Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.10.2009
Aktenzeichen: 1 U 37/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91a
ZPO § 840
Schadensersatzpflicht des die Auskunft nicht erteilenden Drittschuldners für unnütze Prozesskosten; Geltendmachung im Drittschuldnerprozess (Anschluss an BGH, Urteil vom 4. Mai 2006, IX ZR 189/04).
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.2.2009 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz von der Klägerin zu 38%, der Beklagten zu 62% zu tragen sind. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert der Berufung wird auf 3.600 € festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im ausgesprochenen Umfang begründet.

A. Eine Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kam nicht in Betracht, denn die Zahlungsklage war ursprünglich unbegründet (vgl. BGH MDR 1979, 1000 f. [juris-Rn. 5]; BGHZ 79, 275, 276). Dem Schuldner A der Klägerin standen - wie bereits erstinstanzlich unstreitig geworden ist - keine Provisionsansprüche gegen die Beklagte als Drittschuldnerin zu.

B. Eine verständige Auslegung der klägerischen Berufungsanträge ergibt indessen, dass die Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren unnütz aufgewandten Kosten festgestellt werden möge (vgl. BGH WM 1981, 386 ff. [juris-Rn. 14]; NJW 1994, 2895, 2896 [unter 3. der Entscheidungsgründe]). Dieses Begehren ist auf der Grundlage des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO teilweise gerechtfertigt.

I. Unterlässt der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben, so kann der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen und diesen ohne Kostenrisiko einklagen. Ergibt sodann die prozessuale Einlassung des Drittschuldners, dass die geltend gemachte Forderung nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, so kann der Pfändungsgläubiger im selben Prozess gemäß § 263 ZPO auf die Schadensersatzklage übergehen und erreichen, dass aufgrund des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Drittschuldner verurteilt wird, die bisher entstandenen Kosten, insbesondere die des Erkenntnisverfahrens über die gepfändete Forderung, in vollem Umfang zu erstatten (vgl. BGH, Urt. v. 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04, BGHR ZPO (1.1.2002) § 840 Abs. 1 Drittschuldnererklärung 5, st. Rspr.; Hervorhebung durch den Senat ).

II. Die Beklagte hat anlässlich der am 1.7.2008 - ungeachtet einer geringfügigen Ungenauigkeit der Firmenbezeichnung wirksam - erfolgten Zustellung des auf die vermeintlichen Provisionsansprüche des Schuldners A bezogenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 26.5.2008 (Anlage 7 zur Klageschrift, Bl. 21 f. d. A.) keinerlei Erklärungen zu den Fragen des § 840 Abs. 1 ZPO abgegeben. Dies begründet ihre Kostenhaftung dem Grunde nach unabhängig davon, ob sie früher anlässlich der Pfändung vermeintlicher Ansprüche As auf Arbeitseinkommen Auskünfte erteilt hatte und ob diese zutrafen; Arbeitseinkünfte sind nicht Gegenstand der Klage geworden, sondern allein Provisionsansprüche, von deren Bestehen und Beitreibbarkeit die Klägerin angesichts der Schweigsamkeit der Beklagten nach dem 1.7.2008 zunächst ausgehen durfte. Dies hat sich erst mit der Klageerwiderung vom 15.9.2008 geändert. Dort ist auf S. 2 (Bl. 45 d. A.) in verspäteter Beantwortung der Frage gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausgeführt, A habe seit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.9.2007 keinerlei Zahlungsansprüche mehr; angesichts dessen stellten sich die Fragen gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO nicht. Da sich die Beklagte hinsichtlich des Verschuldens nicht entlastet hat, war ihre Ersatzpflicht hinsichtlich der bis zur Klageerwiderung entstandenen Kosten antragsgemäß festzustellen. Anders verhält sich dies mit den anwaltlichen Terminsgebühren. Diese sind aus dem ursprünglichen Streitwert entstanden, weil die Klägerin in Kenntnis der o. a. Auskunft und in der irrigen Rechtsansicht, die Beklagte müsse die Richtigkeit ihrer Auskunft belegen, streitig über die Zahlungsklage verhandelt hat; die Verspätung der Auskunft ist für diesen Kostenteil nicht ursächlich geworden. Die festgestellte Ersatzquote entspricht dem Verhältnis der Terminsgebühren zu den Gesamtkosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

C. Die Entscheidung über die Berufungskosten folgt aus § 97 Abs. 2 ZPO. Soweit die Klägerin obsiegt, beruht dies auf der Umstellung ihrer Klage vom Zahlungs- auf das die Verfahrenskosten betreffende Feststellungsbegehren. Diese Umstellung hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht vorgenommen. Das ihr vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung nach § 283 ZPO eingeräumte Schriftsatzrecht erstreckte sich nicht auf das Nachschieben von Anträgen (vgl. OLG München MDR 1981, 502, 503; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 283 Rn. 5). Das Landgericht hätte die Erledigungserklärung deshalb nach § 296a ZPO nicht berücksichtigen dürfen (vgl. Zöller-Greger, a. a. O.) mit der Folge, dass sich sein Urteil für den Sach- und Streitstand zum Schluss der ersten Instanz ungeachtet der fehlerhaften Auslegung der Erledigungserklärung (s. dazu oben B) im Ergebnis als zutreffend erweist.

D. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 2 ZPO. Der Streitwert war nach § 3 ZPO aufgrund einer Schätzung der erstinstanzlichen Kosten festzusetzen.

Ende der Entscheidung

Zurück