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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.02.2006
Aktenzeichen: 1 WF 231/05
Rechtsgebiete: HKÜ


Vorschriften:

HKÜ § 12
Zur Auslegung des Begriffs des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne von Art. 12 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ).
Gründe:

I.

Der Antragsteller (der Vater) und die Antragsgegnerin (die Mutter) haben am 06.09.1994 in Deutschland geheiratet. Sie haben 2 gemeinsame Kinder, nämlich C., geboren am ...1997, und G., geboren am ...2002. Die Kinder haben beide die deutsche Staatsangehörigkeit und C. zusätzlich die amerikanische Staatsangehörigkeit. Der Antragsteller ist amerikanischer Staatsangehöriger, die Antragsgegnerin ist deutsche Staatsangehörige. Die Mutter sowie der Stiefvater des Antragstellers und weitere seiner Verwandten leben in Australien. Dort hat auch der Antragsteller während seiner Kindheit 9 Jahre gelebt. Die Kinder sind beide in Deutschland geboren und haben dort ununterbrochen bis zum Zeitpunkt der Ausreise der Familie Ende November 2004 gelebt. Sie wurden von ihrer Mutter als Hauptbetreuungsperson und ihrem Vater versorgt und zuweilen auch von den Großeltern und weiteren Verwandten mütterlicherseits betreut.

Ende 1996/Anfang 1997 beantragten die Parteien ein Visum für Australien. Zu einer Übersiedlung kam es nicht, nachdem die Antragsgegnerin mit C. schwanger wurde, und sich nicht zu einer Übersiedlung nach Australien entschließen konnte.

Im Februar 2004 stellten die Parteien einen Antrag auf Auswanderung nach Australien für die ganze Familie. Am 30.09.2004 erhielten die Parteien sowie die Kinder den Status von ständigen Einwohnern in Australien. Nach ihrem Abflug kam die gesamte Familie am 26. November 2004 in Westaustralien an. Mitgenommen wurde ein Großteil der Kleidung der Kinder. Die von der Familie zuvor bewohnte Wohnung in O1 wurde noch nicht gekündigt. Der überwiegende Teil der Möbel verblieb in der Wohnung, 2 Möbelstücke waren verkauft worden. C., die vor ihrer Abreise die Vorschulklasse besucht hatte, erhielt von dieser lediglich eine Beurlaubung, wurde jedoch noch nicht endgültig abgemeldet.

Nach ihrer Ankunft in Australien wohnten die Parteien mit ihren Kindern bei den Eltern des Antragstellers. C. wurde im Dezember 2004 in einer Schule angemeldet, die sie ab Februar 2005 besuchen sollte. Sylvester 2004 erklärte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, dass sie wegen der Regelung der Wohnungsangelegenheiten und der schulischen Belange von C. mit beiden Kindern nach Deutschland fliegen müsse. Der Antragsteller war hiermit nicht einverstanden, nahm den Pass von C. an sich und verhinderte auf diese Weise, dass das Kind mit nach Deutschland flog. Die Antragsgegnerin flog darauf hin am 01. Januar 2005 mit G. allein nach Deutschland und kehrte mit dieser am 21. Januar 2005 nach Australien zurück. Am 02. Februar 2005 besuchte C. zum ersten Mal die ... Grundschule.

Am 07. Februar 2005 flog die Antragsgegnerin ohne Wissen des Antragstellers mit beiden Kindern nach Deutschland. Seitdem lebt sie erneut mit den Kindern in der zuvor von den Parteien bewohnten Wohnung in O1.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin die Kinder widerrechtlich nach Deutschland zurückgebracht und damit eine Kindesentführung im Sinne des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKÜ) begangen habe. Er ist der Meinung, dass die Kinder am 07. Februar 2005 vor der Rückkehr nach Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt bereits in Australien gehabt hätten. Die Familie sei mit dem Ziel der Auswanderung nach Australien gegangen und habe sich dort ein neues Leben aufbauen wollen. Falls es der Familie in Australien nicht gefallen hätte, hätte man, allerdings frühestens nach 2 Jahren, auch wieder zurückkehren können. Die Parteien hätten bereits Pläne für ein Leben in Australien gemacht, der Antragsteller habe auch bereits ein Gebot für den Erwerb eines Hauses dort abgegeben. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller gegenüber keine Vorbehalte wegen der Auswanderung geäußert. Er sei davon ausgegangen, dass die Wohnungsangelegenheiten geregelt gewesen und C. von der Vorschule abgemeldet worden sei. Die Möbel hätten keinen großen Wert mehr gehabt und hätten deshalb teilweise an Verwandte der Antragsgegnerin gehen sollen. Diese hätten auch die Wohnungsauflösung durchführen sollen. Es sei geplant gewesen, einen Teil der Möbel mit einen Container nach Australien nachkommen zu lassen, nachdem der Antragsteller in Australien Geld verdient hätte.

Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag auf Herausgabe der Kinder zum Zwecke der Rückführung nach Australien entgegen. Sie ist der Auffassung, dass die Kinder in Australien keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hätten. Sie habe den Antrag auf Auswanderung gestellt, da der Antragsteller ihr gesagt habe, dass er nur mit der ganzen Familie nach Australien gehen könne. Die Antragsgegnerin habe zunächst im Rahmen eines Urlaubs sehen wollen, inwieweit sie in Australien leben könnte, da sie dieses Land vorher nicht gekannt habe. Deshalb sei sie mit den Kindern nicht mit dem Ziel des Verbleibs nach Australien geflogen. Aus diesem Grund sei auch die Wohnung beibehalten worden und C. von der Vorschule nur beurlaubt gewesen. In Australien habe es sowohl mit dem Antragsteller als auch mit dessen Eltern Probleme gegeben, so dass sie mit den Kindern wieder nach Deutschland habe zurückkehren wollen. Da der Antragsteller verhindert habe, dass sie C. am 01. Januar 2005 nach Deutschland mitnehmen konnte, sei sie zusammen mit G. am 21. Januar 2005 wieder nach Australien zurückgekehrt, um dann am 7. Februar 2004 mit beiden Kindern nach Deutschland zurückzukehren.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Eltern und der beiden Kinder sowie der für die Kinder bestellten Verfahrenspflegerin durch Beschluss vom 30. September 2005 den Antrag auf Rückführung zurückgewiesen, da die Kinder vor ihrer Rückkehr nach Deutschland am 07. Februar 2005 ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Australien, sondern in Deutschland gehabt hätten. Für die Feststellung des "gewöhnlichen Aufenthalts" komme es zum einen auf den Willen an, einen dauerhaften Aufenthalt zu begründen, zum anderen aber auch auf die tatsächliche Dauer des Aufenthalts. Der Zeitfaktor spreche eher dagegen, dass ein ständiger Aufenthalt in Australien begründet worden wäre. Denn bis zu ihrer Ausreise im Februar 2005 hätten C. insgesamt zweieinhalb Monate und G. nur eindreiviertel Monate in Australien gelebt, während sie ihre gesamte übrige Lebenszeit in Deutschland verbracht hätten. Darüber hinaus habe auch nicht festgestellt werden können, dass die Parteien mit der "absoluten" Absicht, auf Dauer in Australien zu leben, in das Land gekommen wären. Auf Seiten der Antragsgegnerin hätten erhebliche Vorbehalte bestanden, was sich darin gezeigt habe, dass die Wohnung weder gekündigt noch aufgelöst worden sei. Auch habe der Antragsteller vorgetragen, dass die Verschiffung eines Teils der Möbel davon abhängig gewesen sei, dass er in Australien genügend Geld hierfür verdient hätte, so dass ein Zeitpunkt für diese Verschiffung noch nicht festgestanden habe.

Für die Antragsgegnerin, die nach Angaben des Antragstellers an Sylvester 2004 einen Nervenzusammenbruch erlitten hätte, sei offensichtlich kurz nach der Ankunft in Australien klargewesen, dass sie mit den Kindern nicht habe bleiben wollen. Die Zeit, in der sich der Aufenthalt der Antragsgegnerin und der Kinder zu einen ständigen Aufenthalt habe verfestigen können, habe damit nur wenige Wochen betragen. Dies rechtfertige in Verbindung mit den nur provisorischen Regelungen der Lebensumstände in Deutschland die Annahme, dass von einem ständigen Aufenthalt in Australien nicht ausgegangen werden könne.

Auch auf Seiten der Kinder könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese bereits so in Australien eingebunden wären, dass sie dort einen eigenständigen Aufenthalt begründet hätten. G. sei schon aufgrund ihres Alters nicht in der Lage gewesen, sich ohne ihre Eltern eigenständig in Australien einzugewöhnen. Aber auch C. habe den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Deutschland gelebt. In Deutschland sei C. in der Vorschule nur beurlaubt und nicht abgemeldet worden. Ihre Teilnahme an einem Schwimmkurs und ein einwöchiger Schulaufenthalt sei noch nicht als erhebliche Integration in ein neues Land anzusehen. Zwar sei die Beantragung eines gemeinsamen Visums zur Auswanderung nach Australien ein starkes Indiz dafür, dass man auf Dauer in das andere Land habe umziehen wollen. Aus dieser Tatsache allein könne jedoch nicht auf einen uneingeschränkten Willen zur Ausreise geschlossen werden. Vielmehr ergebe die Gesamtschau der Umstände, die die Ausreise der Parteien mit den Kindern nach Australien begleitet hätten, dass zum Zeitpunkt der Ausreise am 07. Februar 2005 noch kein "dauernder Aufenthalt" für die Kinder begründet worden sei. Damit finde das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kinderentführung keine Anwendung, so dass der Rückführungsantrag zurückzuweisen gewesen sei.

Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (Bl. 197 - 204 d. A.).

Gegen den am 06.10.2005 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts wendet sich der Antragsteller mit der am 19.10.2005 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kinder binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist an ihren früheren Aufenthaltsort in Australien zurückzuführen. Entgegen der Auffassung des Familiengerichts könne ein gewöhnlicher Aufenthalt durch bloße Aufenthaltsnahme in einem anderen Land und auch schon bei einer kürzeren Verweildauer als 6 Monaten begründet werden, wenn sich aus den Umständen ergebe, dass der Aufenthalt an diesem Ort oder in diesem Land auf längere Zeit angelegt sei und der neue Aufenthaltsort oder das neue Aufenthaltsland künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkts treten solle. Entscheidend sei dabei die Sicht des Kindes, nicht diejenige seiner Eltern. Da die Parteien die Einwanderung nach Australien angestrebt und alle Einwanderungsformalitäten erledigt hätten, könne sich die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, dass der Aufenthalt in Australien nicht auf Dauer angelegt gewesen sei. Insoweit geltend gemachte mentale Vorbehalte der Antragsgegnerin seien unbeachtlich. Bestritten werde, daß die Antragsgegnerin sich bei der Ausreise die Möglichkeit der Rückkehr nach Deutschland vorbehalten habe, falls es ihr nicht gefalle. Auch sei die Auflösung der Wohnung in O1 bereits eingeleitet worden, und man habe über die Verteilung der Möbel gesprochen. Neben der Einschulung von C. sei ein weiteres Indiz für einen dauerhaften Verbleib der Kinder die Anmeldung von C. zum Schwimmunterricht gewesen. Nicht berücksichtigt habe das Amtsgericht auch den Wunsch der Parteien, in Australien ein Haus zu besitzen, berufstätig zu werden und einen besseren Lebensstil zu pflegen.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen und beantragt deren Zurückweisung. Sie bestreitet, dass sie seit mehren Jahren die Einwanderung nach Australien angestrebt habe. Dies sei vielmehr immer wieder der Wunsch des Antragstellers gewesen. So habe der Antragsteller bei dem ersten Antrag in den Jahren 1996/1997 auch lediglich ein Visum für sich alleine beantragt. Bei dem zweiten Antrag habe die Einreise nach seinen Angaben nur für die gesamte Familie beantragt werden können. Dabei habe sich die Antragsgegnerin vor der Ausreise ganz klar gegenüber dem Antragsteller geäußert, dass sie sich die Lebensumstände in Australien erst einmal anschauen wolle, um dann zu entscheiden, ob sie und die Kinder dort auf Dauer leben könnten. Da die Kinder insgesamt nur zweieinhalb Monate bzw. im Falle von G. nur eindreiviertel Monate in Australien gelebt und ihre gesamte übrige Lebenszeit in Deutschland verbracht hätten, könne von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Australien nicht ausgegangen werden.

Der beauftragte Richter des Senats hat beide Eltern und die Kinder sowie deren Verfahrenspflegerin und die Vertreterin des Jugendamts der Landeshauptstadt angehört. Insoweit wird Bezug genommen auf das Protokoll des Anhörungstermin vom 08. Februar 2006 (Bl. 326 - 332 d. A.).

II.

Die gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (IntFamRVG) fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach Artikel 12 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) vom 25.10.1980, das für Australien am 1.1.1987 und für Deutschland am 1.12.1990 in Kraft getreten ist (BGBl 1990 II 206), ordnet das zuständige Gericht die sofortige Rückgabe des Kindes an, wenn ein Kind gemäß Artikel 3 HKÜ widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten worden ist und bei Eingang des Antrags bei dem Gericht eine Frist von weniger als einem Jahr seit dem Verbringen verstrichen ist. Die Verbringung des Kindes gilt nach Artikel 3 Buchst. a) HKÜ als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Die von dem Antragsteller begehrte Anordnung der sofortige Rückführung der Kinder nach Australien scheitert daran, dass die Kinder vor ihrer Rückkehr mit ihrer Mutter nach Deutschland einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. Artikel 3 Buchst. a) und Artikel 4 Satz 1 HKÜ in Australien noch nicht begründet hatten.

1.Der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" wird in der Rechtsprechung der Vertragsstaaten des HKÜ unterschiedlich ausgelegt:

Von den deutschen Gerichten wird der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ganz überwiegend als faktisch und nicht als rechtlich geprägt verstanden. So versteht der Bundesgerichtshof unter dem "gewöhnlichen Aufenthalt" den Ort oder das Land, in dem der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person, ihr Daseinsmittelpunkt liegt. Gefordert wird - kumulativ - sowohl ein Aufenthalt von einer nicht geringen Dauer, als auch das Vorhandensein weiterer Beziehungen, aus denen sich der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person ableiten lässt. Vom Wohnsitz unterscheidet sich der gewöhnliche Aufenthalt nach dieser Auffassung dadurch, dass der Wille, den Aufenthaltsort zum Mittelpunkt oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen, nicht erforderlich ist. Beim minderjährigen Kind ist zusätzlich zu beachten, dass dessen gewöhnlicher Aufenthalt sich nicht vom Aufenthalt oder Wohnsitz des Sorgeberechtigten ableitet, sondern selbständig zu ermitteln ist (vgl. dazu: BGH FamRZ 1997, 1070; st. Rspr.). Dieser Auffassung haben sich die Oberlandesgerichte und Amtsgerichte sowie die ganz überwiegende Literatur angeschlossen (vgl.: OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 955 f.; OLG Hamm, FamRZ 2004, 723, 724; AG Saarbrücken, FamRZ 2002, 45, 46; Staudinger/Kropholler, Kommentar zum BGB, 13. Aufl. 1994, Vorbemerkung zu Artikel 19 EGBGB, Rdnr. 128 - 139; Vomberg-Nehls, Rechtsfragen der internationalen Kindesentführung, München 2002, S. 6; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 606 Rdnr. 20; Palandt-Heldrich, Kommentar zum BGB, 65. Aufl. 2006, Anhang zu Artikel 24 EGBGB, Rdnr. 10 und 67). Zur Dauer des Aufenthalts wird in Literatur und Rechtsprechung häufig angenommen, dass der Aufenthalt eines Minderjährigen nach Ablauf von etwa 6 Monaten zu einem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Artikel 3 Buchst. a) und Artikel 4 HKÜ erstarke.

Neben dieser ausschließlich faktisch geprägten Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts sieht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings noch eine weitere Möglichkeit, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Artikel 3 Buchst. a) und Art. 4 HKÜ zu begründen: Lässt sich feststellen, dass die betroffene Person an dem neuen Ort dauerhaft bleiben und ihren Daseinsmittelpunkt haben wird, kann aufgrund dieser Prognose dort ihr neuer gewöhnlicher Aufenthalt angenommen werden, ohne dass hierzu bereits eine bestimmte Zeitspanne verstrichen sein muss. Insoweit ist aber zusätzlich auf entsprechende Umstände und Tatsachen abzustellen, die anzeigen, dass der Aufenthalt an dem neuen Ort auf eine längere Zeitdauer angelegt ist und sich zum neuen Daseinsmittelpunkt entwickeln wird (vgl. BGH FamRZ 1981, 135, 136).

In Abweichung von diesem jedenfalls ganz überwiegend von faktischen Elementen geprägten Verständnis des gewöhnlichen Aufenthalts wird in einer Vielzahl von Entscheidungen aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis vorrangig auf den Willen abgestellt, den eine Person im Hinblick auf ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (sogenannte settled intention). Bei dem Begriff der settled intention als dem Willen, den eine Person im Hinblick auf ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, handelt es sich nicht, wie bei den Merkmalen der dauernden und sozialen Integration, um ein objektives, sondern um ein subjektives Merkmal. So führt etwa der englische High Court of Justice hierzu aus: ".... All that is necessary is that the purpose of living where one does has a sufficient degree of continiuty to be properly described als settled." (A v A (child abduction), (1993)1 F.C.R. 841 A, High Court Fam D; zitiert nach: Ehrle, Anwendungsprobleme des HKÜ in der Rechtsprechung, Dissertation Konstanz 2000, S. 13 mit Nachweis zahlreicher weiterer Entscheidungen der Gerichte Australiens, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika). Während einige Gerichte insoweit durchaus auch die Dauer des Aufenthalts und andere faktische Momente zur Bejahung der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts heranziehen, haben diese Gesichtspunkte nach Auffassung anderer Gerichte gänzlich unberücksichtigt zu bleiben; zu prüfen seien nur die von der betreffenden Person verfolgten Absichten im Hinblick auf ihren neuen Aufenthaltsort (vgl. Dickson v. Dickson (Ct. Of Session, I.H.), 1990 S.C.L.R. 703 B-C; Ponath v. Ponath, 829 F- Supp. 363, 367 (District Ct., Utah 1993), zitiert nach Ehrle, a.a.O., S. 15).

Nach der in der Rechtsprechung der Vertragsstaaten wohl überwiegend vertretenen und auch vom Senat geteilten Auffassung ist der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" durch eine autonome und international einheitliche Auslegung dieses Begriffs zu gewinnen. Insoweit kann im Anwendungsbereich des HKÜ nicht, jedenfalls nicht primär, auf die Regeln des autonomen nationalen Rechts zurückgegriffen werden (vgl. dazu aus der deutschen Rechtsprechung und Literatur: BGH, FamRZ 2002, 1182 f.; Staudinger-Pirrung, a.a.O., Vorbemerkung zu Art. 19 EGBGB Rdnr. 647; Palandt-Heldrich, a.a.O., Anhang zu Art. 24 EGBGB (IPR) Rdnr. 67). Da das Ziel eines internationalen Übereinkommens wie dem HKÜ in der Schaffung einheitlichen Rechts in den Mitgliedsstaaten im Rahmen seines Anwendungsbereichs besteht, ist dazu eine einheitliche (autonome) Interpretation und Anwendung der in dem Übereinkommen verwendeten Begriffe erforderlich. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen Begriff mit zentraler Funktion wie dem des "gewöhnlichen Aufenthalts" handelt, der sowohl bei der Bestimmung des sachlichen wie des persönlichen Anwendungsbereichs des HKÜ eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Ehrle, a.a.O., Seite 21).

Das HKÜ enthält keine Bestimmung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts. In dem Erläuternden Bericht zum HKÜ von Prof. Elisa Pérez - Vera heißt es insoweit unter Ziffer 66:

Die zweite zu untersuchende Frage betrifft die Wahl des Rechts, das über die ursprüngliche Gültigkeit des geltend gemachten Rechtstitels entscheidet. Hier soll zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nichts Näheres dargelegt werden; es handelt sich in der Tat um einen Begriff, welcher der Haager Konferenz geläufig ist, wo er als rein tatsächlicher Begriff verstanden wird, der sich insbesondere von demjenigen des Wohnsitzes unterscheidet. Im Übrigen ist die Wahl des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts als Kriterium logisch, das über die Rechtmäßigkeit der Situation entscheidet, die durch die Entführung verletzt worden ist.

(Erläuternder Bericht Pérez - Vera S. 48; der Erläuternde Bericht ist abgedruckt als Anlage zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum HKÜ vom 4.10.1989, Bundestags-Drucksache 11/5314, S. 38ff.)

Auch wenn der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Abkommen also nicht definiert ist, ist der Begriff gleichwohl auf völkerrechtlicher Ebene autonom und einheitlich zu bestimmen, sodass sich ein unmittelbarer Rückgriff auf nationale Wertungen verbietet (so auch: Staudinger, IPrax 2000, 194, 197 m.w.N.). Die Materialien zum HKÜ stellen hier jedoch eine wertvolle Auslegungshilfe dar. In der bereits erwähnten Denkschrift von Elisa Pérez - Vera wird unter der Überschrift "Allgemeine Grundzüge des Übereinkommens" zu dem Zweck des Übereinkommens folgendes ausgeführt:

12. Erstens geht es in allen Fällen um das Verbringen eines Kindes aus seinem gewöhnlichen Lebensraum heraus, wo es sich in der Obhut einer natürlichen oder juristischen Person befand, die ihm gegenüber rechtmäßig ein Sorgerecht ausübte. Wohlgemerkt ist einer solchen Situation die Weigerung gleichzustellen, das Kind nach einem Auslands-Aufenthalt, dem die das Sorgerecht ausübende Person zugestimmt hatte, in seine Umwelt wieder einzugliedern. In beiden Fällen ist das Ergebnis in der Tat gleich: das Kind wurde aus der familiären und sozialen Umgebung gerissen, in der sich sein Leben abspielte. ...... (Erläuternder Bericht Pérez - Vera, a.a.O., S. 40) Zentraler Schutzzweck des Übereinkommens ist es also, Kinder davor zu schützen, dass sie aus ihrem gewöhnlichen Lebensraum herausgerissen werden und Schäden durch eine rechtswidrige Entwurzelung erleiden (vgl. auch Nr. 110 des Erläuternden Berichts Pérez - Vera, a.a.O., Seite 55). Eines der wesentlichen Ziele des HKÜ ist es, den status quo ante umgehend wieder herzustellen, damit eine Sorgerechtsentscheidung von den Gerichten des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts getroffen werden kann. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Gerichte dieses Staates wegen ihrer Sachnähe am besten in der Lage sind, sich von den sozialen Verhältnissen des Kindes ein Bild zu machen (vgl. hierzu und zum folgenden: Holl, Funktion und Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts bei internationalen Kindesentführungen, Dissertation Heidelberg, Frankfurt am Main 2001, S. 118ff.). Das Übereinkommen setzt voraus, dass das Kind im Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts sozial integriert ist, was sich auch aus der Bestimmung des Artikel 12 Abs. 2 HKÜ entnehmen lässt. Der im HKÜ verwendete Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist mithin durch eine gewisse Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts und das Vorhandensein solcher Beziehungen zur Umwelt charakterisiert, die die Annahme einer sozialen Integration der betreffenden Person an ihrem Aufenthaltsort rechtfertigen.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass eine autonome und an den Zielen des HKÜ orientierte Auslegung nicht auf normative Merkmale und nicht vorrangig auf übereinstimmend verfolgte Absichten, einen Aufenthalt an einem bestimmten Ort zu begründen, abzustellen hat. Vielmehr hat sie sich an einer faktischen Betrachtungsweise zu orientieren, bei der die physische Anwesenheit der betreffenden Person an einem bestimmten Ort und deren familiäre, berufliche und sonstige soziale Einbindung von wesentlicher Bedeutung sind. Im Gegensatz zu der Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts bereitet jedoch die Feststellung der sozialen Integration einer Person Probleme, weil sie in einer Vielzahl von Beziehungen zur Umwelt besteht. Ob eine Person an ihrem Aufenthaltsort sozial integriert ist oder nicht, lässt sich deshalb nur im Weg einer Gesamtschau der im konkreten Fall gegebenen Beziehungen zur Umwelt und der diese begründenden tatsächlichen Umstände klären. Als derartige Tatsachen, die die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts rechtfertigen können, kommen neben der Zeitdauer des Aufenthalts insbesondere auch die familiären, freundschaftlichen, beruflichen und schulischen Beziehungen in Betracht. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass entsprechend dem Schutzzweck des HKÜ beim minderjährigen Kind sich der gewöhnliche Aufenthalt nicht vom Aufenthalt oder Wohnsitz des Sorgeberechtigten ableitet, sondern selbständig zu ermitteln ist (ebenso: BGH FamRZ 1997, 1070 m.w.N.; OLG Hamm, FamRZ 1999, 948; Friedrich v. Friedrich, 983 F.2d 1396, 1401 <United States Ct. of Appeals 1993>, zitiert nach Ehrle, a.a.O., S. 12).

Aus der Sicht des Kindes, dessen Schutz das HKÜ maßgeblich bezweckt, stellt sich ein Aufenthalt an einem neuen Ort umso mehr als "gewöhnlich" dar, je länger der Aufenthalt an diesem Ort andauert. Auch für Kinder gilt, dass die Wahrscheinlichkeit einer sozialen Integration umso größer ist, desto länger der Aufenthalt an einem bestimmten Ort andauert. Neben der Dauer des Aufenthalts sind eine Reihe weiterer Faktoren für die Annahme der sozialen Integration eines Kindes von Bedeutung. Zu erwähnen ist hier der Umfang der Kenntnisse der Sprache des Aufenthaltsorts, da die Sprache erheblichen Einfluss auf die Fähigkeit des Kindes hat, Beziehungen zu seiner Umwelt zu entwickeln. Bei kleineren Kindern, die aufgrund ihres Alters noch nicht oder jedenfalls noch wenig in der Lage sind, über das familiäre Umfeld hinausgehende Beziehungen zu entwickeln, ist außerdem der Umfang und die Intensität der Beziehungen der Kinder zu ihren Familienangehörigen von besonderer Bedeutung. Ein weiterer für die Feststellung der sozialen Integration wesentlicher Gesichtspunkt sind die bei einem regelmäßigen Schulbesuch entstehenden schulischen Beziehungen bzw. bei kleineren Kindern die bei einem regelmäßigen Besuch eines Kindergartens entstehenden Beziehungen (vgl. OLG Hamm, NJW 1992, 636, 637; OLG Hamm, FamRZ 1988, 1198, 1199). Demgegenüber lassen sich keine Rückschlüsse aus einer erfolgten oder unterlassenen polizeilichen Meldung am neuen Aufenthaltsort oder aus der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person ziehen. Nicht abzustellen ist auch auf den bloßen, natürlichen Bleibewillen einer Person (sog. animus manendi). Gegen eine Berücksichtigung des natürlichen Bleibewillens spricht zudem, dass es immer wieder erhebliche Schwierigkeiten bereitet, seinen genauen Inhalt aus den im konkreten Fall gegebenen Umständen herzuleiten, zumal sowohl Kinder als auch Erwachsene von heute auf morgen ihren Willen, an einem bestimmten Aufenthaltsort dauerhaft zu verbleiben, revidieren können (ebenso: Holl, a.a.O., Seite 126 m.w.N.).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne der Artikel 3 Buchst. a) und Artikel 4 HKÜ durch eine gewisse Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts sowie das Vorhandensein solcher Beziehungen zur Umwelt gekennzeichnet ist, die die Annahme einer sozialen Integration der betreffenden Person an ihrem Aufenthaltsort rechtfertigen. Ein rechtsgeschäftlicher oder ein natürlicher Bleibewille ist demgegenüber nicht erforderlich.

2. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kinder der Parteien in der Zeit ihres Aufenthalts in O2 einen gewöhnlichen Aufenthalt in Australien begründet haben:

Entscheidend ist auf objektive Merkmale, also auf die faktischen Beziehungen abzustellen, die die Annahme eines Aufenthalts von einer gewissen Dauer und Regelmäßigkeit und der sozialen Integration der betreffenden Person an ihrem Aufenthaltsort rechtfertigen. Insoweit spricht die Kürze des Aufenthalts der Kinder in Australien bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland erheblich gegen die Annahme einer erfolgten sozialen Integration. Beide Kinder haben seit ihrer Geburt bis zu ihrer Ankunft in Australien am 26.11.2004 ununterbrochen in Deutschland gelebt und sind im dortigen Sprach- und Kulturraum aufgewachsen. Bis zu ihrer Ausreise am 7.2.2005 lebten C. insgesamt zweieinhalb Monate und G. sogar nur eindreiviertel Monate in Australien.

Auch der Aufenthalt der Kinder in dem neuen familiären Umfeld in der aus dem Vater des Vaters und dessen Ehefrau bestehenden väterlichen Familie rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Hier ist zu berücksichtigen, dass beide Kinder den weitaus größten Teil ihres Lebens von ihrer Mutter als Hauptbetreuungsperson und von ihrem Vater sowie von ihren Großeltern und weiteren Verwandten mütterlicherseits versorgt und betreut wurden und damit an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland fest verwurzelt sind. Angesichts der sehr kurzen Dauer des Aufenthalts in Australien kann der mit der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden, der zufolge die Kinder zum Zeitpunkt der Rückreise nach Deutschland am 7. Februar 2005 bereits so weit in Australien integriert gewesen seien, dass von einem gewöhnliche Aufenthalt in Australien ausgegangen werden könne. Bestätigt wird diese Beurteilung noch durch die Tatsache, dass im Zeitpunkt der Rückreise nach Deutschland G. überhaupt nicht und C. nur über ganz rudimentäre Kenntnisse der Sprache des neuen Aufenthaltsorts verfügten - und diese Kenntnisse in der Kürze der Zeit naturgemäß auch nicht erwerben konnten.

Auch der insgesamt fünftägige Schulbesuch von C. in der ... Grundschule rechtfertigt nicht die Annahme einer sozialen Integration des Kindes in Westaustralien. Die Anmeldung C.'s zum Schwimmunterricht führt zu keiner anderen Beurteilung.

Als alternative Begründung für die Annahme eines neuen Aufenthalts der Kinder in Australien wird vom Vater vorgetragen, dass sich aus der Auswanderung die auf bestimmte Tatsachen gestützte begründete Prognose ergäbe, dass die Eltern und die Kinder an dem neuen Ort dauerhaft bleiben und ihren Daseinsmittelpunkt haben würden. Abzustellen ist insoweit, wie bereits erörtert und vom Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt, auf die Umstände und Tatsachen, die anzeigen, ob der Aufenthalt an dem neuen Ort auf eine längere Zeitdauer angelegt ist und sich zum neuen Daseinsmittelpunkt entwickeln wird (vergl. BGH FamRZ 1981, 135, 136). Zwar mag in bestimmten Einzelfällen eine solche Prognose sogar dann begründet sein, wenn nach der Veränderung des Aufenthaltsorts noch nicht eine bestimmte Zeitspanne verstrichen ist. In Auswanderungsfällen kommt dies nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht: Stammen z. B. beide Eltern aus einem bestimmten Land und haben auch die Kinder dort eine Zeit lang gewohnt oder haben sie aufgrund regelmäßiger Verwandtenbesuche bereits eine gewisse Bindung zu diesem Land, so kann auch bei einem weiteren Aufwachsen und einem längeren Verbleib der Kinder in einem anderen Land die gemeinschaftlich beschlossene und einverständlich und vollständig umgesetzte Auswanderung unter Umständen die Annahme rechtfertigen, dass diese Familie an dem Ort der Auswanderung dauerhaft bleiben und dort ihren Daseinsmittelpunkt haben werde, ohne dass in diesem besonderen Fall noch ein bestimmter Zeitraum verstreichen und weitere tatsächliche Umstände hinzutreten müssten, die die Annahme einer erfolgten Integration am neuen Aufenthaltsort rechtfertigen würden.

Um eine solche Fallkonstellation handelt es sich in dem hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht: Zwar hat der Vater insgesamt neun Jahre in Australien gelebt und ist dort bei seinem Vater aufgewachsen. Die Mutter und beide Kinder stammen jedoch nicht aus Australien und haben auch vor ihrer Ausreise am 26. November 2004 niemals zuvor australischen Boden betreten. Der Vater des Vaters hatte die Familie zwar zwei Mal in Deutschland besucht. Im übrigen bestanden aber bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei gelebte familiäre Beziehungen zu der väterlichen Familie des Vaters in Australien. Hinzu kommt noch, dass die bisherige Wohnung der Parteien in Deutschland noch nicht vollständig aufgelöst worden war, und die Mutter die Wohnung auch noch nicht gekündigt hatte. Darüber hinaus war C. in der Vorschule nicht etwa abgemeldet, sondern lediglich beurlaubt worden. Diese objektiven Umstände stehen im übrigen auch der Annahme entgegen, dass die Eltern den Aufenthalt an dem neuen Ort in Westaustralien einverständlich sogleich auf eine längere Zeitdauer anlegen und diesen Aufenthaltsort ohne jegliche Phase des Einlebens sofort zum neuen Daseinsmittelpunkt entwickeln wollten. Hierfür spricht letztlich auch, dass der Vater sich an Sylvester 2004 veranlasst sah, den Pass C.s an sich zu nehmen und so zu verhindern, dass diese am 1. Januar 2005 mit ihrer Mutter und ihrer Schwester nach Deutschland flog. Dies deutet stark darauf hin, dass der Antragsteller selbst am Bleibewillen der Antragsgegnerin zweifelte. Von einem gemeinsamen Bleibewillen der Parteien ist demgemäß ebenfalls nicht auszugehen.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Kinder im Zeitpunkt der Rückreise nach Deutschland am 07. Februar 2005 einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von Artikel 3 a HKÜ in Westaustralien noch nicht erworben hatten. Bei dieser Sachlage kommt eine Anwendung des HKÜ nicht in Betracht, so dass das Amtsgericht den Antrag auf Rückführung der Kinder zu Recht zurückgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG und § 131 Abs. 3 KostO.

Die Festsetzung des Werts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO, wobei die besonderen Schwierigkeiten dieses Verfahrens werterhöhend berücksichtigt worden sind.

Ende der Entscheidung

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