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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 16.03.2004
Aktenzeichen: 11 U (Kart) 27/00 (1)
Rechtsgebiete: BADV, Richtlinie 87/67/EG


Vorschriften:

BADV § 59 Abs. 3
Richtlinie 87/67/EG v. 15.10.96
Aus der Richtlinie 96/67/EG vom 15.10.1996 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 BADV folgt nicht, dass ein Flughafen ein Gestattungsentgelt von Bodenabfertigungsdienstleistern allein für die Eröffnung einer Marktchance fordern kann, dem keine konkrete Gegenleistung gegenüber steht.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U (Kart) 27/00

Verkündet am 16. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.04.2000 wird zurückgewiesen. Die geänderten Klageanträge werden als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt den Flughafen X. Die Beklagte ist eine Luftverkehrsgesellschaft. Sie fliegt den Flughafen X an und fertigt dort ihre eigenen sowie Passagiere anderer Fluggesellschaften ab.

Hierfür stellt die Klägerin Abfertigungsschalter gegen Entgelt zur Verfügung. Die Rechtsbeziehungen der Parteien sind u.a. in einem Vertrag über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge (Bodenverkehrsdienste) geregelt, der wegen der zu entrichtenden Entgelte auf die Entgelteordnung der Klägerin in der jeweils gültigen Fassung Bezug nimmt (künftig: BVD-Vertrag).

Die Klägerin hat ursprünglich für die Bodenabfertigungsdienste (Check-in) über das von der Beklagten gezahlte Nutzungsentgelt hinaus ab 1.1.1998 ein zusätzliches "Gestattungsentgelt" für die Gewährung des Zutritts zum Markt der Bodenabfertigungsdienste verlangt. Gestützt hat sie ihre Forderung auf die am 15.10.1996 vom Rat der Europäischen Union erlassene Richtlinie 96/67/EG über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft, deren Artikel 16 u.a. wie folgt lautet:

"(1) Die Mitgliedsstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten...;

...

(3) Ist der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden, so ist dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien festzulegen."

In Erwägung 25 zur Richtlinie wird ausgeführt:

"Den zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten befugten Dienstleistern und den zur Selbstabfertigung befugten Luftverkehrsunternehmen ist im Interesse eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zu gewähren. Für diesen Zugang darf jedoch ein Entgelt erhoben werden."

Zur Umsetzung der Richtlinie hat der Deutsche Gesetzgeber das Gesetz über Bodenabfertigungsdienste vom 11.11.1997 (BGBl. I 2694) erlassen, mit dem eine Verordnungsermächtigung in das Luftverkehrsgesetz eingefügt wurde, auf deren Grundlage die Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen (BADV) vom 10.12.1997 erging (BGBl. I S. 2885). § 9 Abs. 1 und 3 BADV lauten:

§ 9

Zugang

(1) Der Flugplatzunternehmer und der Dienstleister oder Selbstabfertiger sind verpflichtet, einen Vertrag über die Nutzung des jeweils erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen sowie die nach dieser Verordnung an den Flugplatzunternehmer zu entrichtenden Entgelte ... abzuschließen.

...

(3) Der Flugplatzunternehmer ist berechtigt, von den Dienstleistern und den Selbstabfertigern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben. Die Höhe dieses Entgeltes ist nach Anhörung des Nutzerausschusses nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen und darf im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen.

Ab Herbst 1997 verhandelten die Parteien über eine Neufassung des zwischen ihnen seit 16.3.1992 bestehenden BVD-Vertrages. Dabei forderte die Klägerin erstmals ein Gestattungsentgelt, was die Beklagte jedoch ablehnte. Mit Datum vom 2.12.1997 kündigte die Beklagte den BVD-Vertrag vom 6.3.1992 zum 31.12.1998, wobei sie ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, die Verhandlungen über einen Neuvertrag zügig zum Abschluss bringen zu können (GA 393). Mit Schreiben vom 12.12.1997 unterbreitete die Klägerin der Beklagten den Vorschlag, das Nutzungsentgelt je Abfertigungsvorgang für die Check-in-Schalter um ein variables Entgelt in Höhe von 0,30 DM je Einsteiger zu ergänzen und dadurch den Abschluss eines Geschäftsausübungsvertrages (Gestattungsvertrages) überflüssig zu machen (GA 221). Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.1997, eine fundierte Beantwortung des Vorschlages werde erst im neuen Jahr möglich sein (GA 222). Unter dem 23.12.1997 bestätigte die Klägerin den Erhalt dieses Schreibens und bemerkte, leider habe die Frage eines zusätzlichen variablen Entgeltbestandteils nicht abschließend geklärt werden können. Zur Wahrung der Gleichbehandlung sei mit gleicher Post die Forderung auf Erhebung eines Gestattungsentgeltes dem Grunde nach geltend gemacht worden (GA 223). Mit Schreiben vom selben Tag (GA 73, 74) verwies die Klägerin auf die geänderte Rechtslage und führte aus, sie sei nach § 9 Abs. 3 BADV berechtigt, von Dienstleistern und Selbstabfertigern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung der Einrichtungen im Sinne eines Gestattungsentgeltes zu erheben. Weiter heißt es:

"Wir möchten Ihnen hiermit unsere Absicht ankündigen, ab 1.1.1998 .... ein Gestattungsentgelt zu verlangen. Wir haben derzeit noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen, ob das beabsichtigte Gestattungsentgelt am erzielten Umsatz, der Anzahl von Abfertigungsvorgängen oder ....bemessen werden soll".

Mit Schreiben vom 2.2.1998 (GA 91 ff) erklärte die Beklagte, bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einem Gestattungsentgelt zu bleiben. Unter dem 9. 2.1998 übersandte die Klägerin den Entwurf eines BVD-Vertrages, der neben den festen Gebühren für die Schalter-Vermietung ein zusätzliches variables Entgelt von 0,30 DM je Einsteiger vorsah (GA 226). Auf der Grundlage nachfolgender Besprechungen kam es zu weiteren Entwürfen, bei denen ein zusätzliches variables Entgelt (Gestattungsentgelt ) nicht mehr vorgesehen war, weil es - wie die Klägerin mit Schreiben vom 25.2.1998 ausführte - einer "separaten Regelung" zugeführt werden sollte. Schließlich einigten sich die Parteien am 27.4.1998 auf einen neuen BVD-Vertrag nebst Zusatzvertrag (GA 233 ff), in dem u. a. die Zurverfügungstellung von Check-in-Schaltern und die hierfür zu entrichtenden Entgelte - ohne Regelung eines Gestattungsentgeltes - vereinbart wurden. Vorab hatte die Beklagte mit Schreiben vom 23.4.1998 erklärt, sofern es in der Frage der Gestattungsentgelte zu einer letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung komme, würden sich beide Seiten einer solchen unterwerfen und entsprechend handeln. Weiter heißt es darin:

"Wir gehen davon aus, dass damit alle bestehenden Hindernisse zur Unterzeichnung des BVD-Vertrages ausgeräumt werden konnten..(GA 395)."

Die Klägerin führte zum 1.1.1998 eine neue Flughafenbenutzungsordnung ein, deren Nr. 2.5.1 lautet:

"Der Flughafenunternehmer bietet Bodenabfertigungsdienste nach Maßgabe des Leistungsverzeichnisses und der Entgeltordnung in der jeweils gültigen Fassung an. Selbstabfertiger und Dienstleister sind im vom Flughafenunternehmer zugelassenen Umfang berechtigt, ebenfalls diese Dienste auszuführen.

2.5.2.

Der Flughafenunternehmer ist berechtigt, von den zugelassenen Selbstabfertigern und Dienstleistern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltungen und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben, das im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flugplatzes beitragen soll."

Der Nutzerausschuss befasste sich am 20.7.1998 mit der Forderung der Klägerin nach Erhebung eines Gestattungsentgeltes, ohne eine Einigung zu erzielen (GA 96 ff.). Unter dem 24.7.1998 übersandte die Klägerin der Beklagten unter Hinweis auf die schriftliche Ankündigung vom 23.12.1997 und die Anhörung im Nutzerausschuss am 20.7.1998 eine Rechnung über Gestattungsentgelt rückwirkend zum 1.1.1998 in Höhe von 151.890,74 DM (GA 99).Diese Forderung ist Gegenstand des mit der Klage verfolgten Hauptantrages.

Die Klägerin hat sich aufgrund der ab 1.1.1998 eingetretenen Rechtslage für berechtigt und verpflichtet gehalten, von der Beklagten zusätzlich zur "Schaltermiete" im Rahmen eines (abzuschließenden) Gestattungsvertrages ein sog. "Gestattungsentgelt" als gesonderte Gegenleistung für die "Gewährung des Zugangs zum Markt der Bodendienstleistungen" zu verlangen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Gestattungsentgelt sei für die Gewährung und Nutzung einer gewerblichen Chance zu entrichten, während es sich bei dem Nutzungsentgelt um die Vergütung für die konkrete Nutzung einzelner Einrichtungen handele.

Die Klägerin meint, der Klageanspruch ergebe sich aus Vertrag in Verbindung mit § 9 Abs. 1 und 3 BADV. Ein (Gestattungs-) Vertrag sei zwischen den Parteien durch das Schweigen der Beklagten auf ihr Angebot vom 23.12.1997 bereits zustande gekommen.

Da nach § 9 Abs. 1 BADV Abschlusszwang bestehe, sei das Schweigen auf den Antrag als Annahme zu werten.

Selbst wenn ein Vertrag nicht zustande gekommen sein sollte, so hat die Klägerin weiter vorgetragen, sei die Beklagte verpflichtet, im Hinblick auf den Abschlusszwang nach § 9 Abs. 1 BADV dem Abschluss eines entsprechenden Vertrages zuzustimmen. Dieser Anspruch ist Gegenstand des Hilfsantrags.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen seit dem 24.07.1998 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen,

1. den mit der vorliegenden Klage wiederholten Antrag auf Abschluss eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten anzunehmen, der (1) rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft tritt und für unbestimmte Zeit gilt und nach dem (2) die Beklagte der Klägerin für jede landseitige Abfertigung von Fluggästen im Sinne von Anlage 1 (Verzeichnis der Bodenabfertigungsdienste) Nr. 2 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen und zur Änderung weiterer luftrechtlicher Vorschriften vom 10.12.1997, BGBl. I 2885, durch die Beklagte auf dem Flughafen X ein Gestattungsentgelt von 0,30 DM pro Einsteiger zu zahlen hat, gleichviel ob diese Abfertigung für die Beklagte selbst erfolgt oder für Dritte und (3) ein etwaiger bisheriger Gestattungsvertrag zwischen den Parteien, der die genannten Abfertigungen beträfe, rückwirkend zum 01.01.1998 aufgehoben wird und

2. an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen seit dem 24.07.1998 zu zahlen, sobald das dem Antrag zu II. 1 stattgebende Urteil Rechtskraft erlangt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat einen Vertragsabschluss zwischen den Parteien bestritten und gemeint, nach dem Wortlaut, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Richtlinie verstoße das geforderte Gestattungsentgelt gegen deren zwingende Vorgaben. Ein Entgelt für die Gewährung des Zugangs zum Markt für Bodenabfertigungsdienste verstoße gegen den darin verankerten Grundsatz des freien Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste.

Bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung ergebe sich ein Verbot von Gestattungsentgelten. Sowohl die Richtlinie als auch § 9 BADV bezögen sich ausdrücklich auf den Zugang zu Flughafeneinrichtungen. Zugang und Nutzung einer Flughafeneinrichtung seien in der Terminologie der Richtlinie und des Kartellrechts in Wirklichkeit gleichbedeutend. Gemeint sei damit lediglich ein Entgelt für die Nutzung derjenigen Flughafeneinrichtung, zu welcher der Wettbewerber Zugang erhalte. Dies gehe auch aus der Entstehungsgeschichte der Richtlinie hervor.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf das Urteil vom 12.4.2000 (GA 421 ff.) Bezug genommen.

Gegen das ihr am 12.4.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.5.2000 Berufung eingelegt und diese innerhalb der entsprechend verlängerten Frist am 25.7.2000 begründet. Mit der Berufung hat die Klägerin zunächst unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihre bisherigen Anträge weiterverfolgt.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 31.7.2001 ausgesetzt und die Sache nach Art. 234 Abs. 2 EGV zur Vorabentscheidung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorgelegt. Wegen der Vorlagefragen und der Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 10.7.2001 (GA 809 ff ) Bezug genommen.

Der EuGH hat die Vorlagefrage zu 1.) mit Urteil vom 16.10.2003 wie folgt beantwortet:

Es läuft der Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft, insbesondere ihrem Artikel 16 Absatz 3, zuwider, dass das Leitungsorgan eines Flughafens für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt verlangt, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt. Dagegen darf das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen verlangen, dessen Höhe, die nach den in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien festzusetzen ist, seinem Gewinninteresse Rechnung trägt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 16.10.2003 - Az: C 363/01 (hintere Aktentasche GA VI) - Bezug genommen.

Nach Abschluss des Vorabentscheidungsverfahrens hat die Klägerin weiter vorgetragen:

Der Gerichtshof habe zwar ein pauschales Markteintrittsgeld nicht gebilligt. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs folge jedoch, dass die Flughäfen ein Nutzungsentgelt für die konkreten Nutzungen erheben dürfte n, die sie den Nutzern ermöglichten.

Das Nutzungsentgelt dürfe einen angemessenen Unternehmergewinn enthalten. Der Gerichtshof verlange im Ergebnis nur, dass das Leitungsorgan des Flughafens konkret und nicht pauschal abrechne. Statt eines pauschalen Gestattungsentgeltes müsse das Leitungsorgan konkrete Nutzungen und Vorteile konkret abrechnen. Um die rechtlichen Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Gerichtshofes zu ziehen und ein Grundsatzurteil zu erstreiten, seien deshalb die Anträge neu zu formulieren.

Zwischen den Parteien bestehe nur ein Schaltermietvertrag. Dies sei nicht der Vertrag, den § 9 Abs. 1 BADV ins Auge fasse und dessen Abschluss vorgeschrieben sei. Die Klägerin legt im Einzelnen dar, wie sie das konkrete Entgelt pro Fluggast nunmehr zu berechnen gedenkt. Um die Dienste bei der Abfertigung der Flugpassagiere erbringen zu können, sei die Beklagte zwingend auf die Nutzung von Flughafeneinrichtungen angewiesen, nämlich der Vorfeldstraßen, Betriebsstraßen, Zugangskontrollen und Terminalflächen. Diese Kostengruppen hätten nichts mit der Miete für die Abfertigungsschalter zu tun und seien kostenrechnerisch gesondert zu erfassen (GA 1067 ff.). Die Abfertigungsdienste seien auch nicht durch andere Entgelte abgegolten. Soweit in den geänderten Anträgen möglicherweise eine Klageänderung liege, sei diese sachdienlich, da das Urteil des Gerichtshofs nur so "nützliche Wirkung" entfalten könne.

Die Klägerin beantragt nunmehr:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.04.2000 - Aktenzeichen 3/8 O 13/00 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 77.660,50 nebst 5 % Zinsen hieraus ab dem 24.07.1998 zu zahlen.

1. Hilfsweise (soweit der Antrag zu 1 keinen Erfolg haben sollte):

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts vom 12.04.2000 - Aktenzeichen 3/8 O 13/00 - abgeändert und die Beklagte verurteilt,

a) den mit der Klage wiederholten Antrag der Klägerin auf Abschluss eines Vertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten anzunehmen,

(1) der rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft tritt und für unbestimmte Zeit gilt, und

(2) nach dem die Beklagte der Klägerin für jede landseitige Abfertigung von Fluggästen auf dem Flughafen X im Sinne von Anlage 1 (Verzeichnis der Bodenabfertigungsdienste) Nr. 2 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen und zur Änderung sonstige luftrechtlicher Vorschriften vom 10.12.1997, BGBl. I 2885 ("BADV") durch die Beklagte ein kostenbezogenes Entgelt, dessen Höhe die Klägerin unter Anwendung der in § 9 Abs. 3 S. 2 BADV genannten Kriterien festsetzt und das dem Gewinninteresse der Klägerin Rechnung trägt, zu zahlen hat, gleichviel ob die betreffende Abfertigung für die Beklagte selbst oder für Dritte erfolgt (Selbstabfertigung bzw. Drittabfertigung),

(3) der die gemäß § 9 Abs. 1 BADV von der Beklagten gemäß § 8 der BADV zu erfüllenden Anforderungen erfüllt,

(4) einen etwaigen bisherigen Gestattungsvertrag zwischen den Parteien aufhebt; und

b) aufgrund Teilurteils für das Jahr 2003 der Klägerin € 305.402,62 nebst 5 % Zinsen hieraus ab dem 31.12.2003 zu zahlen, sobald das unter Ziffer 2 a beantragte Urteil auf Vertragsschluss Rechtskraft erlangt hat.

1. (Zweiter Hauptantrag, zusätzlich zu dem Hauptantrag in Ziffer 1):

Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a) der Klägerin ab dem Jahr 1998 und allen folgenden Kalenderjahren für jeden konkreten Vorteil und für jede konkrete Nutzung (Vorhaltung, Zugang und Nutzung im Sinne von § 9 Abs. 3 BADV, derzeit Nutzung von Vorfeldstraße, Betriebsstraßen, Zugangskontrolle und Terminalfläche), welche die Klägerin oder jemand im Namen und/oder für Rechnung der Klägerin der Beklagten ermöglicht, ein Entgelt einschließlich einer angemessenen Gewinnspanne zu zahlen hat, wobei das Entgelt den Anforderungen der BADV entsprechen und insbesondere sachgerecht, objektiv, transparent und nicht-diskriminierend sein muss,

b) die Beklagte verpflichtet ist, mit der Klägerin Verträge mit dem in Ziffer a) dieses Antrags zu 2. umschriebenen Inhalts zu schließen (Abschlusszwang).

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die neuen Anträge stellten eine Klageänderung dar, der sie widerspricht und die sie für nicht sachdienlich erachtet. Die fehlende Sachdienlichkeit ergebe sich unter anderem daraus, dass eine Entscheidung über die ursprüngliche zentrale Frage des Verfahrens, bei dem es sich um einen Musterprozess handele, nicht ergehen würde. Gegen die Sachdienlichkeit spreche aber auch, dass die neuen Anträge als unzulässig abzuweisen wären. Der Hilfsantrag zu 2 a) sei schon deshalb unzulässig, weil der in dem Hilfsantrag bezeichnete Vertrag, dessen Abschluss die Klägerin nunmehr begehre, nicht existiere. Dementsprechend könne die Beklagte nicht zu seiner Annahme verurteilt werden. Gegenstand der Klage sei bislang nur der Antrag auf Abschluss eines Vertrages über die Zahlung eines Gestattungsentgeltes in Höhe von 0,30 DM pro Einsteiger gewesen.

Das mit dem Feststellungsantrag zu 3. geltend gemachte Rechtsverhältnis sei zwischen den Parteien nicht streitig, weil die Parteien bislang noch überhaupt keine Gelegenheit gehabt hätten, über den Inhalt des neuen Antrags zu streiten.

Bislang habe die Klägerin stets auf der Entrichtung eines nutzungsunabhängigen Gestattungsentgelts bestanden. Im Übrigen habe die Beklagte mit der Klägerin sämtliche erforderlichen Verträge über konkrete Nutzungen bereits abgeschlossen.

Es bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Vertrages über die Nutzung von Flughafeneinrichtungen, weil diese Leistungen bereits abschließend vertraglich geregelt seien. Wegen des weitergehenden Parteivortrages nach Abschluss des Vorabentscheidungsverfahrens wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2. Februar 2004 (GA 1058 ff.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 08.03.2004 (GA 1111 ff.) jeweils nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1.) Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch (Hauptantrag) nicht aus einem zwischen den Parteien bereits zustande gekommenen Gestattungsvertrag zu.

a) Das Landgericht hat einen Vertragsabschluss durch Stillschweigen der Beklagten auf das "Vertragsangebot" der Klägerin vom 23.12.1997 zu Recht und mit zutreffender Begründung verneint.

Das Schreiben stellt nach Inhalt und Wortlaut kein Angebot zu einem Vertragsabschluss dar, sondern kündigt die Erhebung eines Gestattungsentgeltes als einseitige Maßnahme auf der Rechtsgrundlage der Richtlinie 96 /67 EG bzw. der BADV an.

Auch der Umstand, dass die Verhandlungen der Parteien bis zum 23.12.1997 über ein Gestattungsentgelt nicht vorangekommen waren, spricht eher dafür, dass die Klägerin der Beklagten kein Vertragsangebot unterbreiten , sondern ihre (vermeintlichen) Ansprüche zum 1.1.1998 wahren wollte, um sie nach der erst später erfolgten Anhörung des Nutzerausschusses rückwirkend geltend machen zu können.

Auch wenn die Klägerin der Beklagten (bereits) am 27.10.1997 ein "förmliches Angebotsschreiben" angekündigt hatte, konnte die Beklagte das Schreiben vom 23.12.1997 nicht als jenes "förmliche Angebot" erkennen, zumal es sich offensichtlich um ein an alle Dienstleister gerichtetes Standardschreiben handelte (vgl. GA 223: "zur Wahrung der Gleichbehandlung").

Unabhängig davon ist bloßes Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, also auch keine Annahme eines Vertragsangebots. Abgesehen von einigen gesetzlich ausdrücklich geregelten Ausnahmen steht Schweigen nur unter besonderen Voraussetzungen einer Annahme gleich, wenn der Antragsempfänger nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern. Einer der insoweit von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 148 Rn. 3) liegt nicht vor. Aufgrund der Vorverhandlungen, bei denen die Parteien über ein Gestattungsentgelt gerade keine Einigkeit erzielt hatten, war kein Vertragsstadium erreicht, bei dem der Vertragsschluss zu den von der Klägerin gewünschten Bedingungen sicher erwartet werden konnte. Ebensowenig genügt das Bestehen einer "laufenden Geschäftsbeziehung", weil die Parteien hier um einen außergewöhnlichen und für beide Teile besonders wichtigen Punkt des Vertrags bzw. einen weiteren Vertrag mit neuem Regelungsgehalt gestritten haben.

Das Bestehen eines Kontrahierungszwangs führt im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Die in der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalte (OGH NJW 50, 24; BGHZ 47, 245 ff.) unterscheiden sich von dem vorliegenden Fall grundlegend.

In der Entscheidung OGH NJW 50, 24 ging es um das Zustandekommen eines Vertrages mit einem Unternehmen, das einem eindeutig festgesetzten gesetzlichen Kontrahierungszwang unterlag. Ähnlich führt BGHZ 47, 275 aus, es entspreche der Lebenserfahrung, dass Personen, die kraft gesetzlicher Verpflichtung zwangsläufig als Lieferer und Abnehmer von Waren miteinander in Verbindung treten müssten, ihre Beziehungen als vertragliche betrachten. Die Beklagte unterliegt keinem Kontrahierungszwang. Sie könnte - wie das Landgericht in seinem Urteil zutreffend ausführt - ihre Tätigkeit (als Selbstabfertiger) in X einstellen. Unabhängig davon kann § 9 Abs. 1 BADV indes nur entnommen werden, dass die Parteien verpflichtet sind, einen Vertrag über die Nutzung des erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen zu schließen. Daraus folgt nicht, dass sie in jedem Fall neben einem Nutzungsvertrag einen gesonderten Gestattungsvertrag schließen müssen, wenn die Frage der Nutzung bestimmter Einrichtungen und das dafür zu zahlende Entgelt bereits in einem Vertrag geregelt sind. Die Beziehungen der Parteien, insbesondere auch soweit sie die Inanspruchnahme von Schaltern zum Check-in betrafen, waren über den Zeitpunkt 31.12.1997 hinaus durch den BVDVertrag von 1992 geregelt. Anders als in den entschiedenen Fällen betrifft der vorliegende Sachverhalt deshalb nicht die Frage des Zustandekommens von vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien schlechthin, sondern lediglich die vertraglichen Modalitäten einer (gesonderten vertraglichen) "Zusatzvereinbarung über ein Gestattungsentgelt".

Ein eindeutiger gesetzlicher Kontrahierungszwang zum Abschluss eines gesonderten Gestattungsvertrages - nur darauf könnte sich das Schreiben vom 23.12.1997 bezogen haben - besteht aber nicht.

Da sich die Parteien bis Ende 1997 über ein zusätzliches Gestattungsentgelt nicht einig geworden sind und die Beklagte sich auf den Vorschlag der Klägerin vom 12.12.1997 eine Frist zur Stellungnahme bis Anfang 1998 ausbedungen hatte, muss sie sich ihr Schweigen auf das nachfolgende Schreiben vom 23.12.1997 auch nicht nach Treu und Glauben als stillschweigende Annahme zurechnen lassen.

b) Ebenso wenig folgt die Annahme eines Vertragsangebotes durch konkludente Willenserklärung (§ 152 BGB). Insoweit kann auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils (S. 5 f) Bezug genommen werden, denen der Senat folgt (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Inanspruchnahme der Leistungen der Klägerin erfolgte auch nach dem 1.1.1998 auf vertraglicher Grundlage, zunächst des BVD-Vertrages von 1992 und ab April 1998 auf der Grundlage des neuen BVD-Vertrages vom 27.4.1998.

Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen der Klägerin kann deshalb für die Annahme eines Vertragsschlusses nicht abgestellt werden, zumal die Beklage schon vor dem 1.1.1998 einen Vorbehalt gegen die Forderung der Klägerin nach einem zusätzlichen Gestattungsentgelt erklärt hatte. Die Parteien gingen - wie das Schreiben der Beklagten vom 23.4.1998 zeigt - auch Anfang 1998 davon aus, dass die Frage eines zusätzlichen Gestattungsentgeltes zwischen ihnen noch nicht Gegenstand einer vertraglichen Regelung geworden war (GA 395).

c) Ein vertraglicher Anspruch ist auch nicht über die seit 1.1.1998 geltende neue Flughafenbenutzungsordnung begründet worden. Der Flugplatzunternehmer hat zwar grundsätzlich das Recht, für die den Benutzern zur Verfügung gestellten Leistungen durch einseitig festgesetzte AGB Benutzungsentgelte zu regeln. Diese Regelung steht unter dem Vorbehalt, dass die Bestimmung der Leistung der Billigkeit entspricht.

Sowohl die Benutzungsordnung wie die auf ihrer Grundlage ergehende Entgelteordnung sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH ZLW 1974, 77; OLG Stuttgart VersR 1971, 160; Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 420).

Da die Parteien hier mit Abschluss des BVD-Vertrages eine Individualvereinbarung und (vorläufig) abschließende Regelung der Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Check-in-Schalter getroffen haben, können diese gem. § 4 AGBG (a.F.) nicht durch formularmäßige Bestimmungen zunichte gemacht werden. Dies gilt auch für Preisvereinbarungen. Der BVD-Vertrag enthält eine umfassende Festlegung der maßgeblichen Entgelte, die eine Individualvereinbarung schon deshalb darstellt, weil die festgelegten Entgelte von der Entgelteordnung abweichen.

Mit der vertraglichen Vereinbarung vom 28.4.1998 ist die Annahme, ein zusätzliches Gestattungsentgelt sei aufgrund der Benutzungsordnung durch die AGB der Klägerin Vertragsbestandteil geworden, unvereinbar. Darüber hinaus haben die Parteien die Einbeziehung der neuen Entgelteordung bzw. des darin geregelten Gestattungsentgelts in den BVD-Vertrag konkludent ausgeschlossen. Vereinbaren Parteien - wie hier - einen streitigen Verhandlungspunkt auszuklammern, um hierüber später eine Einigung zu erzielen, so kann sich kein Vertragsteil nachfolgend darauf berufen, eine Regelung sei schon aufgrund seiner AGB Vertragsinhalt geworden. Die Individualabrede verdrängt die AGB.

d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Gesichtspunkten einer Schuldersetzung oder einer ergänzenden Vertragsauslegung.

Einer ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung zum 1.1.1998 steht die von den Parteien im April 1998 getroffene eindeutige vertragliche Regelung entgegen. Diese ist nicht lückenhaft, so dass für eine ergänzende Vertragsauslegung kein Raum besteht. Auch insoweit lässt das Schreiben der Beklagten vom 23.4.1998 (GA 395) keine andere Auslegung zu. Danach wollten sich die Parteien in der Frage der "derzeit stark umstrittenen Gestattungsentgelte" einer etwaigen letztinstanzlichen Entscheidung unterwerfen und entsprechend handeln, sofern sie einen vergleichbaren Sachverhalt betrifft wie zwischen den Parteien.

Aus der danach getroffenen vertraglichen Regelung in Zusammenhang mit diesem Schreiben muss entnommen werden, dass die Parteien eine abschließende individualvertragliche Regelung unter Ausklammerung der umstrittenen Gestattungsentgelte getroffen haben. Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehende übereinstimmende Vorstellung der Parteien ist weder eine Vereinbarung von Gestattungsentgelten durch AGB noch im Wege einer Schuldersetzung oder ergänzenden Vertragsauslegung möglich. Vertragliche Ansprüche der Klägerin scheiden nach allem aus.

2.) Ebenso wenig kann der Zahlungsanspruch auf bereicherungsrechtliche Ansprüche gestützt werden, weil die Klägerin ihre Leistungen im Hinblick auf die bestehende vertragliche Regelung nicht unentgeltlich, sondern gegen das dort (vorerst) abschließend vereinbarte Entgelt erbringt.

3.) Die Beklagte ist auch nicht entsprechend dem (ursprünglichen) Hilfsantrag verpflichtet, mit der Klägerin einen Vertrag über die Entrichtung eines Gestattungsentgeltes (Gestattungsvertrag) zu schließen.

Ein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Gestattungsvertrages und auf Zahlung eines Gestattungsentgelts als Gegenleistung für die Marktzutrittsgewährung besteht auf der Grundlage des Urteils des EuGH vom 16.10.2003 nicht. Nach der Entscheidung des EuGH läuft es der Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft, insbesondere ihrem Artikel 16 Absatz 3, vielmehr zuwider, dass das Leitungsorgan eines Flughafens für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt verlangt, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt. Weitergehende Ansprüche zu ihren Gunsten kann die Klägerin auch nicht aus § 9 BADV herleiten. Zwar ist in § 9 Abs. 3 BADV von einem Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung der Einrichtungen die Rede. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, hieraus folge, dass der Flughafenbetreiber neben dem konkret berechneten Nutzungsentgelt ein Gestattungsentgelt erheben dürfe, ist nach der Entscheidung des EuGH nicht haltbar. Da der nationale Gesetzgeber mit der BADV die Richtlinie 96/67/EG umgesetzt hat, ist die Entscheidung des EuGH auch für die europarechtskonforme Auslegung der BADV verbindlich. Nach der Entscheidungserwägung unter Nr. 44 des fraglichen Urteils würde die Befugnis des Leitungsorgans eines Flughafens, zusätzlich zu dem Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen ein Zugangsentgelt zu erheben, nicht nur nicht den Zugang zum fraglichen Markt erleichtern, sondern dem Ziel, die Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften zu senken, unmittelbar zuwiderlaufen und diese Kosten in manchen Fällen sogar erhöhen. Letzteres wäre - wie der EuGH weiter ausführt - der Fall, wenn bestimmte Dienstleister oder Nutzer, die wie die Beklagte vor der Umsetzung der Richtlinie kein Zugangsentgelt zahlten, angesichts der in Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinien genannten Kriterien künftig ein solches Entgelt zahlen müssten.

Daraus folgt zugleich, dass eine Auslegung des § 9 Abs. 3 BADV, die zu der vom EuGH beschriebenen Kostensteigerung infolge eines zusätzlichen Gestattungsentgelts führen würde, mit der Zielsetzung der Richtlinie 95/67/EG unvereinbar wäre.

Letztlich hat die Klägerin die Konsequenzen der Entscheidung des EuGH nicht verkannt, sondern ist nach Abschluss des Vorabentscheidungsverfahrens von ihrer Forderung nach einem Gestattungsentgelt abgerückt.

4.) Die Berufung hat jedoch auch mit den zuletzt gestellten Hilfs- und Feststellungsanträgen keinen Erfolg.

Die neu formulierten Hilfsanträge stellen eine Klageänderung, die Feststellungsanträge zu 3 eine Klageerweiterung dar. In beiden Fällen richtet sich die Zulassung nach §§ 523, 263 ZPO a. F. (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl. § 530 Rn. 3).

Den geänderten Anträgen liegt ein anderer Klagegrund zugrunde. Denn die Klägerin verlangt nunmehr ein konkretes Nutzungsentgelt, zu dessen Berechnung sie auf neue Berechnungsfaktoren abstellt. Dementsprechend hat der Vertrag, dessen Abschluss die Klägerin mit dem Hilfsantrag zu a) nunmehr beantragt, einen anderen Inhalt als der bisher geforderte Gestattungsvertrag.

Da die Beklagte in die Klageänderung und -erweiterung nicht einwilligt, wäre sie nur bei Bejahung der Sachdienlichkeit durch den Senat zulässig.

An der Sachdienlichkeit fehlt es hier. Der Übergang zu einem unzulässigen Klageantrag ist nicht sachdienlich, weil er eine Sachentscheidung verhindert (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 263 Rn. 13). So liegt der Fall aber hier. Der Hilfsantrag zu 2 a) auf Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages ist mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig (§ 253 ZPO). Der Klageantrag auf Abschluss eines geschuldeten Hauptvertrages muss grundsätzlich den gesamten Vertragsinhalt umfassen (BGH NJW-RR 94, 317). Bei der von der Klägerin nunmehr gewählten Antragsformulierung wäre der Inhalt des abzuschließenden Vertrages aber völlig unbestimmt. Der Inhalt des Vertrages, den die Beklagte abschließen soll, könnte erst in der Zwangsvollstreckung geklärt werden. Deshalb ist der Antrag - ähnlich wie ein Rahmenantrag auf Mitwirkung bei der Neufestsetzung des Pachtzinses oder das Verbot einer bestimmten Leistung ohne marktgerechten Gegenwert (Palandt/Putzo, ZPO, 23. Aufl. § 253 Rn. 11) - unzulässig.

Die Sachdienlichkeit des Zahlungsantrages zu 2 b) fehlt schon deshalb, weil der Antrag die rechtskräftige Verurteilung der Beklagten nach dem Antrag zu 2 a) voraussetzt, die aber im vorliegenden Rechtsstreit mangels Sachdienlichkeit des Hilfsantrags 2 a) nicht in Betracht kommt.

Auch die Klageerweiterung auf die Feststellungsanträge zu 3. ist nicht sachdienlich.

Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen die Kriterien des § 9 BADV. Die Wiedergabe einer gesetzlichen Bestimmung genügt in aller Regel nicht zur Konkretisierung eines bestimmten Klagebegehrens. Bei dieser Tenorierung stünde nur fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für jeden konkreten Vorteil und jede konkrete Nutzung ein Entgelt zu zahlen und Verträge über Nutzungsentgelte abzuschließen hat. Unklar ist indes schon, wie der Begriff "jeder konkrete Vorteil" auszulegen wäre.

Ein diesen Anträgen entsprechendes Urteil wäre deshalb nicht geeignet, den zwischen den Parteien bestehenden Streit klarzustellen und als Richtschnur für ihr künftiges Verhalten zu dienen.

Darüber hinaus fehlt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Da die Klägerin - wie ihr Antrag zu 2 b) zeigt - durchaus in der Lage ist, das ihr (vermeintlich) zustehende Nutzungsentgelt zu berechnen und auch den von ihr geforderten Vertrag über ein zusätzliches Nutzungsentgelt konkret formulieren könnte, besteht wegen der Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber einer Leistungsklage kein Feststellungsinteresse.

5.) Nach allem war die Berufung - hinsichtlich der geänderten bzw. erweiterten Anträge mit der Maßgabe deren Unzulässigkeit - zurückzuweisen.

Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels waren der Klägerin gem. § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 Abs. 1 ZPO), nachdem der EuGH die über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage bereits beantwortet hat.



Ende der Entscheidung

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