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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 1 U 249/05
Rechtsgebiete: BauGB, BGB, HessNatG


Vorschriften:

BauGB § 221 IV
BGB § 203
BGB § 852 II
HessNatG § 39
1. Die Verweisungsregel des § 39 Abs. 2 HeNatG erstreckt sich auf das Entschädigungsverfahren.

2. Die Vorschussfreiheit gemäß § 221 Abs. 4 BauGB bezieht sich nicht auf Streitigkeiten über Entschädigungen für naturschutzrechtliche Nutzungsbeschränkungen im Lande Hessen.

3. § 39 HeNatG stellt gegenüber den Anspruchsgrundlagen des enteignungsgleichen oder des enteignenden Eingriffs eine vorrangige, abschließende Spezialregelung dar.

4. Die übereinstimmende Erledigungserklärung ist als eine "anderweitige Erledigung" des Prozesses im Sinne des § 211 Abs. 1 BGB a. F. anzusehen.

5. Für die Abgrenzung des Gegenstands von "Verhandlungen" im Sinne der §§ 852 Abs. 2 BGB a. F., 203 BGB n. F. ist sinngemäß auf die Kriterien zur Bestimmung des prozessualen Streitgegenstands zurückzugreifen.


Gründe:

I. Der Kläger begehrt Entschädigung, hilfsweise Schadensersatz dafür, dass ihm das beklagte Land (nachfolgend: der Beklagte) in der Zeit von Oktober 1986 bis zum 21.3.1989 die weitere Verfüllung von Kiesgruben letztlich aus Gründen des Naturschutzes nicht erlaubte, wodurch seine Grundstücke wertlos geworden seien.

Im Oktober 1986 beantragte der Kläger eine abfallrechtliche Erlaubnis zur weiteren Verfüllung seiner Kiesgruben. Er meint, diesem Antrag hätte vor dem 21.3.1989 stattgegeben werden müssen. Am 26.9.1987 stellte der A-Kreis - Bbehörde - die Grundstücke des Klägers als "Naturdenkmal" einstweilig sicher. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Am 16.10.1987 wurde der Antrag auf die Erteilung der Verfüllungserlaubnis abgelehnt. Auch dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Am 15.3.1989 hob der A-Kreis - Bbehörde - die Sicherstellungsverfügung vom 26.9.1987 auf Weisung des Cs auf. Dieses stellte die Grundstücke des Klägers am 21.3.1989 als Naturschutzgebiet zunächst für 3 Jahre vorläufig sicher. Das C wies den klägerischen Widerspruch gegen die Ablehnung der Verfüllungsgenehmigung am 5.5.1989 zurück. Die dagegen erhobene Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht ebenso ohne Erfolg wie die Klage gegen die Sicherstellung vom 21.3.1989. Das letztgenannte Urteil ließ der Kläger rechtskräftig werden. Seine die Verfüllungsgenehmigung betreffende Klage verfolgte der Kläger in einem Berufungsverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof weiter. Mit Anwaltsschreiben vom 8.1.1997 forderte er das C unter dem Betreff "Anwendung des § 39 HeNatG" zur Leistung einer Entschädigung auf. Am 6.5.1999 erklärten die Parteien das die Verfüllungsgenehmigung betreffende Berufungsverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof übereinstimmend für erledigt; dieser erließ am gleichen Tage einen Einstellungsbeschluss, der dem Kläger am 16.7.1999 zugestellt wurde. Am 23.7.1999 forderte das C den Kläger unter dem Betreff "Entschädigung wegen Verkehrswertminderung gemäß § 39 HeNatG" zur Vorlage von Unterlagen auf; dem kam er am 1.12.1999 teilweise nach. Mit dem Kläger am 3.5.2000 zugestelltem Schreiben vom 26.4.2000 lehnte das C eine Entschädigung ab.

Der Kläger hat dagegen am 2.6.2000 Klage erhoben, ohne einen Antrag anzukündigen und einen Kostenvorschuss einzuzahlen. Beides hat er erst mit der Klagebegründung vom 15.8.2002, die dem Beklagten am 3.9.2002 zugestellt worden ist, nachgeholt.

Zur Darstellung weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs aus § 39 HeNatG als unzulässig wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist analog § 52 Abs. 1 HEG, hinsichtlich des Amtshaftungsanspruches als unbegründet wegen Verjährung. Dagegen wendet sich der Kläger in der Berufung mit umfangreichen Rechtsausführungen. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 26.08.2005

1. den Beklagten zu verpflichten, dem Übernahmeverlangen für das streitgegenständliche Areal des Klägers unter Gewährung einer angemessenen Entschädigung, die nicht unter dem Ankaufspreis für entsprechendes landwirtschaftliches Gelände im Bereich der Stadt O1 liegen darf, zu entsprechen;

hilfsweise

2. den Beklagten zu verpflichten, über das Übernahmeverlangen des Klägers in Bezug auf das streitgegenständliche Areal unter Gewährung einer angemessenen Entschädigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; weiterhin hilfsweise

3. den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung nach Maßgabe von § 839 BGB, Art. 34 Abs. 1 GG wegen der seit 1987 bis heute gegenüber dem Kläger aufrecht erhaltenen Untersagung der weiteren Verfüllung der streitgegenständlichen Flurstücke zu verurteilen, und zwar in Höhe von mindestens 160.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2000.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Die Rüge der Unzulässigkeit des Zivilrechtsweges hat der Kläger am 16.2.2006 in der Berufungsverhandlung fallen gelassen und die Sachanträge, nicht den ebenfalls in der Berufungsbegründung angekündigten Antrag auf Verweisung an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gestellt. Mit Schriftsatz vom 2.5.2006 hat er den Klageantrag auf Übernahme seiner streitgegenständlichen Grundstücke für erledigt erklärt.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Ausführungen zur Zulässigkeit des Zivilrechtsweges und zu § 17a Abs. 5 GVG erübrigen sich angesichts der dargestellten Erklärungen des Klägers in der Berufungsverhandlung.

2. Das Landgericht hat die auf Entschädigung gerichtete Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid ist bestandskräftig, weil der Kläger die entsprechend § 52 Abs. 1 HEG einzuhaltende Klagefrist nicht gewahrt hat (nachfolgend a - d). Für Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff ist neben der abschließenden Spezialregelung des § 39 HeNatG kein Raum, so dass die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verwaltungsakte offen bleiben kann (nachfolgend e).

a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger den Ablehnungsbescheid entsprechend § 52 Abs. 1 HEG binnen eines Monats nach Zustellung hätte anfechten müssen, und zwar durch Klageerhebung vor dem Landgericht als ordentlichem Gericht (§ 50 HEG).

(1) Diese Vorschriften sind zwar nicht unmittelbar anwendbar, weil die Parteien nicht im Rechtssinne um eine Enteignungsentschädigung streiten. Das HEG regelt gemäß § 1 Abs. 1 Enteignungen auf landesrechtlicher Grundlage. Naturschutzrechtliche Nutzungsbeschränkungen, auf die der Kläger in diesem Zusammenhang sein Entschädigungsbegehren stützt, sind keine Enteignungen im Rechtssinne, sondern Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG unabhängig davon, wie intensiv sie den Eigentümer jeweils belasten (vgl. BVerwG NJW 1993, 2949; BGH NJW 1994, 3283; 1995, 964, 965; BVerfG NJW 1999, 2877 [zu einer Denkmalschutzvorschrift]).

(2) Die Anwendbarkeit jener Vorschriften folgt indessen aus § 39 Abs. 2 HeNatG in der bis zum 28.12.1994 geltenden Fassung - die maßgebend ist, weil der Kläger für behördliche Nutzungsbeschränkungen in den Jahren 1986 bis 1989 entschädigt werden will -, wo die entsprechende Anwendung der Entschädigungsgrundsätze bei der förmlichen Enteignung angeordnet ist. Diese Verweisung erstreckt sich auf das Entschädigungsverfahren, was selbst für die eine entsprechende Verweisung nicht mehr enthaltende Neufassung der Vorschrift anerkannt ist (vgl. Weitzel, in: HENatR, Stand 2004, § 39 HeNatG Rn. 11; für die vom 28.12.1994 bis zum 31.12.1997 geltende Fassung Franz, Das Recht des Naturschutzes in Hessen, 2. Aufl. 1999, § 39 Rn. 15). § 39 HeNatG wie die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes regeln die Anfechtung von Entschädigungsbescheiden nicht abweichend. Eine Anwendung der Regeln über das Vorverfahren i. S. d. §§ 68 ff. VwGO, erst recht eine Klage zum Verwaltungsgericht kommt angesichts dessen von vornherein nicht in Betracht, dass nach § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO a. F. insoweit der Zivilrechtsweg gegeben ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., vor § 68 Rn. 2a; BGH NJW 1995, 964, 965). Die zum Verwaltungsrechtsweg führende Neufassung des § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO ist im Streitfall unanwendbar. Gemäß § 194 Abs. 5 VwGO ist diese Neufassung erst auf ab dem 1.1.2002 bei Gericht anhängig werdende Verfahren anzuwenden. "Anhängigkeit" im Sinne dieser Überleitungsvorschrift ist nicht mit "Rechtshängigkeit" gleichzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 2004 - 5 KSt 1/04, in juris dokumentiert). Die Klage ist im Jahre 2000 beim Landgericht anhängig geworden.

b) Der Kläger hat die Klagefrist durch Einreichung des Klageschriftsatzes vom 2.6.2000 nicht gewahrt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

(1) Klageerhebung (§ 52 Abs. 1 HEG) erfordert nach § 253 ZPO Zustellung eines Schriftsatzes, der Klageschrift. Nach § 270 Abs. 3 ZPO a. F. (seit 1.1.2002 § 167 ZPO) konnte eine Frist durch die Klageeinreichung gewahrt werden, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgte. Gemäß § 65 Abs. 1 GKG a. F. - die Vorschrift ist wegen der Klageerhebung vor dem 1.7.2004 anwendbar, § 72 Nr. 1 GKG 2004 - war erst nach Einzahlung eines Kostenvorschusses zuzustellen. Die vom Kläger erstinstanzlich undeutlich angesprochene Vorschussfreiheit gem. § 221 Abs. 4 BauGB betrifft nur das Baulandverfahren. Sie ist nicht auf die vorliegende Entschädigungsstreitigkeit übertragbar, weil der hessische Landesgesetzgeber nicht entsprechend dem BauGB eine einheitliche Zuständigkeit für alle den Enteignungsbeschluss betreffenden Streitigkeiten geschaffen, sondern nur die Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung den Zivilgerichten zugewiesen hat (vgl. BGHR BauGB § 221 Abs 4 Gerichtskostenvorschuß 1; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger-Kalb, BauGB, Stand 1.9.2005, § 221 Rn. 26; § 232 Rn. 6).

(2) Die Klageschrift ist erst am 3.9.2002 (Bl. 36 d. A.), also nicht "demnächst" zugestellt worden, weil der Kläger erst mit dem Begründungsschriftsatz vom 15.8.2002 einen Vorschuss eingezahlt hat (Bl. 16 d. A.). Seine Klageschrift enthielt nicht einmal eine Streitwertangabe zur Berechnung des Vorschusses.

(3) Angesichts dessen bedarf keiner Entscheidung, ob die Zustellung der Klageschrift auch deshalb verweigert werden durfte, weil die Klageschrift die Ankündigung eines bestimmten Antrages i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vermissen ließ (vgl. hierzu Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 253 Rn. 21a; -Stöber § 216 Rn. 6).

c) Selbst wenn der Verwaltungsrechtsweg gegeben gewesen wäre, hätte die Klage zum Landgericht nach dessen Regeln, nach der für das Landgericht maßgeblichen Verfahrensordnung erhoben werden müssen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 90 Rn. 3; ähnlich MünchKommZPO-Wolf § 17 GVG Rn. 12).

d) Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid konnte in Bestandskraft erwachsen und deshalb auch die Klagefrist auslösen. Er ist nicht nichtig. Ein Fall nach § 44 Abs. 2, 3 HVwVfG liegt nicht vor. Der Bescheid leidet nicht unter besonders schwerwiegenden Fehlern, jedenfalls ist dies nicht offensichtlich (§ 44 Abs. 1 HVwVfG).

(1) Die vom Kläger gerügten Verfahrensfehler sind nicht als besonders schwerwiegend einzustufen.

Zuständigkeitsfehler führen nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 14 ff.). Das C, das den Bescheid erlassen hat, ist auch die zuständige Enteignungsbehörde (§ 11 Abs. 1 HEG). Welcher Mitarbeiter des Cs den Bescheid unterschrieben hat, ob m. a. W. behördenintern der Geschäftsverteilungsplan eingehalten ist, ist keine Frage der Wirksamkeit, sondern allenfalls eine solche der Rechtmäßigkeit des Bescheids.

Es spricht viel dafür, dass das C über das klägerische Übernahmeverlangen im Rahmen eines förmlichen Enteignungsverfahrens hätte entscheiden, insbesondere, dass es hätte mündlich verhandeln müssen. Dieser Fehler hat indessen kein hinreichendes Gewicht (vgl. Kopp/Ramsauer a. a. O. § 44 Rn. 22 mit Fn. 31, § 67 Rn. 22; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 67 Rn. 31, 33), denn der Kläger macht selbst nicht geltend, er sei trotz anwaltlicher Vertretung außerstande gewesen, seinen Standpunkt zu äußern.

(2) Die in Betracht kommenden Fehler des Cs sind nicht offensichtlich. Dem Bescheid ist die Fehlerhaftigkeit nicht "auf die Stirn geschrieben" (vgl. Kopp/Ramsauer a. a. O. Rn. 12). Insbesondere die Antwort auf die Frage, ob auch über Entschädigungen nach § 39 HeNatG in einem förmlichen Enteignungsverfahren analog den Regeln des HEG zu entscheiden ist, liegt nicht auf der Hand.

e) Das Entschädigungsbegehren des Klägers kann nicht unabhängig von der Klagefrist des § 52 Abs. 1 HEG auf die allgemeinen, gewohnheitsrechtlich anerkannten Anspruchsgrundlagen des enteignungsgleichen oder des enteignenden Eingriffs gestützt werden. § 39 HeNatG stellt insoweit eine vorrangige, abschließende Spezialregelung dar (vgl. Franz a. a. O. § 39 Rn. 1 und öfter; für natur- oder denkmalschutzrechtliche Entschädigungsregelungen in anderen Bundesländern BGHZ 90, 17, 29; 99, 24, 29; 105, 15, 16 f.; wegen Rechtmäßigkeit offen gelassen in BGHZ 123, 242, 246). Die Vorschrift differenziert nicht zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Eingriffen in das Eigentum, sondern stellt allein auf die "enteignende" Wirkung ab, dies auf der Grundlage des hergebrachten, weiten Enteignungsbegriffs, der vor der Nassauskiesungsentscheidung des BVerfG anerkannt war. Der Wortlaut der Bestimmung legt eine derartige Differenzierung nicht nahe; sie ist auch sachlich nicht geboten.

3. Das Landgericht hat die Klage auch insoweit zu Recht abgewiesen, als der Kläger sie hilfsweise auf Amtshaftung (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG) gestützt hat.

a) Der Kläger hat seinen auf 160.000 € bezifferten Schaden weder ausreichend dargelegt noch bewiesen.

(1) Dies gilt zum Einen für die angebliche Entwertung der klägerischen Grundstücke auf 0, aus der der Kläger unter Ansatz eines Wertes landwirtschaftlicher Flächen in Höhe von 7,67 €/qm einen Schaden von 140.530 € herleitet. Da die Unterschutzstellung vom 21.3.1989 - wie auch der Kläger nicht mehr in Abrede stellt - rechtmäßig war, kommt als haftungsbegründend nur das frühere Verhalten der Bediensteten des Beklagten in Betracht. Es kann indessen nicht festgestellt werden, dass gerade dieses vermeintlich rechtswidrige Verhalten den angeblichen Wertverlust bewirkt hat. Der Beklagte hat den klägerischen Schaden unter Hinweis auf das Schreiben des Klägers vom 10.6.1985 (Anl. K 3, Bl. 27 d. A.) bestritten, in dem dieser unter Hinweis auf eine Rezession im Tiefbau und seine schlechte Wettbewerbssituation für sein benachbartes Flurstück ... eine Verlängerung der abfallrechtlichen Verfüllungsgenehmigung um fünf Jahre bis zum 30.6.1990 beantragte. Das legt Zweifel daran nahe, ob er für die Verfüllung der streitgegenständlichen Grundstücke, erst recht für den den Ackerlandwert wieder herstellenden Abschluss der Verfüllung mit Rekultivierung bis zum 21.3.1989 Kunden gefunden hätte.

(2) Aus den nämlichen Gründen ist ein entgangener Gewinn in Höhe von 19.470 € aus einem vereitelten Verfüllungsgeschäft nicht hinreichend wahrscheinlich (§ 252 BGB).

(3) Der Senat hat den Kläger in der Berufungsverhandlung auf diese Mängel seines Vortrags hingewiesen. Der Kläger hat nicht ergänzend vorgetragen und auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dies noch wolle und könne.

b) Der vermeintliche Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist zudem verjährt.

(1) Für den Beginn der Verjährungsfrist, die Hemmung und die Unterbrechung ("Neubeginn") bis zum 31.12.2001 ist nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB altes Recht maßgebend, für die Hemmung ab dem 1.1.2002 neues Recht. Ob die neuen Verjährungsfristen kürzer oder länger sind, kann hier dahin stehen, weil die alte Frist jedenfalls gälte, wenn sie kürzer wäre (Art. 229 § 6 Abs. 3, Abs. 4 S. 2 EGBGB). Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB lief, nachdem der Kläger erkannt hatte, dass der Beklagte ihn an einer weiteren Verfüllung hinderte, spätestens im Jahre 1989. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterbrachen als Primärrechtsschutz die Verjährung. Diese Unterbrechung endete mit dem Abschluss dieser Verfahren; mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung vom 6.5.1999, die eine "anderweitige Erledigung" des Prozesses i. S. d. § 211 Abs. 1 BGB a. F. darstellte (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 211 Rn. 2; Staudinger[1995]-Peters § 211 Rn. 5), begann die Dreijahresfrist neu zu laufen. Bei Einreichung der Klagebegründung am 15.8.2002 war die Frist bereits seit über drei Monaten verstrichen.

(2) Die Verjährung war nicht durch Verhandlungen zwischen den Parteien im Sinne der §§ 852 Abs. 2 BGB a. F., 203 BGB n. F. gehemmt.

(i) Der Begriff der "Verhandlungen" ist nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Meinung weit zu fassen (vgl. BGH NJW 1983, 2075, 2076; Mankowski/Höpker MDR 2004, 721, 722). Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern nicht sofort eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird (vgl. BGH NJW 2001, 885, 886; 1723; NJW-RR 2001, 1168, 1169; NJW 2004, 1654; Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 203 Rn. 2). Was Gegenstand der Verhandlungen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Insoweit können die Abgrenzungskriterien zum prozessualen Begriff des Streitgegenstands jedenfalls sinngemäß Verwendung finden (vgl. OLG München ZIP 2005, 656 ff. [juris-Rn.23]; Mankowski/Höpker a. a. O., 724 f.; Ahrens NJW 1983, 2077). Auszugehen ist von dem zur Anspruchsbegründung herangezogenen Lebenssachverhalt; im Zweifel erstrecken sich die Verhandlungen auf alle Ansprüche und auf alle Schäden, die sich aus diesem Sachverhalt für den Gläubiger ergeben können (vgl. BGH VersR 1985, 1141 f. [unter II 1 a) der Entscheidungsgründe]; Bamberger/Roth-Spindler, BGB, Aktualisierung Januar 2005, § 203 Rn. 6).

(ii) Gegenstand der "Verhandlungen" zwischen den Parteien waren etwaige Entschädigungsansprüche des Klägers nach § 39 HeNatG. Das geht aus dem Betreff des vom Kläger herangezogenen Schreibens des Cs vom 23.7.1999 eindeutig hervor. Auch in der voran gegangenen Korrespondenz ging es immer nur um derartige Entschädigungsansprüche, nicht um aus schuldhaften Fehlern der handelnden Beamten hergeleitete Amtshaftungsansprüche. Der Unterschied liegt nicht nur in der Anspruchsgrundlage, auf die es insoweit nicht ankommen kann, sondern in einer entscheidenden Sachverhaltsvariante: Für die Entschädigung ist die Beeinträchtigung des Eigentums maßgebend und ausreichend; diese hatte der Kläger ausgeführt. Für den Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung kommt es entscheidend auf schuldhafte Amtspflichtverletzungen der handelnden Beamten an. Hierauf bezog sich die vorgelegte, vorprozessuale Korrespondenz zwischen den Parteien nicht.

(3) Der Beklagte verhält sich nicht treuwidrig, indem er sich auf die Verjährung beruft. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Palandt-Heinrichs, a. a. O., Überbl. vor § 194 Rn. 17 m. N.). Der Beklagte hat den Kläger insbesondere nicht hingehalten und zur Fristversäumnis verleitet. Der Kläger hatte auch nach dem Ablehnungsbescheid genügend Zeit, die Amtshaftungsklage zu erheben.

4. Der nicht nachgelassene klägerische Schriftsatz vom 2.5.2006 (Bl. 303 ff. d. A.) war nach §§ 525, 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Das gilt auch für die dort abgegebene Erklärung der teilweisen Erledigung, der der Beklagte nicht zugestimmt hat und die deshalb als auf eine Feststellung der Erledigung gerichtete Klageänderung anzusehen ist. Hierfür war nach Schluss der mündlichen Verhandlung kein Raum mehr. Gründe für deren Wiedereröffnung macht der Kläger nicht geltend; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Angesichts dessen kann offen bleiben, worin ein erledigendes Ereignis zu sehen sein sollte und ob das klägerische Entschädigungsbegehren im erklärten Sinne teilbar ist.

5. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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