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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.05.2004
Aktenzeichen: 11 U 27/03
Rechtsgebiete: BGB, GWB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 581
GWB § 20
Ohne einen hinreichend deutlichen Ausschluss gehört es auch bei der Verpachtung von Gewerbebetrieben zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs, dass der Verpächter keinen Konkurrenzbetrieb zulässt. Zahlt der Pächter den Pachtzins in Kenntnis der entstandenen Wettbewerbssituation ohne Vorbehalt jahrelang weiter, können Minderungs- oder Schadensersatzansprüche verwirkt sein. Für die Kenntnis reicht es aus, dass der Berechtigte das vertragswidrige Verhalten in seinem tatsächlichen Ausmaß erkennen konnte.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES TEIL - URTEIL

11 U 27/03 (Kart)

Verkündet am 11.05.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ... auf die mündliche Verhandlung vom 10.02.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden vom 13.03.2003 wird - soweit nicht der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) unterbrochen ist - zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wegen des Räumungsanspruches können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 320.000,-- EUR und wegen der sonstigen Ansprüche gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin errichtet und verpachtet bundesweit Tank- und Rastanlagen an den Bundesautobahnen. Die Beklagte zu 2) war aufgrund eines Pachtvertrages von Oktober 1969 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der A mbH, Pächterin der Raststätte B-C. Ab 1992 wurde das Vertragsverhältnis mit der Beklagten zu 1) fortgesetzt, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) sind. Am 16./21.11.1995 schlossen die Beklagten zu 1)-3) einen Anschluss-Pachtvertrag. Daneben wurde ein Kooperationsvertrag abgeschlossen. Nach dem Pachtvertrag sind neben einer monatlichen Fixpacht weitere, umsatzabhängige Beträge zu zahlen.

Die Fixpacht kann bei Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse herabgesetzt werden. Der Beklagte zu 4) ist Insolvenzverwalter der Beklagten zu 1), über deren Vermögen mit Beschluss vom 1.10.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Bl. 1001 d.A.).

Ursprünglich war es den Tankstellenverwaltern vertraglich untersagt, Waren zum Verkauf vorrätig zu halten und anzubieten, die zum sogenannten Erfrischungsdienst gehören (Anlage B5). Ausdrücklich hieß es in den zunächst verwandten Tankstellenverwalter-Verträgen, die Verkehrsteilnehmer seien "zur Befriedigung ihrer Wünsche an die Raststätte zu verweisen (§ 10)". Ab 1981 war den Tankstellen der Betrieb eines sogenannten "Erfrischungsdienstes" gestattet. In den seit 01. Januar 1991 gebräuchlichen Vertragsformularen ist keine Beschränkung des Warenangebotes im Sortiment der Tankstellen mehr vorgesehen. Mit Rundschreiben vom 10.01.1991 (Anlage B11) machte die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Tankstellen- und die Raststättenpächter auf den Wegfall der Sortimentsabgrenzung aufmerksam. Das Speiseangebot in der Tankstelle C wurde nach und nach erweitert. Die Beklagten sehen hierin eine Existenzbedrohung ihrer Raststätte.

Mit Vereinbarung vom 12.09.2000 wurde die monatliche Fixpacht von 26.700,-- DM auf 20.000,-- DM bis zum Ende des Pachtverhältnisses, das zum 31.12.2003 vereinbart wurde, reduziert.

Seit September 2000 haben die Beklagten zu 1) -3) keine Fixpacht und keine Gebühren für die Systemführung an die Klägerin bezahlt. Wegen des Zahlungsrückstands hat die Klägerin den Pachtvertrag mit Schreiben vom 25.11.2002 außerordentlich zum 30.11.2002 gekündigt und Zahlungs- sowie Räumungsklage erhoben. Die Beklagten zu 1) -3) haben widerklagend Schadensersatz in Höhe von 2.086.319,47 EUR wegen entgangenen Gewinns verlangt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, durch das zunehmende Angebot von Speisen und Getränken in dem D-Shop der Tankstelle C seien die Umsätze der Raststätte seit 1994 stetig zurückgegangen. Die Klägerin verstoße gegen ihre vertragsimmanente Verpflichtung zum Konkurrenzschutz. Auf der gleichen Rastanlage dürfe, so meinen die Beklagten, keine direkte Konkurrenz zu ihrem Betrieb zugelassen werden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Wegen der Begründung und des weitergehenden Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf das Urteil vom 13.03.2003 (Bl. 541 ff d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihnen am 27.03.2003 zugestellte Urteil haben die Beklagten zu 1)-3) am 25.04.2003 Berufung eingelegt und diese innerhalb der entsprechend verlängerten Begründungsfrist am 23.06.2003 begründet.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2003 hat der Beklagte zu 4) den Rechtsstreit für die Beklagte zu 1) - jedoch lediglich hinsichtlich der Widerklage und der Verteidigung gegen den Räumungsanspruch - aufgenommen.

Die Beklagten meinen, sie hätten Anspruch auf Konkurrenzschutz.

Das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft unterstellt, dass sie, die Beklagten zu 1)-3), bei Abschluss des Anschluss-Pachtvertrages im November 1995 Kenntnis von einer bereits vorhandenen Wettbewerbssituation gehabt hätten. Im November 1995 habe es in Bezug auf Artikel des Hauptsortiments aber noch keine konkurrierende Vertriebstätigkeit durch die Tankstelle gegeben.

Vor 1996 habe die Tankstelle nur Produkte verkauft, die in den Bereich des Nebenartikelsortiments der Raststätte fielen, nämlich verpackten Reiseproviant. Anfang 1996 sei mit der zweiten Ausbaustufe des E-Shops und der Erweiterung des F...shops der Verkauf von gastronomischen Produkten als Hauptartikel an der Tankstelle begonnen worden, nämlich der Verkauf von Kaffee, Getränken und Speisen (belegte Brötchen, Würstchen, Suppen, Sandwiches). Hauptsortiment der Beklagten sei Küche, Lebensmittel, Obst, Kaffee, Tee, Kakao und Konditoreiwaren.

1993 und 1994 seien in der Tankstelle nur Umsätze aus dem Kühlrondell gemacht worden. Aus dem Verkauf von Speisen und Getränken aus dem Kühlrondell sei den Beklagten noch kein Konkurrenzanspruch erwachsen. Bei den in der Konkurrenztankstelle verkauften Artikel in den Warengruppen Küche (Speisen) und Heißgetränke (Kaffee, Tee) und Konditoreiwaren handele es sich um Artikel, die zuvor ausschließlich in der Raststätte verkauft worden seien. Die Tankstelle habe vor der eingeleiteten Entwicklung keine Speisen und Getränke im Sinne eines gastronomischen Angebots verkauft.

Der Anspruch auf Konkurrenzschutz sei daher nicht wegen Kenntnis von einer vorhandenen Wettbewerbssituation bei Abschluss des Anschluss-Pachtvertrages im November 1995 ausgeschlossen. In den Jahren 1993 bis 1995 sei in das Raststättensortiment noch nicht in spürbarem Umfang eingegriffen worden. Ein entsprechendes Beweisangebot der Beklagten habe das Landgericht übergangen.

In Besprechungen mit der Pächterorganisation sei nicht angekündigt worden, dass in Tankstellen Shops mit gastronomischem Angebot eingebaut werden sollten.

Vielmehr habe der Vorstandssprecher der Klägerin anlässlich der Vorstellung des neuen Pachtsystems im Oktober 1996 geäußert, Investitionen zum Einbau von gastronomischen Einrichtungen in Tankstellen, die über den Verkauf von Mitnahmelebensmitteln und einfachen Reisesnacks hinausgehen, seien nicht beabsichtigt (Beweis: Zeugnis Z1, GA 805).

Der Zeitpunkt, in dem die Beklagten hätten erkennen können, dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aufgrund der Verletzung der Wettbewerbsschutzpflicht bestehe, habe wesentlich später gelegen. Die erforderliche Kenntnis sei bei der Beklagten erst im Jahre 2002 eingetreten, als sie aufgrund einer Standortanalyse des sachverständigen Zeugen Z2 erkannt habe, in welchem Umfang ihr Umsatz- und Gewinnrückgang auf der Verletzung der Konkurrenzschutzpflicht der Klägerin beruhe. Zwar habe die Beklagte Umsatzrückgänge festgestellt, die sie sich jedoch überhaupt nicht habe erklären können.

Das Landgericht habe den Vortrag im Schriftsatz vom 26.02.2003 nicht zur Kenntnis genommen (Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs).

Der Umsatzanteil aus dem Gastronomiesortiment sei bei den Tankstellen von 0% im Jahr 1993 auf 32,73% im Jahr 2001 gestiegen. Von einem Nebenartikel-Umsatz könne deshalb nicht mehr die Rede sein. Der Klägerin sei die aktive Förderung dieser Sortimentserweiterung untersagt. Der Verstoß gegen die immanente Konkurrenzschutzpflicht sei nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus sei die Klägerin als Franchisegeberin anzusehen, nachdem sie sich selbst auf das von ihr entwickelte und von den Vertragsparteien abgeschlossene Kooperationssystem berufe.

Der Kooperationsvertrag begründe eine systemimmanente Konkurrenzschutzpflicht in Ergänzung und Weiterentwicklung der nach dem Pachtvertrag bestehenden vertragsimmanenten Konkurrenzschutzpflicht. Grundgedanke des Kooperationssystem sei, dass die Pächter von Raststätten und Tankstellen ihre unternehmerische Selbständigkeit einschränken und typische unternehmerische Aufgaben von den Pächtern auf eine Systemzentrale delegiert würden. Wer - wie die Klägerin - selbständige Unternehmer auffordere, sich einer Systemführerschaft zu unterstellen und partnerschaftliche Zusammenarbeit zum Vertragsgrundsatz mache, sei zur Gleichbehandlung der Systempartner verpflichtet.

Die Klägerin verhalte sich missbräuchlich, indem sie eine Kündigungsmöglichkeit beider Vertragsverhältnisse mit einer Frist von nur 12 Monaten vorsehe. Dies bleibe weit hinter den wettbewerbsanalogen Geschäftsbedingungen anderer Anbieter zurück. Die Beendigung einer bestehenden Beziehung über gewerbliche Leistungen stelle als Abschlussverweigerung eine unbillige Behinderung gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB dar.

Die Klägerin verstoße gegen das Gebot zur Gleichbehandlung ihrer schutzwürdigen Systempartner und zur Rücksichtnahme auf die Systempartner, indem sie nur für den Betriebstyp Raststätte das Monopolbetriebsrecht aufgespalten und den Verkauf des Raststättensortiments nicht mehr nur der Raststätte vorbehalten habe.

Die Klägerin biete damit dem Betriebstyp Tankstelle eine Möglichkeit, die Leistungen des Betriebstyps Raststätte zu unterbieten, weil er unter dem Schutz des Tankstellenmonopols ein Zusatzangebot im Bereich Speisen und Getränke offerieren dürfe.

Schließlich betreibe die Klägerin Ausbeutungsmissbrauch, weil sie wucherisch überhöhte Vergütungen von den Raststättenpächtern verlange (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB). Die vereinbarten Vergütungen überstiegen die angemessenen Vergütungen um mehr als 100%. Wegen der Vergleichsberechnung im Einzelnen wird auf Bl. 1055 ff d.A. Bezug genommen. Die Belastung der Beklagten durch die zu zahlenden Vergütungen beliefen sich auf einen Umsatzanteil von bis zu 18,51%. Die prozentuale Belastung übersteige damit die Umsatzpachtzinsen, die von Pächtern von Autohöfen zu zahlen seien, um mehr als 100%. Damit liege ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB vor. Die wucherische Überhöhung der angemessenen Vergütung stelle einen Ausbeutungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB dar. Gäbe es bei der Vergabe von Pachtobjekten und Nutzungsverträgen für Bundesautobahnnebenbetriebe einen wirksamen Wettbewerb, würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich geringere Vergütungen ergeben. Infolge dessen sei der Pachtvertrag (nur) mit dem angemessenen Pachtzins aufrechtzuerhalten. Der Bewucherte könne seine Leistung zurückfordern.

Mit Schriftsatz vom 28.01.2004 haben die Beklagten vorgetragen, sie hätten erst kürzlich eine Bestätigung ihres Verdachts und den dazugehörigen Beweis erhalten, dass die Klägerin - heimlich hinter dem Rücken ihrer Pächter - von ihren Empfehlungslieferanten "Kick-backs" verlange und erhalte.

Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Klägerin in sogenannten Rahmenverträgen Ansprüche auf Rückvergütungen und sonstige Einkaufsvorteile aus den Einkäufen der bezugsberechtigten Pächter/Systempartner erhalte. Damit ziehe die Klägerin aus der kollektiven Einkaufsmacht des virtuellen Netzwerkes aller Autobahnnebenbetriebe Vorteile, für die sie keine eigenen, zusätzlich vergütungspflichtigen Leistungen erbringe. Diese Vorteile habe die Klägerin an die Beklagten herauszugeben. Dies ergebe sich auf der Grundlage des Kooperationsvertrages im Interesse der Systempartner.

Da die Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.2003 unter missbräuchlicher Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin erzwungen worden sei, sei diese ebenfalls nichtig. Vorsorglich erklären die Beklagten die Anfechtung der Aufhebungsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, die wirklichen Gründe, die zu der desolaten wirtschaftlichen Situation der Beklagten geführt hätten, zu offenbaren. Die Arglistanfechtung sei auch nicht verspätet, da die Beklagten erst im Laufe des Berufungsverfahrens erfahren hätten, dass der wirkliche Grund für die Unwirtschaftlichkeit ihres Betriebes in den nunmehr geltend gemachten Vertrags- und Gesetzesverstößen der Klägerin liege.

Die den Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche seien nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie, die Beklagten, über längere Zeit hinweg den Konkurrenzbetrieb geduldet hätten.

Ergänzend nehmen die Beklagten Bezug auf ein Rechtsgutachten der Anwaltskanzlei G, das diese im Auftrag der Pächtervereinigungen erstellt hat.

Die Beklagten zu 2)-4) beantragen:

I. Das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 13.03.2003, Az: 13 O 136/02, wird aufgehoben.

II. Die Klägerin/Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Beklagten/ Berufungskläger 2.086.319,74 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2002 zu bezahlen.

Erster Hilfsantrag zu II): Stufenklage:

Stufe 1: die Klägerin/Berufungsbeklagte wird verurteilt, den Beklagten/Berufungsklägern Auskunft und Rechenschaft zu erteilen über die von dem Pächter der BAB-Tankstelle C gemeldeten Umsätze in den Sortimentsbereichen: Küche, Lebensmittel, Obst, Kaffee, Tee, Kakao und Konditoreiwaren für den Zeitraum ab 01.01.1996.

Stufe 2: die Klägerin/Berufungsbeklagte wird gegebenenfalls verurteilt, die Richtigkeit der gemäß Ziffer 1 erteilten Auskunft und Rechenschaft an Eides statt zu versichern, und zwar durch den Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft.

Stufe 3: die Klägerin/Berufungsbeklagte wird verurteilt, den Beklagten/Berufungsklägern den gesamten Schaden (entgangener Gewinn) zu ersetzen, den sie aus der Konkurrenztätigkeit des Betreibers der Tankstelle C in den Sortimentsbereichen gemäß Ziffer 1 seit 01.01.1996 erlitten haben.

Zweiter Hilfsantrag zu II): der Rechtsstreit wird an die Kartellkammer des Landgerichts Frankfurt zurückverwiesen.

Hilfsantrag III): Stufenklage:

Stufe 1: die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in Gestalt einer geordneten Darstellung Auskunft über alle Netzwerkvorteile aus Einkäufen der Beklagten bei Systemlieferanten der Beklagten zu erteilen, die dieser seit Beginn der Geschäftsbeziehungen der Parteien, insbesondere in Gestalt von Rabatten, Boni, Provisionen und sonstigen Vergütungen und Vorteilen von Systemlieferanten gewährt und nicht an die Klägerin weitergeleitet worden sind.

Stufe 2: die Beklagte wird gegebenenfalls verurteilt, die Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.

Stufe 3: die Beklagte wird verurteilt, den gesamten Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch Handlungen der Beklagten gemäß dem Antrag in Stufe 1 entstanden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem neuen Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz entgegen. Sie meint, der am 01.01.1996 in Kraft getretene Pachtvertrag enthalte keine Konkurrenzschutzklausel. Seit 1991 habe sie, die Klägerin, in Abstimmung mit den Pächterorganisationen Vermarktungskonzepte für die Tankstellen und Raststätten im Autobahnnetz entwickelt. Aus der Regelungssystematik des Pachtvertrages unter § 1 Abs. 3 ergebe sich sogar, dass die Klägerin auch keinem vertragsimmanenten Gebot, die Beklagten gegen Wettbewerb abzuschirmen, unterliege. Das Konkurrenzverbot zu Lasten der Autobahntankstellen habe seit 1991 der Vergangenheit angehört. Die Vertragsfassung von 1996 habe ausdrücklich das Recht der Verpächterin vorgesehen, das verpachtete Vertriebsgrundstück außerhalb des Gebäudes noch für andere Zwecke zu nutzen. § 1 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages in der jetzt geltenden Fassung bezwecke nur den Schutz vor Wettbewerb durch neue Betriebe, die in unmittelbarer Nähe auf dem Grundstück hätten angesiedelt werden können. Damit sei Wettbewerbsschutz nur noch für einen ganz bestimmten Ausnahmefall vorgesehen, während im Übrigen ein Wettbewerbsschutz hinsichtlich der beiden benachbarten Autobahnbetriebe seit 1991 ausgeschlossen sein sollte. 1994 habe in der Tankstelle C der Verkauf von Speisen und Ge tränken begonnen. Die Beklagten hätten gegenüber der Klägerin protestiert. Gleichwohl sei der Verkauf von Kaffee und Speisen eingeführt worden. Das Angebot habe kleine Mahlzeiten wie Hamburger, Cheesburger, Pommes Frites, Bock- und Rindswurst, Brat- und Currywurst, sowie Eintopfsuppen und Kartoffelsalat umfasst. Danach sei ab 1994 der Warenverkauf auf die Hauptgeschäftsfelder der Raststätte, d. h. die Warengruppen Küche, Kaffee und Konditoreiartikel ausgedehnt worden, wie in der von den Beklagten vorgelegten Standortanalyse aus drücklich festgehalten werde. Da seit dem Abschluss des letzten Anschluss-Pachtvertrages Anfang 1996 demgegenüber keine Veränderung der Wettbewerbssituation eingetreten sei, komme die Verletzung einer vertragsimmanenten Konkurrenzschutzpflicht nicht in Betracht.

Soweit die Beklagten eine missbräuchliche wucherische Überhöhung des Pachtzinses geltend machten, sei der Vortrag unschlüssig, weil er in keiner erkennbaren Beziehung zu den Haupt- und Hilfsanträgen stehe. Jedenfalls sei der Vortrag verspätet, weil er in erster Instanz hätte gebracht werden können. Die Behauptung sei auch der Sache nach nicht gerechtfertigt. Die Vergleichsbetrachtung dürfe nicht auf einen Prozentsatz vom Umsatz abstellen, sondern müsse auch die jeweiligen Erträge einbeziehen. Ein prozentual niedriger Pachtzins, der sich aus einem niedrigeren Umsatz ableite, stelle gegenüber einem prozentual höheren Pachtzins aus einem weit höheren Umsatz keineswegs die wirtschaftlich günstigere Alternative für den Unternehmer dar. Mit der bloßen Behauptung, der Pachtzins für den Betrieb von Autohöfen liege zwischen 5% und 8% des Umsatzes, kämen die Beklagten ihrer Darlegungslast deshalb nicht nach.

Soweit die Beklagten weiter hilfsweise Auskunft über Vergütungen begehrten, die die Klägerin von Lieferanten der Autobahnbetriebe (angeblich) beziehe, werde ein vollkommen selbständiger Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt, was unzulässig sei. Ungeachtet dessen hegten die Beklagten lediglich einen Verdacht, der keine Auskunftsrechte begründe. Weder sei etwas zu konkreten Bezugspflichten der Beklagten bei bestimmten Lieferanten vorgetragen, noch dargelegt, dass die Klägerin leistungsfremde Vergütungsansprüche gegenüber diesen Lieferanten habe und weshalb sich hieraus eine Rechtsverletzung durch die Klägerin ergebe.

II.

Die Aufnahme des Rechtsstreits namens der Beklagten zu 1) durch den Beklagten zu 4) lediglich hinsichtlich eines Teils der streitgegenständlichen Ansprüche ist zulässig. Der Rechtsstreit ist im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) deshalb unterbrochen, soweit er die Klageforderung wegen rückständigen Pachtzinses gegenüber der Beklagten zu 1) betrifft ( § 240 ZPO).

Soweit der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz veranlasst keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. A. Zur Klage 1.) Der mit der Zahlungsklage geltend gemachte rückständige Pachtzins ist der Höhe nach ( rechnerisch) unstreitig. Die dem Grunde nach gegen die Pachtzinsforderung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die Pachtzinsvereinbarung wegen Wuchers nichtig ist (§ 138 Abs. 1 BGB) und auf eine angemessene Höhe reduziert werden müsste. Ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils haben sich die Beklagten im ersten Rechtszug nicht auf die (angebliche) Nichtigkeit der Pachtzinsvereinbarung wegen Wuchers berufen. Der in der Berufungsinstanz neue Vortrag zu den tatsächlichen Voraussetzungen des angeblich wucherisch überhöhten Pachtzinses ist verspätet und nicht zuzulassen. Darauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Beklagten haben nicht dargelegt, dass die Verspätung auf einer ihnen nicht anzulastenden Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Ungeachtet dessen haben die Beklagten in der Berufungsbegründung vom 30.04.2003 und in der zweiten Berufungsbegründung vom 23.06.2003 zunächst nur ganz allgemein vorgetragen, dass die Belastungen von Pächtern vergleichbarer Autohöfe zwischen 5 und 8% Umsatzpachtzinses lägen, während die Abschöpfung der Klägerin durch Fixpacht, Umsatzpacht, Systemgebühren und Übernahme von Kosten aus dem Verantwortungsbereich des Eigentümers vergleichbare Umsatzpachtzinssätze erheblich übersteige. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtwucher sei davon auszugehen, dass die gesamten Abschöpfungen aufgrund aller Verträge der Parteien die marktübliche Kostenbelastung um mehr als 100% überschreite, also wucherisch überhöht sei. Erst im Schriftsatz vom 30. Oktober 2003 - mithin nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist - haben die - darlegungspflichtigen - Beklagten weiter zu den Vergleichmärkten vorgetragen und mehrere (angeblich) vergleichbare Pachtobjekte benannt. Es kann dahinstehen, ob sie damit ihrer Darlegungslast hinsichtlich der wucherischen Überhöhung des Pachtzinses genügten oder ob es hierzu erforderlich gewesen wäre, über die bloßen Prozentsätze hinaus weitere Anknüpfungstatsachen, insbesondere die tatsächlich erzielten Umsätze und Erträge, vorzutragen, um die Rentabilität aufzuzeigen. Denn der Vortrag unterliegt insoweit auch dem Ausschlusstatbestand des § 530 ZPO, weil die Beklagten ihre Angriffsmittel nicht innerhalb der Frist des § 520 ZPO vorgebracht haben. 2.) Auch die Räumungsklage ist begründet. Die Klägerin konnte das Pachtverhältnis wegen der erheblichen Zahlungsrückstände außerordentlich kündigen (§§ 554,581 Abs.2 BGB) . Der Räumungsanspruch ergibt sich überdies auch aus der Vereinbarung vom 12.09.2000, der zufolge das Ende des Pachtverhältnisses auf den 31.12.2003 festgelegt wurde und die weder nichtig noch wirksam angefochten worden ist. Lässt sich schon die Nichtigkeit der Pachtzinsvereinbarung an sich nicht feststellen, so gilt dies erst recht für die Vereinbarung, mit der der Pachtzins auf Verlangen der Beklagten herabgesetzt wurde. Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin habe sie bei Abschluss der Vereinbarung arglistig über die Hintergründe ihrer wirtschaftlichen Situation getäuscht, erscheint bemerkenswert kühn. Die Beklagten kannten ihre wirtschaftliche Lage und die mögliche Ursache der rückläufigen Umsätze selbst am Besten. Gerade deswegen wünschten sie den Abschluss der Vereinbarung. Dass die Klägerin sich anlässlich dieser Vereinbarung selbst des Ausbeutungsmissbrauchs hätte bezichtigen sollen, liegt schon deswegen fern, weil sie im September 2000 die juristische Bewertung des Sachverhalts durch den späteren Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht vorhersehen konnte und es somit schon an der positiven Kenntnis hinsichtlich der Umstände, über die getäuscht werden soll, aber auch an sämtlichen anderen Voraussetzungen einer Täuschungsanfechtung fehlt. B. Zur Widerklage Den Beklagten stehen die mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungs- und Auskunftsansprüche weder unter vertrags-, noch unter kartell- oder deliktsrechtlichen Gesichtspunkten zu. 1.)Die kartellrechtlichen Einwände der Beklagten führen nicht zum Erfolg. Auch wenn die Klägerin Normadressatin der §§ 19, 20 GWB wäre, träfe sie weder der Vorwurf des Strukturmissbrauchs durch Konditionenspaltung (§ 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB) noch des Ausbeutungsmissbrauch durch eine missbräuchliche Ausgestaltung der Bedingungen des Pachtverhältnisses. An einem Ausbeutungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB fehlt es, weil die Klägerin den Wettbewerb zwischen den Beklagten und ihren Wettbewerbern bei der Anpachtung von Raststätten nicht durch Maßnahmen steuert oder behindert. Vielmehr bietet die Klägerin jedem potentiellen Pächter eines Objektes auf einer Rastanlage einen gleichlautenden Pachtvertrag an. Ausbeutungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB ist ebenfalls nicht feststellbar. Soweit die Beklagten hierzu überhaupt in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen haben, ist der Vortrag zur wucherischen Überhöhung der Pachtentgelte - wie bereits dargelegt - in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzulassen. Soweit die Beklagten der Klägerin vorwerfen, sie nutze ihre Marktmacht missbräuchlich aus, indem sie Konditionen durchsetze, die bei funktionierendem Wettbewerb nicht durchsetzbar wären, braucht darauf nicht im Einzelnen eingegangen zu werden. Die Beklagten haben nicht aufgezeigt, welche Konsequenzen sich zu ihren Gunsten aus einer unangemessen kurzen Kündigungsfrist ergeben sollen. Auf die Angemessenheit der Kündigungsfrist kommt es im vorliegenden Rechtstreit nicht an, weil die Klägerin den Pachtvertrag wegen Zahlungsverzugs zulässig außerordentlich gekündigt hat.

Strukturmissbrauch durch Konditionenspaltung, den die Beklagten darin sehen, dass die Klägerin Raststättenbetreibern keine Exklusivität des Hauptsortiments gegenüber den Tankstellenbetreibern einräumt, liegt ebenfalls nicht vor.

Gleichbehandlung wollen die Beklagten nicht einfordern. Sie erstreben nicht die Genehmigung, ihrerseits Hauptartikel aus dem Tankstellensortiment anbieten zu dürfen, sondern das Verbot von Wettbewerb durch die Tankstellen. Das Verlangen von Sortimentsexklusivität ist unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten aber unbegründet, weil es lediglich zu einer Festschreibung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen Raststätte und Tankanlage führen würde. Mit den Mitteln des Kartellrechts kann jedoch nicht dauerhaft eine Situation festgeschrieben werden, die weitergehenden Wettbewerb gerade verhindert. Jedes Unternehmen hat grundsätzlich den Freiraum, unternehmerische Entscheidungen nach eigenem Ermessen zu treffen. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ein Vertriebssystem umzustellen, quantitative oder qualitative Selektionen vorzunehmen, die Ausgestaltung der Nachfrage von Waren und Leistungen zu steuern. Deshalb ist es unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten in keiner Weise zu beanstanden, dass die Klägerin sich in den 90iger Jahren in Abkehr von der bis dahin schon nach und nach aufgeweichten Exklusivität entschlossen hat, einem Pächter keinen Sortimentsschutz zu gewähren, sondern es dem freien Spiel des Marktes überlässt, welches konkrete Angebot an Reisende sich durchsetzen und nachgefragt werden wird. Diese unternehmerische Entscheidung findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse hat, über möglichst hohe Umsätze ihrer Pächter selbst möglichst hohe Einnahmen erzielen zu können. Dabei muss der Klägerin das Recht zugestanden werden, nicht nur auf geänderte Verbraucherwünsche einzugehen, sondern auch den Tankstellenpächtern die Möglichkeit einzuräumen, das Erscheinungsbild und Verkaufsangebot der Tankstellen den Erwartungen der Reisenden entsprechend auszugestalten. Die Entwicklung der Tankstellen zu einem kleinen Einkaufsmarkt mit Angebot von "Fast-Food" und Getränken liegt - wie das Landgericht bereits zutreffend festgestellt hat - im Trend. Die Zielsetzung des Kartellrechts, die Freiheit des Wettbewerbs und die Offenheit der Märkte zu ermöglichen, verbietet es, bestehende Wettbewerbsstrukturen dauerhaft festzuschreiben. Auch ein Normadressat des § 20 GWB ist nicht zu Maßnahmen verpflichtet, um seinen Vertragspartner vor Wettbewerb zu schützen und ihm die Existenz oder ein auskömmliches Einkommen zu sichern. Auch der Umstand, dass ein vom Normadressat abhängiges Unternehmen für seine weitere Existenz auf die Fortsetzung der bisher geübten Praxis angewiesen ist, begründet nicht die Verpflichtung, das bisherige, vermeintlich bewährte Verhalten unbefristet fortzusetzen. Gerade die Abschottung des Bereiches "Speisen und Getränke" auf der Raststätte gegenüber der Konkurrenz zur Sicherung eines auskömmlichen Umsatzes, die die Beklagten von der Klägerin erstreben, widerspricht dem Gedanken an die Durchsetzung wettbewerblicher Strukturen. Im Übrigen erscheint eine solche Abschottung nicht nur sachlich ungerechtfertigt, sondern zur Existenzsicherung der Raststättenbetriebe nicht erforderlich. Wie die Mitglieder des Senates aus eigener Anschauung wissen, existiert eine Vielzahl moderner Autobahnraststätten im In- und Ausland, die sich vor allem durch die Vielfalt und Breite des Angebotes - sogenannte Fast-Food-Angebote im Tankstellenbereich und qualitativ hochwertige gastronomische Angebote im klassischen Raststättenbereich - auszeichnen. Erfahrungsgemäß spricht gerade das möglichst breite Angebot eine große Zahl von Reisenden an und führt - bei entsprechender Qualität - zu einer Belebung der Nachfrage zugunsten aller Anbieter auf einer Rastanlage.

2.) Den Beklagten stehen auch keine Minderungs- oder Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzanspruchs zu. a) Allerdings gehört es bei der Vermietung oder Verpachtung von Räumen zum Betrieb eines bestimmten Geschäfts oder Gewerbes auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zur Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs, dass der Vermieter oder Verpächter im selben Haus oder auf einem angrenzenden Grundstück keinen Konkurrenzbetrieb zulässt oder selbst eröffnet (Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete III. B Rn. 1240 m. w. N.). Den Beklagten zu 1) -3) ist deshalb grundsätzlich ein Anspruch auf Schutz vor Eröffnung von konkurrierenden Betrieben gegen die Klägerin zuzubilligen. Die abgeschlossene n Pachtverträge enthalten keinen ausdrücklichen oder konkludenten Ausschluss des Anspruchs auf Konkurrenzschutz. Der Auffassung der Klägerin, wonach den Beklagten auch kein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz zustehe, kann sich der Senat nicht anschließen. Ungeachtet der "historischen Entwicklung der Pachtverträge" folgt aus dem vollständigen Wegfall der Sortimentsbeschränkung in den Tankstellenverwalter-Verträgen seit 1991 nicht, dass ein - in den Raststättenpachtverträgen nicht ausdrücklich geregelter - vertragsimmanenter Konkurrenzschutzanspruch der Raststättenpächter entfiele. Der im Interesse der Tankstellenpächter liegende Wegfall der Sortimentsbindung führt nicht automatisch zu einer nachteiligen Abänderung der Raststättenpachtverträge. Auch § 1 Abs. 3 S. 2 des seit 1996 geltenden Pachtvertrags enthält keine abschließende, den Konkurrenzschutz weitgehend ausschließende Regelung im Verhältnis zwischen Tankstellen- und Raststättenpächtern. Für einen vollständigen Ausschluss des Konkurrenzschutzes hätte es einer eindeutigen Formulierung bedurft. Erst recht haben die Verlautbarungen der Klägerin und der Pächterorganisationen zur Umstrukturierung des Tankstellengeschäftes keinen unmittelbaren Einfluss auf den Vertragsinhalt der Raststättenpächter. In sachlicher Hinsicht geht der vertragsimmanente Anspruch des Pächters grundsätzlich auf die Fernhaltung von Konkurrenten, die von ihm als Hauptartikel seines Geschäfts vertriebene Waren oder Leistungen ebenfalls als Hauptartikel vertreiben und damit dieselbe Verbrauchergruppe ansprechen (BGH WPM 1988, 876). Für ein Restaurant kann im Rahmen des immanenten Konkurrenzschutzes eine Konkurrenzsituation auch durch den Verkauf von Imbissen in einem anderen Lokal in Betracht kommen, wenn dieselbe Verbrauchergruppe angesprochen wird (BGH WM 1988, 876). Nach dieser Entscheidung ist es unerheblich, ob dabei jeweils unterschiedliche Bedürfnisse angesprochen werden. b) Der Umfang des Konkurrenzschutzes richtet sich allerdings wesentlich danach, welchen Besitzstand der Mieter nach den bei Vertragsschluss ersichtlichen Umständen erwarten konnte bzw. erhalten sollte. Maßgebend sind insoweit Prioritätsgesichtspunkte (Kraemer, a.a.O., Rn. 1243 m. w. N.).

Hierzu enthält der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils die Feststellung, dass 1994 ein sogenannter "E-Shop" in der Tankstelle der Autobahnraststätte B-C eingerichtet wurde. Dort seien auch kleine Speisen angeboten worden. Der Tankshop sei jedermann zugänglich gewesen, dass dort Speisen und Getränke angeboten worden seien, hätten auch die Beklagten erkennen müssen (Urteilsumdruck Seite 8). Die Tatsache des Konkurrenzbetriebes auf derselben Raststätte sei offensichtlich gewesen. Diese Feststellungen hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beklagten haben keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Sie haben zwar vorgetragen, in den Jahren 1994/1995 habe das Angebot der Tankstelle noch keinen den Umfang des Nebenartikelverkaufs überschreitenden Umfang gehabt. Diese Ausführungen stellen die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil indes nicht in Frage. In ihrer Klagebegründung vom 19.08.2002 ließ die Beklagte zu 1) (dort: Klägerin) ausführen, 1994 habe der Tankstellenpächter eine gastgewerbliche Konzession beantragt und ca. Mitte 1994 mit dem Verkauf von Speisen und Getränken begonnen. Ihre, der Beklagten Proteste seien erfolglos geblieben. Damit wussten die Beklagten nicht nur, dass den Tankstellenpächtern seit 1991 keine Sortimentsbeschränkung mehr auferlegt wurde, sondern ihnen war auch seit 1994 die konkrete Situation bekannt, aus der ihnen zunehmender Wettbewerb erwachsen konnte. Sie haben hierzu in erster Instanz selbst vorgetragen, seit 1994 habe die Verpächterin in eklatanter Weise gegen die Regeln des Konkurrenzschutzes verstoßen. Wer aber in Kenntnis einer solchen Wettbewerbssituation Räume anmietet, kann in der Regel keinen Konkurrenzschutz beanspruchen. Für die den Anspruch ausschließende Kenntnis kommt es nicht auf die Kenntnis der konkreten Umsatzzahlen an, die in den Jahren 1994/1995 auf die von der Tankstelle neu entfaltete Konkurrenztätigkeit entfielen. Ohnedies hat der Senat nachhaltige Zweifel daran, dass die Beklagten trotz der sinkenden Umsatzzahlen keine Verbindung zu der seit 1994 durch den Betrieb des Tankstellenshops erwachsenden Konkurrenz gesehen haben wollen. Dass erfahrende Kaufleute wie die Beklagten zu 2) und 3), die den Raststättenbetrieb seit Jahrzehnten geführt haben, einen solchen - auf der Hand liegenden Schluss - über Jahre hinweg nicht gezogen haben, erscheint dem Senat ausgeschlossen. c) Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass die Beklagten bei Abschluss des Anschluss-Pachtvertrags Ende 1995 noch keinen Kenntnisstand hatten, der einen Konkurrenzschutz von vornherein ausschloss, sind etwaige Minderungs- oder Schadensersatzansprüche jedenfalls verwirkt (§ 242 BGB). Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 242 Rn. 87). Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung. Zwar führt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Wohnraummietrecht die vorbehaltlose Weiterzahlung der Miete in Kenntnis eines Mangels ab dem 01.09.2001 nicht mehr in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. zum Verlust des Minderungsrechts. Soweit hiernach das Minderungsrecht des Mieters nach dem 01.09.2001 nicht entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 539 BGB a.F. erloschen ist, bleibt jedoch zu prüfen, ob der Mieter dieses Recht unter den strengeren Voraussetzungen der Verwirkung (§ 242 BGB) oder des stillschweigenden Verzichts verloren hat (BGH NJW 2003, 2601). Die Voraussetzungen der Verwirkung liegen im zu entscheidenden Fall vor.

Insbesondere ist das Zeitmoment erfüllt, weil die Beklagten den Pachtzins in Kenntnis der entstandenen Wettbewerbssituation vorbehaltlos über einen längeren Zeitraum hinweg gezahlt haben. Geht man davon aus, dass die Beklagten die - den Umfang der Nebengeschäftstätigkeit übersteigende - Konkurrenztätigkeit in der Tankstellen erst ab 1996 erkennen konnten, so hätten sie bis zum September 2000 ihren Pachtzins in Kenntnis der eingetretenen Konkurrenzsituation vorbehaltlos weitergezahlt. Das Zeitmoment wäre erst Recht erfüllt, wenn man davon ausgeht, dass die Beklagten bereits seit 1994 die ihnen erwachsende, zunehmende Wettbewerbssituation erkennen konnten und erkannt haben. Welche Zeitspanne zur Annahme der Verwirkung erforderlich ist, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, mindert die erforderliche Zeitdauer, was etwa bei Nichtgeltendmachung des Anspruches anlässlich einer Abrechnung oder bei Verhandlungen über den zugrundeliegenden Sachverhalt bzw. die widerspruchslose Hinnahme einer Zurückweisung des Anspruches gilt (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 93). Im Hinblick auf die langjährige Untätigkeit der Beklagten, insbesondere aber auch im Hinblick auf die im September 2000 getroffene Vereinbarung ist das Zeitmoment hier erfüllt. Denn gerade der Inhalt der im September 2000 geschlossenen Vereinbarung, nach der eine Reduzierung der monatlichen Fixpacht vorgenommen und die Beendigung des Pachtverhältnisses einvernehmlich geregelt wurde, konnte bei der Klägerin den Eindruck entstehen lassen, dass die Beklagten etwaige weitergehende Ansprüche wegen der zurückliegenden Zeiträume, die sie bis dahin nie geltend gemacht hatten, auch weiterhin nicht mehr geltend machen wollten. Somit liegt auch das erforderliche Umstandsmoment vor, weil die Klägerin sich aufgrund dieser Vereinbarung darauf einrichten konnte, dass weitergehende Forderungen bis zum vereinbarten Ende des Pachtverhältnisses am 31.12.2003 nicht mehr aus einer Situation hergeleitet würden, die die Beklagten seit vielen Jahren hingenommen haben. Auf die Kenntnis der Beklagten vom Bestehen etwaiger Schadensersatzansprüche kommt es - entgegen der von ihnen dargelegten Rechtsauffassung - nicht an (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 94 m. w. N.). Ausreichend ist schon, dass der Berechtigte bei objektiver Beurteilung der Sachlage Kenntnis hätte haben können. Daran zu zweifeln besteht zur Überzeugung des Senats kein Grund. Den Beklagten konnten die Umsatzrückgänge und die gleichzeitig zunehmende Konkurrenztätigkeit durch das wachsende Gastronomieangebot in der Tankstelle nicht verborgen geblieben sein. Dementsprechend hatten sie sich bereits 1994 beschwerdeführend an die Klägerin gewandt und hätten - gegebenenfalls nach einer Inanspruchnahme anwaltlichen Rates - dies in den Jahre nach 1996 erst recht erneut tun können. Ungeachtet der vom Senat bejahten Voraussetzungen der Verwirkung ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Beklagten etwaige Minderungs- und Schadensersatzansprüche zum ganz überwiegenden Teil - nämlich hinsichtlich der bis 01.09.2001 entstandenen - auch gemäß § 539 BGB a.F. verloren haben. Ein vertragswidriges Verhalten des Verpächters im Sinne der Verletzung des Konkurrentenschutzes stellt einen Sachmangel im Sinne von § 536 BGB dar und kann bei Verschulden des Vermieters auch zu einem Schadensersatzanspruch führen, der den entgangenen Gewinn erfasst (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 536 a Rn. 14; BGH NZM 98, 666). Ein Mieter oder Pächter verliert jedoch durch die vorbehaltlose Zahlung des ungeminderten Mietzinses trotz Kenntnis eines Mangels entsprechend § 539 BGB a.F. sein Minderungsrecht - zumindest für die zurückliegende Zeit (Kraemer, a.a.O., Rn. 1363). Das gilt nicht nur für den Anspruch auf Minderung, sondern für sämtliche Gewährleistungsrechte des Mieters, insbesondere auch den Schadensersatzanspruch gemäß § 538 BGB a.F.. Auch soweit sie noch nicht erfüllt sind, leben die für diese Forderungen an sich bestehenden, analog § 539 BGB a.F. erloschenen Minderungs- oder Schadensersatzansprüche nicht wieder auf (BGH NJW 2003, 2601). Alle vor dem 01.09.2001 abgeschlossenen Sachverhalte bleiben nach der erwähnten Entscheidung des BGH von dem neuen Recht unberührt. Haben die Beklagten aber seit Mitte 1994 in Kenntnis der zunehmenden Konkurrenzsituation ihren Pachtzins vorbehaltlos gezahlt, so sind Ansprüche auf Minderung und Schadensersatz gemäß § 538 BGB a.F. in analoger Anwendung von § 539 BGB a.F. entfallen (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Rn. 2). Demgegenüber können die Beklagten nicht einwenden, sie hätten erstmals durch die Vorlage der Standortanalyse im Jahr 2002 erkennen können, dass ihnen ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aufgrund der Verletzung der Wettbewerbsschutzpflicht zustehe. Entscheidend und ausreichend ist, dass die Beklagten seit Mitte 1994, jedenfalls aber spätestens seit 1996 Kenntnis von der tatsächlich bestehenden Wettbewerbssituation und dem Umstand hatten, dass in der Tankstelle C Gastronomieartikel vertrieben werden. Für die Feststellung der Obliegenheit zur Erklärung eines Vorbehalts kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten damals bereits erkannten, dass Umsatzrückgänge kausal auf die Verletzung des Konkurrenzschutzes zurückzuführen sind und ihnen deshalb ein Schadensersatzanspruch zustehen könnte, sondern allein darauf, dass sie das (vermeintlich vertragswidrige) Verhalten der Klägerin in seinem tatsächlichen Ausmaß erkennen konnten. Dass sie diese Erkenntnismöglichkeit hatten, ergibt sich bereits aus der Klagebegründung, wo die Beklagten ausgeführt haben, die Kunden versorgten sich (seit Mitte 1994) mit ihren Mahlzeiten direkt am Tankplatz, wobei die Kaufkraft dort abgeschöpft und vom Rasthaus abgezogen werde. Die Klägerin habe trotz Protest der Beklagten nur geringes Entgegenkommen gezeigt. Damit hatten die Beklagten über längere Zeit hinweg Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, aus denen ein möglicher Minderungs- oder Schadensersatzanspruch gegen die Verpächterin resultieren konnte.

Da den Beklagten irgendwelche Ansprüche schon dem Grunde nach nicht zustehen, können sie auch keine Auskunft zur Vorbereitung möglicher Schadensersatzansprüche verlangen. Das Widerklagebegehren war daher insgesamt unbegründet.

3.) Weitergehende Ansprüche oder eine günstigere Beurteilung ergeben sich auch nicht aus dem Kooperationsvertrag. Insbesondere führt auch der Kooperationsvertrag nicht dazu, dass ein Pächter die Fortsetzung des Pachtverhältnisses trotz erheblicher Pachtzinsrückstände hinnehmen muss.

4.) Soweit die Beklagten behaupten, die Klägerin habe (unzulässigerweise) sogenannte "Kick-backs" vereinnahmt und im Wege der (Wider-) Klageerweiterung auch hierüber Auskunft begehren, liegen die Voraussetzungen für eine Klageänderung in der Berufungsinstanz nicht vor (§ 533 ZPO).

Die Klägerin hat einer Zulassung des Vortrags mit Schriftsatz vom 03.02.2004 widersprochen.

Der Senat erachtet eine Zulassung auch nicht für sachdienlich, weil sich hierdurch die Erledigung des Rechtsstreites verzögern würde und eine Verzögerung im Hinblick auf die unstreitigen Räumungs- und Zahlungsansprüche der Klägerin und die bislang nur in Form eines allgemeinen Verdachtes angesprochenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche nicht zumutbar erscheint.

Ungeachtet dessen haben die Beklagten bislang auch nicht dargelegt, weshalb die Klägerin verpflichtet sein könnte, etwaige Vorteile aus Vereinbarungen mit Drittlieferanten unmittelbar an die Beklagten weiter zu reichen. Dass sich eine solche Verpflichtung aus vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere dem Kooperationsvertrag ergeben könnte, ist jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar.

C.

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen ( § 543 ZPO). Der Senat hat nur anerkannte Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall angewendet.



Ende der Entscheidung

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