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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.02.2009
Aktenzeichen: 10 W 4/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn hinsichtlich des Bauvorhabens "A" in O1. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von EUR 41.164,93 zu verurteilen. Die Beklagte hat den Streithelferinnen den Streit verkündet, um im Fall des Unterliegens die Streithelferinnen hinsichtlich der Prozesskosten in Anspruch nehmen zu können. Die Streithelferinnen haben sich dem Klageabweisungsantrag der Beklagten angeschlossen. Das Landgericht hat mit Urteil vom 20.10.2008 der Klage, soweit sie nicht bereits durch einen Teilvergleich erledigt war, stattgegeben.

Mit Beschluss vom 19.12.2008 hat das Landgericht den Streitwert für die Streithelferinnen zu 1) und 2) auf EUR 12.012,72 festgesetzt und dabei auf den Wert der Prozesskosten der Beklagten abzüglich eines Abschlags von 20% abgestellt.

Hiergegen richtet sich die im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 2), mit der sie die Erhöhung des Streitwerts auf EUR 41.164,93 begehrt. Sie ist der Ansicht, dass sich das Interesse der Streithelferin zu 2) am Interesse der unterstützten Partei ausrichte, sofern keine abweichenden Zusätze vorhanden seien. Der Abschlag von 20% sei willkürlich.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig, insbesondere ist die Prozessbevollmächtigte der Streithelferin zu 2) beschwert, da sie die Beschwerde im eigenen Namen erhoben hat und eine höhere Wertfestsetzung begehrt (§ 32 Abs. 2 RVG). Die Beschwerde ist auch begründet. Der für die Streithelferinnen maßgebliche Streitwert ist hier mit dem Hauptsachestreitwert identisch.

Die Bestimmung des Streitwertes einer durchgeführten Nebenintervention ist streitig. Nach einer verbreiteten Ansicht, der auch das Landgericht gefolgt ist, richtet sich der Streitwert unabhängig von den Anträgen des Streithelfers nach seinem eigenen Interesse am Beitritt (OLG Schleswig MDR 2009, 56; OLG Köln MDR 2004, 1025). Teilweise wird von diesem geschätzten Wert darüber hinaus ein Abzug von 20% für sachgerecht gehalten, da die Wirkungen der Nebenintervention nach § 68 ZPO nicht mit einem Leistungstitel vergleichbar seien (Musielak-Heinrich, 6. Aufl., § 3 Rd. 32; Zöller-Herget, 27. Aufl., § 3 Rd. 16).

Nach Einschätzung des Senats stimmt dagegen jedenfalls dann, wenn der Streithelfer sich der Antragstellung der Hauptpartei uneingeschränkt angeschlossen hat, der Hauptsachestreitwert mit dem Wert der Streithilfe überein (BGH NJW 1960, 42; OLG Karlsruhe NJW-RR 2003, 1007, 1008; KG Berlin MDR 2004, 1445; OLG Hamm OLG Report 2007, 607; Baumbach/Lauterbach, 65. Aufl., Anh. § 3 Rd. 106). Der nach § 3 ZPO vom Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmende Streitwert richtet sich in der ersten Instanz nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits (Musielak-Heinrichs, 6. Aufl., § 3 Rd. 6ff). Außerhalb des Rechtsstreits liegende Interessen beeinflussen nicht die Wertfestsetzung. Der Streithelfer, der den Antrag der Hauptpartei einschränkungslos unterstützt, hat das gleiche Interesse am Ausgang des Rechtsstreits wie die unterstützte Hauptpartei. Sein prozessuales Verhalten bezieht sich auf denselben Streitgegenstand. Auch der an den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers gerichtete Auftrag ist auf denselben Gegenstand gerichtet, wie derjenige der Prozessbevollmächtigten der Hauptparteien, so dass kein Grund für eine vom Hauptsachestreitwert abweichende Wertfestsetzung besteht.

Soweit die Beklagte hier angekündigt hat, die Streithelferinnen im Innenverhältnis nur hinsichtlich der Prozesskosten, nicht jedoch hinsichtlich der Hauptforderung in Anspruch nehmen zu wollen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Die Streithelferinnen können einen Rückgriff der Beklagten hinsichtlich der Prozesskosten nur abwehren, wenn sie das prozessuale Ziel der Beklagten uneingeschränkt unterstützen. Wieweit die Beklagte tatsächlich die Streithelferinnen im Fall des Unterliegens in Anspruch nimmt, betrifft allein das Innenverhältnis zwischen der Beklagten und den Streithelferinnen und wirkt sich nicht auf deren Prozessführung aus.

Die Gegenansicht kommt auch nicht zu kostenrechtlich befriedigenderen Ergebnissen. Bezieht sich das eigene Interesse des Streithelfers tatsächlich nur auf einen Teil des Rechtsstreits, so kann er aus Kostengründen seinen Antrag beschränken. Soweit zudem ein Abschlag von 20% für angemessen erachtet wird, da der Streitverkündete mit seinem Beitritt allein die Rechtsfolgen des § 68 ZPO herbeiführe, jedoch nicht eine einem Leistungstenor vergleichbare Entscheidung erziele, überzeugt dies nicht. Die Wirkungen der Streitverkündung gehen über die einer Feststellungsklage hinaus, bei dem ein Abschlag von 20% für sachgerecht gehalten wird. Die dem Streithelfer eingeräumte prozessuale Position ermöglicht die unmittelbare Einflussnahme auf den Ausgang des Rechtsstreits hinsichtlich eines Leistungstenors. Im Regressprozess entfaltet das im Hauptprozess ergangene Urteil eine rechtskraftähnliche Bindungswirkung, mit der im Fall des Obsiegens der unterstützten Partei der Streithelfer Rückgriffsansprüche aus dem im Hauptprozess streitgegenständlichen Gründen abwehren kann.

Die Nebenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG; § 574 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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