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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.08.2006
Aktenzeichen: 1 W 37/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a
Zu den Erwägungen, die im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zu beachten sind.
Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. Denn das Landgericht hat bei seiner Entscheidung nach § 91 a ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu Recht ihr auferlegt, soweit Gegenstand des Rechtsstreits gemäß der Klageerweiterung vom 25.07.2003 Werklohnkosten waren, welche unstreitig das Gemeinschaftseigentum betrafen; nur um die Kosten dieses Klageteils geht es in der Beschwerde.

Maßstab für die Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO - eine Ermessensentscheidung des Gerichts - ist zum einen der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag geben wird; allerdings ist das Gericht nicht schlechthin gehalten, sich allein an diesem Kriterium zu orientieren (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 91 a Rn. 24). Vielmehr können im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auch Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 25).

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht darauf abgestellt hat, dass die Klage gegen die Beklagte als gesamtschulderisch haftendes Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Werklohns für Arbeiten am Gemeinschaftseigentum sich nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 (jetzt BGHZ 163, 154 ff) als unbegründet darstellte, da die Beklagte insoweit nicht passivlegitimiert war. Die Entscheidung war - als "Jahrhundertentscheidung" - im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses durch die Medien bekannt. Es hätte an der Klägerin gelegen, durch entsprechende prozessuale Maßnahmen diesen Teil des Rechtsstreits zu ihren Gunsten zu "retten", wobei rechtlich nur eine Klageänderung in der Form eines Parteiwechsels auf der Beklagtenseite unter Rücknahme des das Gemeinschaftseigentum betreffenden Teils der Klage gegen die Beklagte in Betracht gekommen wäre. In dieser Weise hat die Klägerin prozessual nicht reagiert, so dass sich das rechtliche Risiko, welches sie mit der Klageerhebung betreffend das Gemeinschaftseigentum dadurch eingegangen war, dass sie insoweit allein die Beklagte als eines der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft verklagte, realisierte. Offenbar erfolgte die in der Sache so durch nichts veranlasste Klageerweiterung gegenüber der Beklagten bezüglich der Arbeiten am Gemeinschaftseigentum unter dem Gesichtspunkt einer prozessual einfach erscheinenden Vorgehensweise, weil die Klägerin bereits einen Rechtsstreit gegen die Beklagte wegen Werklohns für Arbeiten an deren Sondereigentum angestrengt hatte; die Klägerin hätte als "sicheren Weg" stattdessen, wie weithin üblich, die Wohnungseigentümergemeinschaft - damals verstanden als aus ihren Mitgliedern bestehende, nicht parteifähig ausgestaltete Bruchteilsgemeinschaft - verklagen können. Dass in der von ihr mit der Klagerweiterung gewählten prozessualen Vorgehensweise ein Risiko lag, musste der Klägerin klar sein, nachdem nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGHZ 146, 341 ff) eine Übertragung der in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze auf die Wohnungseigentümergemeinschaft diskutiert wurde. Angesichts dieses Sachverhalts war es an der Klägerin, nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 zu prüfen, inwieweit sie prozessual zu reagieren hatte oder dies möglicherweise - um den Fortgang des Rechtsstreits zeitlich nicht zu beeinträchtigen - nicht tun wollte. Eines besonderen Hinweises auf die geänderte Rechtsprechung durch das Landgericht bedurfte es hier nicht; die Klägerin musste ohne weiteres damit rechnen, dass das Landgericht sich der derart grundlegend geänderten Rechtsprechung anschließen würde. Dies hätte umso mehr zu gelten, wenn - wie das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 24.07.2006 ausgeführt hat - die neue Rechtsprechung in der mündlichen Verhandlung am 03.08.2005 Gegenstand der Erörterung war und diese Rechtsprechungsänderung gerade Anlass war, erneut über eine vergleichsweise Regelung unter Einbeziehung der Streithelferin nachzudenken, um der Notwendigkeit eines Rechtsstreits gegen diese entgegenzuwirken. Auch wenn die Streithelferin dann dem Vergleich beigetreten ist, ändert dies nichts daran, dass sie nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits war oder nach Klageänderung geworden ist. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin war in ihrer prozessualen Vorgehensweise angelegt; wenn sie unter inhaltlichen Gesichtspunkten - nämlich inwieweit auch der die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffende Streit ohne Rücksicht auf deren prozessuale Rolle als Streithelferin beigelegt wurde - das Risiko einer für sie unkomfortablen Kostenentscheidung hätte vermeiden wollen, wäre dies nur möglich gewesen, wenn die Beteiligten des Rechtsstreits sich auf eine Kostenregelung im Vergleich selbst geeinigt hätten, statt die Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO dem Gericht zu überlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Es kann dahinstehen, ob eine Rechtsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts in Sachen eines Beschlusses nach § 91 a ZPO überhaupt statthaft ist, also vom Oberlandesgericht zugelassen werden kann (mit erheblichen Gründen zweifelnd, aber die Frage letztlich offen lassend BGH NJW-RR 2003, 1075). Jedenfalls war hier eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO für eine Zulassung keinesfalls erfüllt sind.

Der Beschwerdewert war gemäß § 3 ZPO entsprechend dem Umfang der Verfahrenskosten, welche von der Klägerin nach dem von ihr angefochtenen Beschluss zu tragen gewesen wären, soweit sie sich mit ihrer Beschwerde gegen deren Auferlegung wendet, zu schätzen, nämlich gemäß ihrer Beschwerdebegründung in der Sache auf eine Quote von 38 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Streithelferin, welche die Streithelferin tragen soll. Diesen Wert schätzt der Senat auf 3.440 €.

Ende der Entscheidung

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