zwar kann die "Zentrale" laut ihrem in Internet veröffentlichten Tätigkeitsbericht für 2000 auch eine Reihe von Aktivitäten zur Wahrung bestimmter Verbraucherschutzbestimmungen etwa aus dem Bereich des FernabsatzG und des § 361 a BGB vorweisen, indem sie die Einhaltung dieser Vorschriften gegenüber Gewerbetreibenden angemahnt hat; Aktivitäten mit dem Ziel der Wahrung des AGB-Rechts sind jedoch nicht ersichtlich. Zwar wäre auch denkbar, dass die "Zentrale" durch Dritte - genannt werden von ihr Beschwerden von Mitgliedern, Behörden und Verbrauchern - über etwaige Verstöße gegen ihr gegenüber abgegebene Unterlassungserklärungen informiert wird, um dann ihrerseits vorgehen zu können. Dieser "Benachrichtigungsumweg" bringt aber gerade die Intensitätsabschwächung gegenüber einer Verfolgung in eigener Regie durch stärker mit Blickrichtung auf die Einhaltung der AGB-Vorschriften tätige anerkannte Vereinigungen zum Schutz der Verbraucherinteressen wie den Kläger zum Ausdruck (so auch OLG München, a.a.O., für vor Ort tätige Mitbewerber im Verhältnis zu einer anerkannten Wettbewerbsvereinigung). Soweit die Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz konkretisiert unter Zeugenbeweis stellt, dass die "Zentrale" - so wörtlich - "seit Jahrzehnten AGB-rechtlich unzulässige Versicherungsbedingungen mit Anträgen auf Klausel- und Verwendungsverbote" verfolge, ändert dies zum einen an der beschriebenen besonderen Ausrichtung gerade auf Wettbewerbsangelegenheiten, wie sie in der Satzung beschrieben und ihrem Tätigkeitsnachweis zu entnehmen ist, nichts. Zum anderen wäre dieser konkretisierte Sachvortrag nebst Beweisantritt als neuer Sachvortrag in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht gegeben sind; es ist insbesondere nicht erkennbar, dass sein Fehlen in 1. Instanz nicht auf Nachlässigkeit beruhte, nachdem der Kläger sich bereits dort ausführlich mit der Zielrichtung der Tätigkeit der "Zentrale" auseinandergesetzt hatte.

b) Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens verbleiben auch, soweit die Beklagte eine "Aufbrauchfrist" für die beanstandeten Klauseln in Anspruch genommen hat. Eine Aufbrauchfrist für Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist - anders als dies im gewerblichen Rechtsschutz der Fall sein mag (s. etwa BGH WRP 2001,1179, 1181) - nach einhelliger Meinung abzulehnen (BGH NJW 1982, 2311, 2312; Palandt-Bassenge, a.a.O., § 1 UKlaG Rn. 6; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl. 2001, § 13 Rn. 52); denn die Unzulässigkeit einer derartigen Aufbrauchfrist im Verfahren nach § 13 AGBG folgt gerade aus der Notwendigkeit des Schutzes des Rechtsverkehrs vor unzulässigen Klauseln (BGH, a.a.O.). Soweit der BGH vereinzelt solche Aufbrauchfristen als zulässig angesehen hat, betraf dies Sonderfälle, die mit der hier gegebenen Konstellation nicht gemein haben; weder war hier eine Frist zu gewähren, um übergangslosen anderweitigen Versicherungsschutz der beteiligten Versicherungsnehmer sicher zu stellen (so im Fall BGH GRUR 1990, 522, 528), noch geht es um einen Klauselverwender aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich (so im Fall BGHZ 81, 222 ff - eine Entscheidung, der im übrigen zu Recht ein deutlicher Ausnahmecharakter beigelegt wird [Bultmann, BB 1982, 703; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, a.a.O. Rn. 30 Fn. 125]). Soweit das Oberlandesgericht Köln (NJW-RR 2003, 316, 317) jedenfalls kurze Aufbrauchfristen für unschädlich gehalten hat, weicht dies von der gefestigten Rechtsprechung des BGH ab; dem ist zum einen aus dem für die Nichtanerkennung einer Aufbrauchfrist in AGB-Sachen genannten Grund nicht zu folgen. Zum anderen kann die Frage, ob hier dennoch aus besonderen Gründen bezüglich Neuverträgen die von der Beklagten reklamierte Aufbrauchfrist von rund einer Woche im Verhältnis zu der vom Kläger in der geforderten Unterlassungserklärung vorgegebenen Frist wegen ihrer Kürze anzuerkennen wäre, dahinstehen; immerhin ergeben sich Zweifel an deren Notwendigkeit der Fristüberschreitung angesichts der durchaus nicht knapp bemessenen Frist zur Unterwerfung und dem Vortrag der Beklagten, sie habe schon sehr früh nach Kenntniserlangung von den Urteilen des BGH die Vergleichbarkeit ihrer Klauseln zu prüfen und Änderungen vorzunehmen begonnen. Jedenfalls war es nicht gerechtfertigt, für Altverträge eine Aufbrauchfrist bis zum 15.08.2001 in Anspruch zu nehmen. Denn als Zweck einer Aufbrauchfrist für Allgemeine Geschäftsbedingungen ist der von der Beklagten in ihrer Unterwerfungserklärung gegenüber der "Zentrale" angegebene Grund, bis zu diesem Termin durch ein Treuhänderverfahren oder andere Vorgehensweisen Ersatzklauseln zu schaffen, um keine Unsicherheit über die Rechtslage aufkommen zu lassen, nicht anzuerkennen; es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte gehindert gewesen wäre, für die Übergangszeit bis zur Beendigung des aus ihrer Sicht erforderlichen Treuhänderverfahrens die endgültige Abwicklung von Verträgen auszusetzen.

c) Es ist auch nicht feststellbar, dass die Wiederholungsgefahr ansonsten entfallen wäre. Allein aus der Versicherung, die unwirksamen Klauseln nicht mehr verwenden zu wollen, folgt noch nicht die Beseitigung der Wiederholungsgefahr (BGH NJW 2002, 2386 unter I.2. der Gründe; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, a.a.O., Rn. 30 m.w.N. in Fn. 123). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte ein Treuhänderverfahren gemäß § 172 Abs. 2 VVG durchgeführt hat. Ob die Beklagte die durch die Entscheidungen des BGH in ihrem Klauselwerk entstandenen Lücken in rechtlich zulässiger Weise durch ein solches Treuhänderverfahren füllen durfte, insbesondere ob § 172 Abs. 2 VVG nicht nur für die in § 172 Abs. 1 VVG genannten "Hochrisikoversicherungen" gilt (bejahend OLG Stuttgart, VersR 2001, 1141, 1142 ff; offen gelassen durch die hierzu ergangene Revisionsentscheidung des BGH WRP 2003, 76, 77), und ob das Treuhänderverfahren nach einem sachlich zutreffenden rechtlichen Maßstab durchgeführt wurde - Ersatz oder Ergänzung der allgemeinen Bestimmung des § 6 Abs. 2 AGBG (Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. 1999, § 172 Rn. 6; Egon Lorenz in Anm. zu OLG Stuttgart, a.a.O. 1147, 1148) -, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Hier kommt es allein darauf an, ob die Durchführung eines solchen Treuhänderverfahrens geeignet wäre, die Widerholungsgefahr für eine Verwendung der unwirksamen Klauseln zu beseitigen. Dies ist zu verneinen. Die Durchführung des Treuhänderverfahrens als solche beseitigt noch nicht die Wiederholungsgefahr, da die neuen Klauseln - immer die Zulässigkeit und Ordnungsgemäßheit des Treuhänderverfahrens vorausgesetzt - gemäß § 172 Abs. 3 VVG erst durch Benachrichtigung des Versicherungsnehmers von der Änderung und Ablauf einer Zwei-Wochen-Frist nach der Mitteilung wirksam werden. Ob eine Wiederholungsgefahr als beseitigt anzusehen wäre, wenn die Beklagte eine umfassende Umsetzung der neuen, im Treuhänderverfahren gefundenen Klauseln durch Benachrichtigung aller ihrer Versicherungsnehmer mit Altverträgen durchgeführt hätte, kann dahinstehen. Denn bei ihrer Behauptung, ein entsprechendes Benachrichtigungsschreiben sei im August 2001 an alle ihre Versicherungsnehmer versandt worden, handelt es sich um neuen Sachvortrag in der Berufungsinstanz, der gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist, da die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht gegeben sind; es ist insbesondere nicht erkennbar, dass der insoweit fehlende Sachvortrag in 1. Instanz nicht auf Nachlässigkeit beruhte. Die Frage, ob das Treuhänderverfahren nicht auch deshalb zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr ungeeignet sei, weil es nicht auch schon beendete oder außer Vollzug gesetzte Versicherungsverträge betreffe, kann daher ebenfalls dahinstehen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere weicht diese Entscheidung auch nicht von der des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20.02.2003 - 12 U 210/02 ab, da die dortige Entscheidung auf Besonderheiten eines anders gelagerten Sachverhalts beruht.

Ende der Entscheidung

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