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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 23.03.2001
Aktenzeichen: 1 UF 22/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1570
Zufluß-Abflußprinzip bei der Bewertung des durchschnittlichen Einkommen des Unterhaltsschuldners
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 UF 22/01

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 1. Senat für Familiensachen, am 23.03.2001 beschlossen:

Tenor:

wird der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt in dem am 18.12.2000 verkündeten Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Schwalbach zurückgewiesen.

Gründe:

Mit dem genannten Verbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsgegner (Parteibezeichnungen entsprechend der Hauptsache erster Instanz) verurteilt, ab Rechtskraft der Scheidung an die Antragstellerin monatlich 1.177,57 DM Unterhalt zu zahlen. Die weitergehende Klage, gerichtet auf insgesamt 1.785,20 DM monatlich, hat es abgewiesen.

Gegen Letzteres möchte die Antragstellerin Berufung einlegen mit dem Ziel der Verurteilung des Antragsgegners entsprechend ihrem erstinstanzlichen Begehren. Die von ihr hierfür beantragte Prozesskostenhilfe kann ihr mangels hinreichender Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) nicht bewilligt werden.

Das Amtsgericht hat den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin gemäß § 1570 BGB bejaht, da sie aus den Einkünften ihrer Halbtagstätigkeit den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zu decken vermöge. Eine weitergehende als tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit obliege ihr angesichts der Sorge für das von ihr betreute jetzt 7-jährige Kind der Parteien nicht. Diese Beurteilung wird von keiner Seite angezweifelt und gibt auch zu Bedenken keinen Anlass.

Das Amtsgericht hat das maßgebende Einkommen des Antragsgegners als hälftiger Teilhaber einer Werbeagentur anhand des Durchschnitts seiner Einkünfte aus den Jahren 1996 bis 1998 entnommen, da für den Folgezeitraum noch keine verwertbaren Zahlen vorlägen. Den Vortrag des Antragsgegners, dieses Einkommen sei nicht repräsentativ und berücksichtige nicht die in jüngster Zeit zurückgehenden Erträge, hat es nicht berücksichtigt. Dies wird von der Antragstellerin als ihr günstig nicht angegriffen.

Sie möchte jedoch das so festgestellte Einkommen um einzelne Positionen erhöhen, woraus sich ein höherer Unterhaltsanspruch ergäbe.

Im Einzelnen:

Der von der Größenordnung her gewichtigste Einwand bezieht sich darauf, dass in den vom Amtsgericht berücksichtigten gezahlten Steuern in dem Beurteilungszeitraum - rechnerisch unstreitig - ein Teilbetrag von 41.546,66 DM auf den Zeitraum vor 1996 entfiele und deshalb herauszurechnen wäre. Das an sich zutreffend anzuwendende Zuflussprinzip müsse hier durchbrochen werden, da diese Steuernachzahlung nicht repräsentativ sei und in dem hier zu beurteilenden Unterhaltszeitraum ab Rechtskraft der Scheidung nicht erneut anfiele. Dadurch, dass der Antragsgegner diese Steuerrückstände habe auflaufen lassen, sei das Ergebnis verzerrt. In welchem Umfang dies der Fall sei, zeige sich bereits daraus, dass die Steuervorauszahlung für das Jahr 2000 deutlich geringer sei als die hier berücksichtigten Steuern.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

Dadurch, dass der Antragsgegner in dem Zeitraum vor 1996 zu wenig Steuern gezahlt hat, wird der für die Bemessung herangezogene Durchschnittszeitraum tatsächlich und nicht nur fiktiv belastet. Umgekehrt hat die Antragstellerin in der Zeit vor 1996, zu welchem Zeitraum die Parteien noch nicht getrennt gelebt haben, von den höheren Einkünften, nicht vermindert um möglicherweise zu zahlende Steuern, mit profitiert. Es ist damit nicht unbillig, dass sie die Verminderung der Einkünfte durch die nachträgliche Belastung mittragen muss.

Eine manipulative Gestaltung, die möglicherweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte, liegt ersichtlich nicht vor, da der Zeitraum, wie ausgeführt, vor der Trennung der Parteien liegt.

Eine Abweichung vom Zuflussbetrieb ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, da das Amtsgericht gegen den Widerstand des Antragsgegners auch das nach seinem Vortrag nicht repräsentative 'fette' Jahr 1996 in die Durchschnittsberechnung eingestellt hat, obwohl möglicherweise, und nach dem vom Antragsgegner vorgelegten aktuellen Zahlenmaterial sogar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, Einkünfte in dieser Höhe in dem Unterhaltszeitraum ab Rechtskraft der Scheidung nicht mehr erzielt werden. Der Logik dieses Systems entspricht es aber, dann auch solche gegenläufigen Entwicklungen, hier Steuernachzahlungen aus der Vorvergangenheit, in die Beurteilung mit einzubeziehen, obwohl sie ihrerseits, isoliert gesehen, ebenfalls in Zukunft nicht mehr anfallen. Für Folgezeiträume werden dann wieder andere Dreijahresschnitte heranzuziehen sein, die ihrerseits möglicherweise nur innerhalb dieses Zeitraums anfallende Einzelpositionen enthalten. Eine Korrektur des Ergebnisses aus einem solchen mehrjährigen Schnitt für die Zukunft ist nur dort gerechtfertigt, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden kann, daß im Übrigen die Verhältnisse gleich bleiben. Dies ist hier nicht der Fall. Dass die aktuelle Steuerbelastung so viel geringer ist als der hier zugrunde gelegte Jahresschnitt, liegt ersichtlich auch daran, dass die Bruttoerträge, entsprechend dem Vorbringen des Antragsgegners, rückläufig sind. Berücksichtigt wird dies systemgerecht in künftigen Durchschnittsberechnungen für Unterhaltsanschlusszeiträume.

Zu Unrecht rügt die Antragstellerin auch die Berechnung des Amtsgerichts hinsichtlich der errechneten tatsächlich gezahlten Steuern. Die Auflistung der auf Seite 9 des Urteils aufgeführten Beträge entspricht den mit dem Entwurf der Berufungsbegründung vorgelegten Kontoauszug des Finanzamts.

Schließlich möchte die Antragstellerin dem aus den vorgelegten Bilanzen errechneten Einkommen noch Privatanteile für Bewirtungskosten (Eigenverbrauch), Telefon und Pkw zurechnen. Hierzu hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass in den verbuchten Einkünften entsprechend den Bewertungsregeln bereits Privatanteile enthalten sind. Dass diese höher zu bewerten sind als vorgenommen, hat die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen.

Im Übrigen wären etwaige Korrekturen, die sich hieraus ergeben könnten, nur von geringem Umfang. Dem steht gegenüber die Erwägung, dass in einem neuen Dreijahresschnitt, der dann möglich ist, wenn der Jahresabschluss von 1999 vollständig vorliegt, dann das Einkommen aus dem Schnitt der Jahre 1997 bis 1999 zu errechnen wäre. Dies bedeutet, dass aus der Berechnung das gute Jahr 1996 mit einem Gewinn in annähernd doppelter Höhe gegenüber den beiden Folgejahren herausfiele und durch das Jahr 1999 ersetzt würde. Hierfür liegt ein Halbjahresabschluss zum 30. Juni 1999 vor mit einem Halbjahresgewinn von rund 83.000,-- DM, was zwar etwas günstiger ist als die beiden vorausgegangenen Jahre, aber das Jahr 1996 aller Wahrscheinlichkeit bei weitem nicht erreichen würde. Eine vernünftige und auf eigene Kosten prozessierende Partei würde diesen Umstand, der in seinem Ausmaß voraussichtlich alle etwaigen möglichen Korrekturen durch bessere Bewertung von Privatnutzungsanteilen überwiegen würde, in seine Erwägung einbeziehen und von einer Rechtsmitteleinlegung absehen.

Ende der Entscheidung

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