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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.07.2001
Aktenzeichen: 11 U (Kart) 27/00
Rechtsgebiete: BADV, AGBG


Vorschriften:

BADV § 9 Abs. 1
BADV § 3
BADV § 9
BADV § 6 Abs. 3
AGBG § 4
Zur Frage der Zulässigkeit einer zusätzlichen Flughafengebühr neben einem Benutzungsentgelt für die Benutzung von Flughafeneinrichtungen (Hannover). Vorlage an den EuGH.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U (Kart) 27/00

Verkündet am 31. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... auf die mündliche Verhandlung vom 10.7.2001 beschlossen:

Tenor:

Die Entscheidung über die Berufung wird ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.) Ist die Richtlinie 96/67 EG des Rates vom 15.10.1996, insbesondere deren Artikel 16 Abs. 3 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 25 dahin auszulegen, daß das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 berechtigt ist, von einem Selbst- und / oder Drittabfertiger ( Dienstleister ) für die Gestattung des Zugangs zu den Flughafeneinrichtungen" ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsabgabe als Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance zusätzlich zu einem Nutzungsentgelt ( Mietzins) zu verlangen, das der Selbstund / oder Drittabfertiger für die mietweise Zurverfügungstellung von Flughafeneinrichtungen ­ hier: Schalter zur Abfertigung von Fluggästen ­ aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu zahlen hat; oder ( zweite Alternative) folgt aus den Bestimmungen der Richtlinie nur, daß bei der Festsetzung eines Nutzungsentgeltes die in Art. 16 Abs. 3 erwähnten Kriterien zu beachten sind und das Gewinninteresse des Leitungsorgans des Flughafens Berücksichtigung findet?

2.) Falls Frage 1.) ­ erste Alternative - bejaht wird, besteht ein Anspruch des Flughafenunternehmers gegenüber einem Selbst- und / oder Drittabfertiger ( Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens ) auch in Bereichen, wo der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie gewährleistet war, nämlich insb. bei der landseitigen Bodenabfertigung?

3.) Falls Frage 2.) bejaht wird, ist die Richtlinie dahin auszulegen, daß sie das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Art. 3 berechtigt, auch von einem Selbstabfertiger und / oder einem Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der bis zum Inkrafttreten der Richtlinie bzw. der ihrer Umsetzung in nationales Recht dienenden Bestimmun- gen für die Nutzung der jeweiligen Flughafeneinrichtungen ( nur ) Mietzahlungen erbracht hat, nunmehr zusätzlich ein Gestattungsentgelt im Sinne von Frage 1.) als Gegenleistung für den Zugang zu Flughafeneinrichtungen" zu fordern?

4.) Ist ggfs. die ( zusätzliche ) Forderung eines Gestattungsentgeltes von einem Selbstabfertiger und / oder Dienstleister, dem bislang der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung ­ ggfs. nur im Bereich der Selbstabfertigung ­ ohne zusätzliches Gestattungsentgelt gewährt wurde sogar zwingend, um eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Selbstabfertigern und Dienstleistern zu verhindern,

a) von denen schon bislang neben einem Nutzungs- auch ein zusätzliches Gestattungsentgelt verlangt wurde;

b) denen erstmals der Zutritt zu den Flughafeneinrichtungen aufgrund der durch die Richtlinie geschaffenen Rechtslage gestattet und von denen nunmehr hierfür ein Gestattungsentgelt neben einem weiteren Nutzungsentgelt für die Nutzung der Einrichtungen gefordert wird ?

5.) Sofern Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 96/67 des Rates vom 15.10.1996 das Leitungsorgan eines Flughafens berechtigt, ein zusätzliches Gestattungsentgelt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu fordern, entspricht ein Gestattungsentgelt, das neben einem Entgelt für die Nutzung von Abfertigungsschaltern verlangt wird, den Anforderungen des Art. 16 Abs. 3 im Hinblick auf Sachgerechtheit, Objektivität, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, wenn es sich am Aufkommen der Fluggäste ausrichtet ( hier : 0,30 DM pro abzufertigendem Fluggast ) ?

Gründe:

I.

Die Klägerin betreibt den Flughafen Hannover-Langenhagen. Die Beklagte, eine Luftverkehrsgesellschaft, fliegt diesen Flughafen an und fertigt ihre Passagiere - als sog. Selbstabfertiger - sowie Passagiere anderer Fluggesellschaften ­ als sog. Drittabfertiger - ab (Check-in). Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin berechtigt ist, von der Beklagten für diese Bodenabfertigungsdienste ein Gestattungsentgelt" zu verlangen.

Die Beklagte hat seit jeher in Langenhagen eigene und Passagiere von Drittgesellschaften abgefertigt. Hierzu hat ihr die Klägerin Abfertigungsschalter mietweise zur Verfügung gestellt, deren Mietpreis sich nach der Entgelteordnung in der jeweils gültigen Fassung bzw. vertraglicher Vereinbarung richtete ( vgl. etwa GA 594 ff ).Die Rechtsbeziehungen der Parteien hinsichtlich der Bodenabfertigungsleistungen waren zuletzt in einem Vertrag über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge (BVD- Vertrag) vom März 1992 geregelt, dessen Bestandteil auch die jeweilige Flughafenbenutzungsordnung war. Ein zusätzliches Gestattungsentgelt" hat die Klägerin von der Beklagten bis Ende 1997 ­ jedenfalls im Bereich der Selbstabfertigung - nicht verlangt. Von anderen Dienstleistern , die für Dritte Fluggast ­ Abfertigungen erbringen und von sonstigen Dienstleistern hat die Klägerin auch bisher schon neben einem Nutzungsentgelt für die Zurverfügungstellung einzelner Flughafeneinrichtungen ein zusätzliches Gestattungsentgelt verlangt. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das von der Klägerin nunmehr geforderte Gestattungsentgelt lediglich die Gewährung der Marktzutrittschance abgelten soll und daß damit keine konkreten Leistungen der Klägerin wie die Zurverfügungstellung von spezifischen oder gemeinsam genutzten Einrichtungen oder sonstige Leistungen abgegolten werden sollen, sondern hierfür grds. das Nutzungsentgelt zu zahlen ist.

Am 15.10.1996 hat der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 96/67/EG über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemein- schaft erlassen. Ziel der Richtlinie ist die Liberalisierung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste. In Erwägung 25 zur Richtlinie wird ausgeführt:

Den zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten befugten Dienstleistern und den zur Selbstabfertigung befugten Luftverkehrsunternehmen ist im Interesse eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zu gewähren. Für diesen Zugang darf jedoch ein Entgelt erhoben werden."

Artikel 16 lautet:

(1) Die Mitgliedsstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten;

...

(3) Ist der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden, so ist dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien festzulegen.

Zur Umsetzung der Richtlinie hat der Deutsche Gesetzgeber das Gesetz über Bodenabfertigungsdienste vom 11.11.1997 (BGBl. I 2694) erlassen, mit dem eine entsprechende Verordnungsermächtigung in das Luftverkehrsgesetz eingefügt wurde, auf deren Grundlage die Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen (BADV) vom 10.12.1997 erging (BGBl. I S. 2885 = GA 75 ff).

§ 9 Abs. 1 und 3 BADV lauten:

§ 9 Zugang

(1) Der Flugplatzunternehmer und der Dienstleister oder Selbstabfertiger sind verpflichtet, einen Vertrag über die Nutzung des jeweils erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen sowie die nach dieser Verordnung an den Flugplatzunternehmer zu entrichtenden Entgelte ...abzuschließen".

...

( 3) Der Flugplatzunternehmer ist berechtigt, von den Dienstleistern und den Selbstabfertigern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben. Die Höhe dieses Entgeltes ist nach Anhörung des Nutzerausschusses nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen und darf im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen.

...

Ab Herbst 1997 verhandelten die Parteien über eine Neufassung des BVD- Vertrages, wobei die Klägerin u.a. die Leistung eines Gestattungsentgeltes wünschte, was die Beklagte ablehnte. Mit Datum vom 2.12.1997 kündigte die Beklagte den BVD-Vertrag vom 6.3.1992 zum 31.12.1998, wobei sie ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, die Verhandlungen über einen Neuvertrag zügig zum Abschluß bringen zu können ( GA 393). Mit Schreiben vom 12.12.1997 unterbreitete die Klägerin der Beklagten den Vorschlag, das Nutzungsentgelt je Abfertigungsvorgang für die Check-in- Schalter um ein variables Entgelt in Höhe von 0,30 DM je Einsteiger zu ergänzen und dadurch den Abschluß eines Geschäftsausübungsvertrages ( Gestattungsvertrages ) überflüssig zu machen. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.1997, eine fundierte Beantwortung des Vorschlages werde erst im neuen Jahr möglich sein ( GA 222). Unter dem 23.12.1997 bestätigte die Klägerin den Erhalt dieses Schreibens und bemerkte, leider habe die Frage eines zusätzlichen variablen Entgeltbestandteils nicht abschließend geklärt werden können. Zur Wahrung der Gleichbehandlung sei mit gleicher Post die Forderung auf Erhebung eines Gestattungsentgeltes dem Grunde nach geltend gemacht worden ( GA 223). Mit Schreiben vom selben Tag ( GA 73, 74) verwies die Klägerin auf die geänderte Rechtslage und führte aus, sie sei nach § 9 Abs. 3 BADV berechtigt, von Dienstleistern und Selbstabfertigern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung der Einrichtungen im Sinne eines Gestattungsentgeltes zu erheben. Weiter heißt es:

Wir möchten Ihnen hiermit unsere Absicht ankündigen, ab 1.1.1998 .... ein Gestattungsentgelt zu verlangen. Wir haben derzeit noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen, ob das beabsichtigte Gestattungsentgelt am erzielten Umsatz, der Anzahl von Abfertigungsvorgängen oder ....bemessen werden soll".

Mit Schreiben vom 2.2.1998 ( GA 91 ff) erklärte die Beklagte, bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einem Gestattungsentgelt zu bleiben. Unter dem 9. 2.1998 übersandte die Klägerin einen (weiteren) Entwurf eines BVD-Vertrages, der neben den festen Gebühren für die Schalter-Vermietung ein zusätzliches variables Entgelt von 0,30 DM je Einsteiger vorsah ( GA 226). Auf der Grundlage nachfolgender Besprechungen kam es zu weiteren Entwürfen, bei denen ein zusätzliches variables Entgelt ( Gestattungsentgelt ) nicht mehr vorgesehen war, weil es ­ wie die Klägerin mit Schreiben vom 25.2.1998 ausführte ­ einer separaten Regelung" zugeführt werden sollte. Schließlich einigten sich die Parteien am 27.4.1998 auf einen neuen BVD- Vertrag nebst Zusatzvertrag ( GA 235 f), in welchem u. a. die Zurverfügungstellung von Check-in-Schaltern und die hierfür zu entrichtenden Entgelte ­ ohne Regelung eines Gestattungsentgeltes ­ vereinbart wurden. Vor Unterzeichnung dieses Vertrages erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 23.4.1998, sofern es in der Frage der Gestattungsentgelte zu einer letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung komme, würden sich beide Seiten einer solchen unterwerfen und entsprechend handeln. Weiter heißt es darin:

Wir gehen davon aus, daß damit alle bestehenden Hindernisse zur Unterzeichnung des BVD-Vertrages ausgeräumt werden konnten..(GA 395)." Die Klägerin führte zum 1.1.1998 eine neue Flughafenbenutzungsordnung ein, deren Nr. 2.5.1 lautet:

Der Flughafenunternehmer bietet Bodenabfertigungsdienste nach Maßgabe des Leistungsverzeichnisses und der Entgeltordnung in der jeweils gültigen Fassung an. Selbstabfertiger und Dienstleister sind im vom Flughafenunternehmer zugelassenen Umfang berechtigt, ebenfalls diese Dienste auszuführen.

2.5.2. Der Flughafenunternehmer ist berechtigt, von den zugelassenen Selbstabfertigern und Dienstleistern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltungen und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben, das im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flugplatzes beitragen soll."

In der ab 1.4.1999 geltenden Entgelteordnung war ­ erstmals ­ neben den Gebühren für Check-in-Schalter ein Nutzungsentgelt je Einsteiger von 0,30 DM vorgesehen ( GA 616). Der Nutzerausschuß befaßte sich am 20.7.1998 mit der Forderung der Klägerin nach Erhebung eines Gestattungsentgeltes, ohne eine Einigung zu erzielen ( GA 96 ff.). Unter dem 24.7.1998 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über Gestattungsentgelt rückwirkend zum 1.1.1998 in Höhe von 151.890,74 DM. Diese Forderung ist Gegenstand des mit der Klage verfolgten Hauptantrages. Hilfsweise beantragt die Klägerin, die Beklagte zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages zu verpflichten.

Die Klägerin hält sich aufgrund der ab 1.1.1998 eingetretenen Rechtslage für berechtigt und verpflichtet, von der Beklagten zusätzlich zur Schaltermiete" im Rahmen eines ( abzuschließenden ) Gestattungsvertrages ein sog. Gestattungsentgelt" als gesonderte Gegenleistung für den Zugang zum Markt der Bodendienstleistungen" zu verlangen. Nach ihrer Auffassung ist zwischen Gestattungsentgelt und Nutzungsentgelt zu unterscheiden. Das Gestattungsentgelt soll sich auf eine gewerbliche Gestattung, das Nutzungsentgelt auf die Gebrauchsüberlassung einzelner Sachen (Abfertigungsschalter) beziehen. Das Gestattungsentgelt soll für den Marktzutritt bzw. die Nutzung einer gewerblichen Chance zu entrichten sein, während es sich bei dem Nutzungsentgelt um die Vergütung für die konkrete Nutzung einzelner Einrichtungen handele.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Klageanspruch ergebe sich aus Vertrag in Verbindung mit § 9 Abs. 1 und 3 BADV. Ein ( Gestattungs- ) Vertrag sei zwischen den Parteien durch das Schweigen der Beklagten auf das Angebot der Klägerin vom 23.12.1997 zustande gekommen. Da nach § 9 Abs. 1 BADV Abschlußzwang bestehe, sei das Schweigen auf den Antrag als Annahme zu werten. Da sie, die Klägerin, Selbstabfertiger und Dienstleister gleichbehandeln müsse, ergebe sich diese Rechtsfolge auch aus dem Gleichbehandlungsgebot.

Bis zum 1.1.1998 sei die Gestattung der Bodenabfertigung gegenüber der Beklagten in einem vertragslosen Zustand erfolgt. Wolle man auch schon für die Zeit vor dem 1.1.1998 einen stillschweigenden ( gebührenfreien ) Gestattungsvertrag annehmen, sei die Beklagte zur Anpassung dieses Gestattungsvertrages an die neue Rechtslage verpflichtet, wonach die Gestattung nach dem 1.1.1998 nur noch gegen Entgelt zulässig sei. Andernfalls müsse sie, die Klägerin, die Nutznießung Altnutzern aus der Zeit vor dem1.1.1998 kostenlos gestatten. Ihr sei durch Gemeinschaftsrecht aber ein Recht auf Entgelt verliehen worden, dessen Durchsetzung ihr mit den Mitteln des Privatrechts möglich sein müsse. Dies sei durch die Annahme eines Vertragsschlusses durch Schweigen auf ein Angebot bei Abschlußzwang oder durch ergänzende Vertragsauslegung möglich. Entstehung und Zweck der Richtlinie zeigten, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber den Flughäfen das Recht habe verleihen wollen, von Selbst­ und Drittabfertigern ein besonderes Gestattungsentgelt zu verlangen. Selbst wenn ein Vertrag nicht zustande gekommen sein sollte, so hat die Klägerin weiter vorgetragen, sei die Beklagte verpflichtet, im Hinblick auf den Abschlußzwang nach § 9 Abs. 1 BADV dem Abschluß eines entsprechenden Vertrages zuzustimmen. Dieser Anspruch ist Gegenstand des Hilfsantrags.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen seit dem 24.07.1998 zu zahlen,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen,

1. den mit der vorliegenden Klage wiederholten Antrag auf Abschluß eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten anzunehmen, der (1) rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft tritt und für unbestimmte Zeit gilt und nach dem (2) die Beklagte der Klägerin für jede landseitige Abfertigung von Fluggästen im Sinne von Anlage 1 (Verzeichnis der Bodenabfertigungsdienste) Nr. 2 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen und zur Änderung weiterer luftrechtlicher Vorschriften vom 10.12.1997, BGBl. I 2885, durch die Beklagte auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen ein Gestattungsentgelt von 0,30 DM pro Einsteiger zu zahlen hat, gleichviel ob diese Abfertigung für die Beklagte selbst erfolgt oder für Dritte und (3) ein etwaiger bisheriger Gestattungsvertrag zwischen den Parteien, der die genannten Abfertigungen beträfe, rückwirkend zum 01.01.1998 aufgehoben wird und

2. an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen seit dem 24.07.1998 zu zahlen, sobald das dem Antrag zu II. 1 stattgebende Urteil Rechtskraft erlangt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat einen Vertragsabschluß zwischen den Parteien bestritten und gemeint, nach dem Wortlaut, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Richtlinie verstoße das geforderte Gestattungsentgelt gegen deren zwingende Vorgaben. Ein Entgelt für die Gewährung des Zugangs zum Markt für Bodenabfertigungsdienste verstoße gegen den darin verankerten Grundsatz des freien Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste . Auch wenn die BADV einen bei isolierter Betrachtung geringfügig größeren Argumentationsspielraum zugunsten der Klägerin biete, sei sie vor dem Hintergrund der Richtlinie 96 /67 EG des Rates vom 1.10.1996 europarechtskonform auszulegen. Bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung ergebe sich ein Verbot von Gestattungsentgelten. Sowohl die Richtlinie als auch § 9 BADV bezögen sich ausdrücklich auf den Zugang zu Flughafeneinrichtungen. Zugang und Nutzung einer Flughafeneinrichtung seien in der Terminologie der Richtlinie und des Kartellrechts in Wirklichkeit gleichbedeutend. Gemeint sei damit lediglich ein Entgelt für die Nutzung derjenigen Flughafeneinrichtung, zu welcher der Wettbewerber Zugang erhalte. Dies gehe auch aus der Entstehungsgeschichte der Richtlinie hervor.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, ein Vertrag sei durch das Schweigen der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 23.12.1997 nicht zustande gekommen, weil es sich bei dem Schreiben inhaltlich um kein verbindliches Vertragsangebot gehandelt und die Beklagte dem Ansinnen der Klägerin mit Schreiben vom 2.2.1998 ausdrücklich und noch rechtzeitig widersprochen habe. Auch die Grundsätze über den Vertragsabschluß durch sozialtypisches Verhalten kämen hier nicht zur Anwendung. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Abschluß eines Vertrages über ein Gestattungsentgelt nach § 9 BADV. Der Wortlaut der Verordnung gebe keinen unmittelbaren Aufschluß darüber. Die Auslegung der Richtlinie 96 /67 EG des Rates ergebe jedoch, daß Gestattungsentgelte für den Zugang zu dem bereits seit Jahren offenen landseitigen Markt für Bodenabfertigungsdienste nicht geboten seien. Auf der Landseite der deutschen Flughäfen sei eine Liberalisierung der Bodenabfertigungsdienste bereits ohne den Einfluß der Richtlinie eingetreten, weil die Flughafengesellschaften schon seit langer Zeit die landseitigen Bodenabfertigungsdienste für Selbst- und Drittabfertiger geöffnet hätten. Allein dadurch, daß der bereits bestehende offene Markt rechtlich festgeschrieben werden solle, würden die Flughafenbetreiber in keinster Weise beeinträchtigt. Der Richtlinie könne nicht entnommen werden, daß sie gleichwohl nachträglich für die seinerzeit freiwillige Marktöffnung belohnt werden sollten, indem sie jetzt zusätzlich zu den bisherigen Gebühren Konzessionsabgaben verlangen dürften. Zwar deute die Entstehungsgeschichte darauf hin, daß die Richtlinie einem abstrakten Gestattungsentgelt nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe. Die Richtlinie rechtfertige jedoch nicht die Erhebung eines zusätzlichen Gestattungsentgeltes, wenn dem Flughafenunternehmen nicht zwangsweise durch die angeordnete Marktöffnung eine Einnahmequelle entzogen werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die zulässige Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages weiterverfolgt. Sie meint, das LG habe ergebnisorientiert entschieden, dabei aber die europarechtlichen Vorgaben außer Acht gelassen und die Intentionen der Richtlinie verkannt. Gemeinschaftsrechtlich sei ein Gesamtausgleich für Gesamtnachteile der Flughafenunternehmen infolge des freien Marktzutritts von Bodendienstleistern und kein konkreter Ausgleich für einen konkret nachzuweisenden Schaden beabsichtigt gewesen. Als Ausgleich für die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Flughäfen müsse das Gestattungsentgelt als Gesamtausgleich für die gesamte Umgestaltung der Wettbewerbsverhältnisse gesehen werden und unabhängig davon verlangt werden können, ob und wann das Flughafenunternehmen Schritte in Richtung des von der Richtlinie angestrebten Zustands freiwillig unternommen habe. Geltungsgrund für das Entgelt sei die vom Gemeinschaftsgesetzgeber veranlasste Veränderung der Gesamtlage aller Flughäfen. Es sei daher unerheblich, daß die Beklagte und vergleichbare Selbstabfertiger schon bislang Zugang zu den Flughafeneinrichtungen gehabt hätten, ohne hierfür ein Gestattungsentgelt entrichten zu müssen. Würde das Gestattungsentgelt auf diejenigen Abfertigungstätigkeiten beschränkt, die erst aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zugelassen werden, verstieße sie ­ so meint die Klägerin - gegen das Diskriminierungsverbot. Sie müsse dann nämlich Selbstabfertiger und Drittabfertiger unterschiedlich behandeln. Von den Selbstabfertigern könne sie aufgrund der bisherigen Handhabung kein Gestattungsentgelt verlangen, sondern nur von den neu zugelassenen Dienstleistern. Dies würde sich zu Lasten der Fluggesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten auswirken, deren Flugaufkommen eine Selbstabfertigung in aller Regel nicht gestatte, während die Fluggesellschaften in ihren jeweiligen Heimatstaaten als Selbstabfertiger kein Gestattungsentgelt entrichten müssten und dadurch einen erheblichen Vorteil hätten. Dass Selbstabfertiger und Dienstleister nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden dürften, ergebe sich, so meint die Klägerin, aus der Entscheidung der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Alpha Flight Servi- ces". Schließlich könnten diejenigen Flughafenunternehmen, die sich die Abfertigung und sonstige Bodendienstleistungen bisher vorbehalten haben, nunmehr von allen Dienstleistern gleichermaßen ein Entgelt fordern, während sie, die Klägerin, für die Zeit nach dem 1.1.1998 überhaupt keinen Anspruch mehr geltend machen könne, ohne sich dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen. Ein solcher Zustand sei mit dem Ziel einheitlicher Märkte, so meint die Klägerin, nicht vereinbar und würde sich auf den Wettbewerb der Flughäfen untereinander grob diskriminierend auswirken.

Die Klägerin beantragt,

auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 12.04.2000 ­ Aktenzeichen 3/8 O 13/00 ­ abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen hieraus ab dem 24.07.1998 zu zahlen;

hilfsweise: Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 12.04.2000 ­ Aktenzeichen 3/8 O 13/00 - abgeändert und die Beklagte verurteilt,

1. den mit der Klage wiederholten Antrag auf Abschluß eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten anzunehmen, der (1) rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft tritt und für unbestimmte Zeit gilt und nach dem (2) die Beklagte der Klägerin für jede landseitige Abfertigung von Fluggästen im Sinne von Anlage 1 (Verzeichnis der Bodenabfertigungsdienste) Nr. 2 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen und zur Änderung weiterer luftrechtlicher Vorschriften vom 10.12.1997, BGBl. I 2885 durch die Beklagte auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen ein Gestattungsentgelt von DM 0,30 pro Einsteiger zu zahlen hat, gleichviel ob diese Abfertigung für die Beklagte selbst erfolgt oder für Dritte und (3) ein etwaiger bisheriger Gestattungsvertrag zwischen den Parteien , der die genannten Abfertigungen beträfe, rückwirkend zum 01.01.1998 aufgehoben wird und

2. an die Klägerin DM 151.890,74 nebst 5 % Zinsen hieraus ab dem 24.07.1998 zu zahlen, sobald die unter Ziffer 1 ausgesprochene Entscheidung Rechtskraft erlangt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Erhebung des von der Klägerin geforderten Gestattungsentgelts als Ausgleich für den Zugang zum Markt laufe dem mit der Richtlinie verfolgten Liberalisierungsgedanken diametral zuwider. Bei dem in der Richtlinie erwähnten Entgelt für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen handele es sich ausschließlich um die Gegenleistung für die Nutzung von Einrichtungen, die der Dienstleister oder Selbstabfertiger für die Erbringung seiner Bodenabfertigungsdienste benötigt. Der Zugang zum Markt im Sinne einer Erwerbschance müsse dagegen frei gewährt werden. Entgelte seien nach der grundsätzlichen Entscheidung der Richtlinie ausschließlich in Form von Nutzungsentgelten für den Zugang zu sachlichen Flughafeneinrichtungen zulässig. Andernfalls habe es der Flughafenbetreiber in der Hand, durch die willkürliche Festsetzung von Gestattungsentgelten den Zugang von Wettbewerbern zum Markt der Bodenabfertigungsdienste zu regulieren. Die Einführung eines Gestattungsentgelts würde, so meint die Beklagte, das Hauptziel der Richtlinie, die Senkung der Betriebskosten der Luftfahrtunternehmen, in das Gegenteil verkehren. Das von der Klägerin geforderte Gestattungsentgelt würde statt dessen zu immer höheren Kosten in der Luftfahrt führen. Das Diskriminierungsargument der Klägerin greife nicht, weil es von der Prämisse ausgehe, sie, die Klägerin, sei rechtlich verpflichtet, ein Gestattungsentgelt zu erheben. Tatsächlich sei die Erhebung eines Gestattungsentgeltes aber gar nicht zulässig, so daß es auch zu keiner Diskriminierung kommen könne.

II. Die Entscheidung des Rechtsstreits ist von der Auslegung des Gemeinschaftsrechts abhängig, die gem. Art. 234 Abs. 1 lit. a) EGV dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist. Der Senat hat daher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren auszusetzen und nach Art. 234 Abs. 2 EGV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs herbeizuführen.

1.) Der Rechtsstreit ist nicht bereits nach innerstaatlichem Recht entscheidungsreif.

a ) Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht aus einem zwischen den Parteien bereits zustande gekommenen Gestattungsvertrag zu.

aa) Das Landgericht hat einen Vertragsabschluß durch Stillschweigen der Beklagten auf das Vertragsangebot" der Klägerin vom 23.12.1997 im Ergebnis zutreffend verneint. Das Schreiben stellt nach Inhalt und Wortlaut kein Angebot zu einem Vertragsabschluß dar, sondern kündigt die Erhebung eines Gestattungsentgeltes als einseitige Maßnahme auf der Rechtsgrundlage der Richtlinie 96 /67 EG bzw. der BADV an. Tatsächlich ist die Klägerin grds. berechtigt, Leistungsentgelte in ihren AGB einseitig festzusetzen. Auch der Umstand, daß die Verhandlungen der Parteien bis zum 23.12.1997 über ein Gestattungsentgelt nicht vorangekommen waren, spricht eher dafür, daß die Klägerin der Beklagten kein Vertragsangebot unterbreiten , sondern ihre (vermeintlichen) Ansprüche zum 1.1.1998 wahren wollte, um sie nach der erst später erfolgten Anhörung des Nutzerausschusses rückwirkend geltend machen zu können. Auch wenn die Klägerin der Beklagten (bereits) am 27.10.1997 ein förmliches Angebotsschreiben" angekündigt hatte, konnte die Beklagte das Schreiben vom 23.12.1997 nicht als jenes förmliche Angebot" erkennen, zumal es sich offensichtlich um ein an alle Dienstleister gerichtetes Standardschreiben handelte (vgl. Bl. 223: zur Wahrung der Gleichbehandlung" ).

Unabhängig davon ist bloßes Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, also auch keine Annahme eines Vertragsangebots. Abgesehen von einigen gesetzlich ausdrücklich geregelten Ausnahmen steht Schweigen nur unter besonderen Voraus- setzungen einer Annahme gleich, wenn der Antragsempfänger nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern. Einer der insoweit von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 148 Rn. 3) liegt hier jedoch nicht vor. Aufgrund der Vorverhandlungen, bei denen die Parteien über ein Gestattungsentgelt gerade noch keine Einigkeit erzielt hatten, war kein Vertragsstadium erreicht, bei dem der Vertragsschluss zu den von der Klägerin gewünschten Bedingungen sicher erwartet werden konnte. Ebensowenig genügt das Bestehen einer laufenden Geschäftsbeziehung", weil die Parteien hier um einen außergewöhnlichen und für beide Teile besonders wichtigen Punkt des Vertrags bzw. einen weiteren Vertrag mit neuem Regelungsgehalt gestritten haben.

Das Bestehen eines Kontrahierungszwangs führt im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Die in der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalte (OGH NJW 50, 24; BGHZ 47, 245ff) unterscheiden sich von dem vorliegenden Fall grundlegend. In der Entscheidung OGH NJW 50, 24 ging es um das Zustandekommen eines Vertrages mit einem Unternehmen, das einem eindeutig festgesetzten gesetzlichen Kontrahierungszwang unterlag. Ähnlich führt BGHZ 47, 275 aus, es entspreche der Lebenserfahrung, daß Personen, die kraft gesetzlicher Verpflichtung zwangsläufig als Lieferer und Abnehmer von Waren miteinander in Verbindung treten müßten, ihre Beziehungen als vertragliche betrachten. Die Beklagte unterliegt keinem Kontrahierungszwang. Sie könnte ­ wie das Landgericht in seinem Urteil auf S. 10 ausführt ­ ihre Tätigkeit (als Selbstabfertiger) in Hannover-Langenhagen einstellen. Unabhängig davon kann § 9 Abs. 1 BADV indes nur entnommen werden, daß die Parteien verpflichtet sind, einen Vertrag über die Nutzung des erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen zu schließen. Daraus folgt nicht ( eindeutig), daß sie in jedem Fall neben einem Nutzungsvertrag einen gesonderten Gestattungsvertrag schließen müssen, wenn die Frage der Nutzung bestimmter Einrichtungen und das dafür zu zahlende Entgelt bereits in einem Vertrag geregelt sind. Die Beziehungen der Parteien, insbesondere auch soweit sie die Inanspruchnahme von Schaltern zum Check-in betrafen, waren über den Zeitpunkt 31.12.1997 hinaus durch den BVD-Vertrag von 1992 geregelt. Anders als in den entschiedenen Fällen betrifft der vorliegende Sachverhalt deshalb nicht die Frage des Zustandekommens von vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien schlecht- hin, sondern lediglich die vertraglichen Modalitäten einer ( gesonderten vertraglichen ) Zusatzvereinbarung über ein Gestattungsentgelt". Ein eindeutiger gesetzlicher Kontrahierungszwang zum Abschluss eines gesonderten Gestattungsvertrages- nur darauf könnte sich das Schreiben vom 23.12.1997 bezogen haben ­ besteht aber nicht.

Da sich die Parteien bis Ende 1997 über ein zusätzliches Gestattungsentgelt nicht einig geworden sind und die Beklagte sich auf den Vorschlag der Klägerin vom 12.12.1997 eine Frist zur Stellungnahme bis Anfang 1998 ausbedungen hatte, muss sie sich ihr Schweigen auf das nachfolgende Schreiben vom 23.12.1997 auch nicht nach Treu und Glauben als stillschweigende Annahme zurechnen lassen.

bb) Ebensowenig folgt die Annahme eines Vertragsangebotes durch konkludente Willenserklärung (§ 152 BGB) . Insoweit kann auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils (S. 5 f) Bezug genommen werden, denen der Senat folgt ( § 543 Abs. 1 ZPO ). Die Inanspruchnahme der Leistungen der Klägerin erfolgte auch nach dem 1.1.1998 auf vertraglicher Grundlage, zunächst des BVD-Vertrages von 1992 und ab April 1998 auf der Grundlage des neuen BVD - Vertrages vom 27.4.1998. Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen der Klägerin kann deshalb für die Annahme eines Vertragsschlusses abgestellt werden, zumal die Beklage schon vor dem 1.1.1998 einen Vorbehalt gegen die Forderung der Klägerin nach einem zusätzlichen Gestattungsentgelt erklärt hatte. Die Parteien gingen ­ wie das Schreiben der Beklagten vom 23.4.1998 zeigt ­ auch Anfang 1998 davon aus, daß die Frage eines zusätzlichen Gestattungsentgeltes zwischen ihnen noch nicht Gegenstand einer vertraglichen Regelung geworden war( GA 395).

cc) Ein vertraglicher Anspruch könnte zwar grds. über die seit 1.1.1998 geltende neue Flughafenbenutzungsordnung begründet worden sein, da die Flughafenbenutzungsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bestandteil des ersten wie des späteren BVD ­ Vertrages ist. Die Rechtsbeziehungen zwischen Flugplatzunternehmer und Luftfahrtunternehmen sind privatrechtlicher Natur und nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Der Flugplatzunternehmer hat grundsätzlich das Recht, für die den Benutzern zur Verfügung gestellten Leistungen durch einseitig festgesetzte AGB Benutzungsentgelte zu regeln. Diese Regelung steht unter dem Vorbehalt, daß die Bestimmung der Leistung der Billigkeit entspricht. Diese für die Zeit vor der Geltung des AGB-Gesetzes entwickelten Grundsätze sind vom BGH auch nach dessen Inkrafttreten bestätigt worden (NJW-RR 1997, 1019 m.w.N.). Sowohl die Benutzungsordnung wie die auf ihrer Grundlage ergehende Entgelteordnung sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH ZLW 1974, 77; OLG Stuttgart VersR 1971, 160; Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 420). Aber selbst wenn die Klägerin grundsätzlich berechtigt wäre, ein besonderes Entgelt im Sinne eines Gestattungsentgeltes einseitig im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, d. h. der Benutzungsordnung festzulegen, haben die Parteien hier mit Abschluss des BVD ­ Vertrages eine Individualvereinbarung und ( vorläufig ) abschließende Regelung der Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Check-in-Schalter getroffen. Nach § 4 AGBG können vertragliche Vereinbarungen nicht durch formularmäßige Bestimmungen zunichte gemacht werden. Dies gilt auch für Preisvereinbarungen, die z.B. nicht durch eine Klausel, wonach zusätzlich Mehrwertsteuer zu entrichten ist oder eine sog. Lohngleitklausel oder durch Bezugnahme auf einen Kostenanschlag zunichte gemacht werden dürfen (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 5 AGB Rn. 4).Diese Bestimmung greift auch hier ein. Der BVD-Vertrag enthält eine umfassende Festlegung der maßgeblichen Entgelte, die eine Individualvereinbarung schon deshalb darstellt, weil die festgelegten Entgelte von der Entgelteordnung abweichen. Ein zusätzliches Gestattungsentgelt" würde ­ unabhängig von der Bezeichnung - das von der Beklagten für die von der Klägerin zu erbringende Leistung geschuldete Entgelt erhöhen. Mit der vertraglichen Vereinbarung vom 28.4.1998 ist die Annahme, ein zusätzliches Gestattungsentgelt sei aufgrund der Benutzungsordnung durch die AGB der Klägerin Vertragsbestandteil geworden, unvereinbar. Selbst bei einer Unterscheidung zwischen Gestattungsentgelt und Nutzungsentgelt könnte ein einheitlicher Preis in einem einzigen Vertrag festgelegt werden, mit dem sowohl der Zugang zum Markt" als auch die Schaltermiete" abgegolten wäre ( vgl. auch Rittner, EuZW 98, 651,654 li. Sp.). Jedenfalls aber haben die Parteien die Einbeziehung der neuen Entgelteordung bzw. des darin geregelten Gestattungsentgelts in den BVD ­ Vertrag konkludent ausgeschlossen. Vereinbaren Parteien wie hier, einen streitigen Verhandlungspunkt auszuklammern , um hierüber später eine Einigung zu erzielen, so kann sich kein Vertragsteil nachfolgend darauf berufen, eine Regelung sei schon aufgrund seiner AGB Vertragsinhalt geworden. Die Individualabrede verdrängt die AGB.

dd) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Gesichtspunkten einer Schuldersetzung oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Einer ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung zum 1.1.1998 steht die von den Parteien im April 1998 getroffene eindeutige vertragliche Regelung entgegen. Diese ist nicht lückenhaft, so daß für eine ergänzende Vertragsauslegung kein Raum besteht. Auch insoweit läßt das Schreiben der Beklagten vom 23.4.1998 ( GA 395) keine andere Auslegung zu. Danach wollten sich die Parteien in der Frage der derzeit stark umstrittenen Gestattungsentgelte" einer etwaigen letztinstanzlichen Entscheidung unterwerfen und entsprechend handeln, sofern sie einen vergleichbaren Sachverhalt betrifft wie zwischen den Parteien. Aus der danach getroffenen vertraglichen Regelung in Zusammenhang mit diesem Schreiben muß entnommen werden, daß die Parteien eine abschließende individualvertragliche Regelung unter Ausklammerung der umstrittenen Gestattungsentgelte getroffen haben. Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehende übereinstimmende Vorstellung der Parteien ist weder eine Vereinbarung von Gestattungsentgelten durch AGB noch im Wege einer Schuldumsetzung oder ergänzenden Vertragsauslegung möglich. Vertragliche Ansprüche der Klägerin scheiden nach allem aus.

b) Ebensowenig kann der Zahlungsanspruch auf bereicherungsrechtliche Ansprüche gestützt werden, weil die Klägerin ihre Leistungen im Hinblick auf die bestehende vertragliche Regelung nicht unentgeltlich, sondern gegen das dort (vorerst) abschließend vereinbarte Entgelt erbringt. c) Damit stellt sich die Frage, ob die Beklagte entsprechend dem Hilfsantrag verpflichtet ist, mit der Klägerin einen Vertrag über die Entrichtung eines Gestattungsentgeltes ( Gestattungsvertrag ) zu schließen. Nach § 9 Abs. 1 BADV sind beide Parteien verpflichtet, einen Vertrag über die Nutzung des jeweils erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen sowie die nach dieser Verordnung an den Flugplatzunternehmer zu entrichtenden Entgelte...abzuschließen."

Ein Anspruch der Klägerin auf Abschluß eines Gestattungsvertrages und auf ein Gestattungsentgelt als Gegenleistung für die Marktzutrittsgewährung neben einem Nutzungsentgelt könnte sich aus § 9 Abs. 3 BADV in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie ergeben, wenn mit Entgelt für den Zugang zu Flughafeneinrichtungen ein (gesondertes) Gestattungsentgelt gemeint wäre. Der BVD-Vertrag vom 27.4.1998 würde einem solchen Anspruch nicht entgegenstehen, weil die Parteien im Zuge der Vertragsverhandlungen die streitige Frage des Gestattungsentgeltes einvernehmlich ausgeklammert und vereinbart haben, sich einer etwaigen Gerichtsentscheidung zu unterwerfen. Die dort angesprochene Klärung der Rechtslage soll nach der beiderseitigen Vorstellung der Parteien nunmehr mittels der hier erhobenen Klage erfolgen.

Für die zwischen den Parteien streitige Frage, ob nach § 9 Abs. 1 und 3 BADV ein Anspruch auf ein Zugangsentgelt ( allein für die Gewährung des Marktzutritts ) zusätzlich neben einem Entgelt, das für die Vorhaltung und für die Nutzung von Flughafeneinrichtungen ( Check-in-Schaltern ) verlangt wird, bestehen soll, ergibt sich aus der Bestimmung selbst kein eindeutiger Aufschluß. Unter Einrichtungen" sind die über die zentralen Infrastruktureinrichtungen hinaus bestehenden allgemeinen Einrichtungen zu verstehen, für deren Nutzung die Erhebung eines Entgeltes bereits in § 6 Abs. 3 BADV geregelt ist. Fraglich ist , ob unter Entgelt für den Zugang" eine gesonderte Gestattungsgebühr für die Ermöglichung des Marktzutritts zu verstehen ist ­ wie die Klägerin meint -, oder ob Zugang und Nutzung" der Einrichtungen dasselbe meint ­ wie die Beklagte vorträgt. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 BADV (Entgelt für den Zugang ... und für die Nutzung seiner Einrichtungen) erscheint die Auslegung, daß über die Vergütung der gegenständlichen Nutzung der Einrichtungen hinaus ein Entgelt (allein) für den Zugang zum Markt verlangt werden darf, zumindest möglich. 2.) Nach der Begründung zur Verordnung des Bundesministers für Verkehr ( GA. 405ff) dient die Verordnung der Umsetzung der Richtlinie 96/67/EG. Ausdrücklich heißt es dort : Die Erhebung eines Entgeltes gem. § 9 Abs. 3 richtet sich nach den in Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 96 /67 EG aufgestellten Kriterien" und durch den Begriff Geschäftsgebühr" ist der Flugplatzunternehmer berechtigt, auch Beiträge zur Gesamtfinanzierung des Flugplatzes geltend zu machen, so auch die Kosten für die Vorhaltung dieser Einrichtungen." Das entspricht der Protokollerklärung der Kommission vom 15.10.96 ( GA 57 unten ).

Ungeachtet des teilweise unterschiedlichen Wortlautes der Richtlinie und ihrer Umsetzung durch die BADV wird der Begriff Zugang zu den Einrichtungen" übereinstimmend gebraucht. Der Senat geht im Hinblick auf die erwähnte Begründung und mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon aus, daß der Verordnungsgeber keine über die Richtlinie hinausgehenden Entgelttatbestände schaffen wollte. Bei der Auslegung der der Umsetzung der Richtlinie dienenden Verordnung ist deshalb auf die Bestimmungen der Richtlinie selbst abzustellen. Deren Auslegung ist dem EuGH vorbehalten.

Die Beantwortung der für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblichen Vorlagefragen ist nicht eindeutig ( dazu sogleich weiter unten ). Die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung war nicht bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist auch nicht derart offenkundig , dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel an der richtigen Entscheidung der gestellten Frage bleibt ( vgl. Lenz / Borchardt aaO. Art. 234 Rn. 36; Geiger, EG-Vertrag, Art. 177 Rn. 16; Heilbronner u.a. Handkommentar EGV, Art. 177 Rn. 34). Schließlich hat die Auslegungsfrage erhebliche Bedeutung über den konkret zu entscheidenden Fall hinaus, weil sie sich auf alle Flughafenunternehmen und Fluggesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft auswirkt.

a) Nach Auffassung des Senates ist der Richtlinie 96/67/EG , insb. Art. 16 Abs.3 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 25 weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck zu entnehmen, daß Flughafenunternehmen ein Gestattungsentgelt im Sinne eines Marktzutrittsentgeltes generell neben einem gesondert verlangten Nutzungsentgelt für die ( z.B. mietweise ) Überlassung von Flughafeneinrichtungen fordern dürfen.

aa) Art. 16 Abs. 3 spricht nur von einem Entgelt, dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen ist. Während in Erwägung 25 davon die Rede ist, daß den Interessenten der für die Ausübung ihrer Rechte notwendige Zugang zu den Flughafeneinrichtungen gewährt werden muss, (der jedoch von einem Entgelt abhängig gemacht werden kann), verwendet die Richtlinie in anderem Zusammenhang, nämlich in der Überschrift und in der Erwägung 5, wo es heißt, mit der Öffnung zum Markt der Bodenabfertigungsdienste soll zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften beigetragen werden, den Begriff Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste". Im Zusammenhang mit Entgelttatbeständen spricht die Richtlinie somit nur von dem Zugang zu den Flughafeneinrichtungen, weshalb der Begriff konkret im Sinne von sachlich - gegenständlichen Einrichtungen und nicht im Sinne des an anderer Stelle verwendeten Begriffs Zugang zum Markt" gemeint sein dürfte. Unter Zugang zu wesentlichen Einrichtungen ist nicht ohne weiteres abstrakt der Zugang zu einem bestimmten Markt zu verstehen, sondern der konkrete Zugang zu einem Rohstoff, einer Dienstleistung, einem Ort oder einem Verteilungssystem (EUGH Slg. 1988 I ­ Rechtssache C 7/97 ­ Schlußanträge des Generalanwalts S. 7809). Ohne ein gesondertes Gestattungsentgelt müsste der Zugang auch nicht unentgeltlich geschaffen werden. Von einem unentgeltlichen Zugang kann nicht die Rede sein, wenn das Entgelt für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen nicht allein nach dem Kostendeckungsprinzip, sondern unter Berücksichtigung eines Unternehmergewinns festgelegt werden darf.

Vor diesem Hintergrund ist unter dem in Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie genannten Entgelt für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zwanglos ein ( vereinbartes ) Nutzungsentgelt für die Zurverfügungstellung von Sacheinrichtungen zu verstehen, das dem Gewinninteresse des Flughafenunternehmens und der Kostendeckung ebenso wie den Zielen der Marktöffnung Rechnung trägt. Für einen weitergehenden Anspruch auf eine Marktzutrittsgebühr oder Konzessionsabgabe ergeben sich daneben aus der Bestimmung nach Auffassung des Senats keine ausreichenden Anhaltspunkte.

bb) Eine andere Auslegung erschiene auch mit den Zielsetzungen der Richtlinie, der Marktöffnung und Kostensenkung, schwerlich vereinbar. Träfe die Auffassung der Klägerin zu, so würde für die Beklagte und Luftverkehrsgesellschaften in vergleichbarer Situation ein seit Jahrzehnten gewährleisteter Zugang nicht nur nicht ( erstmals ) geschaffen, sondern sogar erschwert, weil er mit einer wesentlichen Verteuerung einherginge. Die Anwendung der Richtlinie im Bereich bereits geöffneter und liberalisierter Märkte, zu denen der Zugang seit Jahren besteht, wie dies in der Bundesrepublik Deutschland bei den landseitigen Abfertigungdiensten der Fall ist ( vgl. BR-Drs. 807 /97 = GA 407 ), würde ihrer Intention damit nicht Rechnung tragen, sondern zuwiderlaufen. An diesem Befund vermag auch der von der Klägerin vertretene Standpunkt, es handele sich bei dem von der Richtlinie vorgesehenen Gestattungsentgelt um einen generellen Ausgleich für die allgemeine Änderung der Marktsituation, nichts zu ändern. Art. 16 Abs. 3 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 25 der Richtlinie besagt nach Auffassung des Senats deshalb nur, daß der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden werden kann, dessen Höhe unter Berücksichtigung eines Unternehmergewinns nach den im einzelnen angegebenen Kriterien festzulegen ist.

b) Die Klägerin meint dagegen, den Bestimmungen der Richtlinie einen gesonderten Anspruch auf ein Gestattungsentgelt entnehmen zu können, der neben einem Nutzungsentgelt, etwa einer Schaltermiete, besteht.

aa) Für die Auffassung der Klägerin scheint der Wortlaut des § 9 Abs. 3 BADV zu sprechen, der ausdrücklich zwischen einem Entgelt für den Zugang und für die Nutzung der Einrichtungen unterscheidet. Auch wenn diese Unterscheidung nicht unmittelbar aus der Richtlinie selbst herzuleiten ist, könnten sich gewisse Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verständnis doch aus den Entscheidungen der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Alpha Flight Services ( Abl. L 230 /10 v. 18.8.98 = Bl. 100 d.A.; Urteil v. 12.12.2000) ergeben. Dort sahen die Verträge des Flughafenunternehmens eine Nutzungsabgabe ( Immobiliennutzung) neben einer Umsatzabgabe als Gegenleistung für die Genehmigung vor. In der Entscheidung der Kommission heißt es , die Kommission betrachte die variable Umsatzabgabe als Zugangsabgabe, mit der die Genehmigung der gewerblichen Tätigkeit vergütet werden solle". Sie diene der Bezahlung jener Dienstleistungen, die nicht in der Bereitstellung von Immobilien ( Sacheinrichtungen ) bestünden, wie der Kontrolle und Organisation der Bodenabfertigungsdienste oder der Bereitstellung von von allen Nutzern und Dienstleistern in Anspruch genommenen Einrichtungen ( GA 114 ).Die Umsatzabgabe müsse diskriminierungsfrei erhoben werden. Zwar unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt dadurch, daß die Klägerin ein Gestattungsentgelt ausschließlich für die Chance des Marktzutritts fordert, mit dem keine weiteren, sachlich - gegenständliche Gegenleistungen" abgegolten werden sollen, während in der Sache Alpha Flight Services" die sog. Zugangsabgabe als eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung allgemeiner Einrichtungen und Dienstleistungen gesehen wurde. Aus der vom Gerichtshof bestätigten Entscheidung folgt aber zumindest, daß die Erhebung einer Zugangsabgabe als bloße Gebühr für den Marktzutritt verstanden werden könnte. Es ist daher letztlich nicht auszuschließen, daß die Richtlinie im Zusammenspiel ihrer Bestimmungen eine solche Zugangsgebühr" ­ neben einem Nutzungsentgelt für die Zurverfügungstellung bestimmter Einrichtungen ­ meint. Unter Zugangsentgelt i.S.v. Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie bzw. § 9 BADV könnte daher auch die Gegenleistung nicht für zum (spezifischen) Gebrauch überlassene Sacheinrichtungen ( insoweit Nutzungsvergütung ), sondern für die Eröffnung einer Erwerbschance zu verstehen sein.

bb) Die Klägerin stützt ihre Auslegung vor allem auch auf die Entstehungsgeschichte der Richtlinie. Aus ihr ergeben sich in der Tat Anhaltspunkte dafür, dass im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens an die Schaffung einer Marktzutrittsgebühr im Sinne einer Konzessionsabgabe gedacht war. Die abweichende Auslegung der Klägerin wird nach Auffassung des Senats durch die Entstehungsgeschichte der Richtlinie jedoch nicht (eindeutig) bestätigt, sondern eher widerlegt. Der erste Kommissionsvorschlag vom 10.04.1995 sah ein Entgelt nach dem Kostendeckungsprinzip vor. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat darauf hingewiesen, daß die Einnahmen aus Bodenverkehrsdiensten einen wichtigen Bestandteil der Erträge der Flughafenunternehmen darstellen. Erstmals hat dann das Europäische Parlament eine Änderung des Kommissionsvorschlages dahin vorgeschlagen, daß die Dienstleister und Nutzer ­ wörtlich ­ für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen und für deren Mitbenutzung ein Entgelt zu zahlen haben" und ein Entgelt für die Wahrnehmung der durch das Flughafenunternehmen geschaffenen Erwerbschance".

Die Klägerin hat aus diesem Änderungsvorschlag, der sich so im weiteren Gesetzgebungsverfahren allerdings nicht durchgesetzt hat, zutreffend hergeleitet, daß der Zugang zum Markt einen besonderen Geldwert habe und ein Entgelt rechtfertige, das über die Selbstkosten der Flughäfen hinausgehe. Die Flughäfen dürfen und sollen über das Entgelt Einnahmen erzielen. Nicht läßt sich daraus aber nach Auffassung des Senats herleiten, daß neben den erzielten Einnahmen eine zusätzliche Konzessionsgebühr", d. h. ein Gestattungsentgelt, zu entrichten wäre. Der Begriff der Konzessionsabgabe für die Wahrnehmung einer geschaffenen Erwerbschance findet sich noch in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste. Entgegen der Darstellung der Klägerin läßt sich aber nicht feststellen, daß der Rat in seinem gemeinsamen Standpunkt die vom Parlament vorgeschlagene und von der Kommission gutgeheißene Änderung übernommen hat. Der Vorschlag des Parlaments hinzu kommt ein Entgelt für die Wahrnehmung der ...Erwerbschance" bzw. in der Formulierung des Ausschusses der Regionen eine Konzessionsabgabe", finden sich im Beschluß betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates und in der endgültigen Richtlinie nicht wieder. Die Kommission hat in ihrem geänderten Richtlinienvorschlag vom 27.4.1996 lediglich das ursprünglich vorgesehene Kostendekkungsprinzip gestrichen (Bl. 55 d. A.). Von einem Gestattungsentgelt bzw. einer Konzessionsabgabe, das von dem Zugangs- oder Nutzungsentgelt zu unterscheiden ist, ist dagegen nicht (mehr) die Rede. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Protokollerklärung der Kommission. Wenn es darin heißt, ein solches Entgelt im Sinne einer Geschäftsgebühr" könne zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen, sofern es nach den näher festgelegten Kriterien festgesetzt wird, kann auch darin nach Meinung des Senats nur die Abkehr vom Kostendeckungsprinzip hin zu einem gewinnorientierten" Entgelt gesehen werden. Aus den verschiedenen, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verwandten Formulierungen ließe sich sogar eher herleiten, daß mit Zugang zu den Flughafeneinrichtungen" im Sinne der Erwägung 25 und des Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie nur noch die sachlich-gegenständlichen Flughafeneinrichtungen und nicht ( nur ) die Marktchancen gemeint sind. Das zeigt sich an der Formulierung in Art. 14 des Änderungsvorschlages des Europäischen Parlaments ( GA 52 ). Danach kann für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen" ein Entgelt erhoben werden, das die dem Flughafen entstehenden und durch das Zurverfügungstellen der Infrastrukturen entstandenen Kosten in Rechnung stellen soll und deren Höhe entspricht. Davon hat das Parlament ein Entgelt für die Wahrnehmung der Erwerbschancen" unterschieden, welches nach objektiven Kriterien festzulegen sei. Es spricht wenig dafür, daß der an dieser Stelle näher umschriebene Begriff des Zugangs zu den Flughafeneinrichtungen" im weiteren Gesetzgebungsverfahren in einem völlig anderen Sinne, nämlich als Wahrnehmung einer Erwerbschance verstanden und gebraucht worden sein könnte. Richtig erscheint deshalb, daß die Kommission das Entgelt für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen nicht mehr strikt auf das Kostendeckungsprinzip beschränkt hat, sondern mit der endgültigen Regelung eine Abgeltung für die Wahrnehmung der Erwerbschancen durch Abgehen vom Kostendeckungsprinzip erreicht werden sollte. Diese Auslegung dürfte auch der Intention der Richtlinie eher gerecht werden. cc) Auch im Schrifttum finden sich divergierende Äußerungen. So meint Rittner (EuZW 98, 651) im Sinne der Klägerin, bei dem Gestattungsentgelt handele es sich um etwas anderes als das Entgelt für die Erbringung einzelner seitens des Flughafens üblicher Leistungen. § 9 Abs. 3 BADV enthalte drei Abgeltungskomponenten (Zugang, Vorhaltung und Nutzung), die angeben sollen, daß das Entgelt mit der Zulassung zum Markt der Bodenabfertigungsdienste zugleich die Vorhaltung und Nutzung der gesamten Flughafenorganisation berücksichtigt. Es solle frei von einem Kostenbezug festgesetzt werden können. Der Hinweis auf eine Geschäftsgebühr unterstütze das Verständnis als Gegenleistung für gewisse Marktchancen. Diese Ausführungen könnten für ein zusätzliches, grundsätzlich neben ein Nutzungsentgelt für bestimmte Einrichtungen tretendes Gestattungsentgelt sprechen, wenngleich aus ihnen nicht zwangsläufig folgt, daß ein Gestattungsentgelt nur für die Marktchance und nicht auch für eine konkrete, reale Gegenleistung ­ Zurverfügungstellen der gesamten Flughafenorganisation - verlangt werden kann. Dagegen meinen Giesberts/Geisler, ZLW 98, 35 ff ( GA. 190 ff ), für den in der Praxis zu beobachtenden Versuch" von Flughafenunternehmen, für die Öffnung der Bodenabfertigungsdienste von Selbstabfertigern und anderen Dienstleistern ein Konzessionsgeld" zu erheben, finde sich in der Richtlinie kein Anhaltspunkt. Das Zugangsentgelt erschwere Mitbewerbern des Flughafens den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste und stelle ein Instrument dar, mit dem der Umfang der Marktöffnung steuerbar sei.

c) Aber selbst dann, wenn von den Bestimmungen der Richtlinie, insb.Art. 16 Abs. 3 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 25 ( auch ) ein Gestattungsentgelt als Gegenleistung für die Marktöffnung erfasst ist, ergäbe sich daraus noch nicht ohne weiteres, daß dieses zusätzlich zu einem Nutzungsentgelt für eine konkrete Gebrauchsüberlassung verlangt werden kann. Ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsgebühr zum Markt" könnte nach Auffassung des Senats etwa auf solche Fällen beschränkt sein, in denen der Bodendienstleister Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen erhält, ohne eine der Flughafeneinrichtungen zu gebrauchen, so etwa Unternehmen, die die Flugzeuge auf dem Vorfeld mit Bordverpflegung versorgen. Da in diesem Fall keine Flughafeneinrichtungen mietweise zur Verfügung gestellt werden, käme ggfs. ( nur) ein Gestattungsentgelt in Betracht. In allen anderen Fällen scheint dem Senat die Zurverfügungstellung einer Marktchance aber bereits durch das Nutzungsentgelt, d.h. eine Schaltermiete oder ähnliche Gegenleistungen abgegolten.

aa) Vorlagefrage 1.) bezieht sich deshalb ganz allgemein darauf, ob nach den Bestimmungen der Richtlinie davon auszugehen ist, daß stets neben einem Nutzungsentgelt ein gesondertes "Gestattungsentgelt" verlangt werden kann ­ wie die Klägerin meint -, oder ob die Richtlinie davon ausgeht, daß die Chance des Marktzutritts in der Regel durch ein Nutzungsentgelt als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung konkreter Einrichtungsgegenstände oder Leistungen abgegolten sein wird und nur Kriterien für dessen Höhe aufstellt.

bb) Sofern diese Frage im Sinne der Klägerin des Ausgangsverfahrens zu bejahen wäre, stellt sich nach Auffassung des Senats die weitere Frage, ob das zusätzliche Gestattungsentgelt auch in Bereichen gefordert werden kann, in denen der Markt der Bodenabfertigungsdienste bereits seit langem geöffnet ist und wo die Richtlinie dementsprechend keine Wirkung mehr entfalten kann. Bejaht man auch diese Frage, so ergibt sich für den Senat die weitere Frage, ob die zusätzliche Gestattungsgebühr dann auch von einem Unternehmen verlangt werden kann, dem der Marktzugang in der Vergangenheit ausschließlich gegen ein in regelmäßigen Abständen angepasstes Nutzungsentgelt eröffnet war, mit der Konsequenz, daß die Kosten der Abfertigung ­ entgegen der Intention der Richtlinie ­ deutlich ansteigen würden. Wegen dieser Auswirkungen erscheint es zumindest zweifelhaft, ob derartige Altfälle" von der Richtlinie überhaupt erfasst sind. Nur dort, wo aufgrund der Marktöffnungsrichtlinie ein Zugang zum Markt erst geschaffen wird, greift an sich der Gedanke, dass die Einnahmen aus den Bodenabfertigungsdiensten einen wichtigen Bestandteil der Erträge des Flughafenunternehmens darstellen und daß diese deshalb die Öffnung dieses Marktes für Dritte nicht entschädigungslos hinzunehmen haben. In allen übrigen ( Alt - ) Fällen hat der Flughafenbetreiber bislang schon die mit der Öffnung verbundenen Erträge erzielt bzw. die Chance hierzu gehabt. Die mit der Verteuerung verbundene, erhebliche Auswirkung auf sog. Altnutzungsverträge", die spürbar in bestehende Leistungsaustauschbeziehungen eingreifen würde, wäre nach der Überzeugung des Senats in der Richtlinie deutlich zum Ausdruck gebracht worden, wenn sie tatsächlich gewollt gewesen wäre. Hierauf beziehen sich die Vorlagefragen 2.) und 3.).

cc) Allerdings könnte sich bei einer unterschiedlichen Behandlung von Alt" - Dienstleistern" und neu zugelassenen Dienstleistern eine möglicherweise sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot ergeben. Würde die Klägerin nur von solchen Bodendienstleistern, die nach der neuen Rechtslage zum Markt zuzulassen sind, neben einem Nutzungs- ein zusätzliches Gestattungsentgelt verlangen ( können ), von der Beklagten dagegen nicht, so würden diese Dienstleister gegenüber der Beklagten aufgrund der von ihnen zu entrichtenden höheren Gebühren für gleiche Leistungen möglicherweise ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt und benachteiligt. Gleiches gälte auch in den von der Klägerin aufgezeigten Sachverhalten, insb. im Verhältnis von in- und ausländischen Fluggesellschaften und von Flughafenunternehmen. Die Klägerin will daraus herleiten, sie sei, um das Gestattungsentgelt diskriminierungsfrei erheben zu können, gezwungen, es auch von der Beklagten zu fordern. Darauf bezieht sich die Vorlagefrage 4.).

Eine darin liegende Diskriminierung könnte nach Auffassung des Senats nicht vermieden werden, indem man der Klägerin ansinnt, überhaupt kein Gestattungsentgelt zu erheben. Sofern ein Flughafenunternehmen nach der Richtlinie und der zu ihrer Umsetzung erlassenen BADV eine Gebühr für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen allgemein zu erheben berechtigt wäre, könnte ihm nicht entgegengehalten werden, die Geltendmachung des Anspruchs sei unzulässig, weil nicht diskriminierungsfrei möglich. Auch diese Konsequenz spricht indes nach Auffassung des Senats gegen die Annahme, die Bestimmungen der Richtlinie gewährten ganz allgemein neben einem Nutzungsentgelt zusätzlich ein Gestattungsentgelt im Sinne einer Konzessionsabgabe oder Marktzutrittsgebühr. Bei der vom Senat präferierten Auslegung kommt es weder zu einer Diskriminierung zwischen Selbst- und Drittabfertigern, noch zwischen schon bisher und neu zugelassenen Bodendienstleistern. Das Flughafenunternehmen kann in jedem Fall ein Nutzungsentgelt unter Berücksichtigung seines Gewinninteresses und der in Art. 16 Abs. 3 enthaltenen Kriterien festsetzen.

dd) Die Vorlagefrage 5.) bezieht sich ­ sofern der Klägerin ein Gestattungsentgelt gegen ein Unternehmen wie der Beklagten im Ausgangsfall nach Auffassung des Gerichtshofs dem Grunde nach zustehen könnte - auf die Anforderungen, die Art. 16 Abs. 3 zur Bemesseung der Höhe des Entgelts aufstellt.

d) Da sich die Auslegung aus der Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte und sonstiger Rechtsquellen sowie der zur Umsetzung der Richtlinie erlassenen BADV nicht in einer über jeden Zweifel erhabenen Deutlichkeit ergibt und die zu entscheidende Rechtsfrage weit über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat, legt der Senat die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.

Ende der Entscheidung

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