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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 1 W 14/09
Rechtsgebiete: BGB, GKG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1023
GKG § 48
ZPO § 3
ZPO § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch der Kläger aus § 1023 BGB als Eigentümer eines mit einer Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücks auf Bewilligung seitens der Beklagten, dass die zugunsten des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks ausgebrachte Grunddienstbarkeit von der jetzigen Ausübungsstelle an eine andere Stelle verlegt wird. Gegenstand der Grunddienstbarkeit ist die Verlegung der Wasserzuleitung und des Abwasserkanals in einem Bogen über das Grundstück der Kläger. Die Kläger machen geltend, sie wollten ihr Grundstück an einen Bauträger veräußern, und Teile der derzeitigen Leitungsführung befänden sich in einem Bereich, der entsprechend der zulässigen Bebaubarkeit des Grundstücks entweder überbaut werden solle oder sich doch sehr nahe an der zukünftigen Baugrube befinde, so dass die mögliche Bebauung erschwert werde. Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 30.12.2008 statt. Es hat den Streitwert zeitlich gesplittet auf 13.250 € für die Zeit bis zum 16.06.2008 und auf 5.500 € für die Zeit ab dem 16.06.2008 festgesetzt. Diese Beträge entnimmt es den von den Klägern eingereichten Kostenvoranschlägen für die Verlegung der Leitungen an eine andere Stelle in der zunächst vorgesehenen und der dann später geplanten Leitungsführung.

Hiergegen wendet sich die Streitwertbeschwerde der Beklagten. Sie machen geltend, der Streitwert sei einheitlich für den gesamten Rechtsstreit festzusetzen, und zwar nach der Beschwer für die Beklagten; angemessen sei ein "Regelwert" von 4.000 €. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch der Kläger gegenüber den Beklagten, zu bewilligen, dass die Grunddienstbarkeit von der jetzigen Ausübungsstelle an eine andere Stelle des Grundstücks verlegt wird. Die Grunddienstbarkeit als solche wird demnach nicht in Frage gestellt, sondern lediglich begehrt, dass die Grunddienstbarkeit an eine andere Stelle verlegt wird, an der sie in Bezug auf das belastete Grundstück weniger beschwerlich ist. Es wird also nicht im weitesten Sinn um die Grunddienstbarkeit als solche gestritten.

Bezugspunkt kann daher nicht der Wert der Grunddienstbarkeit als solche sein; § 7 ZPO ist daher für eine Wertfestsetzung nicht einschlägig. Vielmehr ist als Grundlage für die Wertfestsetzung aufgrund der Verweisung in § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf § 3 ZPO zurückzugreifen.

Der Gebührenstreitwert richtet sich demnach nach dem objektivierten Interesse des Klägers, während die Belange des Beklagten unerheblich sind (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2009, Anh. I [§ 3 ZPO] zu § 48 GKG Rn. 4 und 5 m.w.N.). Für dieses Interesse sind entgegen der Auffassung des Landgerichts die Kosten, welche durch die Umlegung der mit der Grunddienstbarkeit gesicherten Leitungen entstehen, eine nicht geeignete Bezugsgröße. Denn diese Kosten hat gem. § 1023 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BGB der Eigentümer des belasteten Grundstücks zu tragen; sie kennzeichnen also nicht etwa, inwieweit der Anspruchsteller mit der Klage ein Interesse in Gestalt einer Kostentragungspflicht auf den Anspruchsgegner überwälzen will. Andererseits bringen sie auch nicht zum Ausdruck, in welchem Maße die Ausübung der Grunddienstbarkeit an der bisherigen Stelle des belasteten Grundstücks für den Eigentümer besonders beschwerlich ist. Schon aus diesem Grund kommt ein zeitlich gesplitteter Streitwert je nach den aktuell vorgetragenen Kosten unterschiedlicher tatsächlicher Möglichkeiten einer anderweitigen Verlegung der durch die Grunddienstbarkeit gesicherten Leitungen nicht in Betracht.

Abzustellen ist vielmehr gemäß § 3 ZPO darauf, wie hoch das Interesse des Grundstückseigentümers daran anzusetzen ist, sein Grundstück nach einer Verlegung der Ausübung der Grunddienstbarkeit an eine andere Stelle des Grundstücks weniger beschwerlich nutzen zu können. Hierfür wird man darauf abstellen können, inwiefern die Verlegung ihm die Nutzung seines Grundstücks erleichtert. Kommt wie hier eine Bebauung des mit der Grunddienstbarkeit des belasteten Grundstücks in Betracht, kann darauf abgestellt werden, welcher Wert den besonderen "Beschwernissen" beizumessen ist, welche durch die Verlegung vermieden werden. Hier haben die Kläger geltend gemacht, die an bisheriger Stelle verlegte Wasserleitung und der dort befindliche Entwässerungskanal bedeuteten jedenfalls Erschwernisse beim Aushub und der besonderen Sicherung einer Baugrube im Bereich des für eine Bebaubarkeit in Betracht kommenden Grundstücksteils und - falls die bisherigen Leitungen unter dem Baukörper liegen sollten - für die Instandhaltung und spätere Erneuerung der Leitungen. Angesichts der Komplexität der durch eine Verlegung der Leitungen vermiedenen Erschwernisse, die sich auch bei einem Grundstücksverkauf in einem höheren Kaufpreis niederschlagen, setzt der Senat den Wert der durch die Verlegung zu vermeidenden Beschwernisse mit 10.000 € an. Ein "Regelwert", überdies ein solcher von aktuell 4.000 €, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer der Wertfestsetzung in zivilrechtlichen Streitigkeiten unbekannt.

Soweit in der nunmehr erfolgten Festsetzung eine teilweise Verschlechterung zum Nachteil der Beschwerdeführer liegen könnte, ist eine solche rechtlich zulässig; denn eine Abänderung kann auch von Amts wegen erfolgen (Hartmann, a.a.O., § 68 GKG Rn. 19 m.w.N.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs.3 GKG.

Eine Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO) ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, eine weitere Beschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG nicht statthaft.

Ende der Entscheidung

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