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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.12.2002
Aktenzeichen: 1 U 49/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 117
BGB § 125
BGB § 139
BGB § 781
ZPO § 288
ZPO § 290
1. Zur Abgrenzung der verschiedenen Arten von Schuldanerkenntnissen.

2. Das Verschweigen einer lebenslänglichen Stundung des anerkannten Anspruchs kann nach §§ 117, 139 BGB zur Unwirksamkeit eines notariell beurkundeten Schuldanerkenntnisses führen.

3. Zu den Voraussetzungen eines Geständnisses in Form übereinstimmenden schriftsätzlichen Vortrages und des Widerrufs eines solchen Geständnisses.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 49/01

Verkündet am 23.12.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2.12.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.2.2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Limburg wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis geltend.

Sie ist die dritte Ehefrau und Alleinerbin des am 9.10.1997 verstorbenen Kaufmanns M. Dieser hatte am 13.4.1957 Mi., seine zweite Ehefrau und die jetzige Ehefrau des Beklagten, geheiratet. Die Eheleute M. und Mi. erwarben mit dem Vertrieb von Schallplatten ein beträchtliches Vermögen. Im Jahre 1969 sollte diese Ehe auf Betreiben der Ehefrau geschieden werden. Die Eheleute hatten weiterhin ein gutes Verhältnis und bemühten sich um eine einverständliche Vermögensauseinandersetzung. Sie erstellten zu diesem Zweck unter dem 15.9.1969 zwei Vermögensaufstellungen und regelten einzelne Aufteilungsfragen (Bl. 58 ff. d. A.). Ob sie auch eine auf den 22.9.1969 datierte Auseinandersetzungsvereinbarung (Bl. 54 ff. d. A.) schlössen, ist streitig. Jedenfalls teilten die Ehegatten ihr Vermögen in der Folgezeit bis zum Ende des Jahres 1969 weitgehend auf. Die Ehe wurde am 24.9.1969 geschieden. Am 16.12.1970 heiratete M. die Klägerin.

Am 22.6.1971 erklärten M. und Mi. zu UR-Nr. 270/1971 des Notars Dr. N. folgendes:

"Unsere Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom . Sept. 1969 geschieden. Im Rahmen der zwischen uns während der Ehescheidung erfolgten Vermögensauseinandersetzung verschulde ich, der Erschienene zu 2) meiner früheren Ehefrau, der Erschienenen zu 1) noch einen Betrag in Höhe von DM 1.200.000,00 (i. W. eine Million und zweihunderttausend Deutsche Mark). Dieser Anspruch der Erschienen zu 1) mir gegenüber besteht noch in vollem Umfange und in voller Höhe.

Dies vorausgeschickt erkläre ich, der Erschienene zu 2) nunmehr folgendes Schuldanerkenntnis

Ich, der Erschienene zu 2) erkenne hiermit an, meiner früheren Ehefrau, der Erschienenen zu 1) aus der zwischen uns erfolgten Vermögensauseinandersetzung noch einen Betrag von DM 1.200.000,- (i. W. eine Million und zwei hunderttausend Deutsche Mark) zinslos zu verschulden.

Die Forderung ist fällig.

In Ansehung dieses Anspruches der Erschienen zu 1) unterwerfe ich, der Erschienene zu 2), mich der sofortigen Zwangsvollstreckung gemäß § 794 Abs. 5 ZPO in mein gesamtes Vermögen.

Der amtierende Notar wird angewiesen, von dieser Urkunde der Erschienenen zu 1) jederzeit vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen ohne dass es eines Nachweises der Fälligkeit bedarf.

Ich, die Erschienene zu 1) nehme dieses Schuldanerkenntnis meines früheren Ehemannes hiermit an.

Gleichzeitig erkläre ich, dass mein Zahlungsanspruch gegenüber dem Erschienen zu 2) durch meinen Tod erlischt und nicht auf meine Erben übergeht.

Die Kosten dieser Urkunde trägt der Erschienene zu 2)."

Unmittelbar im Anschluss hieran gab Frau Mi. in Abwesenheit des M. zur UR-Nr. 271/1971 vor dem Notar Dr.N. in Frankfurt/Main eine Erklärung folgenden Wortlauts ab:

"Ich habe von dem Schuldanerkenntnis meines früheren Ehemannes, Herrn M. in der not. Urkunde des auch jetzt amtierenden Notars vom 22. Juni 1971, Urkunde Nr. 270/71 Kenntnis genommen und dasselbe zugleich angenommen.

Ich verpflichte mich hiermit unwiderruflich, erst nach dem Ableben des Herrn M. von der Zahlungsverpflichtung aus dieser Urkunde Gebrauch zu machen und verpflichte mich insbesondere auch bei dem Notar und dessen Rechtsnachfolger im Amt, vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 22. Juni 1971, UR-Nr. 270/71 erst nach dem Ableben von Herrn M. zu verlangen.

Bevor ich dies dem Notar gegenüber nicht glaubhaft gemacht habe, habe ich keinen Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der eingangs erwähnten Urkunde. Die Kosten dieser Urkunde trage ich".

Die früheren Eheleute waren bereits vor der ersten Beurkundungsverhandlung darüber einig, dass Mi. jedenfalls zu Lebzeiten des M. kein fälliger Anspruch gegen diesen zustehen und dass ihr solange auch keine vollstreckbare Ausfertigung der das Anerkenntnis enthaltenden Urkunde erteilt werden sollte. Die Gründe für die Gestaltung der Urkunden und des Beurkundungsverfahrens sind streitig. Der Beklagte betreibt aufgrund einer ihm am 21.6.2000 erteilten vollstreckbaren Ausfertigung die Zwangsvollstreckung aus der erstgenannten notariellen Urkunde gegen die Klägerin.

Diese hat behauptet, auch Mi. habe die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 22.9.1969 mit M. unterschrieben. Das beiderseitige Vermögen sei in Vollzug dieser Vereinbarung bis zum Ende des Jahres 1969 vollständig auseinandergesetzt gewesen. M. habe das Schuldanerkenntnis vom 22.6.1971 abgegeben, um Mi. bei der Finanzierung eines umfangreichen Bauvorhabens, der Frankfurter Diamantenbörse, behilflich zu sein; die Urkunde habe gegenüber den finanzierenden Banken als Nachweis frei verfügbaren Kapitals dienen sollen. M. und Mi. seien jedoch darüber einig gewesen, dass Mi. in Wahrheit keine Ansprüche gegen M. zustünden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars Dr.N. in Frankfurt am Main vom 22. Juni 1971 zu UR-Nr. 270/71 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, das Vermögen der früheren Eheleute M. sei 1971 noch nicht abschließend auseinandergesetzt gewesen. Insbesondere wegen des unterschiedlichen Werts des beiden Partnern zugeordneten Vermögens habe Mi. noch eine Ausgleichsforderung in der Größenordnung des anerkannten Betrages zugestanden. M. habe ihr den anerkannten Betrag überraschend zuwenden und damit den noch ausstehenden Ausgleich vollziehen wollen, auch um einen Zugriff der Klägerin und deren Familie zu verhindern. Die Fälligkeitsregelung sei nur deshalb nicht in die das Anerkenntnis ausweisende Urkunde aufgenommen worden, weil der Notar diese bereits vorbereitet gehabt habe. Mi. habe die in der Urkunde verbriefte Forderung ab dem 31.7.1974 in vier Teilbeträgen sukzessive an ihn, den Beklagten, abgetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, das Schuldanerkenntnis vom 22.6.1971 sei wegen eines sittenwidrigen Verstoßes gegen die Ehe- und Familienordnung nichtig.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter und wendet sich insbesondere unter Hinweis auf seinerzeitige Zugewinnausgleichsansprüche der Mi. gegen die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Schuldanerkenntnisses. Er beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat hat die Parteien in der Einzelrichtersitzung vom 22.4.2002 darauf hingewiesen, dass das Schuldanerkenntnis wegen der in der Urkunde Nr. 270/71 nicht zum Ausdruck gekommenen, obwohl bereits bestehenden Einigkeit der Vertragspartner über die spätere Fälligkeit der anerkannten Forderung unwirksam sein könne. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist dem in rechtlicher, nicht in tatsächlicher Hinsicht entgegengetreten. Mit Schriftsatz vom 12.11.2002 hat der Beklagte erstmals behauptet, die geschiedenen Eheleute M.i hätten sich erst nach Errichtung der Urkunde Nr. 270/71 über die Verschiebung der Fälligkeit geeinigt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Urkunde ist unzulässig, weil das beurkundete Schuldanerkenntnis als Scheingeschäft (§117 BGB) und ein möglicherweise mündlich vereinbartes Schuldanerkenntnis wegen Fehlens der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (§§ 125, 781 BGB) nichtig ist.

I. In der Urkunde Nr. 270/71 vom 22.6.1971 ist der Vertrag über ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB niedergelegt.

1. Der Rechtsverkehr unterscheidet drei Arten von Schuldanerkenntnissen. Der Anerkennende kann zum einen ein "Zeugnis gegen sich selbst" ablegen, indem er seine Erfüllungsbereitschaft bekundet, ohne sich besonders rechtsgeschäftlich zu verpflichten (vgl. BGHR BGB § 781 Erfüllungsbereitschaft 1; BGHZ 66, 250, 254). Der Anerkennende kann zum anderen durch einen Vertrag mit seinem Gläubiger - ein "deklaratorisches", "kausales" oder "bestätigendes" Schuldanerkenntnis - ein bestehendes Schuldverhältnis dem Streit oder einer aufgetretenen Ungewissheit zu entziehen suchen (vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 1, 4, 5, 6 und 8); ein solcher Vertrag kann formfrei geschlossen werden und bewirkt in vergleichsähnlicher Weise, dass der Anerkennende mit Einwendungen gegen die anerkannte Schuld ausgeschlossen ist. Schließlich kann der Anerkennende - ebenfalls durch Vertrag mit seinem Gläubiger, ein "abstraktes" oder "konstitutives" Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB - die übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund lösen und allein auf den im Anerkenntnis zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen stellen (vgl. BGHR BGB § 780 Morgengabe 1; BGH NJW-RR 1995, 1391 f. [unter II 1 der Entscheidungsgründe]). Gegen ein solches Anerkenntnis kann der Schuldner regelmäßig einwenden, die anerkannte Schuld habe nicht bestanden oder bestehe nicht mehr (§ 812 Abs. 2 BGB, vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 9); das Anerkenntnis bewirkt deshalb vor allem eine Umkehr der Beweislast (vgl. BGH NJW-RR 1999, 573 f. [unter III der Entscheidungsgründe]; BGHR BGB § 781 Normzweck 1). Auch ein "abstraktes" Schuldanerkenntnis kann allerdings mit einem Einwendungsverzicht verbunden werden (vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 9; BGH WM 1986, 50 f. [unter 2 der Entscheidungsgründe]). Ein solcher Verzicht kann wie beim "deklaratorischen" Anerkenntnis nur ausnahmsweise, bei Bestehen eines besonderen Anlasses angenommen werden; es muss festzustellen sein, dass die Vertragsparteien Streitpunkte und Ungewissheiten für klärungs- und regelungsbedürftig hielten (vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 1, 8 und 9; BGHZ 66, 250, 255). Wie ein Schuldanerkenntnis im Einzelfall einzuordnen ist, hat das Gericht im Wege der Vertragsauslegung zu beantworten (vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 9; BGH NJW-RR 1995, 1391 f. [unter II 1 der Entscheidungsgründe]; BGHZ 66, 250,255).

2. Der Wortlaut der Urkunde Nr. 270/71 lässt deutlich erkennen, dass die Erschienenen rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben wollten; das Anerkenntnis der M. beschränkte sich nicht auf eine lediglich Beweiszwecken dienende Erfüllungsankündigung. Der Zusammenhang des Anerkenntnisses mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung spricht für den Willen der Vertragsparteien, die anerkannte Schuld von ihrem Rechtsgrund zu lösen und es der Gläubigerin zu ermöglichen, den Anspruch allein mithilfe der Urkunde zu verfolgen. Einen besonderen Anlass für die Vereinbarung eines Einwendungsverzichts, sei es im Rahmen des "abstrakten", sei es im Sinne eines "deklaratorischen" Anerkenntnisses sahen die Vertragsparteien seinerzeit nicht. Insbesondere bestand weder Streit noch eine als klärungsbedürftig angesehene Ungewissheit über die vermeintlichen Zugewinnausgleichsansprüche der Gläubigerin. Nach dem von der Klägerin hilfsweise übernommenen Beklagtenvortrag waren die Vertragsparteien bei Abgabe des Anerkenntnisses über das vermeintliche Auseinandersetzungsguthaben der Mi. ohne weiteres einig; bezweckt war lediglich deren Absicherung für den Fall des Todes des M. Für diese Absicherung war ein Einwendungsausschluss nicht erforderlich. Die objektive Ungewissheit der anerkannten Ausgleichsforderung, die aus der Schwierigkeit und Konfliktträchtigkeit der im Zugewinnausgleichsverfahren regelmäßig anstehenden Tat- und Rechtsfragen folgt, rechtfertigt den Schluss auf einen Einwendungsverzicht auch nicht, denn dem Gläubiger ist bereits durch die Beweislastumkehr infolge eines "abstrakten" Schuldanerkenntnisses geholfen (vgl. BGHR BGB § 781 Schuldbestätigung 9). Fehlte es danach an der für ein "deklaratorisches" Schuldanerkenntnis erforderlichen vergleichsähnlichen Ausgangslage, so kann eine entsprechende Qualifikation des Vertrages nicht allein auf den Umstand gestützt werden, dass die Urkunde den Schuldgrund stichwortartig bezeichnet (vgl. zu diesem Indiz BGHR BGB § 780 Morgengabe 1).

II. Der in der Urkunde Nr. 270/71 niedergelegte Anerkenntnisvertrag ist als Scheingeschäft nichtig (§ 117 BGB).

1. Die Vertragsparteien waren sich bei der Beurkundungsverhandlung darüber einig, dass M. jedenfalls zu seinen Lebzeiten zu keiner Zahlung verpflichtet sein sollte.

Die vertragliche Vereinbarung einer sofortigen Fälligkeit und die dem entsprechende gemeinsame Anweisung an den Notar, der Gläubigerin jederzeit eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, entsprach nicht dem wirklichen Willen der geschiedenen Eheleute M.. Die daraus folgende Nichtigkeit der Fälligkeitsregelung des Vertrages erfasst nach der Regel des § 139 BGB den Vertrag in seiner Gesamtheit. Es fehlen zureichende Anhaltspunkte für die Annahme, M. hätte sich auch zu einer lebzeitigen Zahlung verpflichten wollen.

2. Dass sich die geschiedenen Eheleute M. bereits bei der Beurkundung des Anerkenntnisses über die Verschiebung der Fälligkeit bis zum Tode M.s geeinigt hatten, hat der Beklagte in erster Instanz gestanden (§ 288 ZPO). Dieses Geständnis bindet ihn auch in der Berufungsinstanz (§ 532 ZPO a. F.). Die Voraussetzungen für einen Widerruf dieses Geständnisses fehlen (§ 290 ZPO). Auf ein erneutes Geständnis in der Berufungsinstanz kommt es daher nicht an.

a) Ein Geständnis muss nicht ausdrücklich als solches bezeichnet werden (vgl. BGHR ZPO § 288 Geständniswille 1 und 4; BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Minderjähriger 1); es reicht aus, dass die Prozesserklärungen des Zugestehenden der Sache nach eindeutig in diesem Sinne auszulegen sind (vgl. BGHR ZPO § 288 Geständniswille 4), also dahin, dass eine von der Gegenseite behauptete Tatsache wahr ist (vgl. BGHR ZPO § 288 Geständniswille 3). Ein in diesem Sinne schriftsätzlich angekündigtes Geständnis wird dadurch wirksam, dass die Parteien vorbehaltlos und ohne Änderung des zugestandenen Vertrages mündlich verhandeln, weil hierin stillschweigend die Bezugnahme auf den schriftsätzlich angekündigten Vortrag einschließlich des Geständnisses zum Ausdruck kommt (vgl. BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Geständnis 2; BGH NJW 1978, 884 f. [unter III. der Entscheidungsgründe]). Die Wirksamkeit eines solchen Geständnisses hängt nicht davon ab, dass es ins Protokoll aufgenommen wird (vgl. BGHR ZPO § 288 Geständniswille 5).

b) Die Auslegung des erstinstanzlichen Beklagtenvortrages, insbesondere desjenigen in der Klageerwiderung, ergibt ein Geständnis bezüglich der von der Klägerin behaupteten zeitlichen Abfolge.

(1) Die Klägerin hat auf Seite 17 der Klageschrift (Bl. 17 d. A.) unter anderem ausgeführt:

"In Wahrheit wollte Herr M. sich weder der "sofortigen" Zwangsvollstreckung in "sein" gesamtes Vermögen unterwerfen, noch sollte Frau Mi. berechtigt sein, "jederzeit" beim Notar eine vollstreckbare Ausfertigung zu verlangen. Tatsächlich sollte Frau Mi. zu seinen Lebzeiten überhaupt keine Zahlung von ihm verlangen können, sondern erst nach seinem Tode von seiner Erbin, der Klägerin."

(2) In der Klageerwiderung vom 20.10.2000 hat sich der Beklagte dazu u. a. wie folgt geäußert:

"Ein, zwei Tage vor dem 22.6.1971 rief Herr M. Frau Mi. an und bat sie zu einem Notartermin zu erscheinen, er wolle mit ihr noch etwas regeln. Die Ehefrau des Beklagten wußte anläßlich dieser Verabredung nicht um was es ging.

Anläßlich des Treffens bei Notar Dr. N. erläuterte Herr M. seiner geschiedenen Ehefrau - mit der er nach wie vor ein ausgezeichnetes Einvernehmen hatte - einige Umstände in Bezug auf die Klägerin und deren Familie, die es ihm dringend angeraten erscheinen ließen, nunmehr die endgültige Vermögensauseinandersetzung zwischen M. und Mi. herbeizuführen, da er nicht wolle, daß dieses Geld der Klägerin und deren Familie in die Hände fiele. (...) Die Ehefrau des Beklagten erklärte Herrn M., daß ihr aus der Vermögensauseinandersetzung anläßlich der Ehescheidung zwar noch Geld zustehe, sie hierauf aber nicht angewiesen sei und es zur Zeit nicht benötige. (...) Herr M. meinte deshalb dann, die Ehefrau des Beklagten solle aber wenigstens den entsprechenden Ausgleich bekommen, wenn er sterbe. Hiermit war die Ehefrau des Beklagten einverstanden. Da die Urkunde 270/71 des vom Notar Dr. N. bereits auf Veranlassung des Herrn M. vorbereitet war, wurde dann anläßlich der Besprechung im Büro des Notars Dr. N. als Ergänzung die Urkunde 271/71 auf der Grundlage der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen gefertigt." (Seite 4 der Klageerwiderung, Bl. 159 d. A., Hervorhebung durch den Senat).

"Der Notar hatte bereits auf Veranlassung des Herrn M. den Text der Urkunde 270/71 vorbereitet. Herr M. erläuterte seiner geschiedenen Ehefrau anläßlich des Treffens beim Notar den von ihm errechneten Betrag und die Zielsetzung, wobei Frau Mi. (jetzt Vankadari) erklärte, sie brauche zur Zeit kein Geld, Herr M. aber daraufhin meinte, sie solle den Betrag auf jeden Fall dann erhalten, wenn er versterbe, da er nicht wolle, daß seine Ehefrau und deren Familie zu Lasten seiner geschiedenen Ehefrau sich bereichern würden. Hierauf bat Frau Mi. jetzige Vankadari den Notar Dr. N. eine Ergänzungserklärung zu entwerfen wonach sie sich verpflichtete, erst nach dem Tode ihres geschiedenen Ehemannes den Betrag einzuziehen." (Seite 6 f. der Klageerwiderung, Bl. 161 f. d. A., Hervorhebung durch den Senat).

"Im übrigen kann es weder dem Beklagten noch dessen Ehefrau angelastet werden, wenn der beurkundende Notar Dr. N. eine Ergänzungsurkunde gefertigt hat, um den bereits entworfenen Vertrag nicht ändern zu müssen..." (Seite 8 der Klageerwiderung, Bl. 163 d. A., Hervorhebung durch den Senat).

(3) Auch nach der Klageerwiderung waren sich die geschiedenen Eheleute M. demgemäß vor der Beurkundung des Anerkenntnisses darüber einig, dass die anerkannte Forderung zu Lebzeiten M.s nicht fällig werden sollte. Der Parteivortrag hat sich lediglich hinsichtlich der Gründe für das gewählte Beurkundungsverfahren unterschieden. Der Beklagte hat sich hierzu im Kern auf die Bequemlichkeit des Notars berufen, der die vorbereitete - nicht etwa, wie es dem jetzigen Beklagtenvortrag entsprochen hätte, errichtete- Urkunde nicht habe ändern wollen. Ob dies zutrifft, ist nicht entscheidungserheblich.

c) Dieses schriftsätzlich angekündigte Geständnis des Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 6.12.2000 wirksam. Ausweislich der Sitzungsniederschrift (Bl. 241 d. A.) haben beide Parteien vorbehaltlos mündlich zur Sache verhandelt. Der Beklagte war von seiner Darstellung schriftsätzlich nicht abgerückt. Die Klägerin hatte sich die oben wiedergegebenen Teile des Beklagtenvortrags auf Seite 18 ff. ihres Schriftsatzes vom 27.11.2000 (Bl. 204 ff. d. A.) hilfsweise zu eigen gemacht.

d) Sein nach der ersten Berufungsverhandlung erstmals angekündigter Vortrag, Bernhard und Mi. hätten erst nach der Beurkundung des Anerkenntnisses über die Stundung der anerkannten Forderung gesprochen und sich entsprechend geeinigt, ist wegen der Bindungswirkung des Geständnisses unbeachtlich und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Der Beklagte hat auch auf Befragen des Senats in der letzten mündlichen Verhandlung nicht behauptet, sein Geständnis habe auf einem Irrtum im Sinne des § 290 ZPO beruht. Hierzu hätte die Darlegung von Tatsachen gehört, die ihn an der Erkenntnis des wahren Sachverhalts gehindert oder die unrichtige Darstellung des Sachverhalts herbeigeführt hatten (vgl. OLG Köln OLGR 1999, 313, 314 (= NJW-RR 2000, 1478); Stein-Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 290 Rn. 4). Insbesondere hat sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass seine Ehefrau ihn oder seinen Prozessbevollmächtigten zunächst unzutreffend unterrichtet habe.

III. Ein Anerkenntnis des M., seiner geschiedenen Ehefrau 1,2 Mio. DM nach seinem Ableben zu schulden, wäre wegen Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform nichtig (§§ 781, 125 BGB). Ob sich die Parteien in diesem Sinne mündlich einig geworden waren, ist daher nicht aufklärungsbedürftig. Die Urkunde Nr. 271/1971 enthält keine Erklärung des M., kann demgemäß das Fehlen einer schriftlichen Anerkennungserklärung des tatsächlich gewollten Inhalts nicht nach § 126 Abs. 4 BGB ersetzen. Die Einhaltung der Schriftform erübrigte sich auch nicht nach § 782 BGB. Eine Abrechnung war den angeblichen Absprachen vom 22.6.1971 unstreitig nicht voraus gegangen; die angebliche mündliche Erläuterung des geschuldeten Betrages im Wartezimmer des Notars wäre nicht als Abrechnung in diesem Sinne zu qualifizieren.

IV. Auf die Wirksamkeit der angeblichen Abtretungen des anerkannten Anspruchs an den Beklagten, die Berechtigung der dem Anerkenntnis zugrunde liegenden Zugewinnausgleichsforderung und die Hilfsaufrechnung mit einer Darlehensforderung des M. gegen Mi. kommt es danach für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

V. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VI. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz des Beklagten vom 9.12.2002 war nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen; Gründe für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestehen nicht (§ 156 ZPO).

Ende der Entscheidung

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