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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: 1 UF 76/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
Berechnung des Ehegattenunterhalts nach der Anrechnungsmethode bei Zurechnung fiktiver Einkünfte des Unterhaltsberechtigten nach Trennung, wenn dieser zuvor aus der von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeit keine Einkünfte erzielt hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 UF 76/01

06.12.2001

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschweiler, den Richter am Oberlandesgericht Juncker und die Richterin am Oberlandesgericht Michalik aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 07.03.2001 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, folgenden Trennungsunterhalt an den Kläger zu zahlen:

Für Juni 1999 944,00 DM, von Juli bis November 1999 je 774,00 DM monatlich, für Dezember 1999 99,00 DM, für Januar bis März 2000 monatlich je 462,00 DM, für Mai bis Dezember 2000 monatlich je 147,00 DM.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Beklagte 1/3, der Kläger 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt seit Juni 1999. Die Trennung ist im Mai 1999 erfolgt. Die Beklagte war in den letzten Jahren vor der Trennung durchgehend erwerbstätig. Der Beklagte hat seit der Eheschließung im Jahre 1988 zunächst bis zum Jahre 1994 eine Ausbildung zum Umwelttechniker absolviert, 1996 schloß er eine Fortbildung zum Umweltschutzbeauftragten ab. Während des Studiums hat er verschiedene Praktika absolviert. 1997 hat er sich als Einzelhändler mit Lebensmitteln selbständig gemacht. Dieses Gewerbe hat er bis zum Mai 2000 ausgeübt. Er hat den Geschäftsbetrieb aufgegeben, weil er während des gesamten Zeitraums Gewinne nicht erzielt hat. In der Folgezeit war der Kläger arbeitslos. Er hat sich auf eine Vielzahl von Arbeitsstellen beworben, bis einschließlich Juni 2001 ohne Erfolg. Die Parteien streiten darüber, ob die Bewerbungen des Klägers seinem Qualifikationsstand angemessen waren oder ein Bewerbungserfolg deswegen ausgeblieben ist, weil er sich ganz überwiegend auf Stellen beworben hat, die ein eindeutig über seinen Fähigkeiten liegendes Qualifikationsniveau erforderten. Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 07.03.2001 geschieden. Die Rechtskraft trat am 15.03.2001 ein.

In dem angefochtenen Urteil wurde die Beklagte zur Zahlung eines rückständigen Trennungsunterhalts für die Zeit von Juni 1999 bis einschließlich Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 1.747,40 DM verurteilt. Beginnend mit dem Januar 2001 wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte hätte bei angemessenen und ihm zumutbaren Bemühungen um eine Arbeitsstelle bereits zu diesem Zeitpunkt Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen können. Beginnend mit dem Januar 2001 stehe ihm ein Unterhaltsanspruch deswegen nicht mehr zu, weil er dazu in der Lage gewesen wäre seinen Lebensbedarf, diesen aus eigenen Einkünften zu bestreiten.

Mit der Berufung wendet sich der Kläger zum einen gegen die Berechnung des rückständigen Unterhalts der Höhe nach und begehrt für die Zeit ab Januar 2001 weiter Trennungsunterhalt. Zur Begründung führt er aus, in dem angefochtenen Urteil seien zu Unrecht Mietzahlungen der Beklagten für die von ihm noch bis einschließlich November 1999 bewohnte Ehewohnung in vollem Umfang abgezogen worden. Gegen die Versagung des Unterhaltsanspruchs beginnend mit dem Januar 2001 wendet er sich mit der Begründung, er habe sich durchweg auf Stellen beworben, die seiner Qualifikation entsprochen hätten. Dies ergebe sich auch daraus, daß er eine entsprechende Stelle beginnend mit Juli 2001 erlangt habe. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt ihren Vortrag zum Abzug der Wohnungsmiete noch dahingehend, daß sie in den Jahren 1999 und 2000 noch habe Nachzahlungen für Nebenkosten für die Ehewohnung habe leisten müssen. Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nur zum Teil begründet.

Der Kläger kann aufgrund des prägenden Einkommens beider Parteien in den Jahren 1999 und 2000 über die bereits gezahlten Unterhaltsleistungen hinaus weiteren Unterhalt nur in der zuerkannten Höhe verlangen. Beginnend mit dem Jahr 2001 steht ihm ein Unterhaltsanspruch nicht mehr zu.

Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs ist von dem Einkommen der Beklagten auszugehen, weil der Kläger während des gesamten Zeitraums der Ehe keine eigenen Einkünfte erzielt hat.

Dieses Einkommen der Beklagten errechnet sich wie folgt:

Im Jahre 1999 hat die Beklagte unstreitig ein Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 4.456,10 DM netto erzielt. Von diesem Einkommen ist bis einschließlich Dezember 1999 die von der Beklagten weiter gezahlte Miete v. 1.008,00 DM für die Ehewohnung abzuziehen, in welcher der Kläger in dieser zurückgeblieben war und erst im Dezember 2000 auszog. Dieser Betrag stand der Beklagten somit nicht zur Verfügung und kann deswegen nicht zugunsten des Klägers bei der Berechnung außer Acht gelassen werden. Außerdem sind die von der Beklagten im Jahre 1999 gezahlten Nachzahlungen für die Wohnnebenkosten mit insgesamt 3.304,35 DM zu berücksichtigen. Auf den Monat umgerechnet ergeben sich dafür rund 275,00 DM. Nach Abzug von Miete und Nachzahlung verbleibt der Beklagten ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von rund 3.173,00 DM.

Da es sich um Erwerbseinkommen handelt, ist hiervon der Erwerbstätigenbonus abzusetzen, den der Senat in ständiger Übung (vgl. IV.4 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main, u. a. FamRZ 2001 S. 1207, 1208) mit 20% bemißt. Danach verbleibt ein Einkommen von (3.173 x 0,8 =) 2.538 DM.

Eheprägend hinzuzusetzen ist diesem Einkommen noch der Vorteil mietfreien Wohnens des Beklagten in der früheren Ehewohnung, die durch die aufgeführten Mietzahlungen der Klägerin finanziert war. Diesen bemißt der Senat unter Ansatz eines geschätzten Aufwandes für eine seinen Bedürfnissen als alleinlebende Person unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien anzumietende Wohnung in Anlehnung an den im angemessenen Selbstbehalt enthaltenen Anteil für Wohnkosten für die Warmmiete (vgl. II. 12. der Unterhaltsgrundsätze) auf 650,00 DM monatlich.

Insgesamt sind somit eheprägende Einkünfte in Höhe von 3.188,00 DM zu berücksichtigen. Die Hälfte dieses Betrages (= 1.594,00 DM) steht dem Kläger grundsätzlich als Unterhaltsanspruch zu. Auf diesen Betrag anzurechnen ist aber sein durch die Leistungen der Beklagten gedeckter Wohnbedarf, der wiederum mit 650,00 DM anzusetzen ist. Es verbleibt danach ein restlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 944,00 DM für die Zeit von Juni bis einschließlich November 1999. Hierauf hat die Beklagte in der Zeit von Juli bis einschließlich November 1999 monatlich 170,00 DM geleistet,. so daß ein Restanspruch noch in Höhe von 774,00 DM monatlich besteht. Für Juni 1999 bleibt es bei 944,00 DM. Die Beklagte hat nicht beweisen können,m daß für die Zeit von Juli bis einschließlich November 1999 eine Vereinbarung dahingehend getroffen wurde, daß sie neben der Zahlung des Mietzinses für die Ehewohnung nur noh 170,00 DM bar an den Kläger zu zahlen hatte. Der dazu vernommene Zeuge Gauch hat die entsprechende Behauptung der Beklagten nicht bestätigt.

Im Dezember 2000 war der Wohnbedarf des Klägers nicht mehr gedeckt, weil er Anfang dieses Monats aus der Ehewohnung ausgezogen ist.

Dem Kläger steht daher für Dezember 1999 nunmehr die Hälfte des - in diesem Monat noch um die Mietzinszahlung bereinigten - Nettoeinkommens der Beklagten in Höhe von 2.538,80 DM zu. Dies sind 1.269,00 DM. Hierauf hat die Beklagte 1.170,00 DM gezahlt, so daß ein Restanspruch in Höhe von 99,00 DM verbleibt. Beginnend mit dem Jahre 2000 ändert sich das Einkommen der Beklagten. Aus der von ihr für Dezember 2000 vorgelegten Verdienstbescheinigung ergibt sich ein Jahresnettoeinkommen in Höhe von 59.829,19 DM. Von diesem Einkommen sind folgende Abzüge zu machen:

Krankenversicherung 5.379,36 DM Pflegeversicherung 657,96 DM Pensionskassenbeteiligung bei ihrem Arbeitgeber 1.419,00 DM. Sachversicherung 235,80 DM Fahrtkosten 185,00 DM

Es ergibt sich danach ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von rd. 51.452,01 DM rund 4.329 DM monatlich.

Von diesem Betrag sind die Nachzahlungen für die Wohnnebenkosten im Jahre 2000 abzuziehen. Der Betrag in Höhe von rd. 3.006,00 DM ist dabei auf das gesamte Jahr umzulegen, so daß sich 250,50 DM ergeben.

Es verbleibt ein Nettoeinkommen von rd. 4.079,00 DM.

Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/5 verbleiben rd. 3.263,00 DM.

Hiervon steht dem Kläger die Hälfte zu, daß sind 1.632,00 DM

Gezahlt wurden bis März 2000 monatlich 1.170,00 DM, so daß für die Zeit von Januar bis einschließlich März 2000 ein Restanspruch in Höhe von je rund 462,00 DM ergibt. Für den April 2000 wurde ein Unterhalt nicht geltend gemacht. Ab Mai 2000 macht der Kläger nur die Differenz zu den von ihm bezogenen Sozialhilfeleistungen in Höhe von 1.428,00 DM geltend. Dies sind monatlich 147,00 DM. In dieser Höhe ist der Anspruch auf Getrenntlebendenunterhalt bis einschließlich Dezember 2000 begründet.

Beginnend mit dem Jahr 2001 entfällt der Unterhaltsanspruch des Klägers. Dem Kläger sind ab diesem Zeitpunkt Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit fiktiv zuzurechnen. Der Senat teilt die Überzeugung des Familiengerichts, daß der Kläger bei angemessenen Erwerbsbemühungen bereits zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsstelle hätte finden können, die es ihm erlaubt hätte, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Zwar war dem Kläger zunächst zuzubilligen, daß er nach der Trennung den bereits während des Zusammenlebens der Eheleute unternommenen Versuch, als selbständiger Lebensmittelhändler ein Einkommen zu erzielen, fortsetzt; jedoch war er spätestens nach Aufgabe seines Geschäftsbetriebs im Mai 2000 gehalten, sich intensiv um eine seinen Fähigkeiten angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Die Zubilligung einer Orientierungszeit von mehr als einem halben Jahr seit dem Frühsommer 2000 trägt dabei schon in großzügiger Weise dem Umstand Rechnung, daß der Kläger nach einer längeren Zeit der Selbständigkeit in einem berufsfremden Fachgebiet besondere Anstrengungen unternehmen mußte, um wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dem Kläger war dabei aber anzusinnen, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, die den von ihm tatsächlich erworbenen Fähigkeiten Rechnung trägt. Dabei mußte er berücksichtigen, daß er in seinem ausgebildeten Beruf niemals gearbeitet hatte, daß er zuletzt als Selbständiger in einem fachfremden Bereich tätig war, daß er bereits 46 Jahre alt war und weder ausreichende Computerkenntnisse aufwies, noch die Fähigkeit besitzt, sich in der deutschen Sprache mündlich so auszudrücken, wie es den Anforderungen entspricht, die an einen Bewerber für eine herausgehobene Position gestellt werden. Diesen Tatsachen tragen seine Bewerbungen durchweg nicht Rechnung. Der Kläger hat sich ganz überwiegend auf Stellen als Ingenieur, Entsorgungsberater, Abfallbeauftragter sowie daneben auch als kaufmännischer Sachbearbeiter beworben. Für derart qualifizierte Tätigkeiten fehlte ihm aber die Berufserfahrung auf seinem Fachgebiet, bzw. im kaufmännischen Bereich die erforderlichen Kenntnisse. Realistische Einstellungsmöglichkeiten hätte er dagegen nach Einschätzung des Senats im Bereich des Verkaufs gehabt, zumal er während der letzen Jahre in seinem Lebensmittelgeschäft in vergleichender Weise tätig war. Bewerbungen für solche Stellen hat der Kläger aber während des gesamten dokumentierten Zeitraum seit Mai 2000 nur ausnahmsweise vorgenommen. Daß er damit keinen Erfolg gehabt hat, rechtfertigt daher nicht die Annahme, bei ausreichenden weiteren Bewerbungen hätte er ebenfalls keinen Bewerbungserfolg erzielen können.

Daß es dem Kläger schließlich gelungen ist, eine Stelle zu erlangen, für die er seit August 2001 ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 2.500,00 DM erzielt, widerspricht dieser Einschätzung nicht. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, hat er diese Stelle der Vermittlung einer Nachbarin zu verdanken, die auf seine Bitte hin bei ihrem Arbeitgeber nach einer aushilfsweisen Beschäftigung für ihn gefragt habe, was schließlich zunächst zu einem Aushilfearbeitsverhältnis und schließlich zu einem befristeten Arbeitsvertrag geführt habe. Die Einstellung des Klägers aufgrund dieser persönlichen Beziehung ist somit als 'Glücksfall' aufgrund zufälliger Bekanntschaft zu bewerten. Dieser Umstand führt nicht dazu, daß die zuvor gewonnene Einschätzung, bei früheren ausreichenden Bewerbungen hätte er schon vor diesem Zeitpunkt eine Arbeitsstelle finden können, in Frage gestellt würde. Der Senat hält daher die Zurechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens beginnend mit dem Januar 2001 für angemessen. Bei der Bemessung der Höhe orientiert er sich daran, was ein Verkäufer mit gewissen Vorkenntnissen durchschnittlich im Monat netto erzielen könnte. Insoweit erscheint ein durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich 2.000,00 DM auch unter Berücksichtigung damit verbundener Werbungskosten (Fahrtkosten etc.) als angemessen.

Dieses Einkommen des Klägers ist nach der Anrechnungsmethode auf seinen Unterhaltsanspruch anzurechnen.

Auf Seiten der Beklagte maßgeblich ist dabei im Jahr 2001 ein geringeres Nettoeinkommen als in den Jahren zuvor. Die Beklagte hat durch Vorlage ihrer Verdienstbescheinigungen bis einschließlich August 2001 nachgewiesen, daß ihr durchschnittliches Nettoeinkommen sich beginnend mit dem Jahre 2001 reduziert hat. Sie hat zur Begründung vorgetragen, die Überstunden in den Vorjahren seien durch ein Projekt veranlaßt gewesen, das im Jahre 2001 weggefallen sei. Aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen ist davon auszugehen, daß die Beklagte hochgerechnet auf das Jahr 2001 ein Einkommen in Höhe von 86.412,00 DM brutto erzielt hat. Dies ergibt sich aus den Verdienstbescheinigungen, die bis Mai einschließlich ein Brottoeinkommen in Höhe von 6.063,00 DM ausweisen und danach ein solches in Höhe von 6.233,00 DM. Da die Beklagte unstreitig 14 Monatsgehälter im Jahr erhält, ergibt sich der festgestellte Betrag. Bei einer Versteuerung dieses Einkommens nach der Steuerklasse I ergibt sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 52.812,40 DM. Hiervon sind wiederum Abzüge für Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Pensionskassenbeitrags-, Sachversicherungs-, und Fahrtkosten zu machen, die der Senat in Höhe der im Vorjahr angefallenen Kosten fortschreibt. Es ergibt sich danach ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von rd. 44.937,00 DM. Auf den Monat umgerechnet ergibt sich ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 3.745,00 DM.

Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs des Klägers ist aus den folgenden Gründen nicht nach der Differenz, sondern nach der Anrechnungsmethode vorzunehmen:

Gemäß § 1361 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte Unterhalt von dem anderen nach den Lebens- und Erwerbsverhältnissen der Ehegatten verlangen. Diese Verhältnisse werden im wesentlichen durch die während der Ehe nachhaltig erzielten tatsächlichen Einkünfte der Ehegatten bestimmt. Da der Kläger in den für die Beurteilung dieser Lebensverhältnisse maßgeblichen Jahren vor der Trennung aus dem von ihm geführten Lebensmittelgeschäft Einkünfte nicht erzielt hat, war eheprägend vorliegend ausschließlich das Erwerbseinkommen der Beklagten. Das ihm zwischenzeitlich zuzurechnende Erwerbseinkommen aus einer fiktiven Beschäftigung bleibt daher bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse außer Betracht. Diese Einkünfte muß er sich nur als bedarfsdeckend anrechnen lassen. Zu einer anderen Beurteilung gibt auch die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13.06.2001 - FamRZ 2001 Seite 986 f.) zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts bei einer Haushaltsführungsehe keine Veranlassung. Der Bundesgerichtshof begründet die Änderung seiner Rechtsprechung vor allem damit, daß die Anrechnungsmethode in diesen Fällen der Gleichwertigkeit von Kindesbetreuung und/oder Haushaltsführung mit einer Erwerbstätigkeit nicht gerecht wird. Dabei geht er davon aus, daß in diesen Fällen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mit bestimmt wurden und dadurch eine Verbesserung erfahren (BGH a. a. O., Seite 989). Der Bundesgerichtshof führt dazu aus:

Dessen (des haushaltsführenden Ehegatten) Tätigkeit ersetze Dienst- und Fürsorgeleistungen und Besorgungen, die andernfalls durch teure Fremdleistungen erkauft werden müßten und den finanziellen Status - auch einer Doppelverdienerehe - verschlechtern würden. Darüber hinaus enthalte sie eine Vielzahl von anderen nicht in Geld meßbaren Hilfeleistungen, die den allgemeinen Lebenszuschnitt der Familie in vielfältiger Weise verbesserten.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die ertragslose Erwerbsarbeit des Klägers war nicht geeignet, den allgemeinen Lebenszuschnitt der Eheleute in irgendwie erkennbarer Weise zu verbessern.

Die Einkünfte aus der dem Kläger nunmehr zuzurechnenden Erwerbstätigkeit können daher auch nicht als Surrogat einer schon vor der Trennung werthaltigen Leistung des Klägers für die eheliche Lebensgemeinschaft angesehen werden, das nun lediglich einem anderen Zweck, dem eigener Unterhaltssicherung, zugeführt worden ist. Schließlich sind Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung als Verkäufer oder einem ähnlichen Beruf auch nicht als normale Weiterentwicklung einer bereits in der Ehe angelegten Erwerbssituation anzusehen. Die Tätigkeit eines selbständigen Unternehmers stellt sich grundlegend anders dar, als eine Beschäftigung in abhängiger Position. Bei der vergleichbaren Problematik, inwieweit Einkommenssteigerungen nach Trennung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen als eheprägend anzusehen sind, wird von der Rechtsprechung verlangt, daß die später erzielten Einkünfte noch als Normalverlauf einer bereits während des Zusammenlebens der Ehegatten angelegten Kariere bzw. Berufslaufbahn anzusehen sind (vgl. z. B. BGH FamRZ 1988, Seite 145). Andernfalls sind sie bei der Bemessung des Unterhalts nicht zu berücksichtigen. Gleiches muß gelten, wenn sich die Erwerbssituation des unterhaltsbegehrenden Ehegatten in nicht vorhersehbarer Weise verändert.

Nach Anrechnung des erzielbaren Nettoeinkommens von 2.000,00 DM monatlich ergibt sich auch nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus in Höhe von 400,00 DM kein Unterhaltsanspruch für den Kläger. Das bereinigte Nettoeinkommen der Beklagten von rund 3.745,00 DM führt zu einem Unterhaltsanspruch in Höhe von rund 1.497,00 DM (3.745,00 DM minus 20% Erwerbstätigenbonus geteilt durch 2). Dieser Betrag liegt unter dem dem Kläger anzurechnenden Einkommen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob fiktives Einkommen eines während der Ehe ertragslos erwerbstätigen Ehegatten nach der Anrechnungsmethode zu bewerten sind, war die Revision zuzulassen (§§ 621 d, 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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