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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 1 U 86/99
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 15
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
Die Verpflichtung eines vorleistungspflichtigen Schuldners zur Herausgabe einer Erfüllungsbürgschaft besteht erst, wenn der Gläubiger die Gegenforderung erfüllt hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 86/99

2 O 47/97 Landgericht Gießen

In dem Rechtsstreit ...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28.09.200

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.03.1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen - Einzelrichterin - (Az.: 2 0 47197) abgeändert.

Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 16.813,56 DM zu zahlen.

Die weitergehende Klage und die weitergehende Widerklage werden abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Von den erstinstanzlichen Kosten tragen die Klägerin 93,25 % und die Beklagte 6,75 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 91,8 % und die Beklagte 8,2 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 1.516,06 DM und für die Klägerin 16.960,81 DM.

Entscheidungsgründe

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg und führte zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Das Landgericht hat der Klage zu Unrecht hinsichtlich dem geltend gemachten Herausgabeanspruch stattgegeben.

Der Klägerin steht der Anspruch auf Herausgabe der Erfüllungsbürgschaft nicht zu. Dementsprechend stand ihr auch kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Restwerklohnforderung der Beklagten zur Seite. Der vom Landgericht auf die Widerklage zuerkannte Restwerklohnanspruch der Beklagten war somit unbedingt zuzusprechen.

Der geltend gemachte Herausgabeanspruch war unbegründet. Die Verpflichtung der vorleistungspflichtigen Beklagten zur Herausgabe der Erfüllungsbürgschaft besteht erst kann, wenn die Klägerin die der Beklagten zustehende restliche Werklohnforderung beglichen hat.

Sinn und Zweck der zur Absicherung der Werklohnzahlung hingegebenen Erfüllungsbürgschaft entspricht es, daß deren Herausgabe erst fällig wird und somit erst verlangt werden kann, wenn die Werklohnforderung im vollen begründeten Umfang bezahlt worden ist. Insoweit lag bei Erlaß des landgerichtlichen Urteils jedoch eine die Zug-um-Zug- Verurteilung rechtfertigende fällige Rückgabepflicht der Beklagten nicht vor. Sogar die Klägerin ging bei Beginn des Rechtsstreits von einer der Beklagten noch zustehenden Restwerklohnforderung in Höhe von 12.551,95 DM aus. Die Klage war folglich abzuweisen, so daß die Berufung größtenteils Erfolg hat. Hingegen vermag die Beklage mit ihren Einwänden nicht durchzudringen, die sich gegen die vom Landgericht angenommene Unbegründetheit des Restwerklohnanspruchs in Höhe von insgesamt 840,90 DM (bezüglich der Sicherheitsfanggitter: 644,00 DM nebst 5 Auslegern: 196,90 DM) sowie in Höhe von 634,38 DM Nettowerklohn für 8,75 Arbeitsstunden wendet, da insoweit nur ein Abzug von 2 Arbeitsstunden ä 72,50 DM gerechtfertigt sei.

Was die weiterverfolgte Werklohnforderung bezüglich der Sicherheitsfanggitter und Ausleger angeht, vermochte die Beklagte weder erstinstanzlich noch im zweiten Rechtszug den ihr obliegenden Nachweis zu erbringen, daß eine Annahme ihres schriftlichen Angebotes (Nachtragsangebot vom 28.09.95 - Bl. 122 d.A. -) auch bezüglich der darin enthaltenen Positionen 2 und 3 seitens der Klägerin erfolgt ist. Abgesehen davon, daß nicht einmal der von der Beklagten benannte Zeuge, der Architekt S., die behauptete Annahme des Nachtragsangebotes insoweit durch den Architekten M. zu bestätigen vermochte, sondern geradezu das Gegenteil bekundet hat ( ...ich kann mir nicht vorstellen, daß Herr M. das in Auftrag gegeben hat" - Bl. 216 d.A. -), hat auch der Zeuge M. eine Auftragsvergabe für seine Person ausdrücklich verneint (Bl. 230, 231 d.A.). Wenn danach auch im unklaren geblieben ist, wer das unter Position 1 des Nachtragsangebots enthaltene und tatsächlich zur Ausführung gelangte Gerüst in Auftrag gegeben hatte, so ergibt sich allein aus einer diesbezüglich anzunehmenden Auftragserteilung entgegen der Auffassung der Beklagten unter den gegebenen Umständen mangels hinreichender sonstiger Inhalte keineswegs, daß durch eine Annahme der Klägerin bezüglich der Positionen 2 und 3 des Nachtragsangebotes angenommen werden müsse. Insoweit ist auch der weitere Zeugenbeweisantritt der beweisbelasteten Beklagten nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis erbringen zu können (Bl. 337 d.A.). Denn es wird nicht einmal dargelegt, was die benannte Zeugin beim angeblichen Abhören des Anrufbeantworters tatsächlich gehört hat und wieso die Zeugin der Meinung sein durfte, der Anruf beinhalte eine Auftragsvergabe für alle 3 Positionen des in Rede stehenden Nachtragsangebotes der Beklagten. Einer beweiskräftig darzulegenden hinreichenden ausdrücklichen Absprache bezüglich einer den Positionen 2 und 3 des Nachtragsangebotes entsprechenden Vergütungsvereinbarung bedurfte es vorliegend insbesondere auch im Hinblick, darauf, daß in Ermangelung einer derartigen ausdrücklichen Vereinbarung gemäß den vorliegend vertraglich zu Grunde liegenden "Besonderen Vertragsbedin- gungen, S. 3, Abs. 2 - Bl. 96 d.A. -" die Beklagte zur Vornahme entsprechender Sicherungsmaßnahmen unentgeltlich verpflichtet gewesen ist.

Die Berufung der Beklagten hat desweiteren keinen Erfolg, soweit das Landgericht ihr die Restwerklohnforderung bezüglich der Position 3.1.32 und 3.3.14 der Schlußrechnung gemäß der vorgelegten Stundenlohnzettel (Bl. 193 - 195 d.A.) aberkannt hat.

Die Beklagte geht ersichtlich selber zutreffend davon aus, daß die vorgelegten Stundenlohnnachweise den Anforderungen des § 15 VOB/B nicht genügen und daß ihr insoweit der weitergehende Nachweis der Berechtigung der geltend gemachten Werklohnforderung obliegt.

Entgegen ihrem Einwand kann dieser Beweis jedoch nicht auf Grund der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen S. als geführt erachtet werden. Denn das Landgericht hat die diesbezügliche Aussage des Zeugen S. zu Recht als viel zu vage und somit nicht als geeignet angesehen, den erforderlichen Nachweis zu Gunsten der Be klagten über Art, Umfang und genaue Zuordenbarkeit der angesprochenen Stundenlohnarbeiten zu erbringen (Bl. 224, 225 d.A.). Der Zeuge hat lediglich Vermutungen geäußert und sogar selbst darauf verwiesen, daß der Wortlaut der Zettel nicht korrekt ist. Aus derartigen Zeugenangaben kann somit nicht der Nachweis hergeleitet werden, daß die behaupteten Stundenlohnarbeiten tatsächlich ausgeführt wurden. Insofern geht die Berufung folglich ebenfalls ins Leere.

Das Rechtsmittel bleibt auch hinsichtlich des Zinsantrages erfolglos. Insoweit ist die Berufung bereits unzulässig, weil die Beklagte mit ihrer Berufung in keiner Weise erkennen läßt, daß und wieso das Urteil des Landgerichts in dieser Hinsicht fehlerhaft ist (§ 519 Abs. 3 ZPO).

Insgesamt hat die Berufung somit nur insofern Erfolg, als die vom Landgericht zugesprochene Restwerklohnforderung in Höhe von 16.813,56 DM ohne die zugleich vom Landgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Rückgabepflicht in Bezug auf die Erfüllungsbürgschaft begründet ist. Die Anschlußberufung der Klägerin ist auf Grund dessen, daß deren Prozeßbevollmächtigter im Senatstermin den angekündigten Antrag nicht gestellt hat, als zurückgenommen und somit als hinfällig zu erachten, was daher nur noch im Rahmen der Kostenentscheidung beachtlich ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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