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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.10.2001
Aktenzeichen: 1 WF 193/01
Rechtsgebiete: BGB, EStG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 1612 Abs. 5
EStG § 64 Abs. 2
Wer über den Kindesunterhalt (§ 1612 b V BGB) den ihn zustehenden Anteil am KG bereits erhalten hat, hat nach Treu und Glauben daran mitzuwirken, daß die Familienkasse die Bezugsberechtigung nicht rückwirkend ändert.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 WF 193/01

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Hanau vom 27.08.2001 am 08.10.01 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Kläger zahlt auf Grund eines vollstreckbaren Vergleichs vom 8.11.1999 laufend Kindesunterhalt an das von der Beklagten betreute Kind X., dessen Großmutter sie ist. Bei der Berechnung der Höhe des Unterhalts ist das damals vom Kläger bezogene staatliche Kindergeld hälftig dem Zahlbetrag zugerechnet und von dem Kläger an den für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bestellten Ergänzungspfleger zur Weiterleitung an die Beklagte ausgezahlt worden.

Nachdem die Beklagte bei der zuständigen Familienkasse die Kindergeldzahlung an sie rückwirkend ab 1. 03.1999 beantragt hatte, hat die Familienkasse die Zahlung des Kindergeldes an den Kläger mit Wirkung ab Juni 2001 eingestellt und ihn aufgefordert, das erhaltene Kindergeld für den zurückliegenden Zeitraum in Höhe von insgesamt 7.090,- DM zurückzuzahlen, es sei denn, er lege eine entsprechende Erklärung der Bezugsberechtigten vor.

Mit der Klage erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einer dahingehenden Erklärung gegenüber der Familienkasse, dass von der rückwirkenden Änderung des Bezugsrecht bis einschließlich Mai 2001 abgesehen wird.

Die Beklagte tritt dem Klagebegehren entgegen. Sie habe an dem Ausgangsvergleich nicht mitgewirkt und sei deshalb für die Klage nicht passiv legimitiert. Der Antrag an die Familienkasse sei auch nicht von ihr selbst, sondern von dem Sozialamt gestellt worden, an das sie sich wegen Leistungsbezugs infolge eigener Bedürftigkeit gewandt habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht der Beklagten die zur Verteidigung gegen die Klage beantragte Prozeßkostenhilfe verweigert, da ihre Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie an ihrem Rechtsstandpunkt festhält.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Mit Recht hat das Amtsgericht die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung der Beklagten verneint. Unabhängig davon, wie der Antrag an die Familienkasse zustande gekommen ist, ob von ihr selbst oder in ihrem Namen vom Sozialamt gestellt, ist sie jedenfalls nunmehr nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, daran mitzuwirken, dass für die zurückliegende Zeit die Bezugsberechtigung des Kindergeldes nicht geändert wird. Dies folgt daraus, dass sie in der Vergangenheit über den Kindesunterhalt bereits die ihr zustehende Hälfte des Kindergeldes erhalten hat. Der vereinbarte Zahlbetrag von 743,- DM lässt sich eindeutig auslegen als der nach Düsseldorfer Tabelle in der Fassung ab 1.07.1998 für ein Kind der 3. Altersstufe, Einkommensgruppe 4 (nach Aufstufung) geschuldete tabellarische Bedarfssatz von 608,- DM zuzüglich 135,- DM hälftiges Kindergeld.

Dabei ist ersichtlich davon ausgegangen worden, dass das an den Kläger ausgezahlte Kindergeld zur Hälfte der betreuenden Großmutter gebührt und ihr zusammen mit dem Kindesunterhalt ausgezahlt werden sollte. Hätte damals die Beklagte, deren alleiniges Bezugsrecht (§ 64 Abs.2 Satz 1 EStG) wohl verkannt worden ist, richtigerweise das Kindergeld bezogen, hätte der Ausgleich in der Weise geschehen müssen, dass von dem Tabellensatz das hälftige Kindergeld in Abzug gebracht worden wäre. § 1612b Abs.1 BGB findet auch dann Anwendung, wenn das Bezugsrecht nicht dem anderen Elternteil, sondern wie hier einem Dritten zusteht (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 60.Auflage, § 1612b Rdnr. 1).

Es wäre nunmehr unredlich, wenn die Beklagte, die für die zurückliegende Zeit ihren Halbanteil am Kindergeld bereits erhalten hat, nunmehr nochmals das gesamte Kindergeld erhielte. Auch wenn sie an dem Vergleich seinerzeit nicht mitgewirkt hat, da das Kind durch seinen Ergänzungspfleger vertreten war, folgt bereits aus der Tatsache, dass sie die entsprechende Leistung bezogen hat, ihre Verpflichtung, dabei mitzuwirken, ein solches unredliches Ergebnis zu vermeiden. Dies geschieht in der Weise, dass sie der Familienkasse eine entsprechende Zustimmungserklärung erteilt, da sonst die Familienkasse ohne Rücksicht auf das Ausgleichsverhältniss im Inneren lediglich nach der äußeren Bezugsberechtigung das Kindergeld auszahlt, auch rückwirkend.

Eine Änderung des Unterhaltsvergleiches ist rückwirkend nicht mehr möglich. Eine Änderung für die Zukunft ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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